Georg Simmel: Germanischer
und klassischer Stil
ex: Der
Tag, Nr. 113, 2. März 1918, Abendausgabe, Illustrierter Teil, Nr. 52,
Berlin
An den Menschen und Dingen
unserer Gegenwart, deutlicher vielleicht noch an den einzelnen
Erscheinungen und Werken der Vergangenheit, von denen wir ein Bild und ein
Wissen haben, empfinden wir neben dem Individuellen ihrer Gestaltung,
neben der besonderen Art, Absicht und Kraft Ihres Wesens noch etwas
Allgemeineres, ein über dem einzelnen gelegenes Gesetz seiner Formung.
Von allem, was einer
bestimmten Kulturepoche, einem bestimmten nationalen Leben angehört,
kommt uns ein gemeinsamer Ton oder Charakter entgegen, der das
Allerverschiedenste gleichmäßig durchdringt; genauer gesprochen, steht
er nicht neben dem Individuellen, sondern ist die Art, wie dieses sich
darbietet, Rhythmus und Farbe dessen, was überhaupt erlebt und geschaffen
wird, eine umfassende Form der mannigfaltigsten Inhalte, an der wir diese
als der gleichen Periode, dem gleichen Volke, der gleichen Grundgesinnung
zugehörig erkennen.
Wir nennen es den Stil der
Zeit oder des Volkes, der Lebensäußerungen überhaupt, die sich in
jeweils begrenzten Abschnitten von Raum und Zeit ergeben; und diese
Gemeinsamkeit des Stiles, die wir selten genau beschreiben können, aber
sozusagen als unverkennliche Familienähnlichkeit fühlen, lässt uns
einen solchen jeweiligen Abschnitt des Menschheitslebens eben als eine Kulturepoche,
als einen fest charakterisierten unter den Bezirken des Lebens
erscheinen.
Aber diese Charaktere
unterscheiden sich nicht nur nach Aussehen und Wirkung, nach Qualitäten
und Wert; sondern in hohem Maße bezeichnet es das unterschiedliche Wesen
jener Bezirke, wie stark, wie sichtbar es an ihren Erscheinungen
hervortritt, dass sie überhaupt einen Stil haben, welche Bedeutung es für
die einzelne Gesamterscheinung hat, dass ihre individuelle Konfiguration
mit allen anderen des gleichen Bezirks unter dem Formgesetz eines Stiles
steht.
Den Eindruck mancher Arten
des Benehmens, mancher Sprechweise, mancher Kunstwerke bezeichnen wir vor
allen Dingen so: sie seien stilisiert - während uns an anderen nichts von
solcher Formbestimmtheit heterogenster Inhalte fühlbar wird.
Es ist unzweifelhaft, dass
- indem wir von allen Lebensäußerungen jetzt die Kunst ins Auge fassen -
die Werke der Antike und der italienischen Klassik gegenüber der
germanischen Kunst, mindestens vom Mittelalter bis zu Rembrandt, vor allem
eben diese Vorstellung von »Stilisiertheit« erregen.
Die besondere Art ihres
Stiles bringt es mit sich, dass sie sozusagen ein größeres Quantum von
Stil überhaupt darzubieten scheinen.
In der germanischen Kunst
überwiegt die individuelle Besonderheit des einzelnen Werkes so sehr
diejenigen Eindrucksfaktoren, die auf ein allgemeines Gesetz, eine grundsätzlich
mit anderen geteilte Formung hinweisen, dass man sie nicht leicht als
stilisiert bezeichnen wird.
Das Gemeinsame ihrer
Gebilde - da sie doch in einem, mancherseits einheitlichen Kulturkreis
stehen - steigt in dem einzelnen nicht so hoch hinauf, dass es als
herrschend empfunden würde.
Dennoch, irgendeinen Stil
besitzen auch sie.
Wie aber unterscheidet sein
qualitatives Wesen sich in solcher Weise von dem Stil jener anderen
Bezirke, dass die Werke, die diesem zugehören, die Tatsache des Stiles überhaupt
in so viel eindringlicherer Weise, mit um so ausgedehnterer Sichtbarkeit
an der Stirn tragen?
Wollen wir die eine Partei
zuhöchst durch Rembrandt vertreten lassen, so kann man den Gegensatz kurz
so formulieren: die Klassik sucht an der Erscheinung des Lebens die Form,
Rembrandt suchte durch die erscheinende Form das Leben darzustellen.
Dem künstlerischen
Menschen der Klassik scheint immer eine bestimmte Form vorzuschweben, ein
gesetzliches Verhältnis der Oberflächenteile zueinander, das dem
dargestellten Wesen gewissermaßen den Umriss vorschreibt, oft wie ein
Schema, freilich wundervoll ausbalanciert, harmonisch, monumental; und das
Leben des Wesens dazu bestimmt, diese Form zu realisieren, in dieser Form
den Sinn seiner Kunstwerdung zu suchen.
Manchmal ist ein solches
Schema einfach geometrisch auszudrücken und von seiner jeweiligen künstlerischen
Ausfüllung abzulösen, es gibt auch in dieser Abstraktheit noch einen
Sinn.
Ersichtlich hat damit die
Form eine Prärogative vor dem besonderen Leben, an dem sie konkret wird.
Denn sie kann sich mit
vielerlei, im übrigen unterschiedenen Lebendigkeiten füllen, sie ist
deren Allgemeines, und dieses erhält dadurch eine Betontheit gegenüber
dem Individuellen an der Erscheinung.
Es ist der
klassisch-romanische Trieb nach klarer Überschaubarkeit, nach rationaler
Geschlossenheit der äußeren Erscheinung, der hier wirkt.
Bei Rembrandt wie überhaupt
in der typisch germanischen Kunst finden wir kein so abstrahierbares, die
Individualität übergreifendes Schema.
Hier hat jedes Bild nur
seine Form, in die ein anderer Inhalt nicht eingesetzt werden könnte,
gerade nur an diesem individuellen kann sie bestehen, als allgemeine hat
sie keinen Sinn.
Das aber eben besagt es,
dass das Leben hier die Darstellung bestimmt, das Leben, das immer nur das
des einzelnen Menschen ist und in jedem Fall nur in diesem einen Kanal
verlaufen kann.
So sehr lehnt es jede
Verallgemeinerung ab, dass es seine Besonderheit, sein Anders-Sein als die
anderen gar nicht besonders hervorzuheben braucht.
Wo die italienische Kunst
die Individualisiertheit betont - und das hat sie insbesondere im
Quattrocento getan - geschieht es immer in der Form einer gewollten
Pointiertheit, eines absichtlichen Sich-Abhebens, kurz einer Vergleichung,
die, bei aller Unterschiedenheit ihrer Gegenstände, doch immer gemeinsame
Maßstäbe, gleichsam einen Generalnenner voraussetzt.
Äußerst bezeichnend ist
deshalb die Überlieferung, es habe einmal in dem damaligen Florenz keine
Mode für die männliche Kleidung gegeben, da ein jeder sich auf besondere
Weise zu tragen wünschte.
Dieses fortwährende
Hinsehen auf die anderen verrät gerade bei dem Wunsch, sich vor ihnen
auszuzeichnen, wie sehr die romanische Empfindungsweise an jenem
Allgemeinen haftet, das, über solchen schnell vorübergehenden, grotesken
Schein des Gegenteils hin, die Bedingung für einen stark fühlbaren Stil
ist.
Niemals wäre Rembrandt auf
solche Übergipfelung der Besonderheit verfallen, die schließlich doch
auf die äußere Form geht, weil es ihm auf diejenige Individualisiertheit
ankommt, in der das Leben sich sozusagen von selbst, ganz von innen her
ausformt.
Gewiss kommt auch das große
klassische Porträt vom Leben her.
Allein nachdem das Leben
als Wachstum, innere Bewegtheit, Schicksal, es einmal zu einer bestimmten
Gestaltung des Individuums gebracht hat, wird diese gewissermaßen
angehalten und ausgesondert, sie wird nach künstlerischen Normen zu einem
selbstgenügsamen Bilde gestaltet, das das Verhältnis der
Erscheinungsteile zueinander darstellt: eine neue Gesetzlichkeit des bloß
Anschaulichen bestimmt nun dieses Ergebnis des Lebensprozesses, das von
dem Prozesse selbst abgehoben ist.
Die so gewonnene Form ist
der Bewegtheit, ist dem ganzen Begriff der Veränderung entzogen; nur das
Leben kann sich ändern, es kann andere Formen hervorbringen, aber jede
Form selbst hat zeitlosen Bestand.
Deshalb, so eigenartig, ja
einzigartig sie sein mag, hat sie eine Gültigkeit jenseits des Lebens,
das in sie eingeströmt ist, eine Art von Überindividualität, durch die
sie den Eindruck der Stilisiertheit erregt - während dieser sich dem
Rembrandtschen Menschenbildnis durch die Lebensbewegtheit, als stauungslos
flutende gefühlt, fern stellt.
Verfolgt man die Bedeutung
der Stilqualität für die Stilquantität in einer mehr nach außen
gerichteten Wendung, so treffen wir auf die Betonung des Lebens in der Öffentlichkeit
oder für einen Zuschauer, die die Mittelmeervölker von der germanischen
Lebenstendenz abscheidet.
Der Mensch der griechischen
Statue hat den Stolz seiner Schönheit.
Bei aller Geschlossenheit
und Autarkie seiner Existenz verzichtet er nicht auf das Angesehen- und
Anerkanntwerden von seinesgleichen.
Bei den Griechen hing dies
Repräsentative damit zusammen, dass der einzelne die Polis in sich trägt,
sich für sie verantwortlich fühlt.
In den vielfigurigen Szenen
der italienischen Renaissancebilder ist es unverkennlich, wie jede Gestalt
ihre Funktion innerhalb des Vorgangs doch mit dem Bewusstsein erfüllt,
dass sie auch für sich beachtet sein will, dass sie gewissermaßen einen
ideellen Zuschauer hat, vor dem sie ihre Bedeutung und ihren Reiz
hinbreitet.
Aber indem der Mensch eines
solchen Lebensgefühles sich darstellt, stellt er auch etwas dar, Kraft
und Schönheit, Geistigkeit und Energie, Würde und Tiefe - also doch ein
Allgemeines, dessen Repräsentant er ist.
Platos Vorstellung, dass
jedes Ding sein Wesen von einer allgemeinen Idee zu Lehen trage und nur
als deren Sichtbarkeit überhaupt etwas bedeute, ist die metaphysische
Sublimierung dieser Geisteshaltung.
Es besteht nämlich ein
tiefer Zusammenhang zwischen der Tendenz, sich für andere darzustellen,
sein Existenzbild mit dem Hinblick auf andere zu gestalten - und der
Gestaltung dieser Existenz nach allgemeinen Formen, nach vorbestehenden
allgemeinen Typen.
Man kann durchgehends
bemerken, dass, wer etwas vor anderen vorstellen will - keineswegs etwa
nur im Sinne von Eitelkeit, Reklame oder Unehrlichkeit - dabei den Bezirk
seiner individuellen Einzigkeit verlässt und als Träger einer Leistung,
Verkörperung einer Idee auftritt, sich mit dem Charakter und Wert von
etwas Typischem, die reine Persönlichkeit irgendwie Verallgemeinerndem,
schmückt.
Während dies in den
schlechteren Fällen einer der Gründe ist, weshalb Menschen, die es
dauernd großen Massen recht machen müssen, leicht in eine gewisse
Charakterlosigkeit fallen, erwächst daraus in den großen Zelten der
Klassik eine weltausgreifende Macht und Monumentalität des Stiles, in der
individuellen Erscheinung wird ein beherrschendes Überindividuelles fühlbar.
Dies aber eben trägt den
Eindruck, dass hier nicht eine Erscheinung in ihrem unmittelbaren
Selbst-Sein, sondern eine von einem Stil beherrschte und gehobene
dargeboten wird.
Hier vermittelt es die
Publizität des Lebens und des Sich-Darstellens für andere, dass die
davon bestimmte Art des Stiles zugleich der Tatsache des Stiles überhaupt,
einer großen Gemeinsamkeit formgebender Gesetze, einen unübergehbaren
Eindruck sichert.
In der germanischen Kunst
tritt dieses soziologische Moment der Stilbestimmung wesentlich nur
hervor, wo sie von Italien her beeinflusst wird.
Rembrandts höchsten
Gestalten und eigentlich allen spezifisch deutschen liegt es ganz fern.
Sie denken sozusagen niemals an den Zuschauer, sie stellen sich nicht dar;
die Kurve ihres Daseins kehrt in sich zurück, nirgends sich nach außen
wendend und nur ihre Persönlichkeit und ihr Schicksal einschließend.
Darum sind sie auch sehr
schwer mit allgemeinen Begriffen zu charakterisieren.
Ob sie klug oder beschränkt,
stolz oder bescheiden, stark oder zart sind, steht nicht im Vordergrund
des Eindrucks: indem sie sich nicht darstellen, stellen sie auch nicht ein
Etwas dar, das immer ein Allgemeineres, die Individualität Übergreifendes
sein muss.
Sie leben eben nur aus dem
Individualitätspunkte heraus und in ihn hinein, und nicht aus einem
typusmäßigen Verhalten; weshalb denn auch die klassizistische Forderung,
dass der Künstler sein Modell zu einem »Typus« aufstilisieren müsse,
an dieser Kunst einfach abgleitet.
Gewiss offenbaren auch sie
ein Übermomentanes, in gewissem Sinne Allgemeines - aber das ist nicht
das mit anderen Gemeinsame, sondern das Allgemeine ihrer selbst, die
Lebenstotalität, die Jeden isolierten Moment in ihre stetige Strömung
auflöst oder in der er vielmehr nur als eine Welle dieser jetzt allein fühlbaren
Gesamtströmung bestehen kann.
Es steht das in Frage, was
man die innere Allgemeinheit nennen könnte, nicht ein Abstraktum aus den
einzelnen Lebensaugenblicken, sondern die Einheit, die sie alle einbefasst
und als ganze in jedem einzelnen fühlbar ist.
Aber jene Charakterisierung
durch ein Allgemeines, das der Einzelne mit unbegrenzt viel anderen teilte
und jeden für jeden bezeichenbar macht - das ist nicht die Tendenz, mit
der germanische Kunst das Wesen ihrer Menschen ausspricht.
Aber indem das Allgemeine -
im Doppelsinn des Abstrakt-Typischen, wie des sozialen Füreinander-Seins
- dieser Kunst fern steht, hat sie zu dem, was uns konventionellerweise
Schönheit heißt, ein ganz problematisches Verhältnis.
Gewiss hat die Schönheit
tiefste Bedeutungen, die sowohl unmittelbar wie symbolisch in die letzten
Wesensgründe des Individuums und, darüber hinaus, des Kosmos
hinabreichen.
Dabei ist sie, wie sie sich
zunächst bietet, ein nach gewissen Gesetzen geordnetes Verhältnis der
Oberflächenelemente, ein nach außen hinstrahlendes Erträgnis gewisser
Lebensentwicklungen, abgeschöpft von dem Beschauer (der auch ihr Träger
selbst sein kann).
Das aber gibt ihr eine
unmittelbare Verwandtschaft mit dem Wesen der klassischen Kunst.
Denn diese, so sahen wir,
entfaltet sich an den Formen, mit denen das Leben sich nach außen
hingelebt hat, und die sie nach einer idealen Logik zu glücklichen
Existenzbildern zusammenschließt; das zeugende Leben selbst ist ganz in
sie aufgegangen, es hat seine unruhige, individuelle Strömung zu
objektiver Vollkommenheit sublimiert.
Die tatsächliche
Entwicklung bestätigt dies: was wir Schönheit schlechthin nennen, ist,
mit nur gelegentlichen Ausnahmen, die nach den klassischen Formen und
Normen erreichte ästhetische Vollkommenheit.
Aber nicht weniger
entschieden ist die negative Bestätigung: dass Rembrandts Menschen fast
niemals, in dem allgemein anerkannten Sinne des Wortes, schön sind.
Denn das strukturgebende
Motiv seiner Schauung ist nicht die zeitlose Geschlossenheit des
Lebensergebnisses, der an sich selbst seligen Form der Erscheinung;
sondern der Fortgang des Lebens selbst, wie er sich, aus seinen eigenen
Triebkräften und in Verwebungen mit dem Schicksal, in stetiger Weiterschöpfung
vollzieht - dies gibt die letzte Entscheidung für seine
Menschendarstellung.
Aber ob diese rein von
innen her strömende und bestimmende Dynamik an der Oberfläche der
Erscheinung Schönheit oder Hässlichkeit erzeugt, ist ersichtlich etwas
ganz Zufälliges.
Er hat der Schönheit nicht
die entscheidenden Werte abgefordert, wie die Antike und die Renaissance
es taten, sei es in der glücklichen Harmonie eines Praxiteles oder
Giorgione, sei es mit der tragischen Gewaltsamkeit Michelangelos.
Wenn man lange mit
Rembrandt lebt, erscheint einem manchmal das, was wir Schönheit nennen,
fast als eine äußerliche Zutat zu der Entwicklung des Lebens aus seinem
innersten eigensten Quellpunkt heraus.
Aber indem hiermit nur ein
allgemeiner Charakterzug des germanischen Wesens seine anschaulichste
Offenbarung findet, wird die Schwierigkeit klar, die die Erkenntnis und
Anerkennung dieses Wesens bei den romanischen Völkern zu überwinden hat.
Alles, was auf diese am
Stil der Deutschen ungelenk, ästhetisch bedenklich, ja mit einer gewissen
aggressiven Formlosigkeit wirkt, entspringt diesem tiefen
Richtungsgegensatz (den natürlich unzählige Zwischenstadien vermitteln):
dass das Leben dort von der Vollkommenheit der Form her seine Leitidee
empfängt, hier aber von den Gesetzen der inneren Kräfte, wie sie der
Quellschicht des individuellen Lebens entspringen und aus ihrem nach außen
offenbarten Ergebnis keine gleich wirksame Norm ableiten.
Damit ist nicht etwa die
erstere Entscheidung deklassiert, als wäre sie etwas im Wertsinne »nur
Äußerliches«, als wäre die Form etwas nur Formelles; auch in ihr
vielmehr lebt eine der großen Möglichkeiten und Erfüllungen des
Menschentums, über die wir uns nicht zum objektiven Richter setzen
sollen, so bestimmt unser subjektives Sein uns für eine dieser gegensätzlichen
Seiten entscheiden mag.
Und die ganz allgemeine
Formulierung, die ich diesem Verhalten entnahm: dass der
klassisch-romanische Stil überhaupt gegenüber dem germanischen in höherem
Maße als Stil wirkt, begründet von anderer Seite her jene Schwerzugängigkeit
des germanischen Geistes.
Denn weil der Stil immer
etwas Allgemeineres, ein bestimmendes Hinübergreifen über das
Individuelle bedeutet, weil er in einem, freilich begrenzten Sinn dem
Allgemein-Menschlichen näher liegt, so hat er gewissermaßen ein
breiteres Tor, um unbegrenzt viele zu sich, seinem Verständnis, seiner Würdigung
zuzulassen.
Alle Stile haben in dem Maße,
in dem sie als Stil überhaupt, gleichsam als bloße Verkörperung des
abstrakten Stilbegriffes wirken, eine gewisse Verwandtschaft
untereinander, so entgegengesetzt die besonderen Arten der Stilgebung sein
mögen.
Je mehr der Stil als
solcher in einer Lebensäußerung vor ihrem Individuell-Sein zurücktritt,
desto seltener und zufälliger wird sie anderen zu sich Zutritt gewähren.
Deshalb erscheinen aber
auch für diese Gegenhaltung völkischer Wesensarten die künstlerischen
Erzeugnisse als geeignetste Beispiele und Symbole; denn an keinen anderen
zeigt die Stilisiertheit ihre Maße und deren Bedeutung so sinnlich klar
und in so objektiver Erweislichkeit. |