Sociology in Switzerland
Prof. Dr. Geser
Politik und Parteien im Wandel (Homepage)

Politik und Parteien im Wandel

 

Online Publikationen



 

Gibt es in der Schweiz noch konfessionelle politische Kulturen?

Einige überraschende Befunde aus einer diachronen Studie über lokale Parteien

Hans Geser

April 2004

pdf-Version


Inhalt

1. Theoretische Vorbemerkungen

2. Die Schweiz als fruchtbarer Boden für konfessionelle Kulturen

3. Zur empirischen Studie

3.1 Lokalparteien als Einheiten der komparativen Analyse
3.2 Die beiden Umfragen
3.3 Die unabhängige Variable
3.4 Die abhängigen Variablen

4. Empirische Ergebnisse

4.1 Verteilung der Lokalparteien auf der Links-Rechts-Achse
4.2 Sachpolitische Meinungsunterschiede bei Mitte- und Rechtsparteien
4.3 Die ideologischen und sachpolitischen Parteiaffinitäten verschiedener Berufs- und Statusgruppen

5. Schlussfolgerungen

Literatur

 

1. Theoretische Vorbemerkungen

Obwohl Lipset und Rokkan (1985) überzeugend dargelegt haben, dass in den Parteiensystemen westlicher Länder nach wie vor längst überlebte Cleavages (auch religiöser Natur) konserviert geblieben sind, ist es nicht sehr zeitgemäss, den "religiösen Faktor“, dem Gerhard Lenski anfangs der 60er-Jahre noch soviel Erklärungskraft zuschreiben konnte, ins Zentrum komparativer politischer Forschungsprojekte zu stellen. Immerhin hat auch die neuere empirische Forschung manche Hinweise dafür erbracht, dass manche Aspekte politischen Verhaltens und politischer Kultur nach wie vor durch Mentalitäten mitgeprägt werden, die im Milieu des Protestantismus und Katholizismus ihren Ursprung haben.

In seiner internationalen Vergleichsstudie kommt beispielsweise Esping-Anderson zum Schluss, dass die sozialen Wohlfahrtssysteme katholischer „Kernländer“ (Italien, Frankreich, Belgien und Österreich) in konsistenter Weise „konservativere“ Züge aufweisen als jene der „liberaleren“ Angelsächsischen Staaten oder der „sozialistischen“ Länder im skandinavischen Raum.

Dieser Konservativismus zeigt sich beispielsweise

a) in einem hohen Grad an „sozialem Korporatismus“, d.h. einer hohen Zahl berufsspezifisch ausgerichteter Sozialversicherungssysteme.

b) In einem hohen Etatismus, d.h. einer hohen Privilegierung der Staatsbediensteten gegenüber den Erwerbstätigen in der Privatwirtschaft

c) In der Befolgung des „Subsidiaritätsprinzips,“ welches verlangt, dass die Sozialversicherungen primär durch private Beiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer (statt durch staatliche Subventionen) finanziert werden (Esping-Anderson 1990)

Zumindest die korporatistischen und subsidiären Elemente können auf die offizielle Soziallehre der Katholischen Kirche zurückgeführt werden, die in den Papstenzykliken „Rerum Novarum“ von 1891 und „Quadrogesimo Anno“ (1931) ihren verbindlichen Ausdruck gefunden hat. Die etatistische Komponente steht eher im Einklang mit bahnbrechenden historischen Analyse Guy E. Swansons, derzufolge katholische Länder im Staat eher ein identitätsstiftendes Repräsentationsorgan der Gesellschaft als Ganzes sehen, während er in protestantischen Ländern eher als eine Arena konzipiert wird, innerhalb der Machtkämpfe zwischen partikularistischen Interessen ausgetragen werden (Swanson 1967: passim). Analog dazu glaubt auch Castles, innerhalb Europas eine „catholic family of Nations“ identifizieren zu können, die sich gegenüber protestantischen Ländern durch eine Reihe von Besonderheiten im Bereich der Sozial- und Bildungspolitik, des Arbeitsmarktes und der Rollenteilung zwischen den Geschlechtern profiliert. Im besonderen zeigen seine Untersuchungen, dass katholische Länder bei Kontrolle des Wohlstandsniveaus relativ höhere Prozentanteile ihres Bruttoinlandprodukts für Sozialversicherungszwecke ausgeben, und dass sich dieser Vorsprung Zeitintervall zwischen 1960 und 1990 eher noch ausgeweitet hat (Castles 1994). [1] [1]

Bei seinem transnationalen Vergleich individueller Wertorientierungen kam Andrew Greeley zum Schluss, dass Katholiken „kommunalistischen“, auf soziale Integration ausgerichteten Normen und Werten (z. B. Solidarität, Loyalität, gehorsam, Geduld) einen höheren Rang beimessen, während bei Protestanten Werte individueller Autonomie und Selbstverantwortung (wie z. B. Leistungsorientierung, Kreativität, persönliche Integrität u.a.) im Vordergrund stehen (Greeley 1989). Auch diese Befunde können zwanglos auf den jeweiligen (moral)theologischen Hintergrund der beiden Konfessionen bezogen werden, auf das katholische „Gemeinwohlprinzip“, das beispielsweise von reichen Privateigentümern die Wahrnehmung von sozialen Solidaritätspflichten und „sozialer Verantwortung“ fordert (Messner 1956), und der vielzitierte protestantische „Individualismus“, wie er von Durkheim als Erklärungsgrund für Suizid, von Max Weber als Motivationsquelle für kapitalistisches Gewinnstreben und von Schmidtchen als Disposition für ausserinstitutionelle politische Bewegungsaktivitäten (Schmidtchen 1973) in Anspruch genommen wurde.

Ähnlich wie Castles neigt auch Greeley zur Ansicht, dass derartige konfessionelle Divergenzen auch unter Bedingungen der modernen Gesellschaft keineswegs verschwinden, da sie auch in jüngeren Alterskohorten und in gebildeteren Segmenten der Bevölkerung unvermindert stark ausgeprägt sind. Damit widerspricht er diametral allen populären Theorien der „Säkularisierung“, die es für selbstverständlich halten, dass als Folge abnehmender Kirchentreue und geringerer manifester Präsenz der Religion im Alltagsleben auch konfessionell geprägte politische Kulturen zum Verschwinden verurteilt seien - so dass sie heute höchstens noch als Residuen in traditionellen Kontexten auffindbar seien.

Die Voreiligkeit derartiger Generalisierungen wird allerdings schon in der Tatsache deutlich, dass konfessionelle Spaltungen in vielen modernen Parteisystemen nach wie vor gegenwärtig sind, indem sie auch heute noch das Wahlverhalten weiter Bevölkerungskreise präformieren (Lipset/Rokkan 1985, Lijphart 1979). So gilt beispielsweise für Deutschland, dass die Präferenzen der Katholiken für die CDU und der Protestanten für die SPD im Zeitraum zwischen 1953 und 1983 keineswegs abgenommen haben (Schmidt 1984) [1] [2]. Paradoxerweise zeigen Schmidts Ergebnisse, dass konfessionelle Einflüsse ausgerechnet innerhalb der weniger religiösen Mitgliederkreise (!) der beiden Konfessionen besonders virulent geblieben sind. (Schmitt 1984:39). Dieser Befund spricht stark für die Vermutung, dass politische Mentalitäten und Verhaltensdispositionen konfessionellen Ursprungs nach wie vor aufrechterhalten und (durch Mechanismen impliziter Sozialisation) tradiert werden können, auch wenn die expliziten religiösen Glaubensweisen, Frömmigkeitspraktiken und Institutionen, denen sie ihre Entstehung verdanken, kaum mehr gegenwärtig und wirksam sind.

Im Einklang damit hat Detlev Pollack festgestellt, dass auch in der Bevölkerung der EX-DDR nach der Vereinigung konfessionelle Parteipräferenzen aufgetreten sind, die die lange Phase antireligiöser kommunistischer Herrschaft offenbar unbeschadet überstanden haben. A fortiori darf in liberalen westlichen Kontexten mit dem langfristigen Überleben derartiger Muster gerechnet werden. Ronald Inglehart vertritt die Ansicht, dass mit der Abschwächung des traditionellen „class voting“ und dem Wechsel von „materialistischen“ zu „postmaterialistischen“ Werten günstige Voraussetzungen für eine Revitalisierung religiöser Einflussfaktoren geschaffen würden (zumindest in dem Sinne, dass sie im Verhältnis zu den schwindenden sozio-strukturellen Determinanten politischen Verhaltens relativ stärker in Erscheinung treten (Inglehart 1989: 377ff.). Evident ist, dass aufgrund dieser Entwicklungen Wertkonflikte zwischen religiösen und areligiösen Bevölkerungssegmenten in gewissen Entscheidungsfragen (z. B. Abtreibung) stärker in Erscheinung treten; aber unter bestimmten Bedingungen wäre auch denkbar, dass interkonfessionelle Divergenzen davon profitieren.

Bei der Suche nach solchen Bedingungen können wir aus der durch zahlreiche historische Untersuchungen belegten Regularität Nutzen ziehen, dass die Genese konfessioneller Kulturen nicht in deterministischer Weise mit konfessionellen Glaubensweisen und Praktiken in Zusammenhang steht, sondern vor allem von der strukturellen Position der entsprechenden Bevölkerungsgruppen innerhalb der Gesamtgesellschaft abhängig ist. So lässt sich zeigen, dass Katholiken in Ländern, in denen sie die überwältigende Mehrheit bilden, kein Bedürfnis nach einer konfessionellen Kultur entwickeln, sondern sich meist bereitwillig mit Regimes nationalistischer oder sogar faschistischer Prägung arrangieren (z. B. in Italien, Spanien, Portugal, Österreich und Kroatien) (Martin 1978: 120ff.). Als Minderheiten hingegen tendieren sie regelmässig dazu, ihre religiöse Identität durch den Aufbau eigener Organisationen (Parteien, Gewerkschaften, vereine und Verbände) zu verteidigen: sei es, dass um die Gläubigen in eine infrastaatliche katholische Subkultur (bzw. „Subgesellschaft“ in der Terminologie Urs Altermatts) integrieren, sei es, um zumindest innerhalb begrenzter substaatlicher Territorien formelle Autonomierechte (vor allem im Religions-, Kultur- und Bildungsbereich) zu erlangen (Altermatt 1989; Nell-Breuning 1980: 24; Martin 1978: 20).

Aus nicht leicht ersichtlichen Gründen war die Tendenz zu einer segregativen, auf Abschliessung bedachten katholischen Subgesellschaft in den kontinentaleuropäischen Ländern stärker als im angelsächsischen Bereich, wo immer ein offener "integrativer" Katholizismus" vorherrschend war (White 1981: passim). Im Zeitraum zwischen 1945 und 1960 hat die katholische Subkultur ihre maximale Ausprägung erreicht: basierend auf einem reich ausgestalteten kirchlichen Leben und zahlreichen konfessionell gebundenen Parteien, Medien, Vereinen und Verbänden, die auf die Sozialisation, das Denken und Verhalten der Gläubigen sowie auf die gesamtgesellschaftliche Stellung der Katholiken einen grossen Einfluss hatten (Altermatt 1981: passim). Wenn die Kluft zwischen einem eher apolitischindividualistischen Protestantismus und einer kommunalistisch-politischem Katholizismus auch bis zur Reformation zurückreichen mag, so besteht doch Grund zur Vermutung, dass er in diesen ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg eine besonders Akzentuierung erfahren hat, die möglicherweise - zumindest bei der älteren Generation - noch heute nachwirken mag (Schmitt 1984: 33).

Mit andern Worten: gerade der moderne liberale Staat hat paradoxerweise interkonfessionelle Divergenzen begünstigt (bzw. katalysiert), indem die Protestanten eher aus den dem Individuum zugewachsenen Freiheitsrechten (z. B. im Bereich ökonomischen Handelns), die Katholiken hingegen eher aus den Rechten kollektiver Selbstbestimmung (Versammlungs- und Assoziationsfreiheit) Nutzen gezogen haben. Indem die Gläubigen in konfessionelle Institutionen und Vereinigungen verschiedenster Art einbezogen wurden, ist es den Katholiken auch dort, wo sie die Minorität bildeten, eine Zeitlang gelungen, ihre konfessionelle Identität selbst in einem areligiös-"modernistischen" Umfeld zu festigen, die unteren Sozialschichten und ruralen Bevölkerungssegmente in eine homogene, vom Papst und Klerus geleiteten religiöse Kirchengemeinschaft zu integrieren, viele ihrer Anhänger für öffentlichkeitsbezogene und politische Aktivitäten zu mobilisieren, und nicht zuletzt eigene christlich-demokratische (bzw. christlich-soziale) politische Ziele und Programme zu artikulieren, die zwischen dem individualistischen Liberalismus einerseits und dem atheistischen Sozialismus andererseits eine Mittelposition markierten.

Vor allem die von Papst Leo XIII 1891 verkündete Enzyklika "Rerum Novarum" hat den Katholiken einen Weg eröffnet, um für die Beseitigung der Armut und die Interessen der Arbeiterschaft zu kämpfen, ohne sich dadurch mit der politischen "Linken" (im klassisch sozialistischen Wortsinne) zu solidarisieren. Analog dazu haben neuere Enzykliken die Grundlage geschaffen, um die umweltpolitischen Anliegen der "Neuen Sozialen Bewegungen" in die katholische Moraltheologie zu integrieren und (z. B. "Octogesimo adveniatur" 1972) oder um progressive, auf Beseitigung globaler Ausbeutungsverhältnisse ausgerichtete politische Engagements zu legitimieren (Sollicitudo rei socialis 1987).

Weltweit wie auch innerhalb vieler Einzelländer wird die Aufnahmebereitschaft der Katholiken für "linke" politische Ideen zweifellos dadurch alimentiert, dass sie zu den marginaleren, ärmeren, relativ stark von Ausbeutung bedrohten Bevölkerungssegmenten gehören. Gleichzeitig aber werden diese Ideen in ein institutionell verankertes und betreutes Ideengebäude von hoher Komplexität kanalisiert, so dass extremistische Positionen (nach links wie nach rechts) keinerlei Legitimationsbasis besitzen. In diesem Sinne hat man beispielsweise die relativ geringe Unterstützung der Katholiken für Hitler und die NSDAP damit erklärt, dass die "Zentrumspartei" ihnen in sehr hohem Masse politische Führung und Integration geboten habe (Schmitt 1984:26) [1] [3]. Offensichtlich haben dieselben Strukturen, die ursprünglich zum Schutz gegen Sozialismus und Kommunismus aufgebaut worden sind, nachträglich auch eine gewisse Schutzwirkung gegen totalitäre Strömungen rechtsextremer Provenienz entfaltet.

Ganz offensichtlich hat der Protestantismus keine analogen kollektiven Strukturen und Ideologien erzeigt, die fähig gewesen wären, mit denjenigen des bürgerlichen Liberalismus einerseits und des linken Sozialismus und Oekologismus andererseits zu konkurrieren. Dementsprechend war es diesen beiden polar entgegengesetzten Strömungen widerstandslos möglich, miteinander praktisch die gesamte politische Arena zu dominieren. Ernst Troeltsch war der Meinung, dass Protestanten für generell für die Übernahme beliebiger neuer modischer Strömungen und Ideologien besonders anfällig seien, weil sie ihnen als ungeschützte Einzelindividuen begegnen würden - nicht wie Katholiken als Mitglieder schützender konfessioneller Kollektive und Kulturen (Troeltsch 1928: 307ff.). In diesem Sinne hätten sie beispielsweise ohne Zögern die Autorität des absolutistischen Staates am Ende des Mittelalters akzeptiert (Troeltsch 1928: 314ff.), sich im 18. und 19. Jh. distanzlos mit den Ideen des ökonomischen und politischen Liberalismus identifiziert, und sich nach dem Ersten Weltkrieg ebenso entschieden auf die Seite totalitärer Bewegungen geschlagen In derselben Blickrichtung hat Schmidtchen argumentiert, dass die Protestanten auch in jüngerer Zeit die "politischen Trend-Setter" geblieben seien: z. B. durch ihre Pionierrolle in den ökologistischen, feministischen und pazifistischen Bewegungen der 70er-Jahre und bei der Ausbreitung unkonventioneller, ausserinstitutioneller Formen politischer Partizipation (Schmidtchen 1984: 17).

Generell kann in einer Bevölkerung von Protestanten mit einer hohen Streuung und Polarisierung politischer Einstellungen gerechnet werden, weil die individualistischen Normen dafür sorgen, dass sich persönliche Präferenzen wie auch statusbedingte Interessenlagen unvermittelt und unvermindert ausdrücken können. Unter Katholiken ist hingegen mehr Konvergenz zu erwarten, weil derartige Divergenzen die Einbindung in gemeinsame Wert- und Normstrukturen nivelliert werden, die sowohl auf sozialer wie auf politischer Ebene Konsens und Solidarität verlangen (Schmitt 1984: 30).

Inhalt


2. Die Schweiz als fruchtbarer Boden für konfessionelle Kulturen

Im Falle der Schweiz haben aus verschiedenen historischen Gründen besonders günstige Rahmenbedingungen für die Entstehung konfessionsspezifischer Subkulturen bestanden:

Erstens sind unter dem Einfluss von Zwingli und Calvin zumindest in einigen Landesteilen besonders radikale religiöse Reformen wirksam geworden, die ausgeprägte Spannungen und Konflikte mit dem orthodoxen Katholizismus der traditionelleren Kantone (z. B. in der Zentralschweiz) schufen (im Hof 1991). So war es verständlich, dass interkonfessionelle Kriege länger als in den meisten andern Europäischen Ländern angehalten haben (bis zum zweiten Villmergenkrieg von 1712, wo die Protestanten schliesslich die Oberhand behielten).

Zweitens war die Gründung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (1848) von erheblichen interkonfessionellen Spannungen begleitet, weil die - weitgehend im ländlichen und gebirgigen Raum beheimateten - Katholiken sich der Herrschaft der industrialisierten protestantischen Flachlandkantone ausgeliefert sahen. Als Folge entstand der sezessionistisch motivierte "Sonderbundskrieg", der nur beendet werden konnte, indem man zu einem System des kantonalen Föderalismus überwechselte, das den Katholiken innerhalb ihrer angestammten Territorien weitgehende politisch-administrative Autonomierechte (z. B. im sensiblen Bereich der Kultur und Bildung) zugestand (Stadler 1984; Trechsel 1995:7).

Drittens hat sich die intranationale Migration (zwischen angestammt katholischen und traditionell protestantischen Kantonen) im 20. Jahrhundert in relativ engen Grenzen gehalten, da es aufgrund einer geographisch relativ equilibrierten ökonomischen Entwicklung den meisten Schweizern möglich war, relativ nahe an ihrem Heimatort hinreichend gute Arbeitsstellen und Aufstiegschancen zu finden. Dank dieser Stabilität der Wohnverhältnisse haben zahlreiche Gemeinden bis heute eine konfessionelle relativ homogene Bevölkerung bewahrt - ein Faktor, der sicher auch zur Aufrechterhaltung unterschiedlicher politischer Kulturen beigetragen hat.

Viertens hat die geringe Ausprägung von sozio-ökonomisch geprägten Klassenkonflikten in der Schweiz dazu beigetragen, dass religiöse Spaltungen eine etwas grössere Bedeutung als in andern Europäischen Ländern beibehalten können. So blieb auch das Wahlverhalten zumindest bis vor kurzem noch stark von religiösen Zugehörigkeiten geprägt (Lijphart 1979; Kerr, 1987: 150ff.).

All diese Faktoren haben nach dem Zweiten Weltkrieg die Entwicklung einer katholischen Subgesellschaft begünstigt, die durch ein dichtes Netzwerk kirchennaher Gruppierungen und Assoziationen sowie konfessionell gebundener Parteien, Zeitungen und Zeitschriften gekennzeichnet war (Altermatt 1973: 496; Gruner 1977: 103ff.).

Es stellt sich die Frage, inwiefern auch Jahrzehnte nach dem Zerfall dieser Strukturen - und in einem Zeitalter überaus gering gewordener Kirchenbindungen und expliziter Religiosität - in der Schweiz noch Elemente konfessionell geprägter politischer Kultur auffindbar sind. Diese Frage ist keineswegs irrelevant, wenn man im Licht der oben erwähnten empirischen Regularitäten bedenkt, in welchem Masse religiöse Milieus als Geburtshelfer subjektiver Mentalitäten und sozialer Verhaltensweisen wirksam sein können, die auch nach dem Verschwinden ihrer Entstehungsbasis noch lange überlebensfähig sind. Im besonderen dürften konfessionell geprägte politische Kulturen (noch) im engeren lokalen Raum der Gemeindepolitik überleben, weil diese im Vergleich zur kantonalen oder nationalen Politikebene unmittelbarer dem informellen Einfluss örtlicher Denk- und Verhaltenstraditionen unterliegt.

So ist aufgrund der obigen Argumentationen damit zu rechnen, dass sich lokale Parteigruppierungen katholischer und protestantischer Gemeinden in folgenden vier Hinsichten voneinander unterscheiden:

1) In ihrer ideologischen Selbstverortung streuen protestantische Gruppierungen streuen auf einem breiten Spektrum zwischen links und Rechts, während sich die Sektionen katholischer Gemeinden eher im Zentrum der Skala lokalisieren. Diese Tendenz zur Skalenmitte entsteht einerseits daraus, dass Katholiken weniger gewohnt sind, ihre politischen Positionen innerhalb der Links-Rechts-Skala zu verorten, und andererseits aus ihrer expliziten Identifikation mit einer katholischen Soziallehre die einen mittleren "dritten Weg" zwischen Liberalismus und Sozialismus definiert. Dieser politische Zentrismus erscheint besonders explizit in der von Pius XI 1931 verkündeten Enzyklika "Quadrogesimo Anno": die sich am Idealbild einer alle Klassenkonflikte überwindenden "korporatistischen" Sozialordnung orientiert.

2) Bei katholischen Gruppierungen sind konkrete sachpolitische Einstellungen nur relativ schwach mit der Einstufung auf der Links-Rechts-Skala assoziiert. Im besonderen ist damit zu rechnen, dass in katholischen Gemeinden selbst Parteien der Mitte (oder rechts davon) manch soziale oder ökologische Anliegen unterstützen, die im protestantischen Milieu ausschliesslich im linken Lager Anklang finden: weil die katholische Soziallehre eine derartige Unterstützung legitimiert, ohne dass eine explizite Identifikation mit sozialistischen Ideologien erforderlich wäre.

3) In protestantischen Gemeinden sind die sachpolitischen Einstellungen der Lokalparteien enger als im katholischen Milieu mit der Berufsstruktur und Klassenherkunft ihrer Anhängerschaft korreliert. Zumindest teilweise neutralisiert die katholische Soziallehre sozio-strukturell bedingte politische Divergenzen, indem sie Angehörige aller Schichten in konsensuale Werte gemeinschaftlicher Solidarität einbindet und sie dazu anhält, antagonistische Polarisierungen durch konkordante Kompromisslösungen zu überwinden (Schmitt 1984: 30). Im Falle der Schweiz verdichtet sich diese makrosoziale Integrationswirkung bei der CVP; der es über viele Jahrzehnte immer wieder gelungen ist, die Meinungsgegensätze zwischen Bauern, Gewerkschaften, Gewerbe und Industrie erfolgreich zu überbrücken (Altermatt 1989: passim).

4) Interkonfessionelle Unterschiede sollten besonders sichtbar werden, wenn man die innerhalb der beiden Milieus jeweils tonangebenden starken Parteien (mit hohem Stimmenanteil) miteinander vergleicht. Denn nur in solch grösseren Parteien ist hinreichend gesichert, dass sich die innerhalb der Gesamtbevölkerung bestehenden konfessionellen Proportionen auch innerhalb der Parteianhängerschaft annähernd widerspiegeln. Vor allem in grösseren Gemeinden muss mit kleineren Parteien gerechnet werden, in denen die Minorität der jeweils anderen Partei eine politische Heimat findet (z. B. SVP-Sektionen im katholischen und CVP-Gruppierungen im protestantischen Raum).

5) Generell ist davon auszugehen, dass alle konfessionell bedingten Unterschiede der politischen Kultur in den vergangenen Jahren eine Abschwächung erfahren haben. Zwar lehrt die historische Erfahrung, dass die kulturellen Divergenzen zwischen den beiden Konfessionen keiner linearen zeitlichen Entwicklungstendenz unterliegen. Vor allem kann man aus dem Phänomen der - nach dem zweiten Weltkrieg so erstarkten - "katholischen Subgesellschaft" den Schluss ziehen, dass durchaus auch mit Phasen der Revitalisierung gerechnet werden kann. Vieles spricht allerdings dafür, dass allfällig heute noch bestehende Divergenzen in den von hoher Religiosität und konfessioneller Selbstorganisation geprägten Zeitepochen vor 1965 ihren Ursprung haben, und dass es angesichts der unzweifelhaften Erosion dieser Entstehungsgrundlagen erstaunlich wäre, wenn sie in letzter Zeit eher zu- als abgenommen hätten. In Übereinstimmung mit dieser Hypothese hat Trechsel festgestellt, dass konfessionelle Spaltungen im Schweizerischen Elektorat seit 1971 erheblich abgenommen haben. Allerdings waren sie zu Beginn der 90er-Jahre nach wie vor stark genug, um mit linguistisch oder klassenmässig bedingten Divergenzen zu konkurrieren (Trechsel 1995: 32ff.)

Inhalt


3. Zur empirischen Studie

3.1 Lokalparteien als Einheiten der komparativen Analyse

Der Begriff "politische Kultur" verweist auf das Bestehen zeitlich stabiler kollektiver Werte, Normen und kognitiver Deutungsmuster, die das politische Denken und Verhalten zahlreicher Einzelindividuen, Gruppen und Organisationen bestimmen, und die durch Prozesse der Sozialisation in berechenbarer Weise überliefert werden. Einzelne Durchschnittsbürger, wie sie in den meisten Umfrageforschungen im Zentrum stehen, sind normalerweise keine idealen Auskunftspersonen über kulturelle Tatbestände, weil ihr Denken und Handeln allzu sehr von idiosynkratischen persönlichen Faktoren beeinflusst wird. Mit der Wahl von Gruppen oder organisierten Vereinigungen als Untersuchungseinheiten kann man der Tatsache besser Rechnung tragen, dass "Kultur" primär in den Resultaten kollektiven Handelns ihren Ausdruck findet: in formell beschlossenen Entscheidungen und Aktionsprogrammen, oder zumindest in informellen Meinungspositionen, die in gemeinsamen Diskussions- und Verhandlungsprozessen erarbeitet wurden. Politische Parteien haben einen besonders engen Bezug zur politischen Kultur ihres Umfeldes, weil ihre Hauptaufgabe darin besteht, die in der Bevölkerung verbreiteten Meinungen, Werthaltungen und Zielpräferenzen zu einem kollektiven Gesamtstandpunkt zu aggregieren. Lokale Parteisektionen haben den zusätzlichen Vorteil, dass sie dank ihrer grossen Zahl und ihrer breiten Streuung auf vielen wichtigen Variablen für umfangreiche komparative Studien geeignet sind, in denen es darum geht, durch rigorose statistische Kontrollen den kausalen Einfluss einzelner Variablen präzis zu identifizieren. Die Schweiz bietet dafür besonders günstige Voraussetzungen, weil sie ein äusserst weit verzweigtes Netzwerk von über 5000 Lokalparteien besitzt, die teilweise auch in sehr kleinen Gemeinden (mit unter 500 Einwohnern) präsent sind und dank ihrer relativ hohen Autonomie eine stark von ihrem lokalen Umfeld her beeinflusste politische Ausrichtung besitzen.

3.2 Die beiden Umfragen

Im Herbst 1989 und im Herbst/Winter 2003 wurden zwei weitgehend identische schriftliche Umfragen durchgeführt, in die alle (ca. 6000) lokalen Parteisektionen in den Gemeinden der Schweiz einbezogen worden sind. Als Informanten wurden die Präsidenten dieser Gruppierungen aufgefordert, über die Mitglieder, die Binnenorganisation, die externen Aktivitäten sowie über die ideologischen und sachpolitischen Positionen ihrer Partei in standardisierter Weise Auskunft zu geben. In der ersten Umfrage (1989) sind 2594 auswertbare Fragebogen zurückgesandt worden, in der zweiten Befragung 2545. In beiden Fällen hat sich also knapp die Hälfte aller angefragten Gruppierungen an der Umfrage beteiligt. Aufgrund verschiedener multidimensionaler Tests wurde ermittelt, dass die erhaltenen Stichproben hinsichtlich der meisten relevanten Variablen (Parteizugehörigkeit, Landesteil, Gemeindegrösse u.a.) der Zusammensetzung des Universums entspricht - so dass einer Extrapolation der Ergebnisse auf das gesamte Schweizerische Lokalparteiensystem keine Hindernisse entgegenstehen.

3.3 Die unabhängige Variable

Durch Einbezug der gemeindespezifischen Zensusdaten aus den nationalen Volkszählungen von 1990 und 2000 wurde die demographische und sozio-ökonomische Struktur des kommunalen Umfelds, sowie die konfessionelle Zusammensetzung der lokalen Bevölkerung bestimmt. Die konfessionelle Kultur der Gemeinde wurde operationalisiert durch die Prozentanteile der gesamten Bevölkerung, die entweder der römisch-katholischen oder der (offiziellen) protestantischen Kirche angehören. Nicht erfasst wurde dadurch das Residuum von Konfessionslosen sowie von Angehörigen anderer religiöser Gemeinschaften, das sich im Untersuchungszeitraum immerhin von ca. 14% auf ca. 25% erhöhte. [1] [4]

Aus der Häufigkeitsverteilung der Lokalparteien (Tab. 1) wird ersichtlich, dass 1989 je ca. 30% von ihnen in überwiegend katholischen und dominant protestantischen Gemeinden beheimatet waren, die restlichen 40% in Gemeinden mit konfessionell gemischter Bevölkerung. Zum zweiten Erhebungszeitpunkt hat sich das Schwergewicht erstaunlicherweise eindeutig auf die homogen katholischen Gemeinden (38.3) verschoben, während nur noch gut 20% der Gruppierungen ein überwiegend protestantisches Umfeld besitzen.

Darin widerspiegelt sich wahrscheinlich die - bereits seit langem feststellbare - Regularität, dass traditionell protestantische Regionen (z. B. Genf, Basel, Zürich, Bern) aufgrund ihrer überdurchschnittlichen Wirtschaftskraft in hoher Zahl Immigranten aus katholischen Gegenden anziehen, während Protestanten seltener Grund finden, in katholische Landesteile zu ziehen. Im konstanten Anteil konfessionell gemischter Gemeinden (39.7 bzw. 38.6%) reflektiert sich noch deutlicher als erwartet die oben erwähnte Tatsache, dass die generell schwache Binnenmigration in der Schweiz auch in den letzten Jahren offensichtlich vielerorts dazu beigetragen hat, die traditionelle konfessionelle Homogenität der Schweizer Regionen und Gemeinden zu konservieren.

Tabelle 1: Häufigkeitsverteilung der Lokalparteien nach katholischen und protestantischen Gemeinden 1989 und 2002

 

Prozentsatz Katholiken in der Gemeindebevölkerung

Total

 

bis 30%

30-70%

über 70%

 

1989

729 (28.9%)

1001 (39.7%)

793 (31.4%)

2523 (100%)

2002

968 (38.3)

976 (38.6%)

583 (23.1%)

2527 (100%)

3.4 Die abhängigen Variablen

Um die generelle ideologische Positionierung der Lokalpartei zu erfassen, wurden die Informanten gebeten, ihre Gruppierung
1) auf einer Links-Rechts-Skala (von 1 bis 10)
2) auf einer Grün-Antigrün-Skala (von 1 bis 10)
zu lokalisieren.

Zu beiden Zeitpunkten haben sich nur zwischen zwei und vier Prozent aller Befragten ausserstande erklärt, eine derartige Einstufung vorzunehmen. Daraus mag man schliessen, dass beide Ideologiedimensionen auch im faktischen Denken der Lokalpolitiker eine fundamentale Bedeutung haben, da sie dazu dienen, die vieldimensionale Komplexität sachpolitischer Einzelpositionen auf eine übersichtliches Koordinatensystem zu reduzieren.

Zur Ermittlung der spezifischeren sachpolitischen Einstellungen (a) auf gesamtgesellschaftlicher Ebene und (b) auf kommunaler Ebene wurden die Befragten mit den folgenden zwei Fragen konfrontiert:

 

1. Gesellschaftspolitische Fragen:


"Politische Parteien unterscheiden sich danach, wie sie zu zentralen politischen Fragen unserer Zeit Stellung beziehen. Können Sie uns sagen, ob die aktiven Mitglieder ihrer Ortspartei den folgenden politischen Positionen mehrheitlich zustimmend oder ablehnend gegenüberstehen."

- Mehr Einfluss für Arbeitnehmer

- Ausbau des Mieterschutzes

- Weniger staatliche Reglementierung

- Gleichstellung von Mann und Frau

 

2. Kommunalpolitische Fragen:

 
"Politische Parteien unterscheiden sich danach, wie sie zu verschiedenen Zielen der Gemeindepolitik Stellung beziehen. Können Sie uns sagen, ob die aktiven Mitglieder ihrer Ortspartei den folgenden politischen Positionen mehrheitlich zustimmend oder ablehnend gegenüberstehen."

- Mehr öffentliche Unterstützung für Kulturelles

- Mehr öffentliche Unterstützung für Soziales

- Besserer Ortsbild- und Landschaftsschutz

- Mehr Verkehrsberuhigung in Wohnquartieren

Bei jeder Frage wurden die Antworten folgendermassen bewertet:
Mehrheit dafür: 100 / Mehrheit dagegen: -100 / Meinungen geteilt: 0.

Immerhin etwa zwei Drittel aller Befragten (d. h. ca. 1700 in beiden Surveys) waren bereit, auf den gesamten Katalog von Fragen Antwort zu geben.

Inhalt


4. Empirische Ergebnisse

4.1 Verteilung der Lokalparteien auf der Links-Rechts-Achse

Im Sinne von Hypothese 1 ist zu erwarten, dass sich die lokalen Parteigruppierungen vorwiegend katholischer Gemeinden überdurchschnittlich häufig in der Mitte der Links-Rechts-Skala (d. h. bei Werten von 5 oder 6) einordnen, während im protestantischen Raum prononciert linke wie auch betont rechte Einstufungen überwiegen. Hypothese 4 legt nahe, dass diese Regularität vor allem bei den im jeweiligen Kontext erfolgreicheren (d. h. in der Gemeindeexekutive mit einem hohen _Sitzanteil vertretenen) Parteien zutreffen dürfte. Mit andern Worten: extremistische Parteien gibt es - vor allem in grösseren Gemeinden - überall, aber in katholischen Gegenden sind nur geringe Bevölkerungsteile bereit, ihnen ihre Unterstützung zu leihen.

Genau diese Vermutungen werden durch die empirischen Befunde in hohem Masse bestätigt. So zeigt sich, dass sich minoritäre Gruppierungen in beiden konfessionellen Kontexten in ihrer ideologischen Streuung kaum voneinander unterscheiden: abgesehen vom unerwarteten Ergebnis, dass Parteien mit extrem linker Einstellung (Skalenwerte 1-2) im katholischen Raum zu beiden Zeitpunkten eine etwas grössere Verbreitung haben (Fig. 1 / Fig. 2). Bei den wählerstarken Regierungsparteien hingegen findet man erwartungsgemäss, dass sich in katholischen Kommunen sowohl 1989 wie 2002 rund 50% in der Skalenmitte platzieren: im Vergleich zu nur 24-28% in überwiegend protestantischen Gemeinden. Dieser ausgeprägte Zentrismus geht auf Kosten aller vier übrigen Parteikategorien, in erster Linie der gemässigten Rechtsparteien, die in protestantischen Gemeinden (mit rund 50%) absolut dominieren.

Aus der überaus hohen Konstanz dieser Zahlenwerte muss man schliessen, dass - entgegen Hypothese 5 - im Untersuchungsintervall zwischen 1989 und 2002 keine Einebnung konfessioneller Unterschiede stattgefunden hat. Ganz im Gegenteil haben die zentristischen Tendenzen der katholischen Regionen insofern sogar zugenommen, als der kumulierte Prozentanteil extrem linker und extrem rechter Parteien von 9.4 auf 5.1 zurückgegangen ist, während er in protestantischen Gegenden ungefähr auf demselben Niveau (9.6-9.9%) verblieb. Natürlich verdanken sich diese Divergenzen zu einem hohen Anteil der CVP, die - als Mittepartei - in katholischen Gemeinden oft die Mehrheit der Exekutivsitze auf sich vereinigt und damit jene Position besetzt, die in protestantischen Regionen von der FDP und der SVP eingenommen wird. Andererseits kann man aber feststellen, dass vor allem auch die Sektionen der FDP sehr stark von ihrem konfessionellen Milieu beeinflusst sind: indem sie sich in einer katholischen Umgebung sehr viel häufiger als "Parteien der Mitte" definieren (Tab. 2). (Allerdings sind solch konfessionelle Prägungen geringer geworden, denn der Prozentanteil rechtsstehender Sektionen hat sich im Untersuchungszeitraum auch in protestantischen Gemeinden deutlich reduziert).

Tabelle 2: Prozentuale Verteilung der FDP-Sektionen auf der Links-Rechts-Skala 1989 und 2002

 

 

Moderat links
(3-4)

Mitte
(5-6)

Rechts
(7-10)

Total

1989

katholisch

8.1%

43.1%

48.2%

100% (189)

protestantisch

0.6%

20.6%

78.8%

100% (199)

2002

katholisch

6.8%

42.2%

51.0%

100% (191)

protestantisch

2.1%

33.5%

64.4%

100% (147)

 

4.2 Sachpolitische Meinungsunterschiede bei Mitte- und Rechtsparteien

Die relativ progressive politische Einstellung der Schweizer Katholiken äussert sich nicht nur am relativ hohen Anteil zentristischer (statt) rechter politischer Ortsparteien, sondern mindestens ebenso stark in der höheren Tendenz bürgerlicher Parteien, trotz ihrer mittleren oder rechten ideologischen Selbstverortung verschiedensten "linken" politischen Anliegen ihre Unterstützung zu leihen. Die ideologische Grundlage dafür besteht in der katholischen Soziallehre, die es ermöglicht, im Namen der "Solidarität" vielerlei sonst von Gruppierungen sozialistischer Provenienz okkupierte Positionen (Schutz der Schwachen, Umverteilung zugunsten der Armen, Fürsorge für die Umwelt u. a.) zu vertreten, gleichzeitig aber grundsätzlich in der Sphäre bürgerlich-liberaler Prinzipien zu verharren (und vor allem in moralischer Hinsicht durchaus konservative Werthaltungen zu artikulieren). Exemplarisch zeigt sich dies in der Forderung nach einer verbesserten gesellschaftlichen Einflussstellung der Arbeitnehmer, die von linken Parteien aller Kontexte natürlich unisono unterstützt wird, bei mässig rechtsstehenden und extrem rechten Gruppierungen hingegen nur im katholischen Raum eine gewisse Zustimmung findet (Tab. 3).

Tabelle 3: Unterstützungsgrad für das politische Anliegen "Erhöhung des Arbeitnehmereinflusses" 1989 und 2002: linke und rechte Parteien in katholischen und protestantischen Gemeinden

 Prozentanteil
Katholiken

 

Ideologische Orientierung

extrem links (1,2)*

mässig links (3,4)*

mitte (5,6)*

mässig rechts (7,8)*

extrem rechts (9,10)*

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

0-30%

97

82

84

82

17

15

-31

-25

-25

-18

70-100%

91

84

74

65

20

18

06

-7

22

25

T-Wert sign.

-1.052 (.297)

.159 (.874)

-1.707 (.089)

-2.711 (.750)

.511 (.616)

.431 (.765)

6.553 (.000)

2.736 (.008)

3.066 (.003)

1.891 (.070)

* Selbsteinstufung der Ortspartei auf der Links-Rechts-Skala (von 1 bis 10).

Noch ausgeprägter sind diese Divergenzen bei der Einstellung zum "Ausbau des Mieterschutzes", wo das konfessionelle Milieu auch Parteien der Mitte signifikant (und im Zeitablauf sogar zunehmend) zu beeinflussen scheint (Tab. 4).

Tabelle 4: Unterstützungsgrad für das politische Anliegen "Ausbau des Mieterschutzes" 1989 und 2002: linke und rechte Parteien in katholischen und protestantischen Gemeinden.

Prozentanteil
Katholiken

 

Ideologische Orientierung

extrem links (1,2)*

mässig links (3,4)*

mitte (5,6)*

mässig rechts (7,8)*

extrem rechts (9,10)*

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

0-30%

94

65

88

72

26

-09

-33

-48

-31

-19

70-100%

94

86

81

69

42

17

21

18

33

31

T-Wert sign.

.000 (.999)

2.418 (.034)

1.436 (.152)

.429 (.669)

2.441 (.015)

3.781 (.000)

8.387 (.000)

4.507 (.000)

4.527 (.000)

2.270 (.040)

* Selbsteinstufung der Ortspartei auf der Links-Rechts-Skala (von 1 bis 10).:

Analoges gilt für die geschlechtliche Gleichstellung, zu der im katholischen Raum über das gesamte ideologische Spektrum hinweg eine überaus konsensuale (wenn auch neuerdings durch rechtsextreme Gruppierungen ebenfalls in Frage gestellte) Zustimmung besteht (Tabelle 5).

Tabelle 5: Unterstützungsgrad für das politische Anliegen "Gleichstellung von Frau und Mann" 1989 und 2002: linke und rechte Parteien in katholischen und protestantischen Gemeinden.

Prozentanteil
Katholiken

 

Ideologische Orientierung

extrem links (1,2)*

mässig links (3,4)*

mitte (5,6)*

mässig rechts (7,8)*

extrem rechts (9,10)*

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

0-30%

97

97

94

97

66

63

58

52

43

-19

70-100%

94

98

88

86

80

73

59

61

86

31

T-Wert sign.

.583 (.562)

.205 (.838)

-1.686 (.093)

-2.859 (.005)

2.809 (.005)

2.152 (.034)

.251 (.802)

1.460 (.145)

3.654 (.001)

2.643 (.012)

* Selbsteinstufung der Ortspartei auf der Links-Rechts-Skala (von 1 bis 10).:

Tabelle 6: Unterstützungsgrad für das politische Anliegen "weniger staatliche Reglementierung" 1989 und 2002: linke und rechte Parteien in katholischen und protestantischen Gemeinden.

Prozentanteil
Katholiken

 

Ideologische Orientierung

extrem links (1,2)*

mässig links (3,4)*

mitte (5,6)*

mässig rechts (7,8)*

extrem rechts (9,10)*

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

0-30%

-24

-24

04

-04

67

69

88

83

90

88

70-100%

00

-42

38

04

64

68

75

80

54

77

T-Wert sign.

-1.454 (.159)

1.341 (.183)

-4.220 (.000)

-.829 (.378)

.429 (.669)

.267 (.788)

3.151 (.004)

.585 (.553)

2.758 (.005)

.743 (.448)

* Selbsteinstufung der Ortspartei auf der Links-Rechts-Skala (von 1 bis 10. :

Demgegenüber unterscheiden sich katholische und protestantische Lokalparteien heute nicht mehr im Ausmass, in dem sie die generelle ordnungspolitische Forderung nach Abbau staatlicher Regulierungen unterstützen. Diese allgemeine neoliberale Einstellung ist die einzige sachpolitische Position, wo sich auch im katholischen Raum linksextreme und rechte Parteien in einer polaren Konträrstellung gegenüberstehen. Noch ausgeprägter als gesellschaftspolitische Positionen scheinen kommunalpolitische Einstellungen von der konfessionellen Zusammensetzung der örtlichen Bevölkerung berührt: also jene Sachfragen, mit denen sich die Lokalparteien in der konkreten Tagespolitik auseinandersetzen, und bei denen sie in der Lage sind, ihre Meinungen in direktes praktisches Handeln umzusetzen. In der Einstellung zu kommunalen Kultur- und Sozialausgaben zeigt sich beispielsweise, dass die Zurückhaltung gegenüber Ausgabensteigerungen bei den Mitte- und Rechtsparteien zwar generell angewachsen ist, nur in protestantischen Gemeinden hingegen zu einer tendenziell negativen Grundhaltung geführt hat, die im polaren Gegensatz zur Position der Linksparteien steht (Tab. 7 / Tab. 8).

Tabelle 7: Unterstützungsgrad für das politische Anliegen "Mehr öffentliche Unterstützung für Kulturelles" 1989 und 2002: linke und rechte Parteien in katholischen und protestantischen Gemeinden.

Prozentanteil
Katholiken

 

Ideologische Orientierung

extrem links (1,2)*

mässig links (3,4)*

mitte (5,6)*

mässig rechts (7,8)*

extrem rechts (9,10)*

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

0-30%

83

86

63

75

16

06

-04

-26

00

-31

70-100%

81

84

67

73

40

23

30

07

32

23

T-Wert sign.

-.177 (.860)

.887 (. 377)

.634 (.523)

.369 (.713)

3.591 (.000)

2.558 (.011)

4.636 (.000)

4.961 (.000)

2.084 (.040)

2.253 (.034)

* Selbsteinstufung der Ortspartei auf der Links-Rechts-Skala (von 1 bis 10).:

Tabelle 8: Unterstützungsgrad für das politische Anliegen "mehr öffentliche Unterstützung für Soziales" 1989 und 2002: linke und rechte Parteien in katholischen und protestantischen Gemeinden.

Prozentanteil
Katholiken

 

Ideologische Orientierung

extrem links (1,2)*

mässig links (3,4)*

mitte (5,6)*

mässig rechts (7,8)*

extrem rechts (9,10)*

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

0-30%

100

86

81

75

15

06

-22

-26

-32

-31

70-100%

100

84

81

73

48

23

26

07

34

23

T-Wert sign.

.000 (.999)

.077 (. 939)

.101 (.920)

.844 (.400)

5.032 (.000)

4.349 (.000)

7.124 (.000)

6.043 (.000)

4.367 (.000)

2.731 (.011)

* Selbsteinstufung der Ortspartei auf der Links-Rechts-Skala (von 1 bis 10).

Auch in ihrer Einstellung zu ökologischen Anliegen sind Parteiensysteme katholischer Gemeinden etwas weniger stark polarisiert. So werden Forderungen nach mehr Landschaftsschutz und nach Verkehrsberuhigungsmassnahmen in Wohnquartieren über das ganze ideologische Spektrum hinweg in einem gewissen Masse unterstützt, die im protestantischen Raum selbst bei Parteien der Mitte drastisch an Bedeutung verloren haben. In der Befürwortung von Geschwindigkeitsbegrenzungen ("Tempo dreissig") mag die solidarische Rücksichtnahme auf Schwächere (z. B. Kinder oder Behinderte alte Menschen) zum Ausdruck kommen, die im Rahmen der katholischen Sozialethik besonders stark im Vordergrund steht. So entsteht insgesamt der Eindruck, dass in der heutigen Schweiz nur am linken Pol des politischen Spektrums ein einheitliches, landesweit etabliertes ideologisches Milieu besteht, das unabhängig von konfessionellen Lokal- und Regionalkulturen praktisch identische sachpolitische Positionen mit sich führt. Bereits im politischen Zentrum - und noch deutlicher rechts davon - scheinen die Lokalparteien hingegen konfessionellen Einflüssen zu unterliegen, die ganz offensichtlich auch zum heutigen Zeitpunkt, wo die manifeste Bindung an Religion und Kirche stark abgenommen hat, kaum an Wirksamkeit verloren haben. Diese Einflüsse zeigen sich darin, dass sich nur im protestantischen Raum eine sehr ausgeprägte politische Rechte ausgebildet hat, die zur Polarisierung beiträgt, indem sie sich von praktisch allen sachpolitischen Forderungen der Linken sehr stark distanziert. In katholischen Regionen hingegen sind auch bürgerliche Parteien im Durchschnitt eher bereit, sowohl klassisch-sozialistischen Anliegen (z. B. des Arbeitnehmerschutzes und der Sozialpolitik) wie auch neuen postmaterialistischen Forderungen (z. B. nach Umweltschutz oder nach Gleichstellung der Geschlechter) eine gewisse Unterstützung zu leihen - mit der Folge, dass es auch innerhalb des Gemeindevorstands (und anderen nach Parteiproporz zusammengesetzten Gremien) leichter sein dürfte, zu konsensualen Entscheidungen zu gelangen.

Tabelle 9: Unterstützungsgrad für das politische Anliegen "Mehr Landschafts- und Ortsbildschutz" 1989 und 2002: linke und rechte Parteien in katholischen und protestantischen Gemeinden.

Prozentanteil
Katholiken

 

Ideologische Orientierung

extrem links (1,2)*

mässig links (3,4)*

mitte (5,6)*

mässig rechts (7,8)*

extrem rechts (9,10)*

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

0-30%

86

63

77

53

44

13

23

-08

13

-03

70-100%

89

72

75

63

46

31

43

10

40

27

T-Wert sign.

.353 (.726)

.887 (.377)

.374 (.709)

1.389 (.166)

.344 (.731)

2.711 (.007)

3.157 (.002)

2.591 (.010)

1.760 (.080)

1.194 (.243)

* Selbsteinstufung der Ortspartei auf der Links-Rechts-Skala (von 1 bis 10.).

Tabelle 10: Unterstützungsgrad für das politische Anliegen "Verkehrsberuhigung in Wohnquartieren" 1989 und 2002: linke und rechte Parteien in katholischen und protestantischen Gemeinden.

Prozentanteil
Katholiken

 

Ideologische Orientierung

extrem links (1,2)*

mässig links (3,4)*

mitte (5,6)*

mässig rechts (7,8)*

extrem rechts (9,10)*

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

0-30%

91

94

81

88

49

32

22

-06

11

-10

70-100%

97

81

75

77

58

53

47

23

53

60

T-Wert sign.

1.045 (.301)

-1.58 (.067)

-1.127 (.261)

-1.978 (.039)

1.532 (.184)

3.265 (.001)

3.587 (.000)

3.722 (.000)

2.604 (.012)

3.020 (.004)

* Selbsteinstufung der Ortspartei auf der Links-Rechts-Skala (von 1 bis 10).

Wiederum erhebt sich die Frage, ob diese geringere Kovarianz zwischen ideologischer Positionierung und sachpolitischen Einstellungen nicht in erster Linie für grössere, wählerstarke Parteien zutrifft, weil diese (a) die in der Gemeindebevölkerung bestehenden konfessionellen Zahlenverhältnisse relativ zwangsläufig in der Zusammensetzung der Anhänger- und Mitgliedschaft widerspiegelt; und (b) durch ihren kommunalpolitischen Erfolg beweisen, dass sie mit der Mentalität der örtlichen Bevölkerung in besonders guter Übereinstimmung stehen.

Tatsächlich zeigt sich in Tab. 11. dass es überwiegend die mit mehr als 30% der Exekutivsitze vertretenen Zentrums- und Rechtsparteien sind, in denen die Einstellung zu linken politischen Sachpositionen signifikant mit dem Anteil der katholischen Bevölkerung korreliert. Interessanterweise zeigt sich in diesem engeren Feld erfolgreicher Parteien jetzt auch ein konfessioneller Einfluss auf das ordnungspolitische Postulat staatlicher Regulierung, das - zumindest für 2002 - in der Gesamtstichprobe (vgl. Tab. 5) nicht sichtbar war. In der Mehrzahl der Fälle sind diese Korrelationen zwischen 1989 und 2002 schwächer geworden und in einigen Fällen ganz verschwunden, anderswo (z. B. bei der Gleichstellung und beim Landschaftsschutz) haben sie sich allerdings umgekehrt sogar etwas erhöht. So lässt sich die Vermutung, dass im Zuge der Säkularisierung eine Erosion konfessioneller Kulturen stattfinde (Hyp. 5) , auch aus dieser empirischen Perspektive nicht hinlänglich belegen.

Tabelle 11: Korrelationen zwischen politischen Einstellungen der Ortsparteien und dem Prozentanteil der Katholiken in der Gemeinde 1989 und 2002: nach Links-Rechtsposition der Partei und Sitzanteil in der Gemeindeexekutive.  

 Politische Forderung:

 

Sitzanteil in
der Exekutive  

 

linke Parteien

(1-4)  

zentristische Parteien
(5-6)

rechte Parteien

 (7-10)  

1989

2002

1989

2002

1989

2002

Mehr Einfluss für Arbeitnehmer  

bis 30%  

.08

-.05

-.03

-.05

.14*

.04

über 30%  

-.27**

-.14

.10

-.01

.34**

.11*

Ausbau des Mieterschutzes  

bis 30%  

.03

.01

-.02

.11

.20**

.17**

über 30%  

-.18*

.09

.24**

.21**

.35**

.10

Mehr staatliche Ausgaben für  Soziales  

bis 30%  

.00

.04

.11

.01

.16*

.06

über 30%  

-.08

-.08

.33**

.27**

.37**

.26**

Mehr Gleichstellung von Frau und Mann  

bis 30%  

.00

-.10

.09

-.06

.02

.15**

über 30%  

-.17**

-.09

.13**

.18**

.02

-.04

Mehr staatliche Ausgaben für  Kulturelles  

bis 30%  

.09

.11*

.06

-.02

.14**

.06

über 30%  

.01

-.21**

.26**

.21**

.18**

.26**

Weniger staatliche Reglementierung (-)  

bis 30%  

-.01

.12*

.05

-.01

.08

-.03

über 30%  

-.24**

.17*

.11*

.11*

.19**

.05

Mehr Landschafts- und Ortsbildschutz  

bis 30%  

-.07

.11*

-.10

-.04

.12*

-.01

über 30%  

.00

.03

.07

.14**

.09*

.07

Verkehrsberuhigung in Wohnquartieren  

bis 30%  

.07

-.12

-.06

-.05

.12

.07

über 30%  

-.12

-.07

.18**

.10

.17**

.14**

* p < .05           ** p < .01

Um den kumulativen Gesamteinfluss des konfessionellen Faktors sichtbar zu machen, wurden die Einstellungen zu den acht sachpolitischen Themen zu einem Gesamtindex aggregiert. Dabei zeigt sich erwartungsgemäss, dass Parteien links der Mitte bezüglich dieses integralen "Zustimmungsgrads zu linken Anliegen" fast völlig übereinstimmen, rechts davon aber zunehmend voneinander divergieren (Figur 3 und 4). Während die zustimmungswerte im protestantischen Raum nach rechts hin fast durchwegs abnehmen, bleiben sie in katholischen Gemeinden (vor allem 1989) eher konstant oder nehmen (vor allem 2002) sogar wieder deutlich zu. Diese unterschiedlichen Kurvenverläufe liegen den Schluss nahe, dass unsere Messvariablen nur im protestantischen Raum dienlich sind, um Parteien der Mitte und rechtsstehende Parteien klar voneinander zu differenzieren. In katholischen Regionen mag "politisch rechts" mit andern, im Kontext dieser Untersuchung nicht erfassten Konnotationen verknüpft sein: etwa mit fundamentalistischen Moralpositionen, die sich auf die Familie oder das Sexualverhalten beziehen. Aus der beeindruckenden Parallelität der Kurvenverläufe geht erneut die ausserordentlich hohe Stabilität konfessioneller Kulturfaktoren während des 13-jährigen Untersuchungsintervalls hervor - aber auch die offensichtlich hohe Reliabilität der Messinstrumente, die wiederum impliziert, dass sowohl Semantik der Links-Rechts-Skala wie die Konnotationen der acht sachpolitischen Items in diesem Zeitraum keinen wesentlichen Wandlungen unterlag.

Wiederum bestätigt sich, dass die der Konfession zurechenbaren Divergenzen fast ausschliesslich vom kleineren Kreis der wählerstarken und politisch einflussreichen Ortsparteien getragen werden, Ganz besonders gilt dies für die erfolgreicheren Parteien der Mitte, die sich in den beiden religiösen Kontexten (zu beiden Zeitpunkten) in dramatischem Ausmass voneinander unterscheiden (Tab.12/13). Umgekehrt pflegen gemässigt linke Regierungsparteien im katholischen Milieu einen eher moderat-bürgerlichen Kurs zu fahren - und damit auch von der Gegenseite her dazu beizutragen, dass die Kommunalpolitik in einem sehr wenig polarisierten Kontext mit hohen Konsenschancen stattfinden kann.

Tabelle 12: Unterstützungsgrad für acht linke politische Anliegen 1989 und 2002: linke und rechte Parteien in katholischen und protestantischen Gemeinden (Parteien mit weniger als 30% Sitzanteil in der Exekutive).

Prozentanteil
Katholiken

 

Ideologische Orientierung

extrem links (1,2)*

mässig links (3,4)*

mitte (5,6)*

mässig rechts (7,8)*

extrem rechts (9,10)*

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

0-30%

 

7.1

6.1

5.6

5.6

2.7

1.3

-.8

-2.4

-1.5

-1.4

70-100%

6.4

6.6

5,7

5.4

2.6

1.9

.7

-.4

1.2

2.0

T-Wert sign.

1.820 (.117)

-.838 (.411)

-.254 (.797)

.564 (.572)

.278 (.783)

-.912 (.345)

-2.132 (.047)

-3.386 (.003)

-1.278 (.293)

-1.046 (.515)

 

Tabelle 13: Unterstützungsgrad für acht linke politische Anliegen 1989 und 2002: linke und rechte Parteien in katholischen und protestantischen Gemeinden (Parteien mit mehr als 30% Sitzanteil in der Exekutive).

Prozentanteil
Katholiken

 

Ideologische Orientierung

extrem links (1,2)*

mässig links (3,4)*

mitte (5,6)*

mässig rechts (7,8)*

extrem rechts (9,10)*

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

1989

2002

0-30%

6.3

7.2

5.6

5.7

.5

-1.3

-.6

-2.3

-1.4

-

70-100%

6.7

6.8

4.0

4.3

2.7

1.8

1.7

-.4

2.3

-

T-Wert sign.

-.688 (.499)

.523 (.620)

3.253 (.00)

2.233 .040

-5.432 (.000)

-6.482 .000

-6.026 (.000)

-4.272 .000

-4.207 .000

-

 

Wiederum erhebt sich die Frage, ob die hier konstatierten Regularitäten nicht vielleicht einseitig durch die CVP verursacht würde, die - als Mittepartei - in katholischen Gegenden meist die sonst von der (mehr rechtsstehenden) FDP besetzte Dominanzposition einnimmt. Auch wenn dem so wäre, wäre die These vom überleben konfessioneller Kulturen natürlich keineswegs widerlegt, weil die CVP selber ja als hauptsächlicher Ausdruck und Exponent dieser Kultur betrachtet werden kann. Wie sich in Tabelle 14 zeigt, werden aber auch die Sektionen der FDP stark vom örtlichen konfessionellen Milieu berührt: indem sie - mit Ausnahme des Gleichstellungspostulats - allen linken Forderungen positiver gegenüberstehen, wenn sie sich in einem überwiegend katholischen Umfeld befinden. Aus der Tatsache, dass die Korrelationen in fünf von sieben Fällen schwächer geworden sind, mag man mit vorsichtigen Vorbehalten auf eine gewisse Erosionstendenz solcher Einflüsse schliessen.

Tabelle 14: Korrelationen zwischen politischen Einstellungen der lokalen FDP-Sektion und dem Prozentanteil der Katholiken in der Gemeinde 1989 und 2002.

Politische Forderung:

1989

2002

Mehr Einfluss für Arbeitnehmer  

.29**  

.22**  

Ausbau des Mieterschutzes  

.36**  

.27**  

Mehr Gleichstellung von Frau und Mann  

.05  

.03  

weniger staatliche Reglementierung (-)  

.10*  

.10*  

Mehr staatliche Ausgaben für  Soziales  

.31**  

.27**  

Mehr staatliche Ausgaben für  Kulturelles  

.15**  

.11*  

Mehr Landschafts- und Ortsbildschutz  

.15**  

.11*  

Verkehrsberuhigung in Wohnquartieren  

.14**  

.14**

(N =   )  

(625)  

(559)  

 

* p < .05           ** p < .01

 

4.3 Die ideologischen und sachpolitischen Parteiaffinitäten verschiedener Berufs- und Statusgruppen

Gemäss unserer theoretischen Überlegungen darf in protestantischen Milieus eher damit gerechnet werden, dass sich Bürger bei der Wahl einer politischen Partei eher von ihren berufs- und klassenbedingten Interessen und Wertpräferenzen leiten lassen, weil kein religiös bedingtes (d. h. von einer Kirche oder konfessionellen Gemeinschaft getragenes) Werte- und Normensystem existiert, das in der Lage wäre, derartige strukturelle Einflussfaktoren abzuschwächen oder zu neutralisieren.

Demgegenüber ist damit zu rechnen, dass sich in katholischen Gemeinden eher die Inhaber unterschiedlichster sozio-ökonomischer Statuspositionen häufig in derselben Parteigruppierung zusammenfinden, weil aus der Zugehörigkeit zum gemeinsamen konfessionellen Milieu genügend kulturell bedingte Übereinstimmungen entstehen.

Tabelle 15: Korrelationen zwischen der Links-Rechts-Einstufung (bzw. dem Zustimmungsgrad zu linken Anliegen) der Partei und dem Prozentanteil verschiedener Berufsgruppen unter den aktiven Mitgliedern 1989 und 2002 (alle Parteien)  

 

 

 

Links-Rechts-Einstufung

Zustimmungsgrad zu linken Anliegen  

1989

2002

1989

2002  

Prot

Kath

Prot

Kath

Prot

Kath

Prot

Kath

Bauern

.31**

.28**  

.33**  

.25**  

-.39**

-.29**  

-.44**  

-.28**  

Gewerbetreibende

.39**

.15*  

.36**  

.29**  

-.45**

-.36**

-.42**  

-.34**  

Industrielle

.28**  

.09  

.14**  

.07

-.30**  

-.06  

-.09  

-.08

leitende Angestellte  

.14**  

.07  

.12**

.10  

-.07  

-.15**

-.10*

-.09  

untere Angestellte  

-.23**  

-.15**  

-.19**  

-.17**

.22**  

.17**  

.22**  

.16*  

Arbeiter

-.29**  

.01  

-.09**  

-.05  

.19**  

.14*  

.02

.03  

Beamte

-.13**  

-.18**  

-.06  

-.04  

.14**  

.12*  

.13**  

.07  

Lehrer

-.33**  

-.34**

-.44**  

-.19**  

.38**

.22**  

.45**

.17**  

 

* p < .05          ** p < .01

 

Diese Hypothesen werden durch die in Tabelle 15 präsentierten Korrelationen in hohem Masse unterstützt. Zu beiden Zeitpunkten zeigen vor allem die Bauern und Gewerbetreibenden in protestantischen Gegenden eine ausgeprägtere Tendenz, ideologisch und sachpolitisch rechtsstehende Parteien aufzusuchen (bzw. zentristische und linke Gruppierungen zu meiden), während die Lehrer symmetrisch dazu (und 2002 sogar noch verstärkt) zu linken Parteiaffiliationen tendieren. Ebenso konsistent - wenn auch weniger ausgeprägt - sind die Unterschiede bei den unteren Angestellten und (zumindest was die sachpolitische Affinität betrifft) bei den Beamten - zwei Gruppen, die zusammen mit den sozialen Berufen in den protestantischen Regionen die hauptsächliche Unterstützungsbasis linkerer Parteien konstituieren. In dieser Funktion haben sie die Arbeiter abgelöst, die - zusätzlich zu ihrer quantitativen Bedeutung - im Untersuchungszeitraum offensichtlich auch ihre Präferenz für linkere politische Gruppierungen verloren haben - interessanterweise in Symmetrie zu ihren Gegenpartnern, den Industriellen, die ähnlich wie die leitenden privaten Angestellten heute kaum mehr als zuverlässige Stützen der Rechtsparteien betrachtet werden können. So ergibt sich insgesamt die Schlussfolgerung, dass die konfessionell bedingten Divergenzen in den Parteivorliegen verschiedener Berufs- und Statusgruppen katholischer Seite her erhalten geblieben sind und nur insofern eine gewisse Einebnung erfahren haben, als industrielle Bevölkerungssegmente im protestantischen Raum ihre traditionelle Präferenz für links oder rechts abgeschwächt oder ganz verloren haben. Darin widerspiegelt sich der Wandel von einer materialistisch-interessenbezogenen zu einer postmaterialistisch-wertebezogenen linken Politik, die eher das "soziale Gewissen" bessergestellter anspricht und deshalb in sozial wenig bemittelten Schichten keine durchgängige Unterstützung mehr findet.

Inhalt


5. Schlussfolgerungen

Aus der Gesamtheit aller empirischen Befunde geht hervor, dass die (zumindest lokale) Parteienlandschaft in der Schweiz auf der Ebene politischer Ideologie und Sachpolitik wie auch auf dem Niveau der Anhängerrekrutierung nach wie vor durch konfessionelle Milieus mitgeprägt wird, die im Untersuchungszeitraum zwischen 1989 und 2002 eine praktisch identische Wirksamkeit beibehalten haben. Dieses Ergebnis widerspricht all jenen simplifizierenden Seäklarisierungstheorien, nach denen religiösen Faktoren in der modernen Politik allenfalls ein residualer, auf traditionell-ländliche Regionen begrenzter und im Zeitablauf an Bedeutung abnehmender Platz zukommen kann.

Sehr viel besser stimmen sie mit jenen vielfältigen empirischen Einzelbefunden überein, die beispielsweise gezeigt haben, dass

·        viele westliche Nationen Parteiensysteme besitzen, in denen sich noch immer längst vergangene konfessionelle Konflikte widerspiegeln (Lipset/Rokkan 1985; Lijphart 1979);

·        politische Einstellungen und Verhaltensweisen selbst bei religiös indifferenten und inaktiven Individuen noch häufig eine konfessionelle Prägung beibehalten (Schmidtchen 1973; 1984; Schmitt 1984; Pollack 1994);

·        katholische und protestantische Länder in ihren Wertorientierungen und politisch-ökonomischen Institutionen relativ stabile, wenn nicht gar zunehmende Divergenzen zeigen (Greeley 1989; Castles 1994 u.a.);

·        die Schweiz aufgrund vielfältiger historischer Faktoren seit der Reformation ein besonders günstiger Nährboden für konfessionell divergierende Subkulturen und Mentalitäten gebildet hat - was beispielsweise noch in einer überwiegend katholischen Anhängerschaft der CVP (im Gegensatz zur deutschen CDU) ihren Ausdruck findet (Sciarini et. al. 1994: 42ff.).

Als gesichert darf wohl gelten, dass konfessionelle politische Kulturen immer im Medium manifester religiöser Glaubensweisen, Verhaltenspraktiken, Institutionen und Gemeinschaften ihren Ursprung haben - wie beispielsweise im Falle jener kalvinistisch-puritanischen Diesseitsbezogenheit, die nach Max Weber an der Wurzel des okzidentalen Privatkapitalismus steht. Ebenso evident ist aber zweitens dass derartige Muster eine von den Rahmenbedingungen ihrer Genese relativ unabhängige Überlebensfähigkeit erreichen können, indem sie - als „sedimentierte“ Elemente informeller Volkstradition, Familiensozialisation und individueller Habitualisierung - eine vom Wissen um ihre Ursprünge abgekoppelte Pflege und Überlieferung erfahren. Darüber hinausgehend lässt sich spekulieren, dass derartige kulturelle Muster trotz abnehmender religiöser Bindungen sogar an gesellschaftlicher Präsenz und individueller Relevanz gewinnen können, weil es im Zuge der Modernisierung und Wohlstandsmehrung immer mehr Möglichkeiten gibt, ihnen (z. B. durch Ausbau der Bildung, Gründung von neuen Institutionen, massenmediale Diffusion u.a.) zu neuen und umfassenderen Ausdrucksmöglichkeiten zu verhelfen. In diesem Sinne hat z. B. der Einsatz moderner Organisationsprinzipien und Kommunikationstechnologien die Entstehung einer katholischen „“Subgesellschaft“ ermöglicht (Altermatt 1973); und der durch das ökonomische Wachstum ermöglichte Wechsel von materialistisch-interessengeleiteten zu postmaterialistisch-wertorientierten Politikprogrammen hat auch religiösen Ideenmustern und Zielsetzungen neuen Auftrieb verliehen (Inglehart 1989). Beispielsweise haben Katholiken das Aufkommen ökologischer Werte zum Anlass genommen, um im Namen sozialer Solidarität (und der Verantwortung gegenüber einer von Gott geschaffenen Naturordnung) ihre Verurteilung des „unbegrenzten ökonomischen Individualismus“ auf neue Weise zu artikulieren. Umgekehrt bietet der wachsende Wohlfahrtsstaat protestantischen Unternehmern zusätzliche gute Gründe, um ihren liberalen Individualismus gegen vielfältige neuartige Übergriffe in Schutz zu nehmen.

Manches spricht dafür, dass religiöse Einflüsse in der Politik stärker als in den meisten anderen Bereichen gesellschaftlichen Lebens bestimmend bleiben. Auf empirischer Ebene hat Schmidtchen gezeigt, dass sich die Katholiken und Protestanten Deutschlands nirgends so ausgeprägt wie in der Sphäre politischer Einstellungen und Verhaltensdispositionen voneinander unterscheiden (Schmidtchen 1973: 210). Und auf der Basis einer späteren Studie sind Lukatis/Lukatis zum Schluss gelangt, dass konfessionelle Einflüsse auf persönliche Einstellungen überhaupt nur in der Politik erhalten geblieben seien (Lukatis/Lukatis 1989). Dies mag damit zusammenhängen, dass in der Politik nicht jene „objektiven“ Marktkräfte und Effizienzzwänge bestimmend, die - wie bereits Max Weber feststellte - in der Wirtschaft unweigerlich eine Konvergenz des Verhaltens über alle Glaubensrichtungen hinweg erzwingen (Weber 1978: 20; 203). Vielmehr bleibt ein weiter Spielraum für individuelle Idiosynkrasien wie auch für kollektiv-kulturelle Einflussfaktoren offen, der sich in dem Masse noch erweitert, wie die politische Entscheidungsfindung auf ständig neue ethisch kontroverse Bereiche (Sterbehilfe, Abtreibung, Genmanipulationen u.a.) expandiert.

Während religiöse Traditionen zweifellos ihre frühere unbefragte Autorität und exklusive Monopolstellung verlieren, mag man sich in aller Freiheit dennoch in vielleicht gar wachsendem Umfang auf sie abstützen, weil sie in einer immer komplexeren und unübersichtlicheren gesellschaftlichen Umwelt eine gewisse Orientierung bieten.

Inhalt


Literatur:

ALTERMATT, Urs (1973) Politischer Katholizismus. Überlegungen und Hinweise zu Begriff und Gegenstand des politischen Katholizismus im allgemeinen und des politischen Katholizismus in der Schweiz im besonderen, Reformation, 9: 486-496.

ALTERMATT, Urs (1989) Katholizismus und Moderne . Zürich: Benziger.

CASTLES, F. G. (1994). On Religion and Public Policy: Does Catholicism make a Difference? European Journal of Political Research, 25, 19-40.

ESPING-ANDERSON, G. (1990). The three worlds of welfare capitalism. Cambridge: Polity Press 1990.

GREELEY, Andrew. (1989). Protestant and Catholic: Is The Analogical Imagination Extinct? American Sociological Review, 54: 485-502.

GRUNER, Erich (1977, 2. Aufl.) Die Parteien in der Schweiz . Bern: Francke.

IM HOF, Ulrich (1991). Mythos Schweiz - Nation - Geschichte 1291-1991. Zürich: Verlag NZZ

INGLEHART, R. (1989). Kultureller Umbruch. Wertwandel in der westlichen Welt. New York/Frankfurt: Campus.

KERR, Henry H. (1989) The Swiss Party System: Steadfast and Changing (in: Daalder Hans (ed.) Party Systems in Denmark, Austria, Switzerland, the Netherlands and Belgium. London: Francis & Pinter, pp.109-191).

LIJPHART, Arend (1979) Religious vs. Linguistic vs. Class Voting: The "Crucial Experiment" of Comparing Belgium, Canada, South Africa and Switzerland. American Political Science Review 73: pp. 442-458.

LIPSET, S. M., & ROKKAN, S. (1985). Cleavage Structures, Party Systems, and Voter Alignments. In S. M. (. ). Lipset (Eds.), Consensus and Conflict. Essays in Political Sociology. , pp. 113-185. New Brunswick: Transaction Books.

LUKATIS, Ingrid / LUKATIS, Wolfgang (1989) Protestanten, Katholiken und Nicht-Kirchenmitglie­der.Ein Vergleich ihrer Wert- und Orientierungsmuster. In: Daiber Karl-Fritz (Hrsg.) Reli­gion und Konfession. Hannover: Lutherisches Verlagshaus pp.17-71.

MARTIN, David. (1978). A General Theory of Secularization. London: Gregg Revivals.

MESSNER, J. (1956). Katholische Soziallehre. In E. Beckerath et. al. (Hrsg.), Handwörterbuch drer Sozialwissenschaften, Bd. V pp. 575-581. Stuttgart: Gustav Fischer.

NELL-BREUNING, Oswald von (1980) "Katholizismus" In: Gabriel Karl / Kaufmann, Franz-Xaver (Hrsg.) Zur Soziologie des Katholizismus, Mainz:Matthias-Grünewald-Verlag pp. 24-38.

POLLACK, Detlev. (1994). Denominational Factors affecting political attitudes in western and eastern Germany. unveröffentlichtes Manuskript, Leipzig.

SWANSON, G. E. (1967). Religion and Regime. Ann Arbor: University of Michigan Press.

SCHMITDCHEN, Gerhard (1984) Protestanten und Katholiken. Zusammenhänge zwischen Konfes­sion, Sozialverhalten und gesellschaftlicher Entwicklung In: Wehling, Hans Georg (Hrsg.) Konfession - eine Nebensache? Stuttgart: Kohlhammer: pp. 11-19.

SCHMITT, Karl (1984) Inwieweit bestimmt auch heute noch die Konfession das Wahlverhalten (in: Wehling, Hans Georg (Hrsg.) Konfession - eine Nebensache? Stuttgart: Kohlhammer, pp. 21-57).

SCIARINI, Pascal / FINGER, Matthias / AYBERK, Ural / GARCIA, Carlos (1994) Die Kader der Schweizer Parteien. Zürich: SEISMO

STADLER, Peter (1984) Der Kulturkampf in der Schweiz. Eidgenossenschaft und katholische Kirche im europäischen Umkreis 1848-1888. Frauenfeld: Huber..

TRECHSEL Alexandre H.(1995) Clivages en Suisse. Genève: University de Genève.

TROELTSCH, Ernst: (1928) Soziale Wirkungen des Protestantismus In: derselbe: Die Bedeutung des Protestantismus für die Entstehung der modernen Welt, München/Berlin: Oldenbourg Verlag, pp.307-342).

WEBER, Max: (1978, 7. Auflage) Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus (in: derselbe, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Band 1, Tübingen : Mohr, pp.17-206).

WHITE, John W.: (1981) Catholics in Western Democracies, Dublin: Gill & MacMillan

Inhalt


Fussnoten

[1] [1] Bei bivariaten Koeffizienten sind keine konsistenten Korrelationen erkennbar, weil die positive Beziehung durch durch das geringere absolute Einkommensniveau der katholischen Länder maskiert wird.

[1] [2] Als Erklärungsversuch stützt sich Schmidt auf die Hypothese, dass sich der Rückzug aus aktiver Religiosität meist in still-unauffälliger Weise (nicht mittels explizit-bewusster Konversion zum Atheismus) vollziehe: so dass tief in die Persönlichkeit eingeprägte Habitualisierungen und Mentalitäten konfessionellen Ursprungs gar nicht erkannt und thematisiert (und deshalb auch nicht abgelegt) werden. (Schmitt 1984: 49).

[1] [3] Anders war es offensichtlich in Oesterreich oder Italien wo die Katholiken in hohem masse faschistische Regimes unterstützten. Dies entspricht der These von White, wonach katholische Populationen, die die Mehrheit bilden und die politische Macht innehaben, keinen Grund sehen, ihre Identität mittels defensiver Organisationen zu artikulieren und zu festiigen (White 1981).

[1] [4] vgl.  BfS: Wohnbevölkerung nach Religion und Konfession. http://www.statistik.admin.ch/stat_ch/ber00/vz/cc/dvz-cc-rel-01.htm

size=3 width="100%" align=center>