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Schweizer Gemeindestudien

FOCJ - eine Alternative zur bestehenden schweizerischen Gemeindegliederung - Untersuchung einiger Gemeindearten auf FOCJ-Bestandteile

Ökonomischer Ansatz zur Erbringung staatlicher Leistungen

Diplomarbeit, eingereicht bei Prof. Dr. Bruno S. Frey in Politischer Ökonomie, am Institut für empirische Wirtschaftsforschung (EWI) an der Universität Zürich.

von Claudia Wohlfahrtstätter, Oktober 1996

 

Inhalt

Der neue Ansatz zur Erbringung staatlicher Leistungen beruht auf dem polit-ökonomischen Konzept von überlappenden, funktionalen Jurisdiktionen-FOCJ. Teilweise existieren FOCJ in der Schweiz auf Gemeindeebene in Form von Spezialgemeinden. Inwiefern FOCJ-Kriterien von den verschiedenen Gemeindearten erfüllt werden, ist Gegenstand dieser Arbeit.

 

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau und Methode
2 Theoretischer Überblick zum FOCJ-Konzept

3 Die Beurteilung der Gemeindearten der Schweiz anhand von Beispielen auf FOCJ

3.1 Eine Übersicht

3.2 Die politischen Gemeinden

3.3 Die Kirchgemeinden

3.3.1 Die Kirchgemeinden im schweizerischen Recht
3.3.2 Die Bedeutung der Kirchgemeinden als FOCJ
3.4 Schulgemeinden und ihre Bedeutung als FOCJ

3.5 Die Bürgergemeinden

3.5.1 Die Bedeutung der Bürgergemeinden als FOCJ
3.6 Die Korporationen
3.6.1 Der Kanton SZ
3.6.2 Die Bedeutung der Korporationen als FOCJ
3.7 Die Zivilgemeinden des Kantons Zürich
3.7.1 Die Bedeutung der Zivilgemeinden als FOCJ
3.8 Die Feuerschaugemeinde des Kantons Appenzell Innerrhoden
3.8.1 Die Bedeutung der Feuerschaugemeinde als FOCUS
3.9 Die Bäuerten des Kantons Bern
3.9.1 Die Bedeutung der Bäuerten als FOCJ
3.10 Die Bezirke des Kantons Schwyz
3.10.1 Die Bedeutung der Schwyzer Bezirke als FOCJ
3.11 Die Fürsorgegemeinde des Kantons Glarus
3.11.1 Die Bedeutung der Fürsorgegemeinden als FOCJ
3.12 Die Bezirksgemeinden des Obwaldner Hauptortes Sarnen
3.12.1 Die Bedeutung der Bezirksgemeinden als FOCJ
3.13 Die Kreise des Kantons Graubünden
3.13.1 Die Bedeutung der Kreise als FOCJ
3.14 Die Fraktionen des Kantons GR
3.14.1 Die Bedeutung der Fraktionen als FOCJ
3.15 Gemeindeverbindungen
3.15.1 Die Bedeutung der Gemeindeverbände als FOCJ
4 Folgerungen

5 Literaturverzeichnis

 

1 Einleitung 

1.1 Problemstellung und Zielsetzung 

Wettbewerb schafft Wohlstand. Diese Einsicht stand hinter der Verwirklichung der Europäischen Union und der vier Freiheiten: dem freien Verkehr für Waren, Dienstleistungen, Kapital und Arbeit. Die Erfolge sind offensichtlich. Die neuen Freiheiten stärken den wirtschaftlichen Wettbewerb und stellen eine grossartige Errungenschaft für die Bürger der EU-Mitgliedsländer dar.

Wohlstand wird aber auch durch politischen Wettbewerb zwischen Regierungen geschaffen. Konkurrenz zwingt nicht nur Anbieter von Gütern und Dienstleistungen, auf die Konsumentenwünsche einzugehen, sondern auch Regierungen als Anbieter von Politikmassnahmen, die Bürgerpräferenzen zu berücksichtigen. Diese Art des Wettbewerbs wurde jedoch in der EU vernachlässigt. Als Folge besteht heute Einigkeit darüber, dass auf europäischer Ebene ein 'Demokratiedefizit' herrscht, und Uneinigkeit darüber, was 'Subsidiarität' bedeuten soll. Während letztere von den Vertretern der europäischen Institutionen als Leitidee angepriesen wird, übernehmen eben diese Institutionen zunehmend Aufgaben, die von unteren staatlichen Ebenen mindestens gleich gut gelöst werden könnten. Der Mangel an politischem Wettbewerb prägt aber nicht nur die europäische, sondern auch die nationale und lokale Ebene. So wird heute kaum bestritten, dass die Staatsdefizite und die Steuern zu hoch, und die Bürokratien zu gross sind. Uneinig ist man sich lediglich über die Massnahmen, die dagegen ergriffen werden sollten.

Der polit-ökonomische Ansatz geht davon aus, dass Regierungen aus eigennützigen Individuen zusammengesetzt sind und es somit wenig Sinn macht, sie zu beraten, wie die 'richtige' Politik aussehen müsste. Vielmehr sollen Bedingungen so geändert werden, dass sie stärkeren Anreizen ausgesetzt werden, auf die Präferenzen der Bürger einzugehen. Grosse Wohlstandsgewinne können erzielt werden, wenn der Markt für staatliche Leistungen einer neuen, kompetitiven Art von staatlichen Körperschaften geöffnet wird, die sich auf die Erbringung einzelner Leistungen, und nicht auf die Beherrschung eines bestimmten Territoriums konzentrieren.

Das Konzept von Frey und Eichenberger (1995) schlägt vor, den politischen Wettbewerb in einer fünften Freiheit zu verankern: Der Freiheit der Bürger und Gemeinden, sogenannte FOCJ [1] (von Functional, Overlapping, Competing Jurisdictions) gründen zu können. Diese Körperschaften zeichnen sich durch vier grundlegende Eigenschaften aus: (i) FOCJ sind funktional. Ein FOCUS erfüllt nur eine oder einige wenige Funktionen. Seine Grösse kann somit gezielt seiner Aufgabe angepasst werden. (ii) FOCJ sind überlappend, da die verschiedenen Funktionen ganz unterschiedliche Ausdehnung der entsprechenden FOCJ erfordern. Oft wird es sogar von Vorteil sein, wenn sich FOCJ überlappen, die die gleiche Funktion erfüllen. (iii) FOCJ sind wettbewerblich. Sie stehen im Wettbewerb um Gemeinden und Bürger, und innerhalb der FOCJ herrscht demokratischer Wettbewerb. (iv) FOCJ sind Jurisdiktionen mit einer gewissen Steuerhoheit und Zwangsrechten. FOCJ entstehen auf unmittelbaren Wunsch der Bürger und können von diesen gut kontrolliert werden.

Diese neue, kompetitive Art von Körperschaften existiert teilweise in der Ausgestaltung der untersten politischen Ebene der Schweiz, den Gemeinden. Öffentliche Aufgaben werden in einigen Kantonen von einzelnen spezialisierten Gemeinden erbracht, die mit solchen FOCJ verwandt sind.

Ziel der Arbeit [2] ist es, die FOCJ-Bestandteile der bestehenden Gemeindearten in der Schweiz zu eruieren. Die Gemeindearten werden meist anhand von Beispielen auf ihre Voraussetzungen überprüft. Die dafür relevanten Punkte leiten sich aus den vier grundlegenden Eigenschaften von FOCJ (vgl. Kapitel 2) ab:

  • Sind die Gemeinden funktional, im Sinne der Konzentration auf die Erbringung von einer oder wenigen öffentlichen Leistungen? 
  • Können sich die Gemeinden in ihrer geografischen Ausdehnung optimal an die Erfordernisse der Leistungserbringung anpassen? 
  • Überlappen sie andere Gemeindearten: 
  • - territorial, was einem Anbieten verschiedener Leistungen auf demselben Gebiet gleichkommt?

    - funktional, was ein Anbieten derselben Leistung im selben Gebiet von unterschiedlichen Gemeinden bedeutet? 

  • Wird unter den Gemeinden Wettbewerb geschaffen, im Sinne von: 
  • - marktähnlichem Wettbewerb, durch:

    - die Austrittsmöglichkeit der Mitglieder?

    - einen Eintrittspreis?

    - politischem Wettbewerb innerhalb der Gemeinden, durch umfassende demokratische Rechte der Bürger? 

  • Sind die Gemeinden Jurisdiktionen und verfügen insofern über eine Zwangsgewalt und eine Steuerhoheit? 

 

1.2 Aufbau und Methode

In Kapitel 2 wird das FOCJ-Konzept vorgestellt und dessen Voraussetzungen erläutert. Für eine vertiefte, theoretische Auseinandersetzung wird auf die Ausführungen von Frey/Eichenberger (1995) und Eichenberger (1996) verwiesen, welche die Grundlagen dieser Arbeit darstellen.

Kapitel 3 befasst sich mit den aktuell existierenden Gemeindearten in der Schweiz und ihren FOCJ-Bestandteilen. Anhand von Beispielen soll dabei erläutert werden, welche Gemeindearten welche Voraussetzungen von FOCJ erfüllen. Es wurden nicht alle Gemeindetypen erfasst, die Arbeit gibt lediglich eine Übersicht.

Kapitel 4 fasst die Erkenntnisse der Arbeit zusammen. 

Der Arbeit liegen zwei Methoden zugrunde. Einerseits beruhen die Ausführungen auf Literatur, andererseits erforderte die Erarbeitung von Informationen für die Spezialgemeinden Feld-Recherchen. Statistische Daten und Wissen über Spezialgemeinden fehlen auf bundes- und auf kantonaler Ebene. Zur Erarbeitung dieses Kapitels dienten persönliche Befragungen von Politikern, Verwaltungsangestellten, Präsidenten von Verbänden und Wissenschaftern, die sich aktuell mit dem Thema auseinandersetzen. Oft waren Informationen unvollständig oder lückenhaft vorhanden oder nicht erhältlich. Viele der gesammelten Daten mussten mehrmals revidiert werden, da sich Aussagen untereinander oder mit der vorhandenen Literatur nicht deckten.

Die Arbeit verwendet ausschliesslich die männliche Ausdrucksform. Dies soll lediglich den Lesefluss erleichtern und keine Wertung darstellen.

 

2 Theoretischer Überblick zum FOCJ-Konzept

Das Konzept der FOCJ baut auf der Modernen Politischen Ökonomie und verschiedenen Elementen der ökonomischen Föderalismustheorie auf (Eichenberger 1996, 111). In der traditionellen ökonomischen Föderalismustheorie (vgl. Bird 1993, Breton 1996) wird jedoch die Ausdehnung der Gebietskörperschaften als gegeben betrachtet. Sie analysiert, welche Aufgaben welchen Ebenen zugeordnet werden sollten (Weingast 1993, 292). Dabei wird vorausgesetzt, dass ein im vornherein bestimmbarer, optimaler Zentralisierungsgrad existiert. Mit dieser Vorstellung wird im FOCJ-Konzept gebrochen. Die politische Freiheit ist prozessorientiert: FOCJ bilden ein anpassungsfähiges, föderales Netz von Regierungseinheiten, das stets eng an die Bürgerpräferenzen gebunden bleibt und sich der 'Geographie der Probleme' anpasst (Eichenberger 1996, 112). 

Die Körperschaften zeichnen sich durch ihre vier grundlegenden Eigenschaften aus, die den Begriff FOCJ kennzeichnen (Eichenberger 1996, 111f.):

(i) FOCJ sind funktional. Ein FOCUS (Einzahl von FOCJ) erfüllt nur eine oder wenige Funktionen. Gebietskörperschaften erbringen ihre Leistungen umso effizienter, je genauer sich Leistungsempfänger und Kostenträger entsprechen (je kleiner die 'spill-overs' sind), je vollständiger sie die 'economies of scale' ausnützen können, und je gezielter sie ihre Leistungen an die Nachfrage der Bürger anzupassen vermögen. Die verschiedenen staatlichen Leistungen weisen aber ganz unterschiedliche Wirkungskreise und unterschiedliche 'economies of scale' auf. Dazu variiert die Nachfrage räumlich beträchtlich, weil sie von verschiedenen Faktoren, die von Ort zu Ort stark unterschiedlich sein können, abhängt. Folglich ist es effizienter, nicht alle Leistungen von der gleichen Gebietskörperschaft zu erbringen, sondern von spezialisierten, auf den betreffenden Wirkungskreis zugeschnittenen funktionalen Jurisdiktionen.

(ii) FOCJ sind überlappend, da die verschiedenen Funktionen ganz unterschiedliche Ausdehnungen der entsprechenden FOCJ erfordern. Bürger gehören folglich nicht nur mehreren Jurisdiktionen an, sondern auch unterschiedlichen 'Bündeln' von Jurisdiktionen. Oft sind sogar überlappende FOCJ von Vorteil, die die gleiche Funktion erfüllen. In der Arbeit werden solche als sich funktional überlappende bezeichnet. FOCJ müssen also nicht zwingendermassen Gebietskörperschaften sein, die in einem zusammenhängenden Territorium ein Leistungsmonopol besitzen. Diese Art der Überlappung erweitert die Wahlmöglichkeiten der Bürger und stärkt den Wettbewerb zwischen den Anbietern staatlicher Leistungen zusätzlich.

(iii) FOCJ sind wettbewerblich. Sie stehen im Wettbewerb um Bürger und Gemeinden. Innerhalb eines FOCUS herrscht demokratischer Wettbewerb. Die Regierungen eines FOCUS werden durch zwei Mechanismen gezwungen, auf die Nachfrage der Mitglieder einzugehen: Die Austrittsmöglichkeiten ('exit') der Bürger und Gemeinden bewirken marktähnlichen Wettbewerb. Ihr Stimm- und Wahlrecht sorgen für politischen Wettbewerb.

Die Austrittsdrohung ist besonders wirksam, da 'exit' in FOCJ nicht auf die geografische Abwanderung beschränkt ist. Einzelne Bürger können aus einem FOCUS aus- und in einen anderen eintreten, ohne den Ort zu wechseln. Diese 'exit'-Möglichkeit besteht auch für Gemeinden und Gemeindeteile. Die genauen Austrittsbedingungen können in einem Vertrag zwischen den Mitgliedern eines FOCUS, einer eigentlichen Verfassung, geregelt werden. Für den Eintritt sollte ein Preis verlangt werden können. Damit werden die Konsumentenrenten von Eintretenden teilweise abgeschöpft und externe Wanderungskosten internalisiert. Dies gibt der Regierung eines FOCUS Anreize, auch für (noch) Nichtmitglieder attraktive Leistungen anzubieten. Für leistungsgerechte Preise sorgt der intensive, marktähnliche Wettbewerb zwischen den verschiedenen Jurisdiktionen.

Solange jedoch die Individuen keine politischen Rechte besitzen, verfügen die Regierungen stets über einen grossen Freiraum und können von den Präferenzen der Bürger abweichen. In FOCJ wird deshalb der politische Wettbewerb durch demokratische Institutionen garantiert. Die Bürger können die FOCJ-Exekutive und -Legislative wählen. Zudem sollten sie über umfassende direkt-demokratische Instrumente, wie dem Initiativ- und Referendumsrecht, zur Kontrolle der Regierung verfügen. Diese Volksrechte bewirken eine vermehrte Beachtung der Präferenzen der Bürger im politischen Prozess. Solange die Bürger das Initiativrecht besitzen, muss nicht auf höherer Ebene vorgeschrieben werden, wie die demokratischen Institutionen eines FOCUS im Detail auszugestalten sind. Sie können von den FOCJ-Bürgern selbst gewählt und entwickelt werden.

(iv) FOCJ sind Jurisdiktionen, die sich durch eine gewisse Steuerhoheit und eine Zwangsgewalt kennzeichnen. Die FOCUS-Mitgliedschaft kann auf zwei unterschiedliche Weisen definiert sein: Mitglieder können die kleinsten politischen Einheiten, in Normalfall die Gemeinden, sein. Ein Gemeindeeinwohner wird dann automatisch Bürger derjenigen FOCJ, in denen seine Gemeinde Mitglied ist. Er hat dann nur durch Umzug die Möglichkeit, aus einem FOCUS auszutreten. Im zweiten Fall kann ein einzelner Bürger frei entscheiden, ob er in einem bestimmten FOCUS Mitglied sein will. Diese starke Form der individuellen Wahlmöglichkeiten kann staatliche Umverteilungsmassnahmen unterhöhlen. Um dies zu vermeiden und auch um eine gewisse Mindestversorgung mit öffentlichen Leistungen zu garantieren, können auf einer höheren politischen Ebene die Mitgliedschaft in einem entsprechenden FOCUS obligatorisch erklärt und Leistungsstandards vorgeschrieben oder entsprechende Anreize gegeben werden.

Der politische Wettbewerb wird als politische Freiheit verankert: Bürger und Gemeinden sind frei, FOCJ zu gründen. Voraussetzung ist eine vertragliche Grundlage. Den untersten politischen Einheiten, den Gemeinden und wenn möglich sogar den einzelnen Bürgern, muss die Freiheit garantiert werden, sich an FOCJ zu beteiligen (Eichenberger 1996, 112). Dazu erhalten die Bürger das Recht, selbst über den Beitritt ihrer Gemeinde zu FOCJ und deren Verfassungen zu entscheiden. Zugleich müssen sie aus den bisherigen Gebietskörperschaften ganz oder nur bezüglich einzelner Funktionen austreten können und eine entsprechende Steuervergütung erhalten. Der Entstehungsprozess darf von existierenden politischen Institutionen nicht blockiert werden. Deshalb müssen alle Bürger und Gemeinden beim entsprechenden Gerichtshof klagen können, falls sie den Entstehungsprozess eines FOCUS behindert sehen (Eichenberger 1996, 112).

 

3 Die Beurteilung der Gemeindearten der Schweiz anhand von Beispielen auf FOCJ 

3.1 Eine Übersicht

Einige Beispiele der rund 4850 (Schuler 1997) verschiedenen Spezialgemeinden, die parallel zur politischen Gemeinde existieren, sollen das Schweizer Gemeindewesen im Hinblick auf FOCJ näher beleuchten. Die Ausführungen halten sich dabei an die in der Zielsetzung bereits aufgeführten relevanten Punkte (vgl. Kapitel 1.1).

Das System des Gemeindepluralismus in der Schweiz ist historisch gewachsen (vgl. Thürer 1986) und weist in vielen Charaktereigenschaften, vor allem bezüglich der weitgehenden Autonomie und der damit verbundenen Uneinheitlichkeit, eine internationale Einzigartigkeit auf. Ähnliche Strukturen kennt man auch in der USA, in Form der 'districts' (Frey/Eichenberger 1994, 779).

Die Gemeinden gab es bereits bevor die Kantone ihre endgültige Gestalt annahmen. Der Beginn der kommunalen Bewegung geht auf das Hochmittelalter zurück. Trotz einigen weitgreifenden Veränderungen durch die französische Revolution und deren Verfassung (1798), hat man sich in der Zeitperiode der Mediation und Restauration auf die ursprüngliche Organisation der Gemeinde zurückbesinnt und das Gemeindewesen 1830 umfassend geordnet (Meylan 1987, 5). Erst in der Totalrevision der Bundesverfassung (1874) wurden jedoch alle politischen Vorrechte auf Gemeindestufe aufgehoben, ausser diejenigen der Ausländer [3]: Art. 43 Abs. 4 garantiert allen Schweizer Bürgern die gleichen politischen Rechte (Meylan et al. 1972, 21). Damals entstand auch der auf dem Einwohnerprinzip beruhende, heute gültige Begriff der Gemeinde als Gebietskörperschaft (vgl. Kapitel 3.2).

Die Schweizer Gemeindelandschaft hat sich im Vergleich mit anderen Staaten als äusserst stabil erwiesen. [4] In Betrachtung der historischen Entwicklung und der gleichzeitigen Starrheit der Organisationsstruktur drängt sich die Frage auf, ob das System tatsächlich durch seine optimale Zielerreichung im politischen Prozess über diese lange Zeit erhalten blieb? Die ökonomische Betrachtungsweise scheint dies zu bestätigen. Das rationale Individuum akzeptiert Strukturen solange, als es auf keine besseren zurückgreifen kann. Die Möglichkeiten der Bürger, Reformvorschläge einzuleiten, sind durch verschiedene direkt-demokratische Instrumente gegeben. Änderungen, die von Seiten der Verwaltung eingeleitet werden, müssen vom Volk angenommen werden. Nicht zuletzt bestätigen Bestrebungen der Gemeinden, in der Bundesverfassung direkt verankert zu werden, die Zufriedenheit mit der existierenden Organisationsstruktur der untersten politischen Ebene.[5]

Tabelle 1 zeigt eine Übersicht über die Gemeindearten in den verschiedenen Kantonen der Schweiz. Auf Gemeindestufe sind dies die politische Gemeinde, Kirchgemeinden, Schulgemeinden und Bürgergemeinden. Daneben existieren in einigen Kantonen besondere Institutionen, die rechtlich auf derselben Ebene wie die Gemeinden stehen. Dazu gehören die Korporationen, im Kanton Glarus die 22 'Tagwen' (Bürgergemeinden) und 27 Fürsorgegemeinden (in Tabelle 1 unter Spezialgemeinden aufgeführt). Die 21 Zivilgemeinden des Kantons Zürich, die 36 'Bäuerten' im Kanton Bern und die vier Bezirksgemeinden im Obwaldnern Hauptort Sarnen sind in der Tabelle 1 unter den Fraktionen aufgeführt; ebenso die fünf 'Fraktionen' der Gemeinde Davos (GR), je eine Fraktion der Gemeinden im Vallée de Joux und L'Isle (JU) und die vier Fraktionen in der Gemeinde St. Brais (JU). Die Feuerschaugemeinde im Kanton AI gilt als weitere Spezialgemeinde (Schuler 1997). Daneben sind die 39 'Kreise' im Kanton Graubünden als Stufe zwischen der Gemeinde und dem Bezirk, und die sechs Bezirke des Kantons Schwyz zu nennen, die über eine rechtlich weitgehende Gleichstellung mit den Gemeinden verfügen. Ebenso gehören die Gemeinde- und Zweckverbände in ihren verschiedensten Ausgestaltungen teilweise zu gemeindeähnlichen Organisationen.[6]

Die verschiedenen Gemeindearten und ihre Ausgestaltung sind Gegenstand der nachfolgenden Kapitel. Je nach Gemeindeart sind verschiedene Voraussetzungen von FOCJ in unterschiedlicher Ausgestaltung erfüllt und zusätzlich je nach Kanton zu differenzieren. Die Reihenfolge entspricht keiner Gewichtung.

 

Tabelle 1: Anzahl Gemeindearten in der Schweiz.
Anzahl Gemeindearten in der Schweiz

Anzahl Gemeindearten in der Schweiz (2)

Quelle: Schuler (1997) und eigene Ergänzungen.

a) Bundesamt für Statistik, Abteilung eidg. Volkszählung, Stand der Daten: 9. August 1996.

b) Das Volk des Kantons SZ hat in der Abstimmung vom September 1992 beschlossen, alle Kirchenangelegenheiten in eigenständigen, öffentlich-rechtlichen Körperschaften zu organisieren. Am 26. August 1996 bestanden neben den 38 Kirchgemeinden noch 10 Einheitsgemeinden, deren Abspaltung der Kirchen bis Ende 1996 erwartet werden (vgl. auch Kapitel 3.3).

c) In den Kantonen GE und NE sind Kirche und Staat getrennt. Die aufgeführten Kirchgemeinden haben keinen 

öffentlich-rechtlichen Status.

d) Die Zahl beruht auf dem Interview mit dem Präsidenten der Genossame Lachen, Peter Marty (September 1996).

 

3.2 Die politischen Gemeinden

Die politische Gemeinde [7] ist in der Schweiz die wichtigste Gemeindeform und existiert in allen Kantonen (Schweizer Lexikon, 1992 Band 2, 852). Sie setzt sich aus den Schweizer Bürgern mit Wohnsitz im Gemeindegebiet zusammen und ist damit eine Gebietskörperschaft mit Zwangsgewalt auf territorialer Grundlage. Zusammen mit der vom Kanton delegierten Steuerhoheit kann sie damit als Jurisdiktion bezeichnet werden.

Sie besitzt eine allgemeine Kompetenz in kommunalen Angelegenheiten und nimmt insofern alle Gemeindeaufgaben wahr, die durch das kantonale Recht nicht dem Wirkungskreis eines anderen Gemeindetyps zugewiesen werden (Ladner 1990, 24; Häfelin/Müller 1990, 237). In dieser generellen Kompetenz unterscheidet sie sich von den anderen Gemeindearten, die nur für besondere Bereiche zuständig sind und eine oder wenige Aufgaben erfüllen. In den Kantonen GE, NE und VD stellt die politische Gemeinde die einzige Gemeindeform dar. Die Einheitsgemeinde ist für die Erbringung aller öffentlichen Leistungen verantwortlich.[8]

Für eine kleine politische Gemeinde kann die allgemein zugewiesene Kompetenz durchaus sinnvoll, d.h. effizient sein. Sind die Zeit- und Informationskosten pro Aufgabe klein, drängt sich eine Leistungserbringung durch eine oder wenige Personen auf. Die Empirie zeigt jedoch keinen Zusammenhang zwischen der Organisationsform und der Grösse. Dies bekräftigen vor allem die zwei Kantone GE und NE, wo unabhängig von der Gemeindegrösse die Einheitsgemeinde vorgeschrieben wird.[9]

Möglichkeiten 'economies of scale' im Verwaltungsbereich der politischen Gemeinden auszunutzen, sind neben der Fusion von Gemeinden (vgl. Wohlfahrtstätter 1996, Internet Homepage: Gemeindestudien) eine Fusion nur der Verwaltungen. Ein Beispiel statuieren die zwei Aargauer Nachbargemeinden Bettenhausen (330 Einwohner) und Bollodingen (240 Einwohner). Im August 1995 gaben die zwei Gemeindeversammlungen grünes Licht für die Fusion der Verwaltungen. Dies führte zu Steuergeldereinsparungen einerseits und andererseits zu einer qualitativ besseren Dienstleistung für den Bürger.[10] Die Finanzen bleiben bis auf weiteres getrennt verwaltet (Berner Zeitung 1995). Eine solche Zusammenschlussform ist noch immer selten in der Schweizer Gemeindelandschaft anzutreffen.

Die überlappende Komponente existiert bei politischen Gemeinden territorial mit Spezialgemeinden, falls solche vorhanden sind. Der marktähnliche Wettbewerb durch funktionale Überlappung, d.h. die Überlappung mit anderen Gemeinden auf demselben Gebiet, kommt jedoch durch die klaren kantonalen Regelungen in der Aufgabenzuweisung nicht zustande. Der marktähnliche Wettbewerb zu anderen politischen Gemeinden ist durch die Austrittsoption 'Abwanderung' gegeben. Der politische Wettbewerb wird durch umfassende Initiativ- und Referendums- sowie Wahl- und Stimmrechte gewährleistet.

Durch den relativ umfangreichen Aufgabenbereich und der darin formulierten Autonomie in der Erfüllung der Leistung hat die politischen Gemeinde in der Schweiz einen hohen Stellenwert.

Fazit: Die politischen Gemeinden sind nicht funktional im Sinne von FOCJ. Durch die Erfüllung mehrerer Aufgaben kann nicht von einer Konzentration bzw. Spezialisierung gesprochen werden. Sie überlappen andere Gemeindearten, falls solche vorhanden sind, territorial, jedoch nicht funktional. Der marktähnliche Wettbewerb zu anderen politischen Gemeinden ist nur durch Abwanderung gegeben. Der politische Wettbewerb ist umfassend erfüllt. Politische Gemeinden sind durch ihre Steuerhoheit und Zwangsgewalt Jurisdiktionen.

 

3.3 Die Kirchgemeinden

In der Schweiz existieren 2543 Kirchgemeinden (vgl. Tabelle 1). Die Kantone GE und NE kennen als einzige in der Schweiz die Trennung von Kirche und Staat. Deren Kirchen werden nicht vom Staate anerkannt, sind also keine öffentlich-rechtlichen Körperschaften. Sie regeln ihre organisatorischen und finanziellen Belange selbständig, wobei sie dem Privatrecht unterstellt sind. Der Kanton Waadt anerkennt zwar eine Staatskirche, ernennt sie jedoch nicht zur öffentlich-rechtlich selbständigen Körperschaft. Sie steht durch die Wahl des Pfarreirates und die Anstellung des Pfarrers durch den Kanton unter der Aufsicht des Staates (Schuler 1997). In den Kantonen VS, TI und AG werden die Kirchenangelegenheiten von den politischen Gemeinden verwaltet. In allen anderen Kantonen sind gewisse Kirchen als öffentlich-rechtliche Institutionen anerkannt und bilden eigenständige Gemeinden.

Im folgenden interessiert für diese Arbeit nur die staatlich anerkannte Kirche, wo die Ausübung des Glaubens in einer Gemeinschaft als öffentliches Gut gilt.[11]

3.3.1 Die Kirchgemeinden im schweizerischen Recht

Die Bundesverfassung gewährleistet in Art. 49 die Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie die Freiwilligkeit der Teilnahme in einer Religionsgemeinschaft (Abs. 2). Die Garantie der freien Ausübung von gottesdienstlichen Handlungen, die Kultusfreiheit, innerhalb der Schranken der Sittlichkeit und der öffentlichen Ordnung, regelt Art. 50 BV. Den Kantonen wird weiter die Kompetenz übertragen, geeignete Massnahmen zur Sicherung der Ordnung und des öffentlichen Friedens zu treffen (Art. 50 Abs. 2 BV).

Die Kantone üben diese Kompetenz aus, indem sie in ihren Verfassungen gewisse Religionen als Landeskirchen anerkennen. Den öffentlich-rechtlichen Status haben in jedem Kanton die evangelisch-reformierten und die römisch-katholischen Kirchen (Schuler 1997). Jeder Kanton kann jedoch auch andere Religionen zu diesem Status erheben, indem er sie namentlich in der Verfassung aufführt [12] oder ihnen die Möglichkeit gibt, sich als solche anerkennen zu lassen.[13]

Grundsätzlich gilt das Gemeindegesetz des Kantons auch für die Kirchgemeinden zwingend. Noch nicht geregelte Belange oder Präzisierungen werden entweder direkt in der Kantonsverfassung oder in speziellen Kirchengemeindegesetzen geregelt.[14]

Die Mitgliedschaft bei einer Kirchgemeinde ist unabhängig vom schweizerischen Bürgerrecht. Sie ist jedoch an die territoriale Zugehörigkeit gebunden. Die Ausdehnung der Landeskirchen hat das gesamte Territorium des Landesgebietes (Kanton) zu umfassen. Dabei können sie sich in verschiedene Gemeinden aufteilen. Der Eintritt ist meist mit einem Preis verbunden, einem Aufnahmeverfahren zur jeweiligen Religion. Dies muss in den meisten Landeskirchen durch eine schriftliche Erklärung des Mitglieds, einer anschliessenden Genehmigung durch den Pfarrer und einer Taufzeremonie erfolgen. [15] Der Austritt kann jederzeit durch eine schriftliche Erklärung gegeben werden.[16]

Die Kirchgemeinden sind zur Erfüllung ihrer Aufgaben befugt, Steuern zu erheben, was meist bereits in den Kantonsverfassungen festgehalten wird. Teilweise unterstützt der Kanton und die Gemeinden die Kirchen mit Beiträgen. Je nach Kanton sind dies Zuweisungen nur für überkonfessionelle öffentliche Arbeiten [17] oder nicht zweckgebundener Art. [18] Die Aufgaben der Kirchen werden in deren Statuten umschrieben. Im wesentlichen handelt es sich dabei um die Wahl der Geistlichen und die Verwaltung des Kirchengutes (Meylan et al. 1972, 34).

Durch den Status der öffentlich-rechtlichen Körperschaft sind die Kirchgemeinden demokratisch organisiert. Die Mitglieder bilden das oberste Organ, die Gemeindeversammlung. Die Stimm- und Wahlbeteiligung von ausländischen Mitgliedern ist dabei unterschiedlich geregelt (Schweizer Lexikon 1992, Band 3, 838). Die Wahl der Geistlichen und der Kirchenpflege (die Exekutive wird je nach Kirche anders genannt) sowie die Genehmigung der Rechnung, des Steuerfusses [19] und des Budgets erfolgen über die Gemeindeversammlung oder teilweise an der Urne (je nach Statuten).

3.3.2 Die Bedeutung der Kirchgemeinden als FOCJ

Die Kirchgemeinden erfüllen in ihrer beschriebenen Ausgestaltung einige Voraussetzungen von FOCJ. Sie sind funktional, indem sie sich auf eine Aufgabe konzentrieren, und dabei nicht an die geografischen Grenzen der politischen Gemeinden gebunden. Sie wählen ihre Ausdehnung innerhalb des Kantonsgebietes frei, was die Untersuchung von Schuler (1997) aufzeigt.

Einzigartig ist die Mitgliedschaft in einer Kirchgemeinde unabhängig vom Schweizer Bürgerrecht, was einer echten Beitrittsfreiwilligkeit jedes Kantonseinwohners gleichkommt. Eine Einschränkung diesbezüglich ist dort vorhanden, wo die ausländischen Mitglieder keine Stimm- und Wahlberechtigung haben.

Als FOCJ zeichnen sich die Kirchgemeinden ebenfalls durch den Ein- und Austritt ohne Wohnortwechsel, einen Eintrittspreis und durch Konkurrenz anderer Kirchgemeinden auf demselben Territorium aus. Durch das Anbieten derselben Leistung verschiedener Körperschaften auf demselben Gebiet, überlappen sich die Kirchgemeinden funktional. [20] Damit sind die Voraussetzungen für einen umfangreichen, marktähnlichen Wettbewerb gegeben. Dies zeigt sich an Veränderungen der Mitgliederzahlen der zwei häufigsten Landeskirchen im Kanton Zürich, der römisch-katholischen und evangelisch-reformierten und Kirchen anderer Religionen. [21] Zusätzlich müsste ein positiver Effekt auf den Preis der Leistungserbringung durch tiefe Steuern ersichtlich sein. Der Tatbestand, dass sich die Kirchensteuern der Gemeinden auf demselben Territorium (Kanton) unterschiedlicher Konfession nicht stark voneinander unterscheiden, kann diese Wirkung jedoch nur ansatzweise bestätigen. [22] Der reine Wettbewerbeffekt der funktionalen Überlappung der Kirchgemeinden, ist nicht möglich aufzuzeigen. Dazu wäre der Vergleich mit einem Kanton, der nur eine Kirchgemeinde staatlich anerkennt, notwendig. Ein solcher existiert in der Schweiz jedoch nicht.[23]

Der nicht materielle Eintrittspreis, das Aufnahmeverfahren zur Religion, dient nicht zum Abschöpfen von Konsumentenrenten. Er kann jedoch zu einer höheren Identifikation mit der Körperschaft führen. Damit würde eine gesteigerte intrinsische Motivation des Individuums entstehen, die sich auf die aktive Teilnahme am laufenden politischen Prozess der Organisation auswirken müsste. Die Präferenzen würden dadurch stärker geäussert, was zu einer höheren Qualität der Leistung der Körperschaft führte und damit verbunden zu mehr Mitgliedern. Wie stark dieser Effekt jedoch tatsächlich existiert, ist empirisch schwierig nachzuweisen.[24]

Kirchgemeinden besitzen eine Steuerhoheit, jedoch nur eine beschränkte Zwangsgewalt. Sie können insofern nicht als Jurisdiktionen bezeichnet werden. Der Beitritt ist freiwillig. Tritt ein Individuum jedoch bei, ist es verpflichtet, in derjenigen Kirchgemeinde seiner Konfession Mitglied zu werden, die auf seinem Wohngebiet liegt. Das Beispiel der Kirchgemeinden, mit der Freiwilligkeit des Beitritts zu einer Körperschaft ohne Zwangsgewalt, zeigt ein damit auftretendes Problem des Trittbrettfahrens. Ein Nicht-Mitglied kann von gewissen Leistungen der Kirchen einen Nutzen ziehen, ohne dafür als Kostenträger auftreten zu müssen.[25]

Der politische Wettbewerb innerhalb der einzelnen Kirchgemeinden ist durch das umfassende direkt-demokratische Instrumentarium gegeben.

Fazit: Kirchgemeinden erfüllen den funktionalen Aspekt von FOCJ. Sie stehen in marktähnlichem Wettbewerb durch die funktionale Überlappung, die freie Austrittsoption ohne Wohnortwechsel und den Eintrittspreis. Territorial überlappen Kirchgemeinden auch andere Gemeinden. Der politische Wettbewerb ist gewährleistet. Sie besitzen eine Steuerhoheit, aber nur eine beschränkte Zwangsgewalt und sind damit keine Jurisdiktionen.

 

3.4 Schulgemeinden und ihre Bedeutung als FOCJ

Schulgemeinden sind in den sechs Kantonen SG, ZH, NW, GL, AI und TG anzutreffen (vgl. Tabelle 1). In den übrigen Kantonen werden die Schulen von der politischen Gemeinde verwaltet und die Lehrer von einer Schulkommission gewählt (Schuler 1997). Zweck der Jurisdiktionen ist es, das Schulwesen von einer oder mehreren politischen Gemeinden zu betreuen (Schweizer Lexikon, Band 5, 622). Sie haben den Status öffentlich-rechtlicher Gebietskörperschaften. Ihre Organisation und Aufgaben werden bereits relativ klar im kantonalen Volksschulgesetz geregelt. Weitere Ergänzungen sind in Gemeindegesetzen sowie Gemeinde- und Schulordnungen des jeweiligen Kantons erläutert. [26] Die Schulgemeinden sind stark von Gesetzen eingeschränkt, dementsprechend gering ist ihre Autonomie (Glaus 1984,142 und Interview Hans Thalmann 1996). Folglich können sie sich kaum von anderen Schulgemeinden abheben. Dies muss aber den Präferenzen der Bürger nicht widersprechen, sonst könnten die gesetzlichen Grundlagen über das direkt-demokratische Instrumentarium geändert werden. 

Die Schulgemeinden erfüllen die Voraussetzungen eines FOCUS durch die Monofunktionalität in der Aufgabenerfüllung, das Recht, Steuern zu erheben und der Zwangsgewalt mit territorialer Grundlage. [27] Sie können sich den Bedürfnissen ihrer Funktion entsprechend ausdehnen und damit Skalenerträge ausnützen. [28] Die Schulgemeinden überlappen Gemeinden anderer Funktionen. Die Austrittsoption kann durch den geografischen Wechsel in eine andere Gemeinde vollzogen werden.

Es fehlt jedoch die zusätzliche, marktähnlich wirkende, wettbewerbliche Komponente durch eine Überlappung einer Schulgemeinde derselben Funktion auf derselben Ebene bzw. der freien Beitrittswahl des Bürgers zu einem FOCUS. Der politische Wettbewerb ist durch die direkt-demokratische Organisation mit umfassendem Stimm- und Wahl- sowie Referendums- und Initiativrecht gewährleistet.

Fazit: Schulgemeinden können als FOCJ bezeichnet werden, da sie monofunktional sind und ihre Ausdehnung an die Funktion anpassen können. Sie überlappen andere Gemeinden territorial, jedoch nicht funktional. Ein marktähnlicher Wettbewerb existiert durch die Austrittsoption 'Abwanderung'. Es fehlt jedoch derjenige durch einen Eintrittspreis. Der politische Wettbewerb ist gewährleistet und Schulgemeinden sind Jurisdiktionen im Sinne von FOCJ.

 

3.5 Die Bürgergemeinden

Die Vielfalt an Bürger- und Burgergemeinden ist enorm. Ein Gespräch mit dem Geschäftsführer des Verbandes der Bürgergemeinden und Korporationen, Daniel Arn hat ergeben, dass ein beachtlicher Mangel an Datenmaterial besteht. Oft geben sich Bürger- und Korporationsverantwortliche sehr zurückhaltend. Die Vermögenswerte und materielle Nutzen dieser Institutionen ist praktisch nicht in Erfahrung zu bringen. [29] Die vorhandenen Daten (Tabelle 1) sind nur schwer überprüfbar.[30]

Die Bürgergemeinden, früher Burgergemeinden genannt [31], entstanden im 'Ancien régime' als Körperschaft der vollberechtigten Stadtbürger oder Dorfgenossen gegenüber den nur ansässigen Einwohnern. Die politischen Rechte gingen mit der Schaffung der politischen Gemeinden unter Napoleon 1798 an diese über. Die alten Burgergemeinden verwalteten teilweise noch die Nutzungsrechte der Dörfer und Städte und blieben für das Armenwesen zuständig, bis sie auch dieses Anfangs des 20. Jahrhunderts an die politischen Gemeinden abgaben (Schweizer Lexikon 1992, Band 1, 777). [32] Grund dafür war vor allem die finanziell schlechtere Lage durch teilweise ertragslos gewordenes Vermögen der Bürgergemeinden und der steigenden Bedeutung des Armenwesens bzw. Sozialwesens in den politischen Gemeinden (Auskunft Kant. Verwaltung TG 1996).

Heute sind Bürgergemeinden [33] öffentlich-rechtliche Körperschaften mit Selbstverwaltung auf personaler Grundlage, denen insbesondere die Erteilung des Gemeindebürgerrechts und die Verwaltung des Bürgervermögens obliegt (Schweizer Lexikon 1992, Band 1, 777). Das territoriale Element ist für die Mitgliedschaft im Gegensatz zu allen anderen Gemeindearten nicht wesentlich, sie sind Personalkörperschaften (Festschrift 1994, 16). Jeder Schweizer Bürger besitzt ein Bürgerrecht im Sinne eines Heimatrechts, dessen demokratischen Rechte er jedoch in den meisten Fällen nur ausüben kann, wenn er sich auf dem Gebiet der Bürgergemeinde niederlässt. [34] Das Bürgerrecht als Heimatrecht kann normalerweise bei Gemeinden von jedem Schweizer Bürger frei beantragt werden. Sein ursprüngliches Bürgerrecht geht dabei teilweise verloren. [35] Die Bedingungen zur Aufnahme in eine Bürgergemeinde sind für Schweizer genauso wie für Ausländer je nach Ort unterschiedlich geregelt. [36] Der Beitritt ist mit einem Eintrittspreis verbunden.[37]

Die Funktion der Bürgergemeinde kann je nach Kanton und Gemeinde als lediglich ergänzend zur politischen Gemeinde betrachtet [38] oder von wesentlicher Bedeutung für die Mitglieder sein. Letzteres trifft vor allem für Bürgergemeinden mit bedeutendem Bodenbesitz zu, wobei ihre Rolle als Raumplaner nicht unbedeutend ist.[39]

Wo der Boden der Bürgergemeinden einen materiellen Nutzen stiftet, vor allem in Tourismus orten, kommt ihnen ein erhöhter Stellenwert zu. Dies kann sich einerseits in einem Beitrag an die allgemeine Wohlfahrt einer Gemeinde ausdrücken, wie oben erläutert, andererseits je nach Bürgergemeinde auch als materieller Nutzen für den einzelnen Bürger.[40]

Die Bürgergemeinden können keine Steuern erheben. Sie finanzieren sich über die Erträge aus ihrem Vermögen. Die Beiträge aus den Einbürgerungstaxen sind im Normalfall vernachlässigbar (Arn 1996). [41] Oft ist in den Gemeindegesetzen vorgesehen, dass Bürgergemeinden, die sich selbst nicht unterhalten können, sich mit der politischen Gemeinde zusammenschliessen (Bsp. Kanton AG: Gemeindegesetz Art. 13). 

3.5.1 Die Bedeutung der Bürgergemeinden als FOCJ

Die Bürgergemeinden sind FOCJ, im Sinne von Körperschaften teilweise mit monofunktionaler sowie autonomer Aufgabenerfüllung. Über ihre wirtschaftliche Bedeutung sind keine Werte bekannt. Vermögende Bürgergemeinden können, wie an den Beispielen Zermatt, Chur und St.Gallen erläutert, einen nicht unbedeutenden Nutzen für die Allgemeinheit und teilweise auch für die Mitglieder selbst darstellen. 

Ihre Ausdehnung beschränkt sich mehrheitlich auf die politische Gemeinde, ausser historische Bewegungen veränderten deren Grenzen. Sie können sich durch Zustimmung der Gemeindeversammlungen auflösen, indem sie mit der politischen Gemeinde fusionieren. Ein Austritt aus einer Bürgergemeinde ist durch Umzug möglich, der Bürger verliert dabei meist die demokratischen Rechte. Das Bürgerrecht als solches ist jedoch höchstens mit dem Erwerb eines anderen abgebbar. Insofern besitzen die Bürgergemeinden ein Zwangsrecht auf personaler Grundlage. Jeder Schweizer ist verpflichtet, ein Bürgerrecht zu erwerben. Er kann dies unter bestimmten Voraussetzungen und einem Eintrittspreis je nach Gemeinde frei wählen. Durch die fehlende Steuerhoheit, kann eine Bürgergemeinde nicht als Jurisdiktion bezeichnet werden.

Die teilweise freie Wählbarkeit, verbunden mit dem Eintrittspreis, der neben monetärem Wert meist auch eine mehrjährige Wohnsitzpflicht beinhaltet, sind im Hinblick auf FOCJ eine Besonderheit. Der Eintrittspreis kann jedoch nur dort als Abgeltung für die Nutzung öffentlicher Güter und zur Internalisierung externer Wanderungskosten dienen, wo das Mitglied auch von Leistungen profitieren kann. Dies ist bei den Schweizer Bürgergemeinden der Fall, wenn sie über Vermögen verfügen.[42]

Meistens wird der Nutzen des Vermögens jedoch, gesetzlich geregelt, für allgemeine öffentliche Aufgaben weiterverwendet und fliesst nicht zum einzelnen Mitglied. [43] Durch die zusätzliche Unmöglichkeit, Steuern einzuziehen, wird der Anreiz verhindert, Leistungen zu verbessern bzw. neue anzubieten.

In reichen Bürgergemeinden sind zu beobachtende Leistungsverbesserungen mit Eigentumsrechten und dem daraus entstehenden Nutzen für das einzelne Mitglied verbunden. Da diese jedoch keine laufenden Kosten im Sinne von Steuern tragen, können solche Bürgergemeinden nicht als Beispiel für die Effizienzverbesserung durch die Nähe von Leistungsempfänger und Kostenträger dienen. Sie profitieren lediglich von zuvor verteilten Eigentumsrechten und haben den Anreiz, diese möglichst zu ihrem Nutzen zu verwalten. Jeder Bürger hat normalerweise jedoch die Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen in die Gemeinde einzutreten und ebenfalls von diesem Nutzen zu profitieren.

Der politische Wettbewerb und die Kontrolle der Entscheidungsträger ist durch die direkt-demokratische Organisation und deren Stimm- und Wahl- sowie Referendums- und Initiativrechten gegeben. Die Bürgergemeinden überlappen andere Gemeindearten territorial aber nicht funktional.

Fazit: Die Bürgergemeinden erfüllen den funktionalen Aspekt von FOCJ. Sie überlappen andere Gemeinden territorial, jedoch nicht funktional. Der marktähnliche Wettbewerb ist durch die Austrittsoption mit gleichzeitigem Erwerb eines anderen Bürgerrechts und einem Eintrittspreis gegeben. Die demokratischen Instrumente der Bürger gewährleisten einen politischen Wettbewerb. Bürgergemeinden sind durch die fehlende Steuerhoheit keine Jurisdiktionen. Sie besitzen aber eine Zwangsgewalt.

Die Bürgergemeinden mit Vermögen vermischen sich in ihrem Stellenwert mit denjenigen der Korporationen. 

 

3.6 Die Korporationen

Korporationen existieren in den Kantonen BE, SG, LU, TI, SZ, ZG, JU, UR, NW und OW unterschiedlich zahlreich und in unterschiedlichen Bedeutungen (Vgl. Tabelle 1). Sie beinhalten im Unterschied zur Bürgergemeinde kein Heimatrecht, sondern nur ein Nutzungsrecht aufgrund von Vermögen.

Die Korporation ist rechtlich gesehen eine Mischung aus einer Real-, Personal- und teilweise Gebietskörperschaft. Sie werden als gemeindeähnliche Organisationen eingestuft. Einerseits ist die Voraussetzung für eine Mitgliedschaft der Besitz eines Bürgerrechts einer Bürger- oder Einwohnergemeinde, andererseits kann das Korporationsbürgerrecht auch durch Abstammung, Heirat, Adoption oder durch behördlichen Beschluss erworben werden. Abhängig sind die Bedingungen von den einzelnen Kantonen und den Korporationsreglementen (Festschrift 1994, 17).

Als Beispiel der Organisation und Bedeutung von Korporationen soll der Kanton SZ aufgezeigt werden. Die Korporationen und Genossamen haben eine historische Tradition und teilweise nicht unbedeutenden Stellenwert.[44]

3.6.1 Der Kanton SZ

Die Korporationen und ähnliche Allmendgenossenschaften, wie die Genossamen, sind in der Kantonsverfassung (Art. 18) als öffentlich-rechtliche Verbände verankert (Kennel 1989, 138f). Die Kantonsverfassung gewährleistet den Institutionen die selbständige Organisation und Verwaltung in Art. 19-21 (Mächler 1990, 411). [45] Zweck der Allmendgenossenschaften ist die Verwaltung des allgemeinen Bürgergutes.

Im Kanton Schwyz existieren zwei grosse Korporationen, die Oberallmeindkorporation Schwyz und die Unterallmeindkorporation Arth. [46] Deren Ausdehnung ist nicht nur gemeinde- und bezirksübergreifend, sondern teilweise auch in grenznahe Kantone übergreifend und unzusammenhängend. Der Ertrag der Korporationen ist trotz ihres Bodenreichtums bescheiden. [47] Die zusätzlich im Kanton Schwyz existierenden 60 Genossamen besitzen nicht dieselben grossflächigen Gebiete wie die Oberallmeind- und Unterallmeindkorporation, ihre Ausdehnung ist aber ebenfalls gemeindeübergreifend. [48] Oft sind die Genossamen bedeutende Besitzer von Liegenschaften und Bauland. [49] Der materielle und immaterielle Ertrag eines Genossame-Bürgers ab 18 Jahren in Lachen beispielsweise beläuft sich auf ca. Sfr. 10'000.- pro Jahr (Interview Bisig, 1996).[50]

Die Korporationen und Genossamen finanzieren sich über die Erträge aus dessen Vermögen. Sie haben kein Recht, Steuern zu erheben. Die Organisation ist demokratisch aufgebaut. Neben der Korporations- bzw. Genossamengemeinde, existiert der Korporations- bzw. Genossamenrat (Exekutive), der von den stimmberechtigten Bürgern gewählt wird. Die Gemeindeversammlung wird in der Regel ein Mal pro Jahr durchgeführt. Die Mitglieder besitzen Initiativ- und Referendumsrechte, wie dies im kantonalen Gesetz für öffentlich-rechtliche Körperschaften des Typs Gemeinde geregelt ist.

Voraussetzung für die Mitgliedschaft bei einer Korporation oder Genossame ist das aufgeführt sein des Familiennamens in den Statuten. Damit definiert sie sich als Personalkörperschaft. Zwei weitere Bedingungen sind notwendig, um die demokratischen Rechte auszuüben und vom Nutzen der Allmendgenossenschaft profitieren zu können. Der Bürger muss im Besitz eines Bürgerrechts einer Schwyzer Gemeinde der Korporation sein und seinen Wohnsitz auf dessen Gebiet haben. Damit ist das Element der Gebietskörperschaft mit notwendig. Es gelten Nachkommen der aufgeführten Namensträger ab 18 Jahren als rechtmässige neue Mitglieder. Es gibt keine Möglichkeit, sich in eine Korporation einzukaufen. Der Austritt kann schriftlich, ohne weitere Erklärung, erfolgen (Marty 1996).

Laut Aussage von Hans Bisig (1996) ist der Stellenwert der Genossamen in der Ausserschwyz nicht zu unterschätzen. Sie verfügen meist über den wirtschaftlich relevanten Boden, sind professionell organisiert und an den Gemeindeversammlungen in der Überzahl. Es existieren einige Beispiele von Gemeinden, die in den letzten 30 Jahren wirtschaftlich einen starken Aufschwung verzeichnen konnten, dank ihrer jeweiligen Genossame. Eine Gemeinde ist Lachen, die vor allem durch die 'neue' Industrialisierung starke Steuerzahler dazuerhalten hat. Die Genossame konnte dank dem Bodenbesitz Industriebetriebe in die Gemeinde locken. Die Gemeinde ihrerseits verfügte zwar über eine Abteilung 'Wirtschaftsförderung', operierte jedoch ineffizient im Vergleich zur Genossamen. Dies ist auf den Bodenbesitz bzw. die Eigentumsrechte zurückzuführen.

Auch die Korporationen der Innerschwyz mit ihrem Waldbesitz tragen mit der Wald- und Landschaftspflege einen bedeutenden Beitrag zum Allgemeinwohl bei. Der Stellenwert in der Gesellschaft ist unbestritten. Die Identifikation der Korporationsmitglieder mit ihrem Gut ist bedeutend höher als diejenige eines 'gewöhnlichen' Bürgers bzw. Einwohners einer Gemeinde (Interview Bisig, 1996 und Betschart 1996, 8).

3.6.2 Die Bedeutung der Korporationen als FOCJ

Korporationen sind in ihrem Zweck monofunktional und weisen bezüglich der Ausdehnung interessante Dimensionen auf, als sie teilweise unzusammenhängend und stark gemeinde- sowie kantonsübergreifend sein können. Sie überlappen andere Gemeindearten territorial, nicht jedoch funktional.

Die Korporationen sind durch die fehlende Steuerhoheit keine Jurisdiktionen. Sie besitzen die Zwangsgewalt auf Basis der Personalkörperschaft und zur Ausübung der demokratischen Rechte die Zwangsgewalt mit dem Element der Gebietskörperschaft. Der Austritt kann ohne Abwanderung erfolgen. Es existiert kein Eintrittspreis, jedoch eine strikte Eintrittsbedingung. Der politische Wettbewerb ist durch die direkt-demokratische Organisation und deren Instrumentarium erfüllt.

 

3.7 Die Zivilgemeinden des Kantons Zürich

Die noch existierenden 21 Zivilgemeinden (vgl. Tabelle 1) sind unabhängige, öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften mit dessen territorialem Element als Zwangsgewalt. Gesetzliche Grundlage bilden die Kantonsverfassung und das kantonale Gemeindegesetz. Die Zivilgemeinde wird darin nicht als Institution der 'regelmässigen' Gemeindeeinteilung [51] aufgeführt und ist insofern nicht verpflichtet eine Gemeindeordnung zu erstellen. Sie untersteht damit den Rechten und Pflichten der politischen Gemeinde.

Zivilgemeinden sind direkt-demokratisch organisiert. Die Exekutive wird an der Urne gewählt. Die Bürgerschaft bilden die ansässigen, stimmberechtigten Einwohner. Die Zivilgemeindeversammlungen werden normalerweise im Anschluss an die Bürgerversammlung der politischen Gemeinde abgehalten. Ihr Gebiet deckte von jeher nie ganz das Kantonsgebiet ab. Es kann kleiner sein als dasjenige der politischen Gemeinde [52], übergreift jedoch nie in eine andere politischen Gemeinde, ausser diese unterlag seit der Existenz der Zivilgemeinden (ca. 9. Jahrhundert) einer Grenzveränderung.

Der Aufgabenbereich ist im Gemeindegesetz insofern klar umschrieben (Art. 19), als den Zivilgemeinden besondere und örtliche Angelegenheiten zugewiesen werden, die die politischen Gemeinden nicht übernehmen. Sie haben keinen Anspruch, selbst Aufgaben zu wählen, unterliegen aber in der Ausführung derselben keinen Weisungen der politischen Gemeinde (Thalmann 1991, 8). Die Zuweisung der Aufgaben bedarf der Genehmigung des Regierungsrates und kann von den politischen Gemeinden jederzeit aufgehoben werden. Der Rücknahmeentscheid kann ohne rechtliche Begründung erfolgen, er ist rein politischer Natur. Der Regierungsrat kann seine Befugniserteilung zurückziehen, sofern sich Übelstände zeigen. Dies ist dann der Fall, wenn die Zivilgemeinde die ihnen übertragenen Aufgaben nicht in angemessener Weise erfüllen oder wenn diese ungebührlich belastet werden (Art. 19 GG). Aufgaben wurden in den letzten Jahren nur noch vereinzelt übertragen. Die Rücknahmeentscheide durch die politische Gemeinden jedoch kommen immer öfter vor (Thalmann 1991, 62).

Zu den Aufgaben gehören bei sechs Zivilgemeinden die Stromverteilung, bei 17 die Wasserversorgung, 21 besitzen und bewirtschaften Wald mit einer Gesamtfläche von rund 1300 ha. Als weitere Bereiche sind die Strassenbeleuchtung, die Versorgung der Bevölkerung mit Gas, der Betrieb von Radio- und Fernsehinfrastrukturapparaturen und öffentliche Brunnen zu nennen sowie Einrichtungen für den landwirtschaftlichen Bedarf wie Brückenwaagen, Dörr- und Kühlanlagen, Schlachtlokale, Dreschscheunen und der Unterhalt der Flurstrassen (Thalmann 1991, 61f.). [53]

Die Zivilgemeinden führen einen eigenen Haushalt und besitzen das Recht, Steuern zu erheben. Dies wird in der Praxis jedoch von keiner wahrgenommen. Sie finanzieren sich über Kapital- und Grundzinsen (Ladner 1991, 26). Lebensfähig sind sie jedoch vor allem durch die oben aufgeführten, gebührenpflichtigen Dienstleistungen. Ein Bürgernutzen für die Zivilgemeindemitglieder existiert im Normalfall nicht. Diejenigen von Wiesendangen profitieren von leicht günstigeren Elektrizitätstarifen.

3.7.1 Die Bedeutung der Zivilgemeinden als FOCJ

Durch die Zuweisung von besonderen örtlichen Aufgaben sind Zivilgemeinden funktional im Sinne von FOCJ, als sie sich auf die autonome Erbringung einiger weniger Leistungen konzentrieren. Die rechtlich verankerte Unfreiwilligkeit, selbst Leistungen zu erbringen, schränkt sie jedoch ein. Ein marktähnlicher Wettbewerb zu anderen Gemeinden wird damit unterdrückt. Dies verstärkt sich durch die umfassende Kontroll- und Entscheidungsmöglichkeit der politischen Gemeinde und des Kantons. Zivilgemeinden sind lediglich in der Ausführung ihrer Aufgaben autonom. Zusätzlich zum Neugründungsverbot von Zivilgemeinden, widerspricht dies den Anforderungen von FOCJ.

Für die den Zivilgemeinden übertragenen Aufgabenkreis wirkt sich dies positiv auf die Effizienz der Leistungserbringung aus und führt zu Kosteneinsparungen für den Bürger. Da sich das Gebiet der Zivilgemeinden nur um eine vernachlässigbare Anzahl Einwohner von der politischen Gemeinde unterscheidet, haben sie nicht die Möglichkeit, durch die Gebietsausdehnung 'economies of scale' besser auszunützen. Sie können nur über bessere Kostenverhältnisse und damit tieferen Preise für den Bürger mit den politischen Gemeinden konkurrieren. Das Faktum der günstigeren Elektrizitätstarifen in der Zivilgemeinde Wiesendangen und dass generell keine Steuern erhoben werden, bestätigen den Effekt. Dies stellt auch ihre einzige Möglichkeit dar, zu überleben.

Die existierende gesetzliche Grundlage des Gründungsverbots und die starke Kontrolle durch externe Entscheidungsträger ist aus rationaler Sicht des Bürgers nicht begründbar. Er hat durch die Existenz der Zivilgemeinden höchstens einen Nutzen. Es ist zu vermuten, dass aus reinen Eigeninteressen der Politiker der politischen Gemeinde das Gesetz entstehen konnte. Sie haben das Interesse, möglichst viel Monopolmacht besitzen zu wollen und sind nicht an Konkurrenz interessiert.

Die rechtlich strikte Regelung der Aufgabenbereiche führt auch dazu, dass Zivilgemeinden andere Gemeinden territorial, nicht aber funktional überlappen. Durch die Aufgabenzuweisung von übergeordneter Stelle werden Zivilgemeinden zusätzlich in ihrer Existenz gesteuert. Sobald die Grenzerträge der Leistungen tiefer sind als die Grenzkosten der Leistungserbringung, wird sie sich auflösen. Dies bestätigen die Beobachtungen in der Praxis. Einerseits werden keine neuen Aufgaben an Zivilgemeinden übertragen, andererseits lösen sich immer mehr von ihnen auf.

Alle anderen Bereiche von FOCJ werden von Zivilgemeinden erfüllt. Sie sind direkt-demokratisch organisiert, die Bürger besitzen wie die politische Gemeinde umfassende Stimm- und Wahl- sowie Initiativ- und Referendumsrechte. Der politische Wettbewerb ist damit gegeben. Sie sind Jurisdiktionen mit dem Recht, Steuern zu erheben und einer Zwangsgewalt durch das Definitionselement der Gebietskörperschaft.

 

3.8 Die Feuerschaugemeinde des Kantons Appenzell Innerrhoden 

Die Feuerschaugemeinde ist einzigartig in ihrer Existenz. Sie deckt sich territorial mit dem Dorf (Kern) des Ortes Appenzell. Der Kanton AI, mit rund 14'000 Einwohnern der kleinste Kanton der Schweiz, teilt sich in sechs Bezirke auf, wovon die 2000 Einwohner zählende Exklave Oberegg Teil der Region AR ist. Der restliche Kantonsteil teilt sich in fünf Bezirke, welche sich, durch ihre Kleinheit bedingt, mit den Gemeinden decken. Auch als Verwaltungseinheiten sind die Bezirke des Kantons AI mit den Gemeinden identisch. Sie teilen das Kantonsgebiet wie einen Kuchen in Schnitze auf. Im Kern des Kuchens sitzt das Dorf Appenzell mit rund 6000 Einwohnern, welche drei verschiedenen politischen Gemeinden bzw. Bezirken angehören, die insgesamt rund 10'000 Einwohner zählen. Die Feuerschaugemeinde deckt nur das historisch ursprüngliche Dorf Appenzell ab. [54]

Der ursprüngliche Zweck der gegen Ende des 16. Jahrhunderts gegründeten Gemeinde war die Betreuung des Feuerwehrwesens des Dorfes Appenzell. Durch die latente Feuergefahr aufgrund des Föhns war die Feuerschaugemeinde als Zwangsgenossenschaft für alle Dorfbewohner obligatorisch (Bischofberger 1991, 25). Die Zwangsgewalt hat sich bis heute beibehalten, die Aufgaben haben sich aber ausgeweitet.

Die Feuerschaugemeinde ist heute eine öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft. Die Mitgliedschaft erfolgt damit durch die Ansässigkeit aller stimmberechtigten Schweizer Bürger auf dem Gemeindegebiet. Ihre heutigen Aufgaben sind im Organisationsstatut umschrieben (Art. 1 Abs.1). Dazu gehören die Ortsplanung, die Bau- und Feuerpolizei, das Feuerlöschwesen und die Chemiewehr sowie der Betrieb eines Elektrizitäts- und eines Wasserwerkes. Privatrechtlich führt die Feuerschaugemeinde zusätzlich eine Elektroinstallationsabteilung. (Interview mit dem Betriebsleiter Hanspeter Koller 1996). 

Die Feuerschaugemeinde besitzt das Recht, Steuern zu erheben, welche von der Gemeindeversammlung festgesetzt würden (Organisationsstatut Art. 11). Zusammen mit dem territorialen Element der Zwangsgewalt ist sie damit eine Jurisdiktion. Die Feuerschaugemeinde benutzt ihre Steuerhoheit jedoch nicht. Sie finanziert sich vor allem über die Elektrizitäts- und Wasserzinsen bzw. -gebühren selbst. [55]

Ihre Organisation ist direkt-demokratisch. Die stimmberechtigten Einwohner bilden die Gemeinde- oder Dunkeversammlung [56], welche einmal jährlich stattfindet (Organisationsstatut Art. 4). Die siebenköpfige Exekutive nennt sich Feuerschaukommission und wird von der Dunkeversammlung gewählt.

3.8.1 Die Bedeutung der Feuerschaugemeinde als FOCUS

Die Feuerschaugemeinde erfüllt durch die autonome Erfüllung weniger Aufgaben [57] den funktionalen Aspekt von FOCJ. Sie ist in ihrer geografischen Ausdehnung klar definiert. Speziell bezüglich FOCJ ist im Vergleich zu anderen Spezialgemeinden ihre Überlappung mit anderen Gemeindearten. Die Feuerschaugemeinde ist die einzige Spezialgemeinde, die aufgrund ihrer stark unterschiedlichen geografischen Ausdehnung zu den politischen Gemeinden, gewisse Funktionen klar effizienter erfüllen kann als dieselben. Das bedeutet, dass sie 'economies of scale' ausnützen bzw. spill-overs internalisieren kann. Es kann dabei von einer funktionalen Überlappung mit der politischen Gemeinde gesprochen werden. Dies ist eine Folge der atypische Aufteilung eines Ortes in verschiedene politische Einheiten. Der marktähnliche Wettbewerb wirkt sich positiv als Kosteneinsparungen für den Bürger aus, was durch keine Steuererhebungen z.Bsp. zum Ausdruck kommt.

Die Austrittsoption besteht für den Bürger durch Wegzug. Das damit verbundene Fehlen der marktähnlichen Wettbewerbskomponente relativiert sich durch die oben genannte Möglichkeit, diesen zu stärken.

Durch ihre direkt-demokratische Organisation und die Stimm- und Wahl- sowie Initiativ- und Referendumsrechte ist der politische Wettbewerb gewährleistet.

Fazit: Die Feuerschaugemeinde ist ein FOCUS, als sie funktional und in ihrer Ausdehnung optimal an die Erfordernisse der Leistungserbringung angepasst ist. Sie überlappt andere Gemeinden territorial. Die Austrittsoption 'Abwanderung' und die funktionale Überlappung schaffen den marktähnlichen Wettbewerb. Die Feuerschaugemeinde ist eine Jurisdiktion, deren Bürger umfassende demokratische Rechte besitzen. 

 

3.9 Die Bäuerten des Kantons Bern

Bäuerten ist ein Begriff, der im Kanton Bern für drei verschiedene Institutionen gebraucht wird. [58]

Einerseits nennen sich Unterabteilungen der politischen Gemeinden Bäuerten, die im Gemeindegesetz (Art. 127) als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften verankert sind. Sie können mit den Zivilgemeinden im Kanton Zürich verglichen werden. Ihre Ausdehnung entspricht praktisch nie derjenigen der politischen Gemeinde, sie übergreift geografisch jedoch auch nie eine andere. Die Bäuerten sind direkt-demokratisch organisiert mit einer Exekutive, einer Bäuertenversammlung und eigenen Organisationsverordnungen. Sie unterstehen der Aufsicht der politischen Gemeinde. Die Mitgliedschaft wird als stimmberechtigter Kantonsbürger automatisch mit dem Wohnsitz im Bäuertengebiet erlangt. Ihr Zweck gilt der Erfüllung spezieller, örtlicher Aufgaben wie Wasser- und Gasversorgung, Entsorgungswesen etc., die sie anstatt der politischen Gemeinde ausführen. Sie besitzen das Recht Steuern, zu erheben, welche von der jeweiligen politischen Gemeinde eingezogen werden. Die Bäuerten im Sinne von Unterabteilungen werden vermehrt mit den politischen Gemeinden zusammengeschlossen.

Andererseits steht der Begriff im Zusammenhang mit burgerlichen Nutzungskörperschaften. Sie sind in Art. 117 und 118 des Gemeindegesetzes als öffentlich-rechtliche Körperschaften definiert. Diese Bäuerten können mit den Allmendgenossenschaften des Kantons SZ verglichen werden (vgl. Kapitel 3.6.1). Ihre Mitgliedschaft bestimmt sich über die Angehörigkeit zu einer Familie und ihre Bürgerrechte sind an den Wohnsitz im Bäuertengebiet gebunden. Sie sind insofern als Personal- und Realkörperschaften definiert. Ein Austritt aus der Bäuerten kann nicht erfolgen, ein Individuum kann lediglich sein Nutzungsrecht abgeben. Auch diese Bäuerten sind direkt-demokratisch organisiert. Ihr Zweck ist die Verwaltung ihres Vermögens, meist Wald und Landgebiete. Die Mitglieder erhalten einen geringen Bäuertennutzen. Er setzt sich aus monetären Werten, wie Pachtzinsen, und realen, wie Holz und ähnlichen Naturalien, zusammen. Sie erheben keine Steuern, je nach Verordnung haben sie jedoch das Recht, Abgaben zu erheben. Ihr Bestand ist auch in der momentan laufenden Revision des Berner Gemeindegesetzes nicht umstritten.

Denselben rechtlichen Status wie die Bäuerten als burgerliche Nutzungskörperschaften haben die Stadtbernischen Zünfte. Der Unterschied besteht vor allem bezüglich der Vermögenswerte. Die Zünfte sind wesentlich vermögender als die Bäuerten. Der Zunftnutzen fällt dementsprechend für das einzelne Mitglied höher aus.

Als dritte Bäuerten treten teilweise privatrechtlich organisierte Rechtsamengemeinden auf. Darunter subsumieren sich bestehende Allmendgenossenschaften. Im Rahmen dieser Arbeit soll nicht näher auf sie eingegangen werden. 

3.9.1 Die Bedeutung der Bäuerten als FOCJ

Beide öffentlich-rechtlich definierten Bäuerten können als FOCJ bezeichnet werden, als sie den funktionalen Aspekt der Konzentration auf wenige Aufgaben beinhalten. Sie überlappen andere Gemeindearten territorial, verfügen über die Stimm- und Wahl- sowie Initiativ- und Referendumsrechte. Als Jurisdiktion kann jedoch lediglich die Unterabteilung der politischen Gemeinde bezeichnet werden. Sie besitzt das Zwangsrecht durch das territoriale Element der Gebietskörperschaft und die Möglichkeit, Steuern zu erheben. Die Bäuerten sind in ihrer Autonomie nicht ganz so stark eingeschränkt wie die Zivilgemeinden, unterstehen jedoch ebenfalls der Aufsicht der politischen Gemeinde.

 

3.10 Die Bezirke des Kantons Schwyz

Im Kanton Schwyz bestehen die sechs Bezirke [59] und 30 Gemeinden rechtlich gleichrangig nebeneinander. [60] Beide öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften sind autonom und werden vom Regierungsrat beaufsichtigt. Sie stehen weder in einem Unter- noch in einem Überordnungsverhältnis (Müller 1990, 410). Die Bezirke Gersau, Küssnacht am Rigi und Einsiedeln sind sogenannte Eingemeindebezirke, deren Bezirksorgane sich ebenfalls der Aufgaben der Gemeinden annehmen (Art. 82 KV). [61]

Im Sinne der Überlappung von FOCJ sind die Bezirke March, Höfe und Schwyz interessant, da sie mehrere Gemeinden umfassen. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf diese drei Bezirke. Sie erheben eine separate Bezirkssteuer [62] und sind direkt-demokratisch organisiert. Beide Jurisdiktionen, die Gemeinden und Bezirke, hätten die Möglichkeit, durch ihren rechtlich gleichrangigen Status, dieselben Aufgaben in denselben Territorien wahrzunehmen. Die Aufgabenzuteilung ist im kantonalen Recht verstreut, zwischen den Gemeinden und Bezirken jedoch klar abgegrenzt. In einigen Bereichen führt diese Organisationsstruktur vor allem verwaltungstechnisch zu Doppelspurigkeiten (Rechtsdienst der kantonalen Verwaltung, 1996).

Der Bezirk ist für die Aufgaben Volksschuloberstufe und die Bezirksspitäler zuständig, welche die für ihn am finanziell aufwendigsten darstellen. Weiter gehört das Meliorationswesen, die Bezirksgerichte und in den Bezirken Schwyz und March die Bezirksstrassen zum Aufgabenbereich (Schweizer Lexikon 1992, Band 5; ergänzt mit Aussagen von Hans Bisig, Ständerat des Kantons SZ, 1996).

Die Existenzberechtigung der Bezirke wird aktuell nicht diskutiert. Trotzdem erheben sich immer wieder kritische Stimmen, die sie als überholte Verwaltungen und Relikte der Geschichte bezeichnen. [63] Ihre Aufgaben wären aufteilbar, teilweise an die politischen Gemeinden und teilweise in Zweckverbänden organisierbar. Ein Vorstoss zu deren Abschaffung vor ca. 30 Jahren wurde fallengelassen.

Die Bezirksstrassen sind ein Kuriosum der existierenden Doppelstruktur. [64] Eine Systematik bei der Unterscheidung von Bezirks- zu Gemeindestrassen ist in der March nicht feststellbar. Die Unterhaltsarbeiten werden von den Bezirken selbst ausgeführt. [65] Zusammenarbeiten mit Gemeinden sind dabei teilweise, je nach Aufgabe, aber eher selten. [66] Für den Kanton sind die Bezirksstrassen vor allem bei Erschliessungsfragen im Bauwesen problematisch. [67] Trotzdem können sie aus politischen Gründen nicht wieder zu Gemeindestrassen umgezont werden.

Ebenfalls unklar ist die Organisation der Spitäler als Institutionen der Bezirke. Nur das Regionalspital Lachen kann im eigentlichen Sinne als Bezirksspital bezeichnet werden. Es wird von den Bezirken Höfe und March zusammen getragen. Die restlichen zwei im Kanton vorhandenen Spitäler Schwyz und Einsiedeln unterhalten private Träger (Stiftungen). Die Bezirke sind vom kantonalen Recht zu Beiträgen verpflichtet, um die stationäre Grundversorgung für die gesamte Bevölkerung zu sichern. [68]

3.10.1 Die Bedeutung der Schwyzer Bezirke als FOCJ

Die Mehrgemeindebezirke des Kantons SZ weisen klar den funktionalen Aspekt von FOCJ, im Sinne der Konzentration auf einzelne Aufgaben, auf. Sie überlappen die politischen Gemeinden territorial. Die Bürger haben durch Abwanderung die Möglichkeit, aus dem Bezirk auszutreten.

Bei ihrer Leistungserbringung kann nur bezüglich des Volksschuloberstufenwesens und Spitalwesens von Effizienz durch das Ausnutzen von 'economies of scale' in einer grösseren geografischen Ausdehnung gesprochen werden. Interessant für FOCJ ist das teilweise Einkaufen einer Leistung von Externen im Spitalbereich der zwei Bezirke Schwyz und Einsiedeln. Dies kommt einer Konzentration auf die Bereitstellung der Leistung und nicht auf deren Produktion nahe. Es scheint sich als effizienter zu erweisen, die Versorgung der Bevölkerung mit Spitälern teilweise vom privaten Anbieter einzukaufen. Eine abschliessende Beurteilung diesbezüglich bedürfte aber einer detaillierteren Untersuchung.

Die Doppelspurigkeit im Strassenbereich stellt, laut Auskünften, lediglich eines der Überbleibsel des staatstheoretischen Kuriosums der Bezirke dar. Es kann insofern nicht von einer funktionalen Überlappung im Sinne von FOCJ gesprochen werden. Es scheint jedoch, dass generell die Leistungserbringung durch die Bezirke zur Zufriedenheit der Bevölkerung ausgeführt werden. Das politische Instrumentarium wäre für den Bürger vorhanden, die Aufgabenaufteilung zu ändern. Der Grenznutzen des Leistungsträgers ist grösser als die Grenzkosten des Kostenträgers bzw. des Steuerzahlers.

Der Schwyzer Bezirk besitzt die Zwangsgewalt der Gebietskörperschaft und eine Steuerhoheit. Er ist direkt-demokratisch organisiert und die Mitglieder besitzen das entsprechende Instrumentarium des Stimm- und Wahl- sowie Initiativ- und Referendumsrechts. Der politische Wettbewerb ist garantiert.

Fazit: Die Schwyzer Mehrgemeindebezirke sind FOCJ, als sie funktional sind, territorial andere Gemeindearten überlappen, mit politischem Wettbewerb ausgestattet und Jurisdiktionen sind. Der marktähnliche Wettbewerb ist durch die Austrittsoption Abwanderung gegeben. Eine Stärkung desselben durch einen Eintrittspreis und die funktionale Überlappung fehlt jedoch.

 

3.11 Die Fürsorgegemeinde des Kantons Glarus

Der Kanton GL ist der einzige Schweizer Kanton, der das Fürsorgewesen noch in speziellen Gemeinden organisiert. Sie entstanden aus den früheren Armengemeinde, die sich durch Legate und Zuwendungen um die sozial schwächeren Bürger kümmerten. Ihr Zweck hat sich auch heute beibehalten. Art. 126 der Kantonsverfassung des Kantons GL hält fest, dass die Fürsorgegemeinden die Pflicht hat, alle auf dem Gemeindegebiet anwesenden Hilfsbedürftigen zu betreuen und zu unterstützen. Sie finanziert sich heute durch Steuern, die von der politischen Gemeinde eingezogen werden [69] und Zuwendungen von Privaten. Teilweise besitzen sie auch Vermögen aus Vermachungen von verstorbenen Bürgern, deren Zinsen je nach dem eine finanzielle Unterstützung sein kann.

Die Fürsorgegemeinden sind öffentlich-rechtliche Körperschaften. Sie decken sich im Normalfall mit dem Gebiet der jeweiligen politischen Gemeinde. Zwei derselben arbeiten in Sachen Fürsorge zusammen. [70] Die Gemeinden besitzen die Zwangsgewalt mit territorialer Grundlage und sind insofern, zusammen mit der Steuerhoheit Jurisdiktionen.

Sie sind direkt-demokratisch organisiert und die Bürger besitzen die Stimm-, Wahl-, Initiativ- und Referendumsrechte der Gemeinden. Der politische Wettbewerb ist insofern gegeben.

3.11.1 Die Bedeutung der Fürsorgegemeinden als FOCJ

Die Fürsorgegemeinden sind FOCJ, als sie funktional sind, territorial andere Gemeinden überlappen, politischen Wettbewerb besitzen und Jurisdiktionen sind. Der marktähnliche Wettbewerb ist durch die Austrittsoption Abwanderung gegeben. Dessen Verstärkung durch einen Eintrittspreis jedoch fehlt.

 

3.12 Die Bezirksgemeinden des Obwaldner Hauptortes Sarnen 

Die Bezirksgemeinden sind, entgegen der Erwartung durch ihre Bezeichnung, Unterabteilungen der Gemeinde Sarnen. Die 8835 Einwohner zählende Gemeinde Sarnen teilt sich in vier Bezirksgemeinden [71] auf, die den öffentlich-rechtlichen Status besitzen. Ihre Aufgaben werden in der Kantonsverfassung (Art. 2) umschrieben. Sie erfüllen örtliche Aufgaben, wie das Strassenwesen, die Baupolizei, das Beleuchtungswesen, die Wasserversorgung und Kanalisation, eine Schlachthausbetrieb und öffentliche Waagen. Die Gemeindeversammlung kann weitere Aufgaben bestimmen.

Ihre Existenz scheint durch eine optimalere Aufgabenerfüllung bzw. besseren Berücksichtigung der Bevölkerung als durch die politische Gemeinde bedingt zu sein. Insofern sind die Bezirksgemeinden ein Beispiel für eine Anpassung der Ausdehnung an die Bedürfnisse der Funktion.

Die Bezirksgemeinden erheben Steuern. Der Steuerfuss wird von der Gemeindeversammlung bestimmt. [72] Sie besitzen die Zwangsgewalt auf territorialer Grundlage. Jeder Einwohner ist automatisch Mitglied derjenigen Bezirksgemeinde, auf welcher sich sein Wohnsitz befindet. Die Austrittsmöglichkeit besitzt ein Bürger damit durch Abwanderung. Die Bezirksgemeinden überlappen andere Gemeinden territorial. Das demokratische Instrumentarium ist gegeben.

3.12.1 Die Bedeutung der Bezirksgemeinden als FOCJ

Die Bezirksgemeinden sind FOCJ, als sie funktional sind, territorial überlappen und den politischen Wettbewerb besitzen. Sie sind Jurisdiktionen. Ein marktähnlicher Wettbewerb existiert durch die Austrittsoption Abwanderung. Dessen Verstärkung durch einen Eintrittspreis und eine funktionale Überlappung fehlt. Ihre Ausdehnung entspricht den Anforderungen ihrer Aufgaben. Damit garantieren sie eine effiziente Leistungserbringung und Berücksichtigung der Präferenzen.

 

3.13 Die Kreise des Kantons Graubünden

Die Kreise des Kantons GR bestehen auf der Stufe zwischen Gemeinde und Kanton. Sie sind in der Kantonsverfassung (Art. 38) als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft auf derselben Stufe wie die Gemeinden verankert. Sie besitzen die Zwangsgewalt auf territorialer Grundlage und haben das Recht, Steuern zu erheben. Sie bestehen aus einem oder mehreren Gemeinden und sind demokratisch organisiert (Raschein et al. 1991, 39).

Die Aufgaben müssen den Kreisen ausdrücklich vom Kanton oder den Gemeinden übertragen werden. Sie besitzen insofern keinen eigenen Wirkungskreis (Trepp 1975, 274). Der Kreis ist in der Praxis fast ganz zu einem reinen Organ des Kantons verkümmert [73], und nimmt nur ausnahmsweise selbständig öffentliche Aufgaben wahr. Als Beispiele solcher Tätigkeiten können etwa der Bau und der Betrieb von Kreisspitälern und Altersheimen sowie Aufgaben in der Raumplanung genannt werden (Raschein et al. 1991, 39). 

3.13.1 Die Bedeutung der Kreise als FOCJ

Die Kreise sind funktional, jedoch durch die Kontrolle des Kantons in ihrer Autonomie eingeschränkter als Gemeinden. Sie überlappen damit andere Körperschaften ihres Status territorial, jedoch nie funktional. Der Austritt ist durch Abwanderung möglich, eine stärkende Komponente des marktähnlichen Wettbewerbs durch einen Eintrittspreis ist nicht gegeben. Der politische Wettbewerb ist garantiert.

 

3.14 Die Fraktionen des Kantons GR

Die Ausführung über die erwähnten Fraktionen im Kanton JU und GR (vgl. Kapitel 3.1) beschränken sich auf diejenigen der Gemeinde Davos (GR). Die fünf Fraktionen [74] sind Unterabteilungen der Gemeinde Davos. Sie können unter der Aufsicht der Gemeinde gewisse Aufgaben selbständig erfüllen. Dazu haben die Fraktionen das Recht, Steuern zu erheben und besitzen eine ihnen zugewiesene Zwangsgewalt auf territorialer Grundlage. Sie sind direkt-demokratisch organisiert.

Die Gemeinde hat laut Gemeindegesetz (Art. 73) zu bestimmen, welche Aufgaben der Fraktion übertragen wird, welches Gebiet sie umfasst und die Art und Weise der Regelung der finanziellen Belange sowie der Befugnis der Erhebung von Steuern, Gebühren und Beiträgen. Alle Reglemente der Fraktionen bedürfen der Zustimmung durch den Vorstand der Gemeinden (Raschein et al. 1991, 38).

Die Bildung neuer Fraktionen ist nur bei Eingemeindungen und mit der Zustimmung des Regierungsrates zulässig. Auflösungen sind erlaubt, wenn keine genügenden Gründe für ihre Beibehaltung vorliegen oder wenn eine Fraktion ihre Aufgaben nicht ordnungsgemäss erfüllt. Die Auflösung kann ein übereinstimmender Beschluss der Gemeinde und der Fraktion hervorrufen oder ein Antrag der Gemeinde oder der Fraktion beim Regierungsrat (Raschein 1991, 38).

3.14.1 Die Bedeutung der Fraktionen als FOCJ

Die Fraktionen der Gemeinde Davos sind FOCJ als sie Jurisdiktionen mit einer beschränkten Autonomie in ihrer Wahl des Aufgabenbereiches und des Bestandes. Sie überlappen andere Gemeinden territorial, jedoch nie funktional. Die Austrittsoption ist durch Abwanderung gegeben, ein Eintrittspreis existiert nicht. Der politische Wettbewerb wird durch das direkt-demokratische Instrumentarium geschaffen.

3.15 Gemeindeverbindungen

Gemeindeverbindungen sind rechtlich verfasste Zusammenschlüsse von zwei oder mehr selbständigen Gemeinden mit dem Ziel der gemeinsamen Erfüllung einer oder mehrerer Aufgaben (Arn 1994, 88). Die folgende Grafik 1 soll eine Überblick über die möglichen Rechtsfomen der Gemeindeverbindungen geben.
 

Grafik 1: Arten von Gemeindeverbindungen

Arten von Gemeindeverbindungen

Quelle: Arn (1994, 89)

Es lassen sich grundsätzlich die beiden Kategorien öffentlich-rechtliche und privat-rechtliche Gemeindeverbindungen unterscheiden. Beide Verbindungsformen können je mit oder ohne juristische Persönlichkeit ausgestaltet sein. Im Rahmen der Arbeit wird nur die Form der öffentlich-rechtlichen Gemeindeverbindung mit juristischer Person betrachtet. [75]

Mitglieder des Gemeindeverbandes sind ausschliesslich politische Gemeinden. Der Gemeindeverband ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit zur autonomen Erfüllung einer oder mehrerer Gemeindeaufgaben (Schenker 1985, 79). Je nach Kanton wird er auch als Ein- oder Mehrzweckverband bezeichnet. [76] Die gesetzlichen Grundlagen zum Gemeindeverband sind dem Gemeindegesetz zu entnehmen.

Die Organisation

Das Gemeindegesetz schreibt für die meisten Kantone eine Minimalorganisation mit einem Legislativ- und einem Exekutivorgan vor. Das Legislativorgan stellt im Normalfall eine Abgeordnetenversammlung dar, in der alle Mitgliedgemeinden aufgrund eines teilweise gesetzlich vorgeschriebenen, selbst wählbaren Schlüssels vertreten sind (Schenker 1985, 59f). Der Gemeindeverband ist für die Mitglieder mit direkt-demokratischem Instrumentarium ausgestattet. [77]

Nur wenige Rechtsordnungen verleihen jedoch den Stimmberechtigten direkt-demokratische Mitspracherechte in Gemeindeverbänden, wie sie ihnen auf Gemeindeebene zustehen (Schenker 1985, 60). Gesetzlich verankert sind sie lediglich in den Kantonen BE, LU, NW, SG, GR, AG, VD und JU. [78] Am weitgehendsten regelt diese der Kanton LU (Schenker 1985, 167). Hier kann die Organisationsform des Gemeindeverbandes als gleichbedeutend mit derjenigen der Gemeinde mit Gemeindeparlament bezeichnet werden.

Auch bezüglich der Wahlrechte bestehen kantonal wesentliche Unterschiede. Direkt-demokratisch ist die Wahl der Abgeordneten in das Verbandsparlament nur in den Kantonen NW, NE, LU und AG. Die Stände VD, FR und VS bestimmen den Gemeinderat als Wahlorgan.

Die Gründung sowie der Ein- und Austritt

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen den Frei- und den Zwangsverbänden. Die Gründung der Freiverbände erfolgt in freier Übereinkunft der zusammenarbeitswilligen Gemeinden. Voraussetzung ist dabei immer die Zustimmung des nach kantonalem Recht zuständigen Organs zum Verbandsvertrag. Im Normalfall ist dies die Stimmbürgerschaft. In verschiedenen Kantonen bedarf die Verbandsgründung zusätzlich der Bestätigung durch eine kantonale Behörde, in der Regel des Regierungsrats (Schenker 1985, 55). Je nach Kanton und Gemeindeverband können die Gemeinden nur bei Teilbereichen die Leistungserbringung in Anspruch nehmen. Teilweise kann vom Verband ein Eintrittspreis verlangt werden. [79]

In verschiedenen Gemeindegesetzen wird gelegentlich vorgeschrieben, dass die Gemeinden gezwungen werden können, einen solchen Verband zu bilden oder einem bestehenden beizutreten. [80] Auch kann ein Verband zur Aufnahme weiterer Gemeinden verpflichtet werden. [81] Voraussetzung der Zwangsgründung ist laut kantonalen Gesetzgebungen, dass die Aufgabe sonst nicht zweckmässig erfüllt werden kann. Die Ausübung dieses Zwangs gestaltet sich je nach Kanton unterschiedlich (Schenker 1985, 57).

Die Mitgliedgemeinden besitzen nach kantonalem Recht grundsätzlich die Möglichkeit zum Austritt aus dem Gemeindeverband. Der Austritt kann jedoch nicht voraussetzungslos erfolgen. Die meisten Kantone haben Richtlinien erlassen, dass die Erfüllung des Verbandszwecks dabei nicht erschwert oder verunmöglicht wird. Die Ausgestaltung in der Strenge diesbezüglich gestaltet sich sehr unterschiedlich. [82] Zuständig für die Austrittserklärung sind die Stimmbürger bzw. das Parlament der jeweiligen Gemeinde. Der Entschluss eines allfälligen Parlaments unterliegt entsprechend dem kantonalen Recht dem obligatorischen oder fakultativen Referendum (Schenker 1985, 310).

Die Bedeutung von Gemeindeverbänden

Den Gemeindeverbänden und anderen Zusammenarbeitsformen kommt heute eine grosse Bedeutung, im Sinne einer Strategie zur Bewältigung der steigenden Aufgabenlast von Gemeinden, zu. Ein Vergleich der Neugründungen von einerseits öffentlich-rechtlichen Gemeindeverbänden und andererseits Gemeindefusionen in Zahlen, Stand 1994, erhärtet diese These. Es wurden seit 1980 216 Gemeindeverbände (Germann 1994, 72) neu gegründet und 29 Gemeinden (vgl. Anhang I) zusammengeschlossen. Dasselbe bestätigen auch die Resultate der neuesten Umfrage des Soziologischen Instituts der Universität Zürich von 1994 (genauere Informationen zur Umfrage, vgl. Kapitel 3.1.1):

Tabelle 2 zeigt die Einbindung von Gemeinden in Verbände und andere vertragliche Abmachungen. Im Durchschnitt sind die Gemeinden an sechs solchen Vereinbarungen beteiligt, wobei diese Zahl variiert zwischen durchschnittlich vier Vereinbarungen in Gemeinden bis 100 Einwohnern und durchschnittlich neun in Gemeinden mit mehr als 10'000 Einwohnern. Nur rund 7% der untersuchten Gemeinden sind nicht durch solche Vereinbarungen mit anderen Gemeinden verbunden. Am stärksten verbreitet sind Gemeindeverbände in den Bereichen 'Kanalisation', 'Spitäler/ Pflegeheime' und 'Abfuhrwesen'. Hier sind 40% der Gemeinden und mehr einem Verband angeschlossen (Ladner 1994, 78).

Die am häufigsten verbreiteten Gemeindeverbände decken sich mit den Aussagen der befragten Schreiber bezüglich der Beanspruchung ihrer Gemeinde durch die verschiedenen Aufgaben. Dabei treten als Spitzenreiter die umweltsensiblen Bereiche des 'Abfall- und Entsorgungswesens', der 'Raum- und Zonenplanung', der 'Abwasser und Kanalisationen', sowie der 'Schulen' auf (Ladner 1994, 77). [83] Ausser in der Raum- und Zonenplanung existieren in diesen am stärksten belasteten Aufgabenbereichen der Gemeinden auch am meisten Verbände.

 

Tabelle 2: Durchschnittliche Anzahl der Einbindungen von Gemeinden in öffentlich-rechtliche Gemeindeverbände und andere vertragliche Abmachungen.(N=2033)
Durchschnittliche Anzahl der Einbindungen von Gemeinden in öffentlich-rechtliche Gemeindeverbände

Quelle: Ladner (1994, 79).

3.15.1 Die Bedeutung der Gemeindeverbände als FOCJ

Die Gemeindeverbände besitzen von Gesetzes wegen den öffentlich-rechtlichen Status. Sie sind damit wie die Gemeinden (vgl. Kapitel 3.1) juristische Persönlichkeiten, die gültige Verpflichtungen eingehen und dafür verantwortlich gemacht werden können. Sie sind im Sinne von FOCJ funktional, als sie eine oder wenige Gemeindeaufgaben erfüllen. Die Gründung von Gemeindeverbänden bzw. der Beitritt einer Gemeinde zu einem Verband erfordert die Zustimmung der Stimmberechtigten der betreffenden Gemeinden und derjenigen des Kantons. Die freie Gründung wird durch die Zwangsgewalt des Kantons zwar eingeschränkt, ist grundsätzlich jedoch vorhanden. Bürger sind frei, Verbände zu gründen. Zusätzlich können sie nur einzelne Leistungen der Gemeindeverbände beanspruchen, also nur teilweise beitreten. Dies macht Gemeindeverbände als FOCJ einzigartig.

Ihre Ausdehnung entspricht der Erfordernis der Aufgabe. Die geografische Anpassung erfolgt von allen bisher aufgezeigten Gemeinden und gemeindeähnlichen Körperschaften am einfachsten, da Gemeindeverbände nicht als Gebietskörperschaften definiert und insofern nicht an geografische Grenzen gebunden sind. Sie überlappen damit Gemeinden territorial.

Die funktionale Überlappung ist gegeben, als Gemeinden meistens frei entscheiden können, eine Aufgabe selbst oder in einem Verband zu erbringen. Dies schafft den marktähnlichen Wettbewerb von FOCJ, welcher durch die zusätzlich mehr oder weniger freie Austrittsmöglichkeit der Mitgliedgemeinden ohne Standortwechsel verstärkt wird. Ein Eintrittspreis existiert teilweise.

Der politische Wettbewerb innerhalb des Gemeindeverbandes ist durch das direkt-demokratische Instrumentarium gegeben. Die Stimmbürger verfügen jedoch in den seltensten Fällen über ein solches. Diese Einschränkung der Mitspracherechte der Bürger widerspricht dem Grundsatz von FOCJ, als sie keine direkte Kontrolle über die Regierungen ausüben können und damit die optimale Berücksichtigung ihrer Präferenzen nicht gewährleistet wird.

Gemeindeverbände finanzieren sich über Beiträge der Mitgliedgemeinden, sie besitzen keine Steuerhoheit. Die Zwangsgewalt kann durch den Kanton ausgeübt werden. Gemeindeverbände sind keine Jurisdiktionen im Sinne von FOCJ.

Fazit: Die Gemeindeverbände erfüllen die funktionale und marktähnliche, wettbewerbliche Komponente sowie die territoriale Überlappung von FOCJ. Es fehlen ihnen jedoch der Status als Jurisdiktion und ein Bestandteil des politischen Wettbewerbs. Die Stimmbürger selbst besitzen nur selten das direkt-demokratische Instrumentarium.

 

4 Folgerungen 

Die Resultate

Die Arbeit hatte zum Ziel, FOCJ-Bestandteile der bestehenden schweizer Gemeindearten zu eruieren. Die relevanten Punkte von FOCJ, wie sie in Kapitel 1.1 formuliert wurden und durch die ganze Arbeit als Grundlage dienten, werden in Tabelle 3 nochmals aufgenommen.

Der FOCJ-Bestandteil 'funktional' erfüllen, ausser den politischen Gemeinden, alle untersuchten Körperschaften. Die Autonomie in der Erfüllung von Aufgaben ist in den Zivilgemeinden des Kantons ZH, den Bäuerten als Unterabteilungen der politischen Gemeinden, bei den Kreisen und Fraktionen des Kantons GR durch die Kontrolle externer Entscheidungsträger erheblich eingeschränkt. Dies gilt insbesondere auch für die Bestandesgarantie der Zivilgemeinden.

Eine freie Gründung von Körperschaften durch die Bürger ist rechtlich nur bei Gemeindeverbänden möglich. Alle anderen Gemeindearten sind Institutionen des Kantons, können jedoch, je nach Kanton, autonom verändert oder aufgelöst werden. Dieser Bestandteil von FOCJ wird in Tabelle 3 nicht erwähnt. 

Alle Körperschaften überlappen territorial andere Gemeinden. Die funktionale Überlappung, als Komponente des marktähnlichen Wettbewerbs, erfüllen nur die Kirchgemeinden und die Feuerschaugemeinde in AI sowie die Gemeindeverbände. Die Kirchgemeinden bieten dieselbe Leistung in derselben geografischen Region an und überlappen sich insofern gegenseitig. Die Feuerschaugemeinde überlappt durch ihre geografisch stark unterschiedliche Ausdehnung die politischen Gemeinden funktional. Die funktionale Überlappung der Gemeindeverbände kommt ebenfalls durch Konkurrenz in der Leistungserbringung mit den einzelnen politischen Gemeinden zustande.

Die Austrittsoption als weitere Komponente des marktähnlichen Wettbewerbs ist in ihrer extremen Form, durch den Austritt ohne Wohnortwechsel, bei den Kirchgemeinden, den Korporationen, den Gemeindeverbänden und in abgeschwächter Form bei den Bäuerten als Nutzungskörperschaften vorhanden. Die Austrittsoption durch Abwanderung ist in allen übrigen Gemeinden, ausser den Gemeindeverbänden, vorhanden.

Tabelle 3: Die Schweizer Gemeinden als FOCJ - eine Übersicht

  Pol.
Gem. 
Kirch-
gem. 
Schul-
gem. 
Bürger-
gem. (a) 
Korp.  Zivilg.
ZH 
Feuer-
schaug. 
Bäuer-
ten
BE 
Bezirksg.
OW 
Für-
sorgeg.
GL 
Bez.
SZ 
Kreise
GR 
Frakt.
Davos 
G. Ver-
bände 
  x(g)  x(g) x(g)  x(g) 
 
                     
x(h) 
                       
                     
          x(f)           
x(d)  x(d) 
x     x(e)   
10  x(b)  x(c)  x(c)  x(e) 
11                         
12                            

 

Quelle: eigene Darstellung

Legende:

1: Functional

2: Overlapping: territorial

3: Overlapping: funktional

4: Overlapping: politisch

5: Competing: marktähnlich

6: Competing: Eintrittspreis

7: Competing: Austritt ohne Ortswechsel

8: Competing: Austritt 'Abwanderung'

9: Competing: Steuerhoheit

10: Jurisdiction, Zwangsgewalt: Gebietskörperschaft 

11: Jurisdiction, Zwangsgewalt: Personalkörperschaft 

12: Jurisdiction, Zwangsgewalt: Realkörperschaft 

(a) Die Tagwen des Kantons GL sind miteinbezogen.

(b) Der Beitritt ist freiwillig. Erfolgt jedoch ein Beitritt ist er mit dem territorialen Element der Zwangsgewalt verknüpft.

(c) Diese Gemeinden besitzen die Zwangsgewalt mit dem Element der Gebietskörperschaft nur bezüglich der Ausübung der demokratischen Rechte der Bürger. Die Mitgliedschaft besitzen sie unabhängig davon.

(d) Der Austritt durch Abwanderung gilt nur bezüglich der Nutzungs- und teilweise der demokratischen Mitspracherechte. Aus dem Bürgerrecht an und für sich kann nicht ausgetreten werden.

(e) Diese Aspekte gelten nur für die Bäuerten, die als Unterabteilungen der politischen Gemeinde definiert sind.

(f) Der Austritt ohne Wohnortwechsel gilt nur bei den Bäuerten als Nutzungskörperschaften und nur bezüglich des Nutzungsrechtes, nicht bezüglich des Bürgerrechtes.

(g) Die Autonomie dieser Körperschaften ist durch die Kontrolle von externen, politischen Entscheidungsträgern erheblich eingeschränkt. Bei den Bäuerten gilt dies lediglich für die Unterabteilungen der politischen Gemeinden.

(h) Der politische Wettbewerb gilt selten für den einzelnen Bürger, ist innerhalb der Körperschaft unter den Mitgliedern jedoch gegeben.

Der Eintrittspreis ist eine zusätzliche Voraussetzung, um den marktähnlichen Wettbewerb zu gewährleisten. Er existiert in den Kirchgemeinden, in immaterieller Form, den Bürgergemeinden und den Gemeindeverbänden, in materieller Form. Zur Abschöpfung der Konsumentenrente bzw. Abgeltung für die Nutzung öffentlicher Güter und zur Internalisierung externer Wanderungskosten dient er lediglich bei den Gemeindeverbänden. Bei den Kirchgemeinden wirkt er am ehesten zur Förderung der Identifikation und damit zur Steigerung der intrinsischen Motivation des Mitglieds, was sich positiv auf die Präferenzberücksichtigung bzw. die Kontrolle der 'Regierung' auswirkt. Beim Eintrittspreis der Bürgergemeinden handelt es sich dort um ein Abschöpfen der Konsumentenrente, wo ein Bürgernutzen existiert. In allen anderen Gemeinden stellt er lediglich ein Beitrag zur Deckung der Verwaltungskosten dar.

Zusammengefasst kann von einem marktähnlichen Wettbewerb nur bei Kirchgemeinden und Gemeindeverbänden gesprochen werden. Eine abgeschwächte Form des marktähnlichen Wettbewerbs durch Abwanderung ist jedoch sonst bei allen Gemeinden vorhanden.

Der politische Wettbewerb in Ausgestaltung direkt-demokratischer Instrumente der Bürger zur Kontrolle der Regierungen und Einflussnahme auf den politischen Prozess ist, ausser in den meisten Gemeindeverbänden, in allen Körperschaften gegeben. Die Gemeindeverbände besitzen diese für die Vertreter der Mitgliedgemeinden, jedoch selten für die Stimmbürger direkt.

Die Steuerhoheit fehlt bei den Bürgergemeinden, den Korporationen und den Gemeindeverbänden. Die Zwangsgewalt fehlt grundsätzlich bei den Kirchgemeinden. Sie besitzen diese in abgeschwächter Form auf territorialer Grundlage bei einem Beitritt.

Steuervergütungen beim Austritt existieren im Schweizer Gemeindesystem nicht. Sie werden insofern in Tabelle 3 nicht aufgeführt.

Fazit: FOCJ in Reinform existieren in der Schweizer Gemeindelandschaft nicht. FOCJ mit einem abgeschwächten marktähnlichen Wettbewerb, nur durch die Austrittsoption Abwanderung und ohne Eintrittspreis sowie funktionaler Überlappung, sind die Schulgemeinden, die Zivilgemeinden, die Bäuerten als Unterabteilungen der politischen Gemeinde, die Bezirksgemeinden in OW, die Fürsorgegemeinden, die Bezirke im Kanton SZ und die Kreise sowie die Fraktionen im Kanton GR. Die Feuerschaugemeinde in AI besitzt zusätzlich die eine verstärkende Komponente des marktähnlichen Wettbewerbs, die funktionale Überlappung. Damit existieren am meisten überlappende, funktionale Jurisdiktionen in den Kantonen GL und GR, gefolgt von OW, JU, SG, ZH, BE und AI (vgl. Tabelle 1).

FOCJ, gewichtet nach der im Vordergrund stehenden Konzentration auf einzelne Leistungen und nicht auf die Beherrschung eines Territoriums, sind Gemeindeverbände. Sie besitzen als einzige Körperschaften die Möglichkeit, ihre Ausdehnung unabhängig vom Territorium an die Erfordernisse einer Leistungserbringung frei anzupassen. Durch die meistens fehlenden direkt-demokratischen Instrumente und die nicht vorhandene Steuerhoheit relativiert sich ihre Bedeutung als FOCJ jedoch deutlich.

Die Beurteilung der Ausdehnung anderer Körperschaften nach Effizienzkriterien ist nicht möglich. Dazu fehlt die Vergleichsmöglichkeit von zwei Körperschaften, die dieselben Leistungen anbieten, aber eine unterschiedliche Ausdehnung haben. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass diese jeweils den Präferenzen der Bürger entspricht. Sie könnten sonst über die direkt-demokratischen Instrumente intervenieren und Änderungen durchführen.

Interessant als FOCJ sind die Kirchgemeinden, als sie nur eine Voraussetzung nicht erfüllen, die Zwangsgewalt. Sie sind auch die einzigen Körperschaften, die dem Bürger eine echte Vergleichbarkeit derselben Leistung auf ein und demselben Gebiet anbieten. Mit der zusätzlichen Freiheit der Beitrittswahl, sind sie ein gutes Beispiel für die Wirkung des gesamten Spektrums des marktähnlichen Wettbewerbs. Die fehlende Zwangsgewalt zeigt ebenfalls gut das damit auftretende Trittbrettfahrerproblem von nicht Mitgliedern. Die Kirchgemeinden bestätigen insofern die Theorie von FOCJ.

 

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Fussnoten

1 In Einzahl werden diese Körperschaften 'FOCUS' genannt. [zurück]

2 Die ursprünglich einheitliche Arbeit über die Bedeutung der überlappenden, funktionalen Jurisdiktionen (FOCJ) in der Schweiz wurde in zwei Bereiche aufgeteilt. Der vorliegende Teil befasst sich mit der Bedeutung von FOCJ in der politischen Landschaft der Schweiz, ein weiterer Teil mit derjenigen im schweizerischen Recht (vgl. Wohlfahrtstätter 1996, Internet Homepage: Gemeindestudien). [zurück]

3 Ausländer haben überhaupt nur auf Gemeindeebene und nur in den zwei Kantonen JU und NE politische Rechte. [zurück]

4 Seit 1848 hat sich die Zahl der Gemeinden lediglich um 8,2% von 3203 auf 2940 verringert (Ladner 1996). [zurück]

5 Vgl. dazu im Rahmen der Totalrevision der Bundesverfassung die Motionen von Züger und Loretan vom 22. Juni 1995. [zurück]

6 Die Gemeinde- und Zweckverbände sind in Tabelle 1 nicht aufgeführt. Vgl. dazu Kapitel 3.15. [zurück]

7 Die rechtlichen Grundlagen zu den politischen Gemeinden wurden in der Arbeit über die Bedeutung von FOCJ im Schweizer Recht (vgl. Wohlfahrtstätter 1996, Internet Homepage: Gemeindestudien) bereits erläutert. [zurück]

8 Ladner (1991, 28f) untersucht u.a. die Auswirkungen auf das Gewicht und die Bedeutung der politischen Institutionen, v.a. Exekutive und Legislative, durch den erhöhten Arbeitsaufwand bei einer Konzentration der Aufgaben auf eine Gemeindeart. Es wurden dazu widersprüchliche Erkenntnisse gefunden. [zurück]

9 Eine Erklärung dafür liegt in der historischen Entwicklung und staatstheoretischen Überlegungen (vgl. Schaffhauser 1978), dessen Auswirkungen beim Bürger nur kleine Kosten zu verursachen scheinen, denn Änderungen dieser Organisationsstrukturen werden nicht diskutiert bzw. vorgenommen. [zurück]

10 Die bis Ende 1995 nur teilzeit besetzten Gemeindeschreiberstellen der zwei Gemeinden ist jetzt zu einer gemeinsam geführten Vollzeitstelle zusammengenommen worden. Vom Gemeindeschreiber wird ebenfalls das Amt des Zivilschutzstellenleiters wahrgenommen. [zurück]

11 Dies ist im Sinne der Trennung zwischen Kirche und Staat durchaus diskutierbar, was jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Im Kanton Zürich wurde eine Abstimmung im September 1995 zu diesem Thema mit 64,8% Nein-Stimmen verworfen (vgl. Studie des Instituts für Sozialforschung IPSO, 1995). [zurück]

12 Neben den zwei gesamtschweizerisch anerkannten Kirchen, werden beispielsweise folgende Religionsgemeinschaften als solche in den Kantonsverfassungen aufgeführt: im Kanton AG (Art. 109 Abs. 1), BE ( Art. 121) und ZH (Art. 64) die christ-katholische, im Kanton ZH speziell die französischen Kirchgemeinschaften und im Kanton BE dazu die israelitischen. [zurück]

13 Der Kanton AG sieht in der Kantonsverfassung Art. 109 Abs 2 vor, dass jede Kirche vom grossen Rat (Exekutive) als Landeskirche anerkannt werden kann. Ebenso wird dies im Kanton GL in Art. 135 Abs. 2 mit der Genehmigung durch den Landrat geregelt. [zurück]

14 Bsp.: Wenn das Gemeindegesetz die Exekutivgrösse auf fünf bis neun Mitglieder vorschreibt, kann das Kirchgemeindegesetz diese auf die genaue Anzahl Mitglieder präzisieren. Auch wird im speziellen Gesetz bestimmt, über welche Geschäfte an der Urne und welche an der Gemeindeversammlung bschlossen wird (Auskunft Rechtsdienst der römisch-katholischen Zentralkommission des Kantons ZH, September 1996). [zurück]

15 Dies wird in den römisch-katholischen und reformierten Kirchen so gehandhabt. [zurück]

16 Meist regeln die Kantonsverfassungen diese Option: Kanton AG: Art.111 Abs.2, Kanton BE: Art. 124 Abs. 2. [zurück]

17 Im Kanton GL wird die Unterstützung für solche Arbeiten von der politischen Gemeinde in der Kantonsverfassung in Art. 137 Abs. 2 festgehalten. [zurück]

18 Der Kanton BE sieht in der Verfassung Art. 123 Abs. 3 Leistungen des Kantons, durch das Gesetz bezeichnet, vor. [zurück]

19 Die Steuerfüsse liegen im Kanton SG zwischen 21% und 30% (Kant. Verw. 1996) und im Kanton Glarus zwischen 8% und 12% (Kant. Verw. 1996). Die Zahlen sind als Zuschläge zur einfachen Staatssteuer zu verstehen. Im Kanton Zürich werden die Kirchensteuern als Prozente der einfachen Staatssteuer ausgewiesen und betragen zwischen 92% und 150% (Kant. Verw. 1996). [zurück]

20 Je nach Kanton können dies bis zu vier Kirchgemeinden unterschiedlicher Konfessionen sein. [zurück]

21 In der Stadt Zürich hat der Anteil der Mitglieder der römisch-katholischen Kirche von 1964 auf 1988 um 3,4% zugenommen. Die Protestanten haben in der selben Zeit jedoch 17,4% der Mitglieder verloren und andere Konfessionen 15,1% Miglieder gewonnen (Verband der römisch-katholischen Kirchgemeinden der Stadt Zürich 1989, 98). Differenzierte Zahlen bezüglich einer Trennung der Austritte im Sinne von Übertritten und Austritte durch Versterben sind nicht erhältlich. [zurück]

22 Im Kanton Zürich unterscheidet sich der Steuerfuss der katholischen Kirchgemeinde um max. 15%-Punkte von der reformierten (Statist. Amt der Kantons Zürich 1996, Steuerfüsse), im Kanton GL um max. 4%-Punkte (Kant. Steuerverwaltung 1996) und im Kanton SG um max. 12%-Punkte. In den meisten Kantonen liegen die Steuerfüsse der zwei Kirchgemeinden sehr nahe, die Maximalzahlen bilden eher die Ausnahme. [zurück]

23 Auch wenn ein solcher existieren würde, sind Vergleiche von Steuerfüssen interkantonal durch die unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen des steuerbaren Betrages eines Individuums fast unmöglich. [zurück]

24 Grundsätzlich stellt sich bei solchen Hypothesen die Frage, wie stark die Mitglieder sich dessen überhaupt bewusst sind und wenn ja, ob sie dies auch aussagen würden. [zurück]

25 Ein Beispiel wäre der immaterielle Nutzen aus dem Beisitzen in einem frei zugänglichen Gottesdienst. Monetär messbar können auch soziale Dienste der Kirche einen Nutzen stiften. Die Betreuung sozialer Fälle durch die Kirche bedeuten Kosteneinsparungen für die politische Gemeinde und damit tiefere Steuern für den Bürger. Die Zentralkasse der katholischen Kirche im Kanton ZH verwendete 1993 knapp 2/3 der Gesamtausgaben (Sfr. 20 Mio.) für direkte oder indirekte Leistungen im Dienste der Gesellschaft, wie die Betreung von Familien, Arbeitslosen, fremdsprachigen Menschen, Betagten, Behinderten, kranken Menschen, Aidspatienten, Gefangenen und Strafentlassenen sowie Drogenabhängigen. Dieser Effekt relativiert sich durch einen Staatsbeitrag an die katholische Kirche von 18% der Einnahmen der Körperschaft. [zurück]

26 Im Kanton Zürich wird die Schulpflege im Gemeindegesetz Art. 112-114 geregelt. Eine gute Übersicht und Kommentar dazu gibt das Werk von Thalmann (1991, 367f). Der Kanton Glarus umschreibt die Aufgaben der Schulgemeinde im Gemeindegesetz Art. 17. [zurück]

27 Jeder Schweizer Bürger ab 18 Jahren ist verpflichtet, in diejenige Schulgemeinde einzutreten, auf deren Gebiet sein Wohnsitz liegt. [zurück]

28 Schulgemeinden können auch nur Teile von politischen Gemeinden umfassen. Als Beispiel sei die Gemeinde Wil (SG) erwähnt. Zur Schulgemeinde Wil gehört durch eine vertraglich Vereinbarung auch ein Bauernhof der politischen Nachbargemeinde Zurzwil. [zurück]

29 Der Verband der Bürgergemeinden und Korporationen hat diesbezüglich eine Umfrage gestartet. Teilweise sind jedoch die Institutionen nicht bereit, vollständig darüber Auszukunft zu geben (Auskunft Arn 1996). [zurück]

30 Die verwendeten Informationen stammen von aktuellen Quellen (September 1996): Daniel Arn ist Geschäftsführer des Verbandes für Bürgergemeinden und Korporationen. Martin Schuler arbeitet in Lausanne am 'Institut de Recherche sur l'Environment Construit' an einem Strukturatlas, der Anfang 1997 erscheinen wird. Die Informationen zu den Bürgergemeinden des Kantons Glarus, den 'Tagwen', stammen von einem Interview mit dem Gemeinderat Josef Schwitter von Glarus (September 1996). [zurück]

31 In den Kantonen BE und VS gilt diese Bezeichnung für die Bürgergemeinde heute noch (Schweizer Lexikon Band 1,777). Im Kanton Glarus werden die Bürgergemeinden 'Tagwen' genannt. [zurück]

32 Im Kanton Solothurn wurde der Übergang 1995 vollzogen. Die Burgergemeinde Bern kümmert sich teilweise heute noch um das Armen- und Sozialwesen (Interview Arn 1996). [zurück]

33 In den Kantonen OW, GL, SG, GR, AG und TG, sind Verschmelzungen der Bürgergemeinden mit den politischen Gemeinden vermehrt festzustellen. Dieser Prozess wird in LU und AG vom Kanton aktiv unterstützt und ist bereits weit fortgeschritten. Eine vollständig doppelte Kommunalstruktur existiert in den Kantonen ZG, SO, BS, BL, SH und UR. Mit der französischen Revolution sind in VD, NE und GE die Bürgergemeinden verschwunden. In NW und AI kennt die Kantonsverfassung diese Gemeindeart nicht, es sind jedoch privatrechtlich organisierte, ähnliche Institutionen verbreitet. In ZH und FR haben nur einige Sonderfälle überlebt und in BE, JU, TI und VS sind die Strukturen seit jeher komplex und regional unterschiedlich. Der Kanton Bern bsp. kennt Einwohnergemeinden, gemischte Gemeinden und Burgergemeinden sowie einzelne Bürgergemeinden (Schuler 1997). In einigen Regionen bestehen auf dem Territorium einer politischen Gemeinde mehrere Bürgergemeinden. Dies kann das Ergebnis einer Fusion von politischen Gemeinden ohne Miteinbezug der Bürgergemeinden sein, wie in den Städten Biel, Thun, St. Gallen oder Bellinzona sowie in Fischingen, Ebnat-Kappel und Laufen. Alte Doppelstrukturen sind in der Gemeinde Linthal GL, im St.Galler Rheintal und im Sarganserland (Ortsbürgergemeinden und Ortsgemeinden) sowie im TI (Patriziati, Vicinati oder Dagagne) anzutreffen (Schuler 1997). [zurück]

34 Die demokratischen Rechte der Burgergemeinde Bern z.Bsp. verliert ein Bürger jedoch auch im Ausland nicht (Arn 1996). [zurück]

35 Jeder im Kanton Glarus ansässige Stimmberechtigte z.Bsp. findet jederzeit in der Bürgergemeinde, d.h. dem 'Tagwen', Aufnahme (Art. 123 Abs. 1 KV). Die Mitgliedschaft ist freiwillig, es besteht keine Zwangsgewalt. Das Stimm- und Wahlrecht steht jedem im Kanton stimmberechtigten Tagwenbürger zu. Es kann aber auch den übrigen in der Gemeinde wohnhaften stimmberechtigten Personen eingeräumt werden (Art. 123 Abs. 3 KV). Ein Schweizer Bürger mit Bürgerrecht eines anderen Ortes z.Bsp., kann durch Anfrage das Stimm- und Wahlrecht eines Tagwen erwerben. [zurück]

36 Jeder Ausländer, der das Schweizer Bürgerrecht erwerben möchte ist verpflichtet, automatisch auch dasjenige einer Gemeinde anzunehmen (sogenannte Einbürgerungspflicht). [zurück]

37 Die Gemeinde Jona SG erhebt eine Einbürgerungsgrundtaxe von Sfr. 600.-. Die höchste Taxe betrug 1996 Sfr. 4000. [zurück]

38 Die 'Tagwen' des Kantons Glarus z.Bsp. bestellen normalerweise keine eigenen Organe. Die Behörden, Beamten und Angestellten der Ortsgemeinden sind für deren Aufgaben zuständig (Art. 123 Abs. 4 KV). Diese besitzen das Stimmrecht, auch ohne das Bürgerrecht der Gemeinde zu besitzen (Art. 123 Abs. 5). Die drei unabhängigen Tagwen im Linthal sind von Gesetzes wegen befugt, eigene Organe zu bestellen, auch wenn sie sich zusammenschliessen sollten (Art. 123 Abs.6 KV). Sie verfügen über einen eigenen Tagwenrat (Exekutive), der von der Tagwenversammlung gewählt wird. Die Versammlung wird getrennt von der Ortsgemeinde abgehalten. Der spezielle Stellenwert der Linthaler Tagwen begründet sich aus historischer Tradition. [zurück]

39 Als Beispiel sei hier das Skigebiet am Matterhorn genannt, das durch die 'Burgergemeinde Zermatt' mit Bahnen erschlossen werden konnte. Weiter hat die 'Burgergemeinde Chur' im wesentlichen den Kurort Arosa in seiner heutigen Gestalt aufgebaut. Der grüne Gürtel um die Stadt St. Gallen existiert zum grössten Teil aufgrund der Zurückhaltung von Bautätigkeiten der Bürgergemeinde. [zurück]

40 Bekannt dafür ist die Burgergemeinde Zermatt (VS), die durch ihre Ländereien und Liegenschaften einen hohen politischen Stellenwert besitzt und einen sogenannten Burgernutzen an Mitglieder auszahlt. [zurück]

41 Die Einbürgerungstaxen stellen oft nicht mehr als Beiträge zur Deckung der Verwaltungsaufwände von Bund, Kantonen und Gemeinden dar. [zurück]

42 Früher bestand das Recht auf einen Altersheimplatz im Bürgerrechtsort. Dies ist heute jedoch mit dem Wohnsitz verbunden und damit Angelegenheit der politischen Gemeinde. [zurück]

43 Im Gemeindegesetz von SG wird festgehalten, dass die Orstgemeinden (Bürgergemeinden) Leistungen nicht nur für die Ortsbürger, sondern für die Allgemeinheit erbringt (Art.19 Abs.2). Eine bekannte Ausnahme bildet hier z.Bsp. die 'Burgergemeinde Zermatt'. [zurück]

44 Die Informationen zum folgenden Abschnitt stammen aus Interviews vom August und September 1996 mit Hans Bisig (Ständerat des Kantons SZ), Peter Marty (Präsident der Genossame Lachen) und Daniel Arn (Geschäftsführer des Schweizerischen Verbandes der Bürgergemeinden und Korporationen). Fragmentweise befasst sich ein Kommentar von August Mächler (1990) zur juristischen Arbeit über die Gemeindeautonomie im Kanton SZ von Adrian Kennel (1989) mit der Bedeutung der Korporationen. [zurück]

45 Das Bundesgericht hat in einem Entscheid vom 12. Juni 1875 die Korporationen bereits in einer Linie mit den Gemeinden und Bezirken gesehen (Mächler 1990, 411). [zurück]

46 Die Oberallmeindkorporation Schwyz wurde vor 1114 gegründet. Sie ist mit 8000 ha Wald die bedeutendste Waldbesitzerin der Schweiz und mit 24'000 ha Landfläche auch eine der grössten Landbesitzerinnen (Schweizer Lexikon 1992, Band 4 S.85). [zurück]

47 Die Mitglieder erhalten eine Auszahlung von ca. Sfr. 20.- pro Jahr und Person, ab 18 Jahren (Auskunft Verwaltung der Oberallmeindkorporation Schwyz, 1996). [zurück]

48 Bsp: Das Gebiet der Genossame Lachen umfasst Teile der politischen Gemeinden Lachen, Altendorf und Galgenen. [zurück]

49 Die Genossame Lachen gilt als eine der reichsten Institutionen im Kanton SZ. Eine genaue Angabe zum Vermögen habe ich nicht erhalten. Sie besitzen neben Wald- und Landwirtschaft, einen Hafen mit 400 Bootsplätzen und einige Immobilien (Marti 1996). [zurück]

50 Die Höhe des Betrages wurde vom Präsidenten der Genossame Lachen, Peter Marty, nicht bestätigt. [zurück]

51 Zur regelmässigen Gemeindeeinteilung zählen im Kanton ZH die politischen Gemeinden, die Schulgemeinden (Primar- und Oberstufenschulgemeinden) sowie die Kirchgemeinden (Art. 47 Kantonsverfassung). [zurück]

52 Die Zivilgemeinde Wiesendangen z.Bsp. deckt sich gebietsmässig nicht mit der politischen Gemeinde. Die Dörfer Attikon, Buch und Menzengrüt gehören nicht zum Territorium der Zivilgemeinde. Damit gehören rund 3'500 von 3'650 stimmberechtigten Einwohnern der politischen Gemeinde zu ihrem Einzugsgebiet, das jedoch geografisch zusammenhängend ist. [zurück]

53 Der Aufgabenbereich der grössten Zivilgemeinde Wiesendangen umfasst das Kehrichtabfuhrwesen bzw. die Entsorgung generell, die Versorgung der Bevölkerung mit Elektrizität, Wasser und Gas, sowie die Forstwirtschaft. Der Unterhalt und Piquet-Dienst der Werke wird von den städtischen Betrieben im Auftragsverhältnis erledigt (Interview mit dem Präsidenten der Zivilgemeinde, Huss 1996). [zurück]

54 Die Grenzen der Feuerschaugemeinde Appenzell sind in einem Grossratsbeschluss von 1962 genauestens festgelegt. [zurück]

55 Die Feuerschaugemeinde hat ein Umsatzvolumen von ca. 12 Mio. und beschäftigt ca. 30 Vollzeitangestellte zu üblichen Verwaltungslöhnen (Interview Koller 1996). [zurück]

56 Der Ausdruck 'Dunke' stammt aus dem Alt-schweizerdeutschen und bedeutet 'tunken' bzw. eintauchen. Früher mussten alle Dunkebürger ihre Wasserlöschbehälter einmal jährlich an der Versammlung auf undichte Stellen überprüfen, um bei einer Feuersbrunst ein Löschen gewährleisten zu können. Dies wurde durch das eintauchen des Behälters in Wasser bewerkstelligt, wodurch sich das Holz wieder ausdehnte und selbst die undichten Stellen ausmerzte (Bischofberger 1991, 28). [zurück]

57 Die Feuerschaugemeinden besitzt vertraglich verankert die Garantie der Ausführung gewisser autonomer Aufgabenbereiche und die Freiheit der Stimmberechtigten, 'weitere zum Wohle der Gemeinde dienende Aufgaben' zu übernehmen (Organisationsstatut Art. 1 Abs. 3). [zurück]

58 Die Angaben zu den ca. 36 Bäuerten stammen von einem Gespräch mit Frau Tobler, Verantwortliche für das Oberland in der Abteilung für Raumplanung der kantonalen Verwaltung in Bern. Informationen sind auch von dieser zentralen Stelle nicht vollständig erhältlich. Für die genaue Bedeutung der Bäuerten müsste eine gezielt Umfrage vor Ort mit den Verantwortlichen selbst geführt werden. [zurück]

59 Der Kanton Schwyz ist in die Bezirke March, Höfe, Schwyz, Einsiedeln, Gersau und Küssnacht am Rigi unterteilt, deren Autonomie in der Kantonsverfassung (Art. 70) garantiert ist. [zurück]

60 Die 178 Bezirke der Schweiz (Bundesamt für Statistik 1994) als Zwischenstufe der kantonalen und kommunalen Ebene sind normalerweise reine Verwaltungseinheiten ohne eigene Rechtspersönlichkeit und Autonomie. Die Kantone UR, GL, ZG, GE, OW, NW und BS kennen die Einteilung in Bezirke nicht (Bundesamt für Statistik 1990, 27). Ihre Bedeutung beschränkt sich auf die Wahrnehmung gewisser dezentraler administrativer Aufgaben der Kantone z.Bsp. in den Bereichen Gesundheit, z.T. Bildung (Bezirksschulen) und Justiz (Bezirksgerichte). [zurück]

61 Der Ausdruck 'Gemeinde' wird in diesen Gebieten nicht von der Bevölkerung verwendet. Es existiert nur der Bezirk mit seiner Verwaltung und Organen (Interview Bisig, 1996). [zurück]

62 Der Steuerefuss im Bezirk March liegt bei 85%, im Bezirk Höfe bei 45% und im Bezirk Schwyz bei 95% (Kantonale Verwaltung Schwyz: Steuerfüsse für das Jahr 1996) [zurück]

63 "Bezirke sind staatsrechtliche Kuriositäten, deren Zweck in erster Linie in der Hütung eines unscheinbaren Rests ihrer einstigen Selbstherrlichkeit bestehe, den zu bewahren geradezu zu einer originären Aufgabe geworden sei." (Mächler 1990, 410; Interview Hans Bisig 1996; Interview Rechtsdienst der kantonalen Verwaltung). [zurück]

64 Im Bezirk March sind sie durch einen Mehrheitsbeschluss von Gemeinden entstanden, die ihre Strassen aus finanziellen Gründen 'abgeben' wollten und diese an der Landsgemeinde zu Bezirksstrassen ernannten (Interview Bisig, 1996). [zurück]

65 Die Strassen des Bezirks March mit neun Gemeinden wird laut Auskünften des zuständigen Bauamtes von einer vier-Mann-Equipe gepflegt. Im Bezirk Schwyz erledigt ein vollamtlicher und zwei nebenamtliche Strassenmeister die Unterhaltsarbeiten. [zurück]

66 Im Bezirk Schwyz wird betont, dass die Arbeiten selbständig und nicht in Zusammenarbeit mit Gemeinden ausgeführt werden. Eine Ausnahme bildet das Streusalz für den Winterunterhalt, das im Bund mit den Gemeinden bestellt wird (Bezirksverwaltung Schwyz, 1996). [zurück]

67 Durch Galgenen (SZ) führt beispielsweise eine Bezirksstrasse (Bezirk March) , die rund ein Viertel des Wohngebietes erschliesst. Die Erschliessung von Wohngebiet ist jedoch von Gesetzes wegen Gemeindeangelegenheit. Die Gemeinde weigert sich jedoch, dies zu tun. Sie müsste sonst zugeben, dass die Bezirksstrasse eigentlich als Gemeindestrasse zu deklarieren wäre. Das Problem wird nun auf Kantonsebene zu lösen versucht (Interview Bisig, 1996). [zurück]

68 Der Bezirk Schwyz bezahlt beispielsweise 85% an das Defizit von 3 Mio. des Spitals Schwyz und 25% bzw. Sfr. 500'000.- an das Defizit des Spitals Einsiedeln. Die Aufteilung basiert auf dem Einzugsgebiet der Spitäler bezüglich ihrer Gemeinden (Aussage Bezirksverwaltung Schwyz, 1996). [zurück]

69 Der durchschnittliche Steuerfuss der Fürsorgemeinden beträgt 1996 2,172 %. Im Vergleich dazu erheben die Schulgemeinden im Durchschnitt 10,76%, die Ortsgemeinden (politische Gemeinden) 5,7% und die Kirchgemeinden (evangelisch und römisch-katholisch) je 10% und 9,3% Steuern (Interview Gemeinderat Josef Schwitter 1996). [zurück]

70 Dies sind die zwei Gemeinden Rüti und Braunwald, sowie Glarus und Riederen (Interview Schwitter 1996). [zurück]

71 Die Dorfschaft Sarnen ist mit 5143 Einwohnern die grösste Bezirksgemeinde. Rahmerberg hat 328 Einwohner, Schwendi 2290 und Kägiswil 1074 (Auskunft Gemeindeverwaltung Sarnen 1996). [zurück]

72 Die Bezirksgemeinde Sarnen erhebt eine Steuer von 1,4%. Im Vergleich dazu beträgt der Steuerfuss der Einwohnergemeinde Sarnen 6,05% und die Kirchensteuer 0,5% (Gemeindeverwaltung Sarnen 1996). [zurück]

73 Dem Kreis wird vom Kanton z.Bsp. die Führung eines Vormundschaftsamtes, eines Betreibungs- und Konkursamtes sowie die gemeindeweise Einsetzung eines Zivilstandsbeamten übertragen (Trepp 1975, 274). [zurück]

74 Dazu gehören namentlich die Fraktionen Dorf, Platz, Frauenkirch, Glaris und Monstein. [zurück]

75 Für eine nähere Auseinandersetzung mit den privat-rechtlichen Formen der Gemeindeverbindungen, vgl. Grüter 1973, 26ff. [zurück]

76 Ausser SG und GR differenzieren die Kantone nicht zwischen Gemeinde- und Zweckverband im definierten Sinne (vg. näheres Schenker 1985, 207ff.). [zurück]

77 Grundlegende Sachgeschäfte unterliegen normalerweise dem obligatorischen oder fakultativen Referendum, wie die Übertragung neuer Aufgaben, nachträgliche Beitritte weiterer Gemeinden, die Auflösung des Verbandes, teilweise rechtssetzende Beschlüsse, Erlass und Änderungen des Reglements über die Finanzkompetenzen des Parlamentes und des Rates, Erlass und Änderungen der Reglemente über Gebühren, Beiträge und Vorzugslasten (sofern dies nicht ausdrücklich dem Parlament vorbehalten ist), Beschlüsse über Investitionsvorhaben bestimmter Höhe und Beschlüsse über einmalige oder wiederkehrende Verwaltungsausgaben über eine bestimmte, vertraglich festgelegte Höhe. Dem obligatorischen Referendum unterstehen grundsätzlich alle Revisionen der Vereinbarungen (Schenker 1985, 169). Ergänzend zum Referendumsrecht ist teilweise das Initiativrecht zwingend gesetzlich verankert. Damit kann der Erlass, die Aufhebung oder die Änderung eines in die Zuständigkeit des Verbandsparlamentes fallenden Beschlusses über Sachfragen oder Rechtssätze sowie die Revision der Vereinbarungen und die Auflösung des Verbandes beantragt werden. [zurück]

78 In den Kantonen SG und GR gilt dies nur für den Gemeindeverband, nicht jedoch für den öffentlich-rechtlichen Zweckverband. [zurück]

79 Das Gemeindegesetz des Kantons SG z. Bsp. sieht in Art. 221 Abs. 1 vor, dass von neuen Mitgliedern eine angemessene Einkaufssumme verlangt werden kann. [zurück]

80 Entsprechende Normen existieren in den Kantonen ZH, BE, LU, NW, ZG, FR, SG, GR, VS, NE, GL und BL. [zurück]

81 Vgl. Gemeindegesetze der Kantone LU, NW, ZG, FR, SG und GR. [zurück]

82 Der Kanton LU sieht ein Austritt aus wichtigen Gründen vor, sofern dadurch die Erfüllung der Verbandsaufgaben nicht übermässig erschwert wird. Im Kanton AG ist ein Austritt grundsätzlich nur aus wichtigen Gründen möglich. Im Kanton ZG ist dieser immer dann möglich, wenn dies die Erfüllung der Verbandsaufgabe nicht erschwert und im Kanton FR, wenn der Fortbestand des Verbandes oder die Erfüllung seines Zweckes dadurch nicht schwer gefährdet wird (Schenker 1985, 306). [zurück]

83 Es liegen Antworten von 2030 Gemeindeschreibern vor. Den Gemeindeschreibern wurde folgende Frage gestellt: 'In jeder Gemeinde gibt es Aufgaben, welche Behörden und Verwaltung zeitlich und personell mehr oder weniger beschäftigen. Im folgenden möchten wir wissen, wie stark Ihre Gemeinde von den unten genannten Gemeindeaufgaben in Anspruch genommen wird.' Die Gewichtungsmöglichkeiten bestanden aus 'stark', 'nicht so stark', 'gar nicht' und 'keine Gemeindeaufgabe'. Die Anwort erfolgte durch Ankreuzung. [zurück]

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  aktualisiert am 21.10.2011