Schweizer Gemeindestudien

 

Zwischen Aufgabenzuwachs und Autonomieverlust:

Neue Selbstbehauptungsstrategien der Gemeinden im Zeitalter "vertikaler Politikverflechtung"

Hans Geser
(
August 1997)

Soziologisches Institut der Universität Zürich

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Zusammenfassung

Der moderne Staat ist immer mehr auf leistungsfähige Gemeinden an gewiesen, weil ein immer grösserer Teil aller öffentlichen Aufgaben dezentral erledigt werden muss. Dadurch verlieren die Gemeinden einerseits in vielen Bereichen ihre angestammte Autonomie. Andererseits aber gewinnen sie neue Handlungsspielräume, wenn sie im Umgang mit Kanton und Bund Geschick beweisen und die zusätzlichen überlokalen Ressourcenquellen für ihre eigenen Zwecke nutzen.

 


 

1. Die wieder wachsende Bedeutung der Gemeinde als individuelles Lebensmilieu und als politisches System

Nach Fürst sind es in erster Linie psychologische Bedürfnisse nach einer Rückgewinnung von "Gemeinschaftlichkeit", die für diese wachsende Polarisierung zwischen überlokalen und lokalen Strukturbildungen und Identifizierungen verantwortlich sind:

"In allen hochentwickelten Ländern ist folgendes Spannungsverhältnis zu beobachten: Auf der einen Seite fördert die technologische, politische, informatorische und unternehmenspolitische Entwicklung die Vernetzung und Globalisierung von Entscheidungszentren, und individuelle Entscheidungen werden immer mehr von überlokal, vielfach schon übernational getroffenen Entscheidungen, sowie informatorischen, technischen und institutionellen Abhängigkeiten eingeengt. Auf der anderen Seite wächst das Bedürfnis nach Rückgewinnung dezentraler Handlungsspielräume, sozialer Identifikation ("Heimat") und Überlagerung von Wettbewerbsstrukturen durch Solidar-Strukturen" (Fürst 1991: 93).

In ähnlicher Weise vertritt auch Renate Mayntz die Ansicht, dass die zunehmenden Verdichtung weiträumiger Strukturen zu Konsequenzen führt, die sich für die Schaffung, Erhaltung oder Revitalisierung föderalistischer binnenstaatlicher Strukturen als günstig erweisen (vgl. Mayntz 1990).

Zu dieser Vision einer sich zwischen lokalen und globalen Strukturen konstituierenden Zukunftsgesellschaft gehört folgerichtig auch die Vorstellung, dass die im weiten Zwischenbereich befindlichen Intermediärebenen (z.B. die Kantone) dadurch an Bedeutung verlieren. Anders gesagt: sind die Gemeinden einerseits sehr viel älter als der Nationalstaat, so mögen sie sich auch in Zukunft als sehr viel haltbarer und unersetzlicher als der letztere erweisen.  So skizziert beispielsweise der Ökonom René L. Frey die Vision einer zukünftigen Schweiz, in der die Bundesebene dank fortgesetzter Kompetenzübertragung an die EU überflüssig wird, während sich alle verbleibenden politisch-administrativen Aktivitäten auf der regionalen und lokalen Ebene konzentrieren. Denn "je mehr technisch-wirtschaftliche Gründe grössere Regionen notwendig machen, desto mehr braucht der Mensch Geborgenheit im überschaubaren Lebensraum" (Frey 1994: 85).

Goldsmith und Newton (1988) stellen fest, dass Bestrebungen zur Verstärkung kommunaler Autonomie sich heute auf einen sehr breiten überparteilichen Konsens abstützen können, denn "Like Peace, Freedom and the Family, no modern politician dare express a dislike of Decentralization".  Vor allem stellt man fest, dass affirmative Einstellungen zur kommunalen Autonomie kaum mit parteiideologischen Orientierungen korrelieren. So haben beispielsweise in Frankreich sowohl links- wie rechtsorientierte Regierungen gleichermassen Dezentralisierungsstrategien verfolgt (Goldsmith/Newton 1988: 359), und in Deutschland können Anhänger der CSU und der "Grünen" in dieser Frage sehr viel Gemeinsamkeiten finden (vgl. Beyer/Brinckmann 1990). Allerdings haben die seit den 70er Jahren florierenden "neuen sozialen Bewegungen" im Rahmen ihrer alternativ-postmaterialistischen Wertekultur besonders viel dazu beigetragen, der kommunalen Ebene wieder zu mehr Gewicht und Bedeutung zu verhelfen. Die dahinterstehenden Ziele (bzw. Hoffnungen) haben beispielsweise im Parteiprogramm der Deutschen "Grünen" einen einprägsamen Ausdruck gefunden:

"Wir fordern für die kommunale Ebene, wo sich die Betroffenheit und das Engagement der Bürgerinnen und Bürger am unmittelbarsten und deutlichsten äussern können, die weitestgehende Verwirklichung demokratischer Grundsätze hinsichtlich Öffentlichkeit, Durchschaubarkeit und Kontrollierbarkeit kommunaler Handlungen und hinsichtlich des Umfangs und der Wirkungsweisen von Bürgermitwirkungsrechten." [1]

Erwähnenswert ist, dass diese Priorität für Überschaubarkeit und "bürgernahe Demokratie" eine Hintanstellung der von der klassischen Linken artikulierten Werte der Gleichheit (im Sinne der Gleichbehandlung aller Bürger(innen) ungeachtet ihres Wohnortes) impliziert.
Noch wichtiger ist allerdings die richtige Festsetzung, dass es neben sozialromantischen Gemeinschaftsideologien und emotionalen Heimatbindungen auch höchst nüchterne, rational gut begründbare Motive sein können, die für eine Verlagerung des subjektiven politischen Interessens auf die Gemeindeebene den Ausschlag geben können. So kommt die Gemeinde vor allem dem wachsenden Bedürfnis moderner Bürger entgegen, auf die Gestaltung ihrer unmittelbaren Lebensumwelt und auf die Verwendung der entrichteten Steuermittel Einfluss zu nehmen.

Im Falle der Schweiz ist beispielsweise in der jüngsten wirtschaftlichen Rezessionsphase deutlich geworden, dass die drei Ebenen unseres Staatswesens von den Bürgern in sehr unterschiedlichem Masse mit Einnahmequellen ausgestattet werden. Während die Gemeinden in erstaunlich hoher Zahl ausgeglichene Rechnungsabschlüsse vorweisen konnten, haben die Kantone (1994) ausnahmslos Defizite erwirtschaftet, und der Bund sieht sich gar auf viele Jahre hinaus vor kaum lösbare Finanzierungsprobleme gestellt. [2] Zumindest ein Grund für diese Divergenzen mag darin liegen, dass die Bürger(innen) ihre Steuer- und Gebührenzahlungen lieber ihrer Wohngemeinde als den überlokalen Politikebenen zukommen lassen, weil sie bessere Möglichkeiten sehen, über die Verwendung dieser Mittel zu wachen und eventuell mit zu entscheiden.  Allerdings sehen sich die Gemeinden wenigstens indirekt durch die hohen Kantons- und Bundesdefizite mitbetroffen: insofern die dadurch ausgelösten Sparmassnahmen zu Subventionsausfällen führen können, die - angesichts der Unvorhersehbarkeit der politischen Entscheidungsprozesse - schwer berechenbar sind und deshalb eine präzise kommunale Finanzplanung unmöglich machen.

Manche demographische und sozio-ökonomische Entwicklungen der Gegenwart geben Anlass zur Vermutung, dass die Gemeinde auch in Zukunft in der objektiven Lebensführung und im subjektiven Bewusstsein grosser Bevölkerungsteile eine grosse Bedeutung behält. Paradoxerweise vollzieht sich ausgerechnet in der heutigen Zeit hoher Mobilität ein Wandel in der Weise, dass immer grössere Prozentanteile der Einwohnerschaft ein sehr lokal zentriertes, häusliches Dasein führen. Dies gilt - abgesehen von Arbeitslosen - in erster Linie für die stark zunehmenden Rentnerschichten, die nicht mehr am Berufsleben partizipieren. (vgl. Beyer/Brinckmann 1990). Und in Zukunft könnte die Ausbreitung von Satellitenbüros und "Telearbeit" sowie der sich wieder verstärkende Trend zu kleinen Betrieben dazu führen, dass wiederum grössere Prozentanteile von Erwerbstätigen innerhalb ihrer Gemeinde einen Arbeitsplatz finden.
Als Folge wäre damit zu rechnen, dass das kommunalpolitische Interesse zunimmt und dass an die kommunalen Behörden und Verwaltungsstellen immer vielfältigere und anspruchsvollere Forderungen gerichtet werden.

Für die "Revitalisierung des Dorfes" spricht auch, dass Schliessungen lokaler Bahnhöfe, Poststellen, Schulen oder Einkaufsläden zunehmend auf erbitterte Ablehnung stossen und Tendenzen feststellbar sind, auch sehr kleine Orte wieder mit einem "Standardpaket" alltäglich benutzter Einrichtungen zu versehen.[3]  So hat sich insbesondere die seit dem Beginn der 70er Jahre feststellbare Tendenz zur Auslagerung des Detailhandels in grosse überkommunale Einkaufszentren fühlbar abgeschwächt. In den letzten Jahren wurden nur noch einige Zentren mit sehr spezieller Ausrichtung (Spielzeuge, elektronische Geräte) neu gegründet, die meisten Zentren mit diversifizierter Geschäftsauswahl haben stagnierende oder gar sinkende Umsätze zu verzeichnen (Früh 1995: 73)  Umgekehrt erscheint der Einkauf in der City wieder attraktiv und einige Einkaufsketten haben begonnen, ihr Filialnetz (wieder) vermehrt auf kleinere Gemeinden auszuweiten. Dies entspricht einem generelleren - vor allem ökologisch motivierten - Trend, Funktionen des Wohnens, Arbeitens, des Lernens und der Freizeitgestaltung erneut in relativ kleinen Räumen zu verdichten: eine günstige Voraussetzung dafür, dass in Zukunft das Gemeindeleben wieder erstarkt. [4]

Rein formell-staatsrechtlich gesehen gehört die Gemeindeautonomie insofern nicht zu den fundamentalen Eigenheiten des schweizerischen politischen Systems, als sie in der Bundesverfassung keinerlei Erwähnung findet - und damit implizit den variablen Regelungen der Kantone überlassen bleibt (vgl. Giacometti 1972: 287). Zwar hat das Bundesgericht diese Lücke teilweise geschlossen und seine Rechtssprechung im Lauf der Jahrzehnte zunehmend zugunsten der Gemeinden verschoben. Insbesondere wurde in einem 1967 erlassenen Urteil festgehalten, dass die Autonomie der Gemeinde überall dort bestehe, wo der Kanton eine Rechtsmaterie nicht abschliessend ordnet. [5] Aber genau dadurch wurde erneut die Souveränität der Kantone über ihre innere Gemeindeorganisation statuiert, die in extrem gegensätzlichen Regelungen zwischen sehr hoher kommunaler Autonomie (z.B. Bern, Thurgau, Schaffhausen u.a.) und sehr geringer Selbständigkeit (vor allem Genf) seinen Ausdruck findet (vgl. Joye/Huissoud/Schuler 1995: passim).

 

2. Divergente Entwicklungen der Gemeindeautonomie auf rechtlicher, finanzieller und organisatorischer Ebene

Auf die allgemeine Frage, in welcher Weise sich Gemeindeautonomie und kommunale Handlungsspielräume im modernen Staat verändern, kann man angesichts der stark divergierenden Entwicklungen verschiedener Länder keine einheitliche Antwort finden (vgl. Häussermann 1991). Eine gewisse Klärung ergibt sich allerdings, wenn man "Recht", "Finanzen" und "Organisation" als drei Dimensionen öffentlichen Handelns voneinander unterscheidet.  Wenig umstritten ist, dass auf der rechtlichen Ebene in den letzten Jahrzehnten fast überall erhebliche Zentralisierungen stattgefunden haben, die zu einer Einengung kommunaler Jurisdiktion und einer verstärkten Subordination der Kommunalverwaltung unter überlokale Regulierungen Anlass gegeben haben.  Mit dem Konzept des "Vollzugsföderalismus" wurde bereits in den 60er-Jahren auf das Faktum hingewiesen, dass immer mehr kommunale Aktivitäten als operative Implementierungen überlokal festgelegter Weisungen, Programme und Legislationen begriffen werden müssen.

Während in ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg (und in den USA vor allem seit der Johnson-Administration) nationalstaatliche Regulierungen im Vordergrund standen, scheint sich das Schwergewicht heute - zumindest im Bereich der Europäischen Union - immer mehr auf supranationale Rechtssetzungen zu verschieben. Insbesondere werden die Maastrichter Verträge eine verstärkte staats- und verwaltungsrechtliche Einbindung der Gemeinden unter das Europarecht mit sich bringen, indem sie den Kommunen beispielsweise vorschreiben, ihre Submissionsaufträge öffentlich auszuschreiben und den wohnhaften Ausländern ein politisches Mitspracherecht zu gewähren. Auf der finanziellen Ebene finden sich demgegenüber keine einheitlichen Trends.
Während sich die staatliche Kontrolle über die Gemeindebudgets in Kanada und Grossbritannien seit 1980 erheblich verschärft hat, hat sie sich in Frankreich und in den USA im selben Zeitraum eher verringert (vgl. Pickvance/Prêteceille 1991: 48).[
6]

In der Schweiz hat sich bei der Prozentaufteilung der öffentlichen Finanzausgaben seit 1950 vor allem eine Verlagerung von der Bundes- zur Kantonsebene vollzogen, während der Gemeindeanteil praktisch stabil geblieben ist, bzw. im Verhältnis zu den Kantonsausgaben sank (vgl. Schindler 1992; Ladner 1991: 194). Die Vermutung liegt nahe, dass in der Schweiz viele Leistungen, die in anderen Ländern an die Städte und Gemeinden übertragen werden, von den Kantonen wahrgenommen werden müssen, da viele Gemeinden zu klein und zu strukturschwach sind, um sich damit zu befassen. Es wäre allerdings sehr kurzsichtig, das Finanzvolumen der öffentlichen Haushalte als validen Indikator für das Ausmass kommunaler Autonomie zu betrachten.  Denn es gilt zu beachten, dass die Gemeindeausgaben in zunehmendem Masse

  1. gesetzlich gebunden sind und deshalb - abgesehen von gewissen Spielräumen des "Ermessens" - keinerlei Handlungsautonomie implizieren,

  2. aus zweckgebundenen Bundes- oder Kantonssubventionen bestritten werden, die normalerweise mit diversen Auflagen und Kontrollen einherzugehen pflegen.

So haben Gould und Zarkish in ihrer komparativen Untersuchung westlicher Staaten nachgewiesen, dass sich das Wachstum der kommunalen Budgets vor allem aus der Zunahme zentralstaatlicher Subventionszahlungen erklärt (vgl. Gould/Zarkish 1986). Für die dritte, personell-organisatorische Dimension staatlicher Aktivitäten hingegen lässt sich am ehesten behaupten, dass sich in den meisten westlichen Ländern seit dem Ende des zweiten Weltkriegs eine Verlagerung vom nationalen Niveau auf infranationale (u.a. kommunale) Ebenen vollzogen habe, die parallel zur generellen Erhöhung der Staatsquote verlief (vgl. Sharpe 1988).

Während das generelle Wachstum öffentlicher Ausgaben seit 1975 stark abgenommen hat, hat diese Umlagerung auf niedrigeren Ebenen zumindest bis in die 80er Jahre hinein angehalten (vgl. Sharpe 1988).  In seiner Untersuchung über die Bundesrepublik Deutschland ist Grunow zum Ergebnis gelangt, dass das Gemeindepersonal zwischen 1960 und 1985 um jährlich ca. 2% angewachsen ist und damit eine erheblich stärkere Expansion als das Bundespersonal erfuhr (vgl. Grunow 1988: 102ff.). Im Vergleich zur Bundes- und Länderebene sind die kommunalen Verwaltungsrollen häufiger dadurch charakterisiert, dass sie als Teilzeitstellen angeboten werden und damit flexiblere und "frauengerechtere" Beschäftigungschancen bieten (Grunow 1988: ebenda).

In der Schweiz hat sich - analog zum Budgetwachstum - die grösste Beschäftigungsexpansion seit 1950 wiederum auf der Ebene der Kantone vollzogen, die insbesondere den stark anwachsenden, personalintensiven Bereichen des Bildungs- und Gesundheitswesens die Hauptlast tragen. Die Gemeinden haben ihren Prozentanteil immerhin halten können, obwohl so viele von ihnen viel zu klein sind, um überhaupt - geschweige denn in grösserem Umfang - vollamtliches Personal zu finanzieren (vgl. Ladner 1991: 195). Momentan - und in absehbare Zukunft - trägt der kontinuierliche Personalabbau in grossen nationalen Anstalten und Institutionen (Militärdepartement, Post und Bundesbahn etc.) erheblich dazu bei, das relative Gewicht der Bundesebene zugunsten des Kantons- und Gemeindeniveaus zu verringern.

Aus organisationstheoretischer Sicht sind es vor allem zwei Gründe, die für diese zunehmende Verlagerung der öffentlichen Vollzugsorganisation auf subnationale Niveaus im allgemeinen und auf die kommunale Ebene im besonderen verantwortlich sind.

Eine erste Ursache besteht darin, dass auf der Ebene kleinformatiger lokaler Subsysteme am ehesten jene Bedingungen dichter Interaktion, Koordination und Sozialkontrolle bestehen, wie sie für den Aufbau leistungsfähiger (und gleichzeitig flexibler) Organisationsstrukturen notwendig sind (vgl. Geser 1994). Dies gilt besonders dann, wenn aufgrund der Komplexität und Variabilität der anfallenden Aufgaben intensive Koordinationsprozesse und Kommunikationsabläufe nötig sind, wenn eine feine Adaptation des Vollzugsverhaltens an unterschiedliche individuelle oder lokale Situationsbedingungen und Bedürfnislagen erforderlich ist, und/oder wenn es gilt, kurzfristig auf unerwartete und dringliche Problemfälle (z.B. Feuersbrünste oder Kriminaldelikte) zu reagieren.  So haben insbesondere die mit dem Phänomen der "Politikverflechtung" befassten Forschungen zum Ergebnis geführt, dass der Zentralstaat im Zuge der Expansion seiner eigenen Aktivitäten immer stärker von Informationen über die Umwelt abhängig wird, die nur von peripheren Subsystemen, die direkt "mit der Realität in Fühlung sind" zur Verfügung gestellt werden und auf Aktionskapazitäten angewiesen ist, die nur innerhalb kleinformatiger Subsysteme realisiert werden können, weil es darauf ankommt, partikuläre lokale Problemlagen differenziert wahrzunehmen und auf unerwartete neue Ereignisse und Entwicklungen flexibel und speditiv zu reagieren (vgl. z.B. Scharpf et. al 1976; Wollmann 1986 u.a.).
In praktisch allen gesellschaftlichen Institutionen zeigt sich deshalb: Je mehr "Organisation" gebildet wird und je leistungsfähiger sie ausgestaltet wird, desto eher wird ein sehr grosser Teil davon auf niedrige Ebenen verlagert.
Im Bereich der öffentlichen Sozialfürsorge stellt man beispielsweise fest, dass die jüngsten Entwicklungen in der Drogenszene überhaupt nur den kommunalen Stellen - die direkte Berührung damit haben - bekannt sind und man aus diesem Grund die Gemeinden mit den notwendigen personellen und organisatorischen Mitteln ausstatten muss, um auf eigene Initiative tätig zu werden. Ebenso ist evident, dass die sozialen Problemlagen aufgrund der zunehmenden Individualisierung der Bedürfnisse, Biographieverläufe und Lebenssituationen immer verschiedenartiger und unvergleichbarer werden, so dass nur sehr dezentralisierte Fürsorgestellen in der Lage sind, "vor Ort" über die zu treffenden Massnahmen zu entscheiden (vgl. Geser 1991).
Im Lichte dieser Überlegungen wird beispielsweise der paradoxe Befund von Elander/Stig besser verständlich, dass Schweden im Zuge des Ausbaus seines völlig zentralstaatlich konzipierten und gesteuerten Wohlfahrtsstaats eine devolutive Entwicklung erfahren hat, die von einer immer stärkeren Inanspruchnahme der Gemeinden als Träger administrativer Vollzugsaktivitäten gekennzeichnet war (vgl. Elander/Stig 1991)[
7]. Charakteristischerweise hat Schweden in diesem Zusammenhang eine drastische, auf die Beseitigung strukturschwacher Kleingemeinden ausgerichtete Gebietsreform durchgeführt, um die Kommunen in die Lage zu versetzen, ihre anspruchsvollen wohlfahrtsstaatlichen Funktionen (z.B. im Bereich des sozialen Wohnungsbaus) zu erfüllen. Ähnliches gilt für Dänemark, wo die Gemeinden nicht weniger als 70 Prozent aller öffentlichen Ausgaben verwalten (vgl. Goldsmith 1992: 11).

Ein zweiter, ebenfalls äusserst allgemeiner Grund für administrative Dezentralisierung entsteht aus ihrer Fähigkeit, als vermittelndes Bindeglied zwischen umfassenden Institutionen und dem Einzelindividuum zu wirken. Grosse überlokale Sozialsysteme sind im allgemeinen nicht in der Lage, mit eigenen Mitteln dafür zu sorgen, dass ihre individuellen Mitglieder bereit sind, dem Zentrum ein hinreichendes Mass an Loyalität und Leistungsbereitschaft entgegenzubringen und seine Entscheidungen als legitim anzuerkennen. Vielmehr pflegen sie sich zumindest partiell auf die Integrations-, Motivierungs- und Legitimationskapazitäten ihrer Subeinheiten abzustützen - eine parasitäre Abhängigkeit, die mit zunehmendem Aktivitätsvolumen der Gesamtsystemebene in der Regel sehr stark wächst. Viele Bürger zahlen beispielsweise ihrem Staat nur deshalb bereitwillig Steuern, weil sie diesen Staat auf regionalem oder kommunalem Niveau als gut geordnetes Gemeinwesen erfahren, an dessen Gestaltung sie sich selber aktiv mitbeteiligen können. Je höher die geforderten Steuern (bzw. je problematischer die damit getätigten Ausgaben), desto mehr wird sich ein Staat von dieser "Basislegitimation" auf der Ebene der Regionen und Gemeinden abhängig machen, also von einem Integrationsfaktor, den er nicht selber planmässig erzeugen und aufrechterhalten kann.
In diesem Zusammenhang ist beispielsweise die Argumentation von Prêteceille von Bedeutung, der im Falle von Frankreich die "Krise des Wohlfahrtsstaats" für die in der Regierungszeit von Mitterand vorangeschrittenen Dezentralisierungstendenzen verantwortlich macht.  Prêteceille stellt fest, dass die traditionell-zentralistischen Strukturen während der ganzen Zeit, wo das generelle Wachstum der Wirtschaft und des Wohlfahrtsstaats angehalten hat, unangefochten aufrechterhalten blieben. Der Zentralstaat konnte so die Legitimationsgewinne einheimsen, die mit der Gewährung von immer mehr wohlfahrtsstaatlichen Leistungen verbunden waren. Die Rezessionsphase der 70er Jahre, die zu Stagnation, ja sogar Abbau sozialstaatlicher Leistungen nötigte, hat dann aus zwei Gründen eine Verlagerung administrativer Kompetenzen auf substaatliche Niveaus begünstigt:

  1. Durch Delegation von Aufgaben konnte sich z.B. im Sozialbereich das nationale Zentrum von unerwünschten Zurechnungen der Verantwortlichkeit entlasten. Die fiskalischen Lasten ebenso wie die Zwänge zum Kürzen von Leistungen wurden verstärkt den Gemeinden zugeschoben, in der nicht unrealistischen Erwartung, dass diese dank ihrer "Bürgernähe" besser als der Zentralstaat in der Lage seien, derart unpopuläre Massnahmen zu treffen (und dafür öffentliches Verständnis zu finden).

  2. Mit der Verlagerung auf die Gemeinden war eine materielle Verbilligung der Vollzugsarbeit verbunden, weil es vermehrt möglich wurde, sie an ehrenamtlich tätige Personen zu übertragen (Prêteceille 1988).

Drittens wäre wohl noch anzufügen, dass mit der Kommunalisierung von Verwaltungstätigkeiten meist ein "wohltuender" Verlust an öffentlicher Transparenz und Kontrollierbarkeit verbunden ist, weil sie sich dann grossenteils in der Informalität kleinformatiger sozialer Beziehungsnetzwerke vollziehen. Denn wenn es einerseits unvermeidlich ist, dass vergleichbare Fälle in verschiedenen Gemeinden höchst unterschiedlich (und in Kleingemeinden häufig mit einem eklatanten Mangel an Kompetenz) behandelt werden, werden solche Mängel meist dennoch nicht zu einem öffentlichen Problem, weil es angesichts ihrer geringen Sichtbarkeit schwierig ist, sie objektiv festzustellen. Und selbst bei ihrer zweifelsfreien Feststellung würde sich kaum Bedeutsames ändern, weil der Zentralstaat nicht über hinreichende Kontrollmechanismen verfügt, um auf das operative Verhalten jeder einzelnen Gemeinde steuernd oder korrigierend Einfluss zu nehmen.

 

3. Die erhöhte Bedeutung der Gemeindeebene als Experimentierfeld für politische und administrative Innovationen

Wann immer eine Kirche sich in Pfarreien, eine Unternehmung in Betriebsstätten, eine Schule in Unterrichtsklassen oder ein Staat sich in Gemeinden gliedert - in jedem Fall handelt es sich um denselben Modus segmentärer Subdifferenzierung, der dem überlokalen System einerseits Kontrollverluste, andererseits aber verschiedene Funktionsgewinne beschert. Einer dieser Vorteile besteht darin, dass das Gesamtsystem die Möglichkeit erhält, seine lokalen Subeinheiten als endogene Quelle seiner Dynamik und evolutiven Fortentwicklung zu benutzen. Dies deshalb, weil sich diese Subsysteme als Experimentierfelder anbieten, in denen mit geringem Aufwand (und wenig Risiko für das Gesamtsystem) verschiedenste Innovationen generiert und ausgetestet werden können, die im Bewährungsfall sich dann auf andere Subeinheiten ausbreiten und/oder auf höherem Niveau verfestigt werden können.  Im Sinne der Evolutionstheorie konstituieren die Subsysteme also den "variety pool" latenter Alternativen, während den überlokalen Instanzen die Aufgabe zukommt, sie zu selegieren und stabil zu verankern (vgl. z.B. Campbell 1965).

Die Bedingungen für solch evolutive Prozesse sind dann optimal wenn

  1. die Subsysteme unter sehr verschiedenen Bedingungen (ihrer Umwelt, Mitgliederstruktur usw.) operieren: so dass wahrscheinlich wird, dass sie verschiedenen Problemkonstellationen begegnen und unterschiedlichste Lösungen dafür entwickeln;
  2. das Gesamtsystem seinen Subeinheiten genügend Freiraum lässt, um eigene Wege zu beschreiten (bzw. sie sogar dazu ermutigt und dabei unterstützt);
  3. gut ausgebaute horizontale und vertikale Beobachtungs- und Kommunikationsmechanismen etabliert sind, die gewährleisten, dass positive und negative Testergebnisse adäquat und ohne Zeitverzug wahrgenommen werden.

Selbstverständlich ist damit zu rechnen, dass die Subsysteme verstärkt in dieser Weise in Anspruch genommen werden, wenn neuartige komplexe Probleme auftreten, für deren Lösung keine bewährten Verfahrensweisen verfügbar sind. Mit dem Rückgriff auf endogene Lösungsvarianten versetzt sich das Gesamtsystem dann in die Lage, auch in solch schwierigen Situationen relativ autonom zu handeln (anstatt sich beispielsweise am Verhalten anderer Systeme zu orientieren). In solchen Fällen kann es sich für das System lohnen, sich (via Dezentralisierung) stärker von seinen internen Subsystemen abhängig zu machen, um dafür seine externe Unabhängigkeit besser zu bewahren.

In der Stadt- und Gemeindesoziologie ist bereits seit längerem immer wieder auf diese Pionierrolle kommunaler Kleinsysteme hingewiesen worden. So ist es im historischen Rückblick evident, dass sowohl die griechischen Stadtstaaten wie auch die autonomen Städte des Mittelalters und der Renaissance als eigentliche "Laboratorien" gedient haben, in denen zahlreiche folgenreiche politisch-administrative Neuerungen (z.B. Demokratie, Diplomatie, konfessionelle Toleranz, innerparteiliche Konkordanz u.a.) ihren genetischen Ursprung hatten (vgl. z.B. Geser 1993: 44ff.).[8]  In jüngerer Zeit ist auffallend, dass man auf kommunaler Ebene früher als auf nationalen Niveaus gelernt hat, beispielsweise mit spontanen Bürgerinitiativgruppen umzugehen, die "Grünen" in die politische Mitverantwortung einzubeziehen oder beim Umgang mit Drogensüchtigen zu innovativen Neulösungen vorzudringen. Lothar Rolke bezeichnet die Gemeinden als "Experimentierbaustellen", in denen zukünftige Lösungen für verschiedenste gesamtgesellschaftliche Probleme erarbeitet werden (Rolke 1985); und Martin Jänicke sieht - noch pathetischer - in den Kommunen den Ort, "wo die Entscheidungsschlachten der Zukunft in nahezu allen Politikbereichen toben" (Jänicke 1991). In eine ähnliche Richtung weist die Grauhan'sche Vorstellung einer zukünftig zu erwartenden "Kommunalisierung des Staates", die diametral mit dem bisher viel üblicheren Denkmodell einer "Verstaatlichung der Gemeinde" kontrastiert. Sie impliziert, dass auf Gemeindeebene zukunftsweisende Formen eines bürgernahen "Dienstleistungsstaat" entstanden sind, die nun langsam in überlokale Ebenen vordringen, wo bisher noch der hoheitlich agierende "Polizeistaat" vorherrschend war (Grauhan 1978). [9]

Vor allem im neuen Bereich der Umweltpolitik finden die Schweizer Gemeinden momentan ein faszinierendes Feld zur Erprobung neuer Regeln. Techniken, Verfahrensweisen und Organisationsformen, die darauf ausgerichtet sind, auf das ökologische Verhalten privater Bürger, Gruppen, Unternehmungen oder der öffentlichen Organe selbst Einfluss zu nehmen. Da praktisch alle Bereiche des Verwaltungshandelns auch Auswirkungen auf die Umwelt haben, handelt es sich bei der Umweltpolitik um eine typische "Querschnittthematik", die z.B. dazu führen kann, dass man den Umgang mit Büromaterialien, die Anfahrwege der Bediensteten, die Renovation von Schulhäusern und viele andere Aktivitäten unter ökologischen Gesichtspunkten reguliert. In diesem Sinne ist beispielsweise in der neuen Submissionsordnung der Stadt Zürich festgelegt, dass bei der Ausführung eines Auftrags auf "möglichst kurze Transportwege" geachtet werden solle (was de facto wohl eine Vergabe an ortsansässige Bewerber begünstigt). [10]  Illnau-Effretikon (ZH) möchte bauwillige Unternehmen anlocken indem sie ihnen während der ersten 10 Jahre erlaubt, ihre Gemeindesteuern vom Baurechtszins abzuziehen. [11] Verschiedene Gemeinden geben die Velovignette gratis ab, um Autofahrer zum Umsteigen aufs Fahrrad zu ermutigen. [12]  In Flawil (SG) beispielsweise werden neu erstellte Häuser anhand einer 35 Punkte umfassenden Liste bewertet und ganzheitlich danach beurteilt, in welchem Umfang sie verschiedenste ökologische Richtwerte (z.B. hinsichtlich Wärmedämmung, Schallisolation, Solarzellen, Kompostplatz, Abluftwerte der Heizung, Kinderspielplätze, Art der Baumaterialien, Gestaltung der Grünflächen usw.) erfüllen. Wer ein ausserordentlich umweltverträgliches Projekt realisiert hat, wird dadurch belohnt, dass ihm bis zu zwei Drittel der Abwasser-Anschlussgebühren erlassen werden. [13]  Die Realisierung von Umweltpolitik erfordert typischerweise eine äusserst vielseitige Beurteilung von Häusern, wie sie am besten durch eine wenig ausdifferenzierte Kommunalverwaltung stattfinden kann.
Kantonale Behörden tendieren demgegenüber infolge ihrer höheren funktionalen Ausdifferenzierung von Ämtern dazu, einzelne Spezialaspekte getrennt zu erfassen, ohne sie zu einem Gesamturteil zusammenzufassen. [
14] Gerade die Kleinheit und funktionale Undifferenziertheit typischer kommunaler Verwaltungen erweist sich als günstige Voraussetzung, um ganzheitliche umweltpolitische Orientierungen zum Tragen zu bringen: also z.B. innerhalb desselben Bewertungsverfahrens sowohl die Qualität der Wärmeisolation wie die Grösse der Kinderspielplätze in Rechnung zu ziehen.  Relativ selten geschieht es, dass eine Gemeinde ihre eigenen Erfahrungen kodifiziert, um sie anderen Gemeinden zu vermitteln. So hat die Stadt Adliswil einen Pilotversuch für die umweltgerechte Einigung von Schulhäusern durchgeführt und die Ergebnisse in einer 65-seitigen Broschüre zusammengefasst.

Aber auch in vielen anderen Vollzugsfeldern konfrontieren sich die Gemeinden mit ungelösten Problemen, die auf Kantons- und Bundesebene (noch) nicht auf der Behördenagenda stehen. So sind einige Städte dazu übergegangen, Selbstverteidigungskurse für Frauen zu subventionieren, bevor irgendein Kanton eine derartige Massnahme erwog [15] . Und der Berner Stadtrat hat mit seinem - vom Volk allerdings zurückgewiesenen - Versuch, für die Besetzung der kommunalen Legislative Geschlechterquoten einzuführen, sogar für ganz Europa Neuland beschritten. Im Hinblick auf die politische Integration von Ausländern haben vor allem Westschweizer Gemeinden in den letzten Jahren Pionierarbeit geleistet. So werden beispielsweise im kommunalen Konsultativorgan der Stadt Lausanne 13 von 42 Sitze an Delegierte von Ausländervereinigungen vergeben. [16] Im Bereich der Kriminalopferhilfe hat die Stadt Solothurn als erste Schweizer Gemeinde ein Reglement erlassen - und damit in einen weitab von der üblichen Kommunalpolitik liegenden Vollzugsbereich eingegriffen, wo aufgrund der staatsrechtlichen Kompetenzordnung kantonale oder bundesrechtliche Bestimmungen notwendig wären. [17]

Dank der grossen Zahl und Variationsbreite der Gemeinden werden Innovationen insofern begünstigt, als es wahrscheinlich ist, dass selbst relativ wenig populäre (z.B. von links-grünen oder feministischen Bewegungen propagierte) Neuerungen zumindest in einigen von ihnen eine politische Mehrheit finden. Es wäre angezeigt, die Wirksamkeit dieser Massnahmen wissenschaftlich zu untersuchen, um daraus zu lernen, welche von ihnen anderen Gemeinden empfohlen werden können oder in der Gesetzgebung auf Kantons- und Bundesebene verankert werden sollen. Häufig werden die Gemeinden auch vom Kanton als Experimentierfelder benutzt, um die Akzeptanz und Folgewirkungen bisher unerprobter Neuerungen (z.B. der Fünftagewoche an Volksschulen) auszutesten. Das hat dann den Vorteil, dass man sich bei Entscheidungen über eine weitreichendere Implementierung solcher Neuerungen (z.B. auf Kantons- und Bundesebene) bereits auf konkrete praktische Erfahrungen auf kommunalem Niveau abstützen kann. Angesichts der geringen juristischen Kompetenz vieler Gemeindebehörden (und a fortiori der Einwohnerversammlung, falls diese darüber entscheidet) ist es nicht erstaunlich, dass manch gutgemeinte Beschlüsse dicht am Rand (oder gar jenseits der Grenze) des rechtsstaatlich Vertretbaren liegen und einer höheren gerichtlichen Überprüfung - die aber sehr oft unterbleibt - kaum standhalten dürften. In Kriens (LU) beispielsweise hat eine überparteiliche Gruppe in einer Petition an den Grossen Rat gefordert, den Gemeinden die Kompetenz zu geben, "umweltbewusst lebenden Personen" einen Ökobonus in Form von Steuerabzügen zu gewähren. [18]  In einem Postulat des St. Galler Gemeinderats wurde die Forderung erhoben, nichtrauchenden Angestellten zukünftig grössere Lohnerhöhungen zu gewähren. [19]

Bedenkenswert - aber auch bedenklich - wirkt die, unterdessen wieder aufgegebene, Praxis in der Gemeinde Hombrechtikon, der abnehmenden Stimm- und Wahlbeteiligung durch eine (natürlich mit öffentlichen Steuermitteln finanzierte) Lottoaktion entgegenzuwirken. Am Ende des Jahres wurden alle abgegebenen Stimmrechtsausweise verlost, um die Gewinner von Mountain-Bikes, Skiplauschaufenthalten sowie Steuergutschriften(!) zu bestimmen. [20]  Je vielfältiger und rascher die sozio-politischen Wandlungsprozesse, desto mehr wächst insbesondere den Städten die Rolle zu, als Versuchs- und Experimentierfelder zu dienen. Umso wichtiger wird es demnach, ihnen die dafür erforderliche Autonomie zu gewähren.

 

4. Die zunehmende vertikale Einbettung der Gemeinden in überlokale Ebenen der Politik und Verwaltung

4.1 Einleitung

In der Gegenläufigkeit von rechtlicher Zentralisierung und organisatorischer Dezentralisierung zeigt sich eine sehr generelle Entwicklungstendenz moderner Staaten, die als "komplementäre Ausdifferenzierung der Systemebenen" bezeichnet werden kann.
Diese Komplementarität scheint darin zu bestehen, dass sich die umfassenderen Systemniveaus sich zunehmend auf die "weicheren" Funktionen der Rechtssetzung, Planung, Koordination, Beratung etc. spezialisieren, während die Bereitstellung der materiellen Realisationsapparaturen nach wie vor den dezentralen Kommunaleinheiten überlassen bleibt:
"Die Praxis scheint auch in der BRD die Vermutungen amerikanischer Forscher zu bestätigen, dass es in vielen Infrastrukturbereichen nicht erforderlich ist, die Produktion des Kollektivgutes übergemeindlich zu erstellen, sondern dass es genügt, wenn die Versorgungskonzeption (Software) übergemeindlich normiert wird. So hat z.B. der Umlandverband Frankfurt darauf verzichtet, die Abwasserkläranlagen, Wasserbeschaffungsanlagen und Freizeitanlagen selbst zu verwalten, sondern entwickelte dafür übergemeindliche Handlungskonzepte und beschränkt sich auf Beratungs- und Clearingsfunktionen (Fürst 1991: 96).

Im Lichte dieser theoretischen Argumentation wäre es völlig abwegig, in der zunehmenden "Aufrüstung" der Gemeinden mit öffentlichen Betriebsstätten, Entsorgungsanlagen, Feuerwehrgeräten oder Schullehrmitteln Anzeichen für eine neue Stärkung der Gemeindeautonomie zu erblicken.
Vielmehr ist zu beachten, wie sehr diese ins Auge springenden lokalen Personalbestände, Organisationsstrukturen und technischen Gerätschaften einer immer dichteren Einbettung in weniger auffällige überlokale Steuerungen und Einflussverhältnisse unterliegen, zu denen neben formellen staatlichen Legislationen, Verordnungen und Weisungen auch kaum sichtbare informelle Interventionen, Konsultationen und Diffusionsvorgänge (aus dem nationalen und internationalen Raum) gehören.[
21]

Mit dem Konzept der "Politikverflechtung" wird der Regularität Rechnung getragen, dass immer mehr Vollzugsprozesse den Charakter vielschichtiger Prozesse tragen, an deren Initiierung, Strukturierung, Planung, Finanzierung u.a. sich mehrere Ebenen des Staates (bzw. mehrere Gemeinden im Rahmen von "Zweckverbänden" oder anderen Assoziierungsformen) mitbeteiligen (vgl. z.B. Scharpf et. al 1976, Cigler 1990: 47ff.). Demgegenüber sind nur noch sehr wenige Bereiche (z.B. gewisse kulturelle Aktivitäten oder Vermögenstransaktionen) übrig geblieben, in denen die Gemeinde völlig unabhängig von formalen Regeln und Weisungen überlokaler Ebenen handelt (vgl. Moor 1987). In operationalen Termini dürfte sich diese Entwicklung darin zeigen, dass Beamte und Behördemitglieder häufiger mit Rollenträgern oder Amtsstellen in anderen Gemeinden oder auf Kantonsebene Kontakte pflegen und kooperieren, Verhandlungen führen oder gemeinsame Vorgehensweisen konzipieren.  Vieles spricht dafür, dass Gemeinden mit gut ausgebauter Berufsverwaltung (bzw. vollamtlichem Gemeindepräsidenten) eine höhere externe Interaktionskapazität als reine Milizgemeinden aufweisen und deshalb - ceteris paribus - stärker dazu neigen, sich nicht bloss formal, sondern auf der Ebene intensiver faktischer Interaktion in derartige Zusammenhänge zu integrieren.

Aus verschiedenen Gründen sehen sich Gemeinden auch genötigt, ihre politisch-administrative Binnenorganisation stärker aneinander anzugleichen und bei der Behandlung derselben Probleme in identischer Weise zu verfahren. Beispielsweise wirkt der Kanton homogenisierend, indem er im Gemeindegesetz spezifischere Festlegungen über die kommunale Binnenorganisation trifft (vgl. z.B. Geser 1981: 274ff.) oder die Kommunen zur Einhaltung standardisierter Finanzplanungs- und Buchführungsusanzen verpflichtet. Und seitens der Öffentlichkeit wächst die Einsicht, dass ungleiche Auslegungs- und Anwendungspraktiken derselben Gesetze nicht zur lobenswerten Vielfalt des Schweizerischen Föderalismus beitragen, sondern nach Möglichkeit eliminiert werden sollten.

Schliesslich finden in bisher unbekanntem Ausmass Diffusionsprozesse von modellhaften Organisationsformen statt, die auch ohne Intervention überlokaler Autoritäten zu einer faktischen Angleichung kommunaler Behörden- und Verwaltungsstrukturen führen: z.B. wenn es "modisch" wird, überall einen "Energieberater" oder eine "Frauenanlaufstelle" zu etablieren, die Kompetenzen der Bürgerversammlung zurückzubinden oder dem Gemeindeschreiber Ombudsmann-Funktionen zuzuweisen.  Die folgenden Ausführungen über Wandlungen in der kommunalen Finanz-, Verkehrs- und Umweltpolitik sollen exemplarisch vorführen, auf welche komplexe - und teilweise widersprüchliche - Weise sich die Stellung der Gemeinden als Folge ihrer zunehmenden Integration in überlokale Systemzusammenhänge verändert.
 

4.2 Die wachsende überlokale Einbindung der kommunalen Finanzausgaben

Der Spielraum der Schweizer Gemeinden für die Budgetgestaltung ist infolge des zunehmenden Gewichts gesetzlich fixierter Ausgabenposten immer enger geworden.  Mindestens 80% des Budgets einer typischen Gemeinde sind heute "gebundene Ausgaben", die aufgrund überlokaler Bestimmungen von Bund, Kanton oder Zweckverbänden getätigt werden müssen (vgl. Bischof 1994: 7). Infolge des Ausbaus der Bildungs- und Wohlfahrtseinrichtungen sind die kommunalen Ausgaben besonders stark von demographischen Gegebenheiten wie der Altersstruktur der Bevölkerung abhängig geworden.
So werden die Bildungsausgaben (infolge der kantonalen Festlegungen der Klassengrösse und Lehrerbesoldungen) ziemlich unmittelbar durch die Zahl der schulpflichtigen Kinder bestimmt, und die Sozialausgaben - als zweitgrösste Ausgabenkategorie - werden in erster Linie durch die Zahl der Rentner (als Empfänger von Ergänzungsleistungen zur AHV, Beihilfen, SPITEX-Leistungen etc.) determiniert. [
22]

Vor allem die kleineren Gemeinden erfahren das Problem, dass den rigide vorprogrammierten Ausgaben relativ unstabile - z.B. durch den Wegzug eines einzigen "guten Steuerzahlers" merklich beeinflusste - Einnahmen gegenüberstehen. Deshalb sind sie besonders stark auf ein gut ausgebautes kantonales Finanzausgleichssystem angewiesen.[23]  Angesichts ihrer schwierigen Budgetsituation haben sich viele Kantone in den letzten Jahren gezwungen gesehen, die Gemeinden stärker zu finanziellen Leistungen heranzuziehen.  Häufig vollziehen sich solche Umlagerungen nun aber in Bereichen, wo derselbe Kanton den Gemeinden rigide Ausgabenvorschriften auferlegt: z.B. wenn er sie zwingt, einen höheren Prozentanteil der AHV-Ergänzungsleistungen oder der Lehrerbesoldungskosten zu übernehmen. [24]  Das Dilemma der überlokalen Instanzen in Zeiten knapper Finanzmittel besteht also darin, dass sie einerseits das Ausgabengebaren der Gemeinden nach wie vor stark normieren möchten, andererseits aber weniger bereit sind, die Gemeinden dementsprechend zu subventionieren. Als Folge davon erfahren die Gemeinden einen besonders schmerzhaften Eingriff in ihre finanzielle Autonomie, weil sie gezwungen sind, die Mehrausgaben durch entsprechende Einsparungen in anderen, "freiwilligen" Aufgabenbereichen zu kompensieren.
Natürlich trifft dies vor allem die ärmeren Gemeinden, die aufgrund ihrer frugalen Ausgabenpolitik praktisch keinen Spielraum für derartige Umlagerungen besitzen. Konsistenter wäre es, den Gemeinden in jenen Bereichen, in denen sie mehr zahlen müssen, auch wieder mehr Autonomie zuzugestehen, um ihnen die Chance zu geben, in eigener Regie Einsparungen vorzunehmen. Dann aber müsste Abschied genommen werden vom Ziel, im gesamten Kanton beispielsweise einheitliche Besoldungsverhältnisse oder homogene Fürsorgeleistungen zu realisieren.

Im Vergleich zur überaus starken Einbindung in die Kantons- und Bundesebene sind restringierende Einflüsse des internationalen Rechts auf die Gemeindefinanzen bisher eher punktuell und unbedeutend geblieben. So mussten die Waadtländer Zivilstandsbeamten bei Inkrafttreten des neuen Bundesgesetzes über das internationale Privatrecht (BGIPR) hohe Einkommenseinbussen in Kauf nehmen, weil das Gesetz verbietet, bei standesamtliche Trauungen von Ausländern zusätzliche Gebühren zu verlangen. [25]

Am Beispiel der überlokalen Einbindung der Gemeindefinanzen lässt sich nun aber sehr gut die von Scharpf et. al vertretene These illustrieren, dass vertikale Politikverflechtungen keineswegs nur Verluste an Autonomie zur Folge haben, sondern durchaus auch neue Autonomiechancen eröffnen.  Dies ist vor allem dann der Fall, wenn Kanton und Bund kommunale Projekte subventionieren und die Gemeinden dadurch in die Lage versetzen, mit einer eigenen "Startsumme" eventuell ein Mehrfaches an überlokalen Finanzmitteln für ihre Zwecke zu mobilisieren (und zumindest partiell selbständig zu verwalten).  Wenn eine Gemeinde beispielsweise Beschäftigungsprogramme für Arbeitslose durchführt, kann sie mit relativ wenig Eigenmitteln erhebliche Kantons- und Bundeszuwendungen auslösen und in doppelter Weise für ihre Bedürfnisse nutzbar machen:

  1. indem sie Fürsorgemittel zur Unterstützung von Langzeitarbeitslosen einspart (bzw. gar von den so beschäftigten Einkommenssteuern bezieht);

  2. indem sie Arbeiten verrichten lässt, die für die Gemeinde Nutzen bringen.[26]

So waren fünf kooperierende Gemeinden des rechten Zürichseeufers 1995 in der Lage, durch einen bescheidenen Mitteleinsatz von Fr. 62'000 den zwanzigfachen(!) Betrag an Kantons- und Bundessubventionen (Fr. 1.37 Mio ) auszulösen. Das Arrangement war umso lukrativer, als die Administration der Arbeitsprogramme von den Landeskirchen übernommen wurde.[27]  Es ist offensichtlich, dass häufig nur grössere Gemeinden über die nötige Planungs- und Organisationsfähigkeit zur alleinigen Konzipierung und operativen Durchführung derartiger Programme verfügen.  Kleingemeinden können diese attraktiven Ressourcen meist nur in enger interkommunaler Kooperation erschliessen d.h., sie müssen auf der einen Seite Autonomie opfern, um auf der anderen Seite mehr finanzielle Handlungsspielräume zu gewinnen.
 

4.3 Die komplexen Verflechtungsstrukturen im öffentlichen Verkehr

Im Bereich des öffentlichen Verkehrs hat sich in den letzten 30 Jahren sowohl in baulicher wie betrieblicher Hinsicht ein spektakulärer Expansionsprozess vollzogen. So hat sich der Prozentsatz der Berufspendler, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln (anstatt mit dem eigenen Auto oder Motorrad) zur täglichen Arbeit fahren, in praktisch allen Agglomerationen der Schweiz seit 1980 signifikant erhöht. Gleichzeitig haben attraktivere regionale Verkehrsangebote dazu beigetragen, den geographischen Berufspendlerradius erheblich zu erweitern: mit der Folge, dass auch bisher isolierte Landgemeinden in den Agglomerationsverkehr einbezogen wurden. [28] Im Zuge dieses Leistungsausbaus sind bis heute mehr als 20 besonders komplexe interorganisationelle "Verbundsysteme" entstanden, an denen neben Gemeinden und Kantonen typischerweise auch Bundesregiebetriebe (SBB, PTT), sowie gemischtwirtschaftliche und private Unternehmungen mitbeteiligt sind. In der Region Solothurn beispielsweise sind nicht weniger als 65 Gemeinden und in der Agglomeration Zürich gar sechs Kantone in derartige Strukturen integriert. [29] Solche Verbundorganisationen müssen als neue politisch-administrative Akteure "sui generis" betrachtet werden, die sich quer zur klassischen Territorialstruktur unseres Staates konstituieren und aufgrund ihrer Vereinigung von öffentlichen und privaten Instanzen eine zwischen Verwaltungs- und Privatrecht schwebende juristische Hybridstellung einnehmen.

Für die Gemeinden stellt sich zunehmend das Problem, ihre Interessen in diesen Verbänden (bzw. ihnen gegenüber) wirkungsvoll zur Geltung zu bringen, um ein möglichst günstiges Verhältnis zwischen eigenen Finanzleistungen und örtlichem Verkehrsangebot zu realisieren.  Derartige überlokale Interessenseinbindungen sorgen dafür, dass Gemeinden in früher nicht bekanntem Masse gezwungen sind, einerseits miteinander zu einem Modus Vivendi zu gelangen und andererseits auch in Kompetition zueinander ein möglichst erfolgreiches Lobbying zu betreiben. [30]  Dies kontrastiert mit der traditionellen früheren Situation, wo die Gemeinden separat mit dem Kanton Umgang hatten und im übrigen auf ihre eigenen Angelegenheiten bezogen waren.

In ähnlicher Weise müssen sie sich beispielsweise mit der PTT auseinandersetzen, wenn die Schliessung der lokalen Poststelle droht, oder mit der SBB im Hinblick auf den Neubau des örtlichen Bahnhofs ein Einvernehmen erzielen.  Dies geschieht in Verhandlungsprozessen, die politisch relativ weitab von demokratischer Bürgermitsprache stattfinden und sich rechtlich in einem eher unnormierten Raum vollziehen, weil die Gemeinde meist keine formell festgelegte Ansprüche (auf Anhörung, Mitsprache u.a.) geltend machen kann. So wird es für die Gemeinden wichtig, Exekutivmitglieder zu wählen, die sich einerseits als durchsetzungsfähige Verhandler bewähren und andererseits gegenüber den Meinungen und Forderungen der Bürger innerhalb ihrer Gemeinde ein offenes Ohr besitzen.

Generell liegt das Interesse der Gemeinde darin, der überlokalen Handlungslogik dieser grossen Organisationen ihre lokalen Anliegen gegenüberzustellen: etwa das Interesse, dass eine Poststelle selbst bei völlig fehlender Rentabilität aufrechterhalten bleibt oder dass bei der Erstellung von Bauten auf das lokale Ortsbild Rücksicht genommen wird.  In den Verhandlungen mit diesen potenten Organisationen befinden sich vor allem kleinere Gemeinden in einer grundsätzlich schwachen, rechtlich ungesicherten Situation. Dementsprechend hängen die Erfolge davon ab, dass die Gemeinde diesen Unternehmen Vergünstigungen anbietet oder gar die anfallenden Bau- und Betriebskosten selber übernimmt. So hat sich z.B. die Gemeinde Altendorf (SZ) bereit erklärt, die Hälfte des Lohnes ihrer Stationsbeamten zu berappen, um die SBB von der Absicht abzubringen, den örtlichen Bahnhof zu einer unbedienten Haltestelle zu "degradieren". [31]  Ähnliches Neuland haben die Behörden von Ramlinsburg (BL) beschritten, indem sie 1993 von der PTT die Konzession erwirkten, in eigener Regie eine Poststelle zu führen - verbunden mit der Verpflichtung, selber ein Postlokal zu stellen und für das entsprechende Personal zu sorgen. [32]

Derartige Beispiele machen deutlich, dass intensivere Beziehungen zu überlokalen Politikebenen und Institutionen mannigfache neue Handlungsspielräume und Einflusschancen mit sich führen, deren Ausnützung allerdings stark von den Ressourcen der Gemeinde und vom taktischen Geschick ihrer Behördevertreter abhängig bleibt. Paradoxerweise kann gerade die zunehmende Zahl und Potenz solcher überlokaler Akteure zur Folge haben, dass die Gemeinden auf dem für sie neuen "aussenpolitischem Parkett" zunehmende Autonomiechancen gewinnen. Beispielsweise können sie ihre Abhängigkeit von kantonalen Subventionszahlungen (und damit verbundenen Auflagen und Kontrollen) reduzieren, wenn sie Zugang zu Bundesmitteln oder - z.B. nach einem EU-Beitritt - gar zu übernationalen Geldtöpfen gewinnen. [33]

 

4.4 Die Kollision lokaler und überlokaler Interessen im Umwelt- und Heimatschutz

Eine eminente politische Problematik entsteht für die Gemeinden heute daraus, dass sich unter ihren angestammten Kompetenzen ausgerechnet einige Sachbereiche befinden, von denen man heute stärker als früher der Meinung ist, dass die Entscheidungen nicht so sehr unter der Perspektive direkt Betroffener, sondern im Lichte allgemeinerer Wertgesichtspunkte getroffen werden sollen. In besonderem Masse gilt dies für Fragen des Heimat- und Naturschutzes, wo den Gemeinden sehr viel stärker als früher zugemutet wird, sich als verantwortliche Bewahrer allgemein hochgeschätzter Güter zu verstehen.  Die Abwägung, ob ein historisches Wohnhaus vor Abbruch geschützt werden soll, stellt heute eine extrem komplexe Entscheidung dar, die nicht bloss unter Berücksichtigung der Rechtslage sondern unter Zuhilfenahme verschiedenster Erwägungen (architektonische "Bedeutung", Vergleich mit anderen, ähnlichen Bauten, heutiger Zeitgeist usw.) getroffen werden kann.  Auch die Erhaltung eines Biotops oder Freihaltung einer bevorzugten Aussichtslage werden in wachsendem Masse als Gegenstände des öffentlichen Interesses betrachtet, über die nach allgemeiner Ansicht nicht (bzw. nicht vorrangig) aus der engen Perspektive unmittelbarer "Anstösser" entschieden werden sollte.  In der Umweltschutzgesetzgebung wird solchen Mitentscheidungsansprüchen Aussenstehender beispielsweise immer stärker durch das sogenannte "Verbandsbeschwerderecht" Rechnung getragen, das neben den aus subjektiver Betroffenheit zur Klage legitimierten Anstössern auch überlokalen Natur- und Heimatschutzverbände in die Lage versetzt, den Rechtsweg zu beschreiten.

Solche Interessen der Allgemeinheit treten immer deutlich in ein Spannungsverhältnis zu den Interessen der von Bauten unmittelbar betroffenen Einwohner, die vielleicht bestrebt sind, ihr Land möglichst gewinnbringend zu verkaufen oder (vor allem wenn sie - wie die Bezirke - Steuerautonomie besitzen) durch Erweiterung von Industriezonen mehr Steuereinnahmen zu sichern.  Bei grösseren Privatüberbauungen oder öffentlichen Projekten entsteht oft lange andauernde Unsicherheit, weil abgewartet werden muss, ob kantonale (bzw. gar nationale) Umweltschutzverbände oder Heimatschutzkommissionen Einsprache erheben oder ob sie irgendeine kantonale "Verträglichkeitsprüfung" erfolgreich bestehen. Über kantonale Kommissionen oder landesweite Verbände sind heute die städtischen Mittelschichtbevölkerungen bestrebt, sich ein für Sonntagswanderungen und andere "umweltkonsumierende" Freizeitaktivitäten angenehmes Umland zu erhalten, traditionellen Landkommunen oder Kleinstädten das Cachet eines Freilichtmuseums (ohne Eintrittsgebühr) zuzuweisen und darüber hinaus auch viel allgemeinere idealistische Konservierungsinteressen (z.B. des Artenschutzes und der Denkmalpflege) durchzusetzen.  So hat beispielsweise der Aargauer Bund für Naturschutz bei der Kantonsregierung durchgesetzt, dass die Gemeinden für das Teeren jedes Flurweges um eine kantonale Bewilligung nachsuchen müssen. [34]  Auch bei Neubau- und Umbauprojekten sind solche Verbände zunehmend bestrebt, dem partikulären Denken lokaler Bauherren und Gemeindebehörden mittels Einsprachen ihre generelleren Wertungen und Beurteilungen entgegenzusetzen. Zunehmend werden sie deshalb als "Störefriede" wahrgenommen, die den ohnehin komplexen Baubewilligungsprozess zusätzlich verzögern und mit ökonomisch schwerwiegenden Risiken belasten. [35]

Konflikte sind vorprogrammiert, insofern die Gemeinde es ungerecht findet, selber die vollen Kosten für solche, im Lichte überlokaler Interessen vorgenommenen Schutzbemühungen zu tragen. So vermag eine Bündner oder Walliser Gemeinde nur mit Mühe zu akzeptieren, dass die ganze Schweiz an der Entwicklung ihres Ortsbild Anteil (und an Verschandelungen entsprechenden Anstoss) nimmt, während diese selben Gemeinden und Regionen in der Vergangenheit niemals den Wunsch und die Gelegenheit hatten, auf vielleicht viel krassere Umweltzerstörungen früh entwickelter Mittellandgemeinden Einfluss zu nehmen.  Immer häufiger wird in Zukunft wohl der Fall eintreten, dass man Gemeinden dafür bezahlen muss, dass sie die Entwicklungs- und Wachstumshemmnisse (und übrigen Kosten) hinnehmen, die mit der Bewahrung ihrer Natur und Bausubstanz verbunden ist.

Generell nimmt vor allem im Bau- und Planungsbereich die Häufigkeit von Entscheidungen zu, in denen überlokale und lokale Interessengesichtspunkte in Konflikt zueinander treten. Eine typische Konfliktlage besteht zum Beispiel darin, dass der Kanton im Interesse des ungehinderten überlokalen Verkehrs einen "maximalistischen" Ausbau gewisser Strassen durchsetzen möchte, während die dadurch betroffene Gemeinde für eine "minimale" Lösung plädiert, weil sie möglichst wenig zusätzliches Land opfern will und weil sie zusätzlichen Verkehr sowie eine Zunahme an Lärm und Fahrgeschwindigkeit befürchtet.  Umgekehrt beschweren sich ländliche, struktur- und finanzschwach gebliebene Gemeinden über eine ungerechtfertigte "Ballenbergisierung", wenn sie im kantonalen Richtplan nicht als Entwicklungsgebiete vorgesehen sind. [36]  Auch dort, wo sie weder rechtliche Zwangsmittel noch finanzielle Lenkungsmassnahmen (Subventionen) zur Verfügung haben, kann es den überlokalen Instanzen gelingen, auf das Verhalten der Gemeinden zumindest im orientierenden und motivierenden Sinne Einfluss zu nehmen. [37]  Ein Beispiel dafür bietet der Kanton Zürich, wo Amtsstellen der Kantonalverwaltung in Kooperation mit Naturschutzverbänden die Gemeindebehörden durch Kursangebote, Orientierungsveranstaltungen oder schriftliche Anleitungen beispielsweise dazu anregen, in Kooperation mit ihrer Bevölkerung wertvolle Biotope zu regenerieren oder eine ökologisch optimale Heckenpflege und Obstbaumbepflanzung zu betreiben.  Durch derartige - wahrhaft "subsidiäre" - Hilfestellungen mag es in einem gewissen Umfang gelingen, auf nationaler oder gar internationaler Ebene erarbeitete Naturschutzkonzepte in den Gemeinden zur Geltung zu bringen, ohne dass eine formelle Einschränkung der kommunalen Autonomie erforderlich wäre.  Dabei ist zu vermuten, dass die privaten Verbände ihre Wertgesichtspunkte und Expertisen vor allem in den kleineren Kantonen gut zum Tragen bringen können, während sie in den grösseren genötigt sind, ihren Einfluss mit gut dotierten kantonalen Verwaltungsstellen oder professionell besetzten kantonalen Kommissionen zu teilen.

 

4.5 "Politische Planung" als neue Quelle kommunaler Autonomie und binnenkommunaler Politisierung

In der Theorie der "Politikverflechtung" wird postuliert, dass vor allem aus der Zunahme staatlicher Planungsaktivitäten auf kommunaler Ebene neue Entscheidungsfelder und autonome Handlungsspielräume entstehen, die zu einem erhöhten "Politisierungsgrad" in der Gemeinde beitragen können.

Die Gründe dafür liegen darin, dass

  1. jede Art von staatlicher Planung eine Erweiterung des Gesamtvolumens aller Fragen mit sich bringt, die überhaupt Gegenstand politischer Entscheidungen sind (indem z.B. bereits in der Gegenwart über zukünftige Aktivitäten entschieden wird);

  2. normalerweise nur ein kleiner Teil dieser zusätzlichen Entscheidungen von den zentralstaatlichen Instanzen getroffen werden kann, weil diese nicht über die erforderliche Information verfügen (vgl. z.B. Häussermann 1991; Holtmann 1991). Diese Delegation auf infrastaatlichen Ebenen ist umso zwingender, je mehr es bei der Realisierung der Planungen nötig ist, auf partikulare lokale Gegebenheiten (und Empfindlichkeiten der Bevölkerung) Rücksicht zu nehmen (vgl. Wollmann 1986).

Mit anderen Worten: während der Staat bei der Zentralisierung klassischer Verwaltungstätigkeiten die Autonomie der Gemeinden einschränkt, indem er sie zur exakten Ausführung konkreter Regeln und Weisungen zwingt, kann er sie im Zuge zentraler Planungen umgekehrt erweitern, indem er die Gemeinden zur Produktion zusätzlicher eigenständiger Entscheidungen in Bereichen nötigt, in denen sie bisher vielleicht überhaupt nicht tätig waren.  Ein gutes Illustrationsbeispiel dafür bietet die Raumplanung, wo die Gemeinden von Kanton und Bund zur Erarbeitung von Bodennutzungs-, Überbauungs- und Grünraumplanungen aufgefordert wurden und dadurch genötigt waren, ihre internen Fähigkeiten zur politischen Diskussion und Konsensfindung auf neue Belastungsproben zu stellen. Vor allem die Zonenplanung hat vielerorts eine wahre Pandorabüchse von politischen Kontroversen eröffnet, weil die Gemeinden mit der Kompetenz zur Zonenausscheidung ein - mit dem Recht auf Einkommensbesteuerung vergleichbares - Interventionsinstrument gewonnen haben, um tiefgreifend auf die Vermögensverhältnisse ihrer Bürger Einfluss zu nehmen.

Generell erhalten die politischen Gemeindeorgane durch die überlokalen Rahmengesetzgebungen Flankenschutz, mit dessen Hilfe es ihnen gelingt,

  • öffentlichen Allgemeininteressen gegenüber partikulären Privatinteressen stärkere Nachachtung zu verschaffen;

  • innerhalb eines durch klare "Leitplanken" gesicherten Spielraums ungehindert ihre eigenen konkreten Vollzugsmassnahmen zu treffen[38]

So unterliegen die Gemeinden gleichläufig mit dem Ausbau zentralstaatlicher Planungen und Programme einer wachsenden "induzierten Politisierung": z.B. wenn sie dazu aufgefordert werden, in bestimmten Bereichen planend und ordnend tätig zu werden, oder wenn ihnen Vollzugskompetenzen zugeordnet werden, die einen relativ hohen Ermessensspielraum beinhalten.  In diesem Sinne haben z.B. Haldemann et. al. in ihrer Vergleichsstudie über die Umwelt- und Verkehrspolitik in den Agglomerationen Lausanne und Zürich festgestellt, dass die unbestrittene Zentralisierung des Umweltschutzrechts bei Bund und Kantonen keineswegs von einer generellen Abnahme der Gemeindeautonomie begleitet war, da den Gemeinden dank neuer Massnahmen und Programme und dank der stärkeren Dezentralisierung des Vollzugspersonals gewisse zusätzliche Gestaltungsspielräume zugewachsen sind.

 

5. Der Wechsel von passiv-defensiven zu aktiv-offensiven Strategien kommunaler Selbstbehauptung

Generell scheint die zunehmende vertikale Verflechtung mit überlokalen Ebenen zu bewirken, dass die Gemeinden keineswegs bloss als administrative Vollzugsorgane, sondern auch als "echte" politische Entscheidungsakteure immer mehr in die umfassenderen Zusammenhänge staatlichen Handelns einbezogen werden: so dass ihre Abhängigkeiten und Autonomiespielräume gleichsinnig zunehmen und es immer unmöglicher wird, zwischen "grosser Politik" und "reiner Gemeindepolitik" säuberlich zu unterscheiden. Dies impliziert vor allem, dass die Gemeinden nicht nur als Träger zuverlässiger und kompetenter Verwaltungsorganisation, sondern auch in zwei anderen Hinsichten zunehmend gefordert werden:

  1. als politische Gemeinwesen, die in der Lage sind, in einer immer grösseren Spannweite kontroverser politischer Fragen interne öffentliche Diskussionen stattfinden zu lassen und allgemeine akzeptierte verbindliche Entscheidungen zu treffen;

  2. als Akteure, die fähig sind in den immer komplexeren überlokalen Beziehungsfeldern zu agieren und - sei es durch Ausspielen von Machtresourcen, Überzeugungskraft oder taktisches Geschick - ihre Interessen zur Geltung zu bringen.

Mit anderen Worten: die Autonomiestellung von Gemeinden bemisst sich heute immer weniger an ihrem Vermögen, sich rein defensiv gegen Interventionen überlokaler Akteure zur Wehr zu setzen, sondern immer mehr an ihrer Kapazität, sich offensiv (d.h. durch intensive Partizipation) in der Beziehung zu solchen Akteuren zu behaupten.[39]  Dieser Wechsel von passiven zu aktiveren Strategien kommunaler Selbstbehauptung hat allerdings zur Folge, dass die Gemeinden ihre Einflussstellung nicht mehr formell gesichert haben, sondern sie einem komplexen und unberechenbaren Kräftefeld verschiedener Faktoren (z.B. dem "Durchsetzungsvermögen" ihrer Behördemitglieder oder dem "Entgegenkommen" überlokaler Entscheidungsträger) überantworten müssen. I

m Zuge dieser Entwicklung können sich vor allem die kleineren Gemeinden zur verstärkten Bündelung ihrer Kräfte und zur Ausgestaltung spezieller Strategien und Organen "kommunaler Aussenpolitik" gezwungen sehen, um auf überlokaler Ebene mit mehr Kompetenz und Wirksamkeit zu agieren.  So stellt man momentan in verschiedenen Kantonen die Gründung neuer oder die Reaktivierung bestehender Gemeindevereinen fest, die alle primär das Ziel haben, im vertikalen Verflechtungsgefüge öffentlicher Rechtssetzung, Organisation und Finanzen den kommunalen Interessen und Forderungen mehr Nachachtung zu verschaffen.  So ist es beispielsweise dem Luzernischen Gemeindeammännerverband 1994 gelungen, 106 von 107 in Gemeinden in die Aktion "Luzerner Gemeinden mit Zukunft" einzubeziehen, die das Ziel hat, die kommunale Autonomie kollektiv gegen den wachsenden kantonalen Zentralismus zu verteidigen. [40]  Im selben Kanton haben sich bereits zwei Jahre zuvor acht Gemeinden zur "Regionalkonferenz Umweltschutz" zusammengeschlossen, um gegenüber dem Kanton als "gewichtigerer Gesprächspartner" aufzutreten. [41]  Im Kanton Basel-Land hat der Verband der Gemeindepräsidenten Vorschläge erarbeitet, um die zentralistische Struktur des Kantons aufzulockern und den Gemeinden wieder vermehrt Autonomie zurückzugeben. [42]  Die Bernischen Gemeinden haben an ihrer Verbandstagung 1993 eine Resolution verabschiedet, indem sie vom Kanton fordern, stärker in den Meinungsbildungsprozess zur Sanierung der Kantonsfinanzen einbezogen zu werden. [43]  Im Herbst 1994 haben sie mit grossem Erfolg gegen einen Sparplan des Kantons, der verschiedene Kostenabwälzungen auf die kommunale Ebene vorgesehen hat, opponiert; denn auf ihr Betreiben hin wurden die meisten Vorhaben, die ihnen erhebliche finanzielle Mehrbelastungen gebracht hätten, aus dem Konzept gestrichen. [44]

Eine besondere Problematik stellt sich bei den Städten, die in besonderer Weise disponiert sind, ihre inneren politisch-administrativen Aktivitäten sehr eng mit überlokalen Ebenen zu verknüpfen. Anders als die zahlreichen Kleingemeinden sind die grossen Städte potente Akteure im schweizerischen politischen System, die einerseits über viele Ressourcen verfügen, andererseits aber auch sehr wichtige gesellschaftliche Probleme (Drogensucht, neue Armut, Luftverschmutzung, Verkehrsprobleme, Kriminalität) zu bewältigen haben. Die Lösung dieser gesamtgesellschaftlich relevanten Probleme hängt wesentlich von den Verwaltungskapazitäten und öffentlichen Einrichtungen der Städte ab, auch wenn Kanton und Bund sich wesentlich an der Gesetzgebung (oder auch an der finanziellen Subventionierung) mitbeteiligen. Diese Bedeutung der Städte steht in einem eklatanten Missverhältnis zum Tatbestand, dass sie staatsrechtlich denselben Status reduzierter politischer Autonomie wie jede unbedeutende ländliche Kleingemeinde besitzen, und dass es - abgesehen vom Städteverband - keine formalisierten Strukturen gibt, mittels derer sie ihren Einfluss auf die Bundespolitik geltend machen könnten. Ganz im Gegenteil ist die nationale Legislative (insb. der Ständerat) durch ein Übergewicht nichtstädtischer Volksrepräsentanten charakterisiert.

Paradoxerweise sehen sich die Städte trotz ihrer Grösse in ihrer Autonomie oft stärker als kleinere Gemeinden bedroht,

  1. weil sie mit besonders komplexen Problemen (z.B. im Sozial- und Verkehrsbereich) belastet sind, die nicht ohne sehr weitgehende externe Hilfestellungen lösbar sind;

  2. weil sie infolge der Schwierigkeit politischer Konsensfindung oft Aspekte der "Unregierbarkeit" aufweisen und den Kanton dadurch zu Ersatzvornahmen oder anderen Eingriffen zwingen. [45]

Bisher gibt es nur wenig Bestrebungen, dieses formelle Einflussdefizit der Städte zu verringern. So hat beispielsweise eine Gruppe von Westschweizer Kantons- und Stadtpolitikern den Vorschlag gemacht, den Städten durch Gründung eines "Staatssekretariats" sowie durch Änderung der Vertretungsregeln im Ständerat mehr politische Geltung auf Bundesebene zu verschaffen. [46]

 

6. Schlussfolgerungen

Die Frage, ob die "Gemeindeautonomie" im Zu- oder Abnehmen begriffen sei, greift deshalb zu kurz, weil die zentralen Veränderungen im Verhältnis zwischen den politischen Ebenen gerade dahin gehen, dass der Begriff "Autonomie" immer weniger gut anwendbar wird.
Denn jedes Sprechen von "Autonomie" impliziert, dass ein System eine defensive, auf isolationistische Minimisierung der Interaktion ausgehende Form der Selbstbehauptung betreibt, deren Erfolg sich in seiner Fähigkeit bemisst, von äusseren Interventionen unbehelligt zu bleiben, bzw. solche Eingriffe abzuwehren.
Jedes Festhalten an solch segregativen Strategien (des "Alleingangs") muss heute unweigerlich zu einer sehr pessimistischen Sicht der aktuellen und zukünftigen Entwicklungen führen, weil die überall voranschreitenden Verflechtungen einseitig nur unter negativem Vorzeichen (der Autonomiebedrohung) wahrgenommen werden.
Zu völlig anderen Beurteilungen gelangt man hingegen, wenn man den Paradigmawechsel zu einer offensiven Definition kommunaler Selbstbehauptung vollzieht, bei der die neuen Interdependenzen als Chancen wahrgenommen werden, um Neues zu lernen, zusätzliche Ressourcen zu gewinnen, seine eigenen Ideen weiterzuverbreiten oder auf andere Akteure Einfluss auszuüben.

Wie jeder ganz grundsätzliche Wechsel von Sichtweisen und Zielsetzungen stösst auch dieser auf vielerlei Widerstände: insbesondere deshalb, weil zum Teil völlig neue systeminterne Strukturen und Verfahrensweisen erforderlich sind, um diese neuen Selbstbehauptungschancen optimal auszuschöpfen.  So ist es beispielsweise evident, dass die Chancen, die mit der erfolgreichen Teilnahme an externen Interaktionsfeldern verbunden sind, einseitig jenen Akteuren zuwachsen, die besonders gut in der Lage sind, nach aussen hin einheitlich aufzutreten und schlagkräftig zu agieren.
Im Vergleich zum "Autonomiezeitalter" wird es für die Gemeinden im "Partizipationszeitalter" also sehr viel entscheidender, ob sie in der Lage sind, endogen rasch über vielerlei Dinge Konsens zu erzeugen und ihre Führungspersonen mit jenem Mass an Autorität auszustatten, das für erfolgreiches starkes Agieren in externen Einflussfeldern die Voraussetzung bildet. So mögen manche grossen Städte über relativ wenig Einfluss verfügen, weil sie zwar umfangreiche Ressourcen in die Waagschale werfen können, andererseits aber aus Gründen interner Heterogenität und "Unregierbarkeit" oft nicht in der Lage sind, sich nach aussen konsistent zu repräsentieren und zu artikulieren.

Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich aus den - oft Angst einflössenden - Verlusten an Sicherheit, die mit dem Zugewinn der neuen Chancen untrennbar verbunden sind. Konnte "politische Autonomie" noch relativ statisch und substanzialistisch als eine Art "Bestand" aufgefasst werden, der - ähnlich wie der Besitz an Territorium oder an Geldvermögen - ein Gefühl dauerhafter garantierter Sicherheit erzeugte, so geht es bei der neuen, partizipativen Form der Selbstbehauptung bloss um "Chancen", deren Realisierung immer sowohl vom eigenen aktiven Handeln (z.B. vom taktischen Geschick in der Verhandlungsführung) sowie vom unkalkulierbaren Handeln und Reagieren der andern Interaktionspartner abhängig bleibt.

Genauso wie Staaten im Zeitalter zunehmender transnationaler Interdependenzen, sehen sich heute auch die Gemeinden zunehmend genötigt, vom geschützten Hafen "garantierter Autonomie" ins offene Meer interaktiver Lern-, Tausch- und Einflussbeziehungen hinauszusegeln und ihre systeminternen Verhältnisse derart zu redefinieren, dass sie mit den Partizipationsanforderungen in den heterogenen und variablen Interaktionsfeldern sowie mit den stark gestiegenen Fluktuationen und Ungewissheiten ihrer Umwelt besser vereinbar sind.

 

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Anmerkungen

1 Zitiert aus: Beyer/Brinckmann 1990: 61.

2 vgl. z.B. "Warum die Gemeinden millionenfach besser sind" (Berner Zeitung, 19.4.1995: 27).

3 Im Zuge dieser Entwicklung ist man z.B. im Kanton Zürich wieder vermehrt dazu übergegangen, Kleinstschulen mit Mehrjahrgangsklassen einzurichten.

4 vgl. dazu: "Dorf- und Quartierläden werden wieder wichtiger" (Tages Anzeiger 23.3.1995: 73).

5 BGE 93 I 160; ferner BGE 94 I 65 und BGE 96 I 152f.

6 Es fällt auf, dass Ronald Reagan und Margret Thatcher in ihrer Kommunalpolitik völlig entgegengesetzte Wege beschritten, obwohl sie in zahlreichen anderen politischen Sachfragen übereinstimmende Positionen vertreten haben. Auch hier wird sichtbar, in welch hohem Masse die Einstellungen zur Gemeindeautonomie von der ideologischen "Links-Rechts-Polarisierung" unabhängig sind. 

7 Noch weitergehend behaupten dieselben Autoren, dass der Erfolg des "Schwedischen Modells" nur auf der Basis eines bereits vorgängig existierenden (patriarchalischen) "Gemeindesozialismus" möglich geworden sei.

8 In den meisten dieser Fälle war erst in einer späteren historischen Phase ein territorial umfassendes politisches System verfügbar, das diese Innovationen aufgenommen und in seinem Jurisdiktionsbereich flächendeckend verankert hat. Man denke in diesem Zusammenhang vor allem an den Modellcharakter der antiken Stadtrepubliken bei jenen politischen Philosophen, die - wie z.B. Montesquieu - auf die Gestaltung des modernen liberalen Rechtsstaats einen nachhaltigen Einfluss hatten.

9 vgl. dazu auch Bullmann 1991: 72ff.).

10 vgl. "Traktandum" 12, 1993: Nr. 7: 19.

11 vgl. "Traktandum" 9, 1990: Nr. 5: 3.

12 vgl. "Traktandum", 9, 1990: Nr. 1: 4.

13 vgl. "Traktandum" 13, 1994: Nr. 6: 18.

14 vgl. "Traktandum" 11, 1992: Nr. 4: 14.

15 vgl. "Traktandum" 9, 1990: Nr. 1: 16.

16 vgl. "Traktandum" 10, 1990: Nr. 6: 17.

17 vgl. "Traktandum" 9, 1990: Nr. 1: 21.

18 vgl. "Traktandum" 9, 1990: Nr. 4: 6.

19 vgl. "Traktandum" 9, 1990: Nr. 4: 16.

20 vgl. "Traktandum" 10, 1991: Nr. 2: 18f.

21 Eine durchaus parallele Entwicklung vollzieht sich momentan im internationalen System, wo das Anwachsen nationalstaatlich kontrollierter Organisationsstrukturen und materieller Gerätschaften (z.B. Waffenbestände) auch nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass sich die Staaten tendenziell immer stärker in "internationale Regime" einfügen, die Entscheidungen internationaler Gerichtshöfe respektieren und sich von fluiden Kommunikationsvorgängen und Deklarationen internationaler Organisationen beeinflussen lassen (vgl. Geser 1993; Ruloff 1988).

22 vgl. "Neues Modell für den Finanzausgleich im Kanton" (Neue Zürcher Zeitung, 18.11.1992: 53).

23 Dementsprechend ist es für kleine Gemeinden besonders bedeutsam, ob sie einem wohlhabenden oder relativ armen Kanton angehören. So braucht bei spielsweise die Gemeinde Menzingen (ZG) praktisch keine Auswirkungen ihrer geringen endogenen Steuerkraft zu verspüren, da sie über den kantonalen Finanzausgleich mehr Geld als von den eigenen Steuerzahlern erhält.

24 vgl. "Bürgerliche Gemeindepolitiker wehren sich gegen das Sparpaket "Effort" (Tages Anzeiger 12.12.1995: 19).

25 vgl. "Traktandum" 11, 4, 1992: 17.

26 So z.B. im Falle von Münchenstein BL: "Mit Unterstützung der Arbeitslosenkassen von Bund und Kanton wurden in Münchenstein bisher 17 Programme durchgeführt. Die Palette reicht von der Entsorgung einer Mülldeponie über Schulmöbel-Reparaturen bis hin zur Erstellung eines Wasseranschluss-Katasters für die Ortsfeuerwehr" (vgl. "Traktandum" 12, 7, 1993: 12). 

27 Allerdings muss das Arbeitsamt dann überwachen, dass diese subventionierten Arbeitslosen nicht zur Erfüllung "ordentlicher Gemeindeaufgaben" missbraucht werden (vgl. "Beschäftigungsprogramm für Arbeitslose", Zürichsee-Zeitung 1.2.1995: 21).

28 vgl. "Traktandum" 13, 1994: Nr.2: 15.

29 vgl. "Traktandum" 12, 1993: Nr. 4: 14.

30 vgl. "Gemeinden empfinden ob dem Kostenverteiler zwiespältige Gefühle" (Berner Zeitung, 25.3.1995: 25).

31 vgl. "Traktandum" 10, 1991: Nr. 1: 17.

32 vgl. "Traktandum" 12, 1993: Nr. 7: 20.

33 Wie eine reiche Historische zeigt, hängt der Autonomiestatus der Gemeinden immer davon ab, dass die überlokalen Instanzen nicht eine einheitliche Front bilden, sondern in einem eher kompetitiven oder konfliktiven Verhältnis zueinander stehen. So hat beispielsweise auch die Autonomie der mittelalterlichen Städte nicht zuletzt darauf beruht, dass es ihnen gelungen ist, die Feudalherrschaften Papst und Kaiser gegeneinander auszuspielen (vgl .z.B. Clark 1974).

34 vgl. "Traktandum" 12, 1993: Nr. 1: 20.

35 vgl. "Zwischen Deregulierung und baulicher Qualität" (Tages Anzeiger 8.4.1995: 17).

36 So z.B. die Freiämter Gemeinden im Kanton Aargau (vgl. "Aargau will Zentren stärken - jetzt stieben die Funken", Tages Anzeiger 17.2.1995: 11).

37 vgl. "Neuer Schwung in den Naturschutz" )Tages Anzeiger, 7. April 1995: 25).

38 In diesem Sinne erlassen Gemeinden beispielsweise "Grünraumplanungen", indem sie selbständig festlegen, welche Territorien dafür freigehalten werden sollen und welche Arten der Grüngestaltung (Hecken, Hochstammbäume, Magerwiesen u.a.) mit welchen öffentlichen Beiträgen bedacht werden sollen (so z.B. in Frauenfeld: vgl. "Traktandum" 13, 1994: Nr. 6: 20).

39 In analoger Weise liesse sich von den Mitgliedstaaten der EU sagen, dass sie durch Partizipation auf supranationaler Ebene wettmachen (oder sogar überkompensieren) können, was ihnen an originärer "Souveränität" abhanden gekommen ist. Auch hier bewirkt dieser Wechsel von defensiven zu offensiven Selbstbehauptungsstrategien, dass prozessuale Faktoren der Taktik und Persuasion, aber auch zugeschriebene Machtfaktoren der Staaten, an Bedeutung gewinnen.

40 vgl. Bischof, Kurt "Handeln statt Jammern" (Traktandum-Magazin 3/1994: 7).

41 vgl. "Traktandum" 11, 3, 1992: 19.

42 vgl. "Traktandum" 13, 1994: Nr. 3: 19.

43 vgl. "Traktandum" 12, 3, 1993: 19.

44 vgl. "Sparpaket trifft Gemeinden und Personal" (Berner Zeitung 14.10.1994: 29).

45 So musste sich z.B. die Stadt Bern im Frühjahr 1995 von der Kantonsregierung einen bestimmten Steuerfuss aufzwingen lassen, weil sie nicht in der Lage war, ihre Budgetsituation in endogenen politischen Prozessen zu bereinigen. Und in der Stadt Zürich hat der Regierungsrat im Mai 1995 eine vom Kanton verordnete Bau- und Zonenordnung in Kraft gesetzt, weil die von der Stadt erlassene Verordnung hunderte von Beschwerden ausgelöst hat und deshalb auf unabsehbare Zeit nicht in Kraft gesetzt werden konnte. 

46 vgl. "Traktandum" 13, 1994: Nr. 3: 19.

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  aktualisiert am 25.08.2014