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Gemeinden und ihre Infrastrukturaufgaben: Belastung, Leistungsgrenzen und Ueberforderung im kommunalen Infrastrukturbereich Ein Beitrag im Rahmen des Nationalfondsprojektes
Zürich, Januar 1997 Inhalt Die kommunalen Aufgaben im Infrastrukturbereich haben seit den 50er Jahre im Zuge gesellschaftlicher Veränderungen drastisch zugenommen. Im gleichen Mass sind auch die Anforderungen an die Gemeinden gestiegen. Welche Gemeinden sind durch die Infrastrukturaufgaben stark belastet und welche stossen an ihre Leistungsgrenzen? Letztlich ist es das Ziel dieses Berichtes, die Gemeinden zu eruieren, die durch die Erstellung ihrer Infrastruktur überfordert sind.
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung2 kommunale Infrastruktur und gesellschaftlicher Wandel 3 Belastung der Gemeinden durch den Infrastrukturbereich 3.1 Markante Zunahme der Belastung seit 19844 Die überforderten Gemeinden 4.1 Die Aufgaben im einzelnen5 Schlussbemerkungen4.1.1 Raumplanung4.2 Determinanten der Überforderung Die Erstellung und Wartung der kommunalen Infrastrukturen stellen hohe Anforderungen an die Gemeinden. Der Infrastrukturbereich umfasst alle Aufgaben, die die materiellen Voraussetzungen für ein geregeltes Wohnen und Arbeiten der Bevölkerung schaffen. Sie schaffen den Siedlungsunterbau unserer Gesellschaft. Infrastrukturaufgaben sind in zweierlei Hinsicht eine Belastung für die Gemeinden: Zum einen erforden sie eine starke Verwaltung. Kommunale Angestellte müssen heute über weitreichende fachliche und juristische Kenntnisse verfügen, um den gesetzlich dicht geregelten Vollzug von Aufgaben bewältigen zu können. Zum anderen steckt im Infrastrukturbereich eine hohe politische Brisanz. Nicht nur baupolitische Auseinandersetzungen werden auf diesem Feld ausgetragen, sondern auch finanz-, wirtschafts- und umweltpolitische Kämpfe erschweren die kommunale Verwaltungsarbeit drastisch. In den letzten zehn Jahren hat die Beanspruchung der Gemeinden im Infrastruktursektor eindeutig zugenommen, obwohl sich die Belastung schon anfangs der 80er Jahre auf einem hohen Niveau befand. Gründe dafür liegen in einer Ausdifferenzierung der gesetzlichen Vorschriften und in einem verschärften Verteilungskampf um Umweltressourcen hauptsächlich zwischen Interessenvertretern der Wirtschaft und im Umweltschutz engagierten sozialen Bewegungen. So gehören auch nicht zufällig neben den Finanzen und Steuern Umwelt- und Baupolitik zu den Themen, bei denen die politischen Auseinandersetzungen in den letzten zehn Jahren auf lokaler Ebene am markantesten zugenommen haben. Ziel dieses Beitrages ist, diejenigen Gemeinden herauszufiltern, die mit akuten Problemen bei einzelnen Aufgaben oder Aufgabenkomplexen im Infrastrukturbereich zu kämpfen haben. Akute Probleme heisst, dass die Belastung heute stark ist, dass sie in den letzten 10 Jahren zugenommen hat und dass die Gemeinden bei der Berwältigung an ihre Leistungsgrenzen gestossen sind. Nur die Angabe einer starken Belastung oder das Eingeständnis, die Leistungsgrenzen erreicht zu haben, muss nicht unmittelbar auf dringliche Probleme schliessen lassen. Denn auf der einen Seite können starke Belastungen mit einer kompetenten Verwaltung und Behörde durchaus bewältigt werden. Auf der anderen Seite glauben viele Gemeinden, ihre Leistungsgrenzen zwar erreicht zu haben, fühlen sich aber nicht so stark oder gar nicht belastet. Dieser Bericht gliedert sich in zwei Teile: Zuerst werden die Einschätzung des Belastungswandels, der Belastungsintensität und der Leistungsgrenzen der Behörden und der Verwaltung bei der Erfüllung der zehn Infrastrukturaufgaben analysiert. In einem zweiten Teil wird schliesslich der Versuch unternommen, die Gemeinden herauszuschälen, die mit akuten Problemen im Infrastrukturbereich zu kämpfen haben, Gemeinden mit hoher und zugenommener Belastung und erreichten Leistungsgrenzen. Bevor wir uns jedoch den Zahlen zuwenden, soll in einem ersten Kapitel die zunehmende Bedeutung des Infrastrukturbereichs für die Schweiz im allgemeinen und für die Schweizer Gemeinden im besonderen in einem kurzen historischen Abriss beschrieben werden.
2 Kommunale Infrastruktur und gesellschaftlicher Wandel Der eigentliche Beginn des Infrastrukturaufbaus in der Schweiz markiert die Zeit Ende 40er, Anfang 50er Jahre, ausgelöst durch den einsetzenden Wirtschaftsboom. Seither hat sich Umfang, Intensität und Art der Aufgaben stark gewandelt, und der Infrastrukturbereich ist im Lauf der Zeit zu einem prägenden Faktor kommunaler Entwicklung geworden. Seit den 50er Jahren hat sich die gesamte bebaute Fläche der Schweiz verdoppelt (vgl. Gabathuler u.a. 1990). In den letzten 40 Jahren ist somit gleichviel gebaut worden wie in der ganzen vorhergehenden siedlungsgeschichtlichen Zeit.Wirtschaftlicher und sozialer Wandel sind dabei für die heutige Konstellation im kommunalen Infrastrukturbereich von einschneidender Bedeutung. Seit den 50er Jahren können vier Phasen für die Entwicklung des kommunalen Infrastrukturbereichs unterschieden werden:
Daneben hatte alles Städtische den Stallgeruch des Unschweizerischen. Landläufig war die Meinung, dass das Wachstum der grossen Städte, und insbesondere von Zürich, ein Problem für den Kleinstaat und für den Föderalismus darstelle und deshalb seine Grenzen haben müsse (Blanc 1994: 80). Damit sind das real vorhandene Wachstum der Städte und ihrer Agglomerationen tabuisiert worden. Aus dieser Abwehrhaltung heraus entwickelte sich die Schweiz zu einem "Sonderfall planungspolitischer Rückständigkeit" (ebd.: 78). Das Hauptgewicht der Schwierigkeiten der Bautätigkeit lag damit auf den Schultern der Gemeinden. Denn auch auf kantonaler oder regionaler Ebene waren nur bruchstückhafte Ansätze einer übergreifenden Planung auszumachen. Planungsspezialisten, die unter den Schweizer Architekten durchaus vorhanden waren, wandten sich deshalb vermehrt Ortspla nungen zu. So verfügten einige Gemeinden schon anfangs der 50er Jahre über rechts kräftige Ortsplanungen. Grösstenteils handelte es sich um die Grossstädte und ihre schnell wachsenden Vororte.
Zum ersten Mal wurde der Boden in Bau- und Nichtbaugebiete eingeteilt, was eine weitere Zersiedelung der Landschaft verhindern sollte. Damit war der Anfang zur Schaffung eines Raumplanungsgesetzes gelegt. Nach langwierigen politischen Auseinandersetzungen während der 70er Jahre trat schliesslich am 1. Januar 1980 das Raumplanungsgesetz in Kraft.
Eine zunehmend dominantere Rolle im Spektrum der innenpolitischen Auseinandersetzungen nehmen dabei die Folgeprobleme des vorangegangenen Wachstumsprozesses ein. Bevölkerungswachstum, steigender Lebensstandard, zunehmende Mobilität sowie Konzentration und Ausbreitung von Siedlungsgebieten auf dem Hintergrund fehlender räumlicher Planung und Reglementierung haben zu einer merklichen Beeinträchtigung der Umwelt und zu einer Sensibilisierung weiter Bevölkerungskreise bei Umweltfragen geführt. Ein Indiz für die zunehmende Aktualität der Umweltproblematik ist die Entwicklung der Anzahl politischer Aktivierungen in Umweltschutzfragen (vgl. Zwicky 1993). Mit Beginn der 70er Jahre hat die Zahl der Umweltereignisse [1] sprunghaft zugenommen (vgl. Figur 1). Abgesehen von zwei kurzen Einbrüchen um 1975 (Erdölkrise) und 1987 ist die Tendenz bis Ende der 80er Jahre steigend geblieben. In der Periode von 1978 bis 1989 haben rund 40 Prozent aller politischen Aktivierungen Umweltthemen betroffen (vgl. Zwicky 1993). Dabei ist die Ebene der Gemeinde in dieser Zeitperiode von Umweltereignissen deutlich häufiger betroffen als Bund und Kanton. So betrafen beispielsweise rund zwei Drittel aller Initiativen und fakultativen Referenden einzelne Gemeinden (ebd.: 14). Figur 1: Die Entwicklung der Umweltthematik: Anzahl Umweltereignisse, nach Jahren, 1945-1989 Quelle: Zwicky (1993): Umwelt als Aktivierungsgrad [2] Diese Zahlen sind ein Indiz dafür, dass die Schweizer Gemeinden seit Beginn der 70er Jahre zusätzlich zu den Planungsproblemen mit einer zunehmend kritischen Bevölkerung konfrontiert werden, die gelernt haben, sich für ihre unmittelbaren Interessen aktiv einzusetzen. Dabei handelt es sich in ihrer Mehrheit nicht um politische Aussenseiter, sondern um Leute, die im politischen System der Schweiz integriert. Darauf deutet die Tatsache hin, dass im Umweltbe reich häufiger auf institutionelle, akzeptierte und verpflichtende Artikulationsformen (Initiativen, Referenden, Rekurse) zurückgegriffen wird als in anderen Themenbereichen (ebd.: 15). Insgesamt sind die Ansprüche an die kommunalen Verwaltungsstellen, die sich mit Infrastrukuraufgaben beschäftigen, in den 70er Jahren stark gestiegen. Nicht nur der Umstand, dass die Bevölkerung in bau- und umweltpolitischen Fragen kritischer und aktiver geworden ist, hat den Gemeinden ihre Aufgabe erschwert, sondern auch die Zunahme der Infrastrukturaufgaben an sich. Standen in den 50er Jahren in erster Linie Erschliessungsaufgaben im Zentrum kommunaler Bemühungen, haben sich nun Fragen der Ortsplanung, der Baubewilligungsverfahren, des Landschafts- und Ortsbildschutzes und des privaten und öffentlichen Verkehrs langsam in den Vordergrund geschoben.
Gleichzeitig ist in der Bauwirtschaft nach einer ruhigeren Phase Mitte der 80er Jahre ein neuer Bauboom ausgebrochen. So hat im Verlauf der 80er Jahre die Zahl der Baugesuche in nahezu 60 Prozent der befragten Gemeinden zugenommen (vgl. Tabelle 1). Die grösste Zunahme verzeichnen die mittelgrossen Gemeinden mit 500 bis 10'000 Einwohnern. Während sich in der Romandie die Gemeinden mit zu- resp. Abnahme an Baugesuchen fast die Waage halten, hat der Bauboom besonders in der Deutschschweiz seine Spuren hinterlassen, wo mehr als zwei Drittel aller kleinen Gemeinden unter 2'000 Einwohnern in den 80er Jahren eine Zunahme der Bautätigkeit zu verzeichnen haben. Tabelle 1: Wandel der Bautätigkeit 1984 -1994. Anteil Gemeinden mit gestiegener Anzahl Baugesuche nach Grösse und Sprachregionen, in Prozenten Der Bauboom der 80er Jahre unterscheidet sich aber grundsätzlich von demjenigen der 60er Jahre. War dieser geprägt durch die Ausdehnung des Siedlungsgebietes, ist das Wachstum der späten 80er Jahre vorab der stark ansteigenden Umbau- und Erneuerungstätigkeit zu verdanken. Es sind nicht unbedingt neue Nutzflächen gefragt, sondern bestehende Nutzflächen sollen qualitativ und quantitativ besser ausgeschöpft werden, um sie den aktuellen Bedürfnissen anzupassen (Gabathuler u.a. 1991: 7). Damit sind die Ansprüche an die kommunalen Verwaltungen im Bau- und Umweltbereich in den 80er Jahren noch einmal markant gestiegen. Da Umbauten in bestehenden Wohngebieten sehr konfliktträchtig sein können, müssen kommunale Bauverwaltungen heute nicht nur das Geflecht von Verordnungen und Gesetzen beherrschen und im fachspezifischen Bereich über solide Kenntnisse verfügen, sondern sie sollten darüber hinaus auch in der Lage sein bei Bedarf zwischen divergierenden Interessen als Vermittler aufzutreten. Wie haben sich diese Veränderungen auf die Bewilligungspraxis der kommunalen Baubehörden ausgewirkt? Heute bezeichnen nicht ganz 30 Prozent der Gemeinden ihre Bewilligungs praxis als grosszügig, jede vierte ist der Ansicht, dass sie das Baubewilligungsverfahren restriktiv handhabt und die Hälfte stuft sich dazwischen ein. In den letzten 10 Jahren ist das Klima jedoch wesentlich rauher geworden. 40 Prozent der Gemeinden vergeben Baubewilligungen nicht mehr so leichtfertig wie noch Mitte der 80er Jahre (vgl. Tabelle 2). Dabei haben vor allem die kleinen Gemeinden die Bremse gezogen: je geringer die Gemeindegrösse, desto restriktiver sind die Baubehörden geworden. Anfang der 80er Jahre wurden die auf das Land drängenden Städter in den kleinen Dörfern noch mit offenen Armen empfangen. Gegen Ende des Jahrzehnts waren viele dieser Dörfer schon so weit agglomerisiert, dass nicht mehr praktisch jedes eingegebene Baugesuch mehr oder weniger problemlos bewilligt wurde. Kritischer geworden sind die Bewilligungsbehörden besonders in der Romandie, aber auch in der italienischen Schweiz. Tabelle 2: Wandel der Baubewilligungspraxis 1984 -1994. Anteil Gemeinden mit grosszügigerer resp. restriktiverer Bewilligungspraxis, in Prozenten nach Grösse und Sprachregionen Die Städte waren von der Entwicklung in umgekehrter Weise betroffen. Die Folge dieser Landflucht war eine zunehmende Entleerung der Städte, und zwar nicht nur was die Wohnbe völkerung betraf, sondern auch die Firmen dislozierten ihre Arbeitsplätze in Scharen in Gemeinden mit niedrigeren Bodenpreisen. Dadurch erklärt sich auch die relativ grosszügige Bewilligungspraxis der Städte, d. h. sie ist zumindest - im Gegensatz zu den kleineren Gemeinden - im Durchschnitt nicht restriktiver geworden. Wie bereits angetönt sind die kommunalen Baubehörden heute zusätzlich vermehrt als Vermittler zwischen verschiedenen Interessengruppen gefordert. Denn der Kampf um die Nutzung des Bodens zwischen wirtschaftlichen Interessen und dem Anspruch der Wohnbevölkerung nach einer hohen Qualität des Wohn- und Freizeitraumes ist härter denn je. Ein Indiz für diese Entwicklung ist die Zunahme der umstrittenen Baugesuche (vgl. Tabelle 3). Der Anteil der Gemeinden, in denen es in mehr als 10 Prozent der Baugesuche zu Rekursen oder Einsprachen gekommen ist, war 1993 doppelt so hoch wie 1984. Umgekehrt gab es 1984 in jeder dritten Gemeinde keine Einsprache zu behandeln, 1993 jedoch nur noch in jeder vierten. Tabelle 3: Wandel der Einsprachen und Rekurse 1984 - 1993. Anteil der Baugesuche, der zu Rekursen oder Einsprachen geführt hat nach Gemeindegrösse und Sprachraum. In Klammern die Zunahme in Prozenten im Vergleich zu 1984. Der Anteil der Gemeinden, die von Einsprachen verschont bleiben, hat sich vor allem in den Gemeinden mit weniger als 2'000 Einwohnern sichtlich vermindert. In den kleinen Dörfern bis 500 Einw. ist er von 65 auf 50 Prozent zurückgegangen, in denjenigen mit 500 bis 2'000 Einw. von 27 auf 18 Prozent. Auch im Vergleich der Sprachregionen ergeben sich Unterschiede. Waren die Tessinerinnen und Tessiner 1984 wesentlich rekursfreudiger als die restliche schweizerische Bevölkerung, sind sie von der Deutschschweiz 1993 eingeholt worden. Bei mindestens jeder zwanzigsten Baueingabe einen Rekurs zu behandeln hatten in der deutsch- und italienischsprachigen Schweiz über 40 Prozent der Gemeinden, in der Romandie waren es nur knapp 30 Prozent. In diesem Spannungsverhältnis zwischen äusserem (Staat, Wirtschaft) und innerem (Bevölkerung) Druck laufen Gemeindeadministrationen zusehends Gefahr, in einen Entscheidungsnotstand zu geraten, weil sich gegensätzliche Interessengruppen blockieren und gleichzeitig übergeordnetes Recht durchgesetzt werden muss, das nicht in jedem Fall der spezifischen Situation einer Gemeinde gerecht werden kann. Kompliziert wird die Lage ausserdem dadurch, dass administrative und politische Funktionen entgegengesetzte Ansprüche stellen. Während bei den Vollzugsaufgaben Effizienz und Möglichkeiten der Kontrolle durch übergeordnete Instanzen im Vordergrund stehen, sind in politischer Hinsicht vor allem möglichst weitreichende eigene Kompetenzen von Vorteil.
3 Belastung der Gemeinden durch den Infrastrukturbereich 3.1 Markante Zunahme der Belastung seit 1984 Aufgrund der im vorherigen Kapitel beschriebenen Entwicklung der kommunalen Aufgaben im Infrastrukturbereich kann davon ausgegangen werden, dass der Druck auf die Gemeinden anfangs der 80er Jahre schon beträchtlich war. Dieser Druck hat sich in der von uns untersuchten Periode von 1984 bis 1994 noch eindeutig verschärft.Die Gemeinden, die bei den zehn Infrastrukturaufgaben eine Abnahme der Belastung zu registzrieren haben, sind in einer so starken Minderheit, dass sie praktisch vernachlässigbar sind. Nur bei der Prüfung der Baugesuche und im Bereich der öffentlichen Bauten ist ihr Anteil mit um die fünf Prozent erwähnenswert. Bei der Prüfung der Baugesuche registrieren Abnahmen einerseits grosse Gemeinden, die den Ausbau ihrer Verwaltung abgeschlossen haben und somit die Gesetzesflut beim Baubewilligungsverfahren im Griff haben und andererseits Kleingemeinden, in denen die Bautätigkeit in den letzten Jahren zumindest stark abgenommen hat. Ähnliches gilt für den Bereich der öffentlichen Bauten, der stark durch einzelne Projekte geprägt wird (Turnhallen- Schulhaus oder Gemeindehausbau) und deshalb periodisch nicht mehr aktuell ist. Dagegen gibt es praktisch keine Gemeinden, die bei der Abfallentsorgung und beim Umweltschutz eine Abnahme der Beanspruchung festgestellt haben. Der überwiegende Teil der Gemeinden hat im Infrastrukturbereich eine Zunahme der Belastung konstatiert. Nur rund 6 Prozent der Gemeinden haben bei keiner Infrastrukturaufgabe eine verstärkte Beanspruchung festgestellt. Zu dieser Gruppe zählen vorwiegend Kleingemeinden aus der italienisch- und französischsprachigen Schweiz. Dagegen haben über zwei Drittel der Gemeinden in mindestens sechs der zehn Infrastrukturaufgaben eine Zunahme der Beanspruchung festgestellt (vgl. Tabelle 4). In den mittelgrossen Gemeinden der Deutschschweiz beträgt deren Anteil nahezu 75 Prozent und in den Gemeinden der Romandie mit mehr als 2000 Einwohnern sind es sogar rund 80 Prozent. Tabelle 4: Anteil der Gemeinden, welche bei mehr als der Hälfte der Infrastrukturaufgaben eine Zunahme der Belastung verzeichnen, nach Grösse und Sprachregion Gemeinden mit einer Belastungszunahme bei mehr als der Hälfte der Infrastrukuturaufgaben finden sich überdurchschnittlich oft bei den grösseren Landgemeinden mit einem relativ hohen Anteil an industrieller oder tertiärer Erwerbsbevölkerung und im Agglomerationsgürtel mittelgrosser Zentren wie bspsw. Luzern, St. Gallen, Sion, Aarau, um nur einige zu nennen. Eine dritte Gruppe mit einer starken Belastungszunahme bilden schliesslich die touristischen Gemeinden. Daraus lassen sich auf der Ebene der Kantone fast zwangsläufig diejenigen mit einer verstärkten Beanspruchung herausfiltrieren. Es sind dies die Kantone Luzern, Glarus, Wallis und St. Gallen, in denen gegen 70 Prozent und mehr der Gemeinden in mehr als der Hälfte der Infrastrukturaufgaben in zugenommenem Masse belastet sind. Tabelle 5: Wandel der Belastung der Schweizer Gemeinden bei den Infrastrukturaufgaben, in Prozenten Betrachtet man die Aufgaben im einzelnen ergeben sich zum Teil erhebliche Differenzen. Der Bedeutungszuwachs im Infrastrukturbereich ist nicht linear fortgeschritten, sondern es sind einige Aufgaben in den Vordergrund gerückt, während andere an relativer Bedeutung verloren haben (vgl. Tabelle 5). Die zehn Aufgaben können grob in drei Gruppen eingeteilt werden:
Tabelle 6: Anteil Gemeinden mit zugenommener Belastung bei den Infrastrukturaufgaben nach Gemeindegrösse Zwischen den Sprachregionen existieren Unterschiede nur bei wenigen Aufgaben (vgl. Tabelle 7). Differenzierte Resultate ergeben sich im Umweltschutzbereich und bei der Abwasserentsorgung. Bei letzterer stellen überdurchschnittlich viele Tessiner Gemeinden eine Belastungszunahme fest. Im Bereich öffentlicher Verkehr konzentrieren sich die Gemeinden mit gestiegener Belastung auf die Deutschschweiz. Überraschenderweise ist eine Verschärfung der Umweltschutzprobleme am häufigsten in der Romandie festgestellt worden. Tabelle 7: Anteil Gemeinden mit zugenommener Belastung bei den Infrastrukturaufgaben nach Sprachregionen 3.2 Der aktuelle Stand der Belastung Nach den Veränderungen der Belastung der Gemeinden soll im folgenden der aktuelle Stand der Belastung auf lokaler Ebene untersucht werden. Wie stark werden die Gemeinden durch die Aufgaben im Infrastrukturbereich beansprucht oder anders gefragt: Welche Gemeinden sind bei der Durchführung welcher Infrastrukturaufgaben stark belastet und welche weniger?Auf den ersten Blick fällt auf, dass der Anteil der Gemeinden mit starker Belastung bei sämtlichen zehn Infrastrukturaufgaben geringer ist als mit einer Belastungszunahme. Trotzdem kann der Gemeindeanteil mit starker Belastung als sehr hoch eingeschätzt werden, besonders auch im Verhältnis zu anderen Gemeindeaufgaben, wie bspsw. Schul- oder Kulturfragen, Alters- und Jugendpolitik oder zum Fürsorgebereich. Tabelle 8: Anteil der Gemeinden, die bei mindestens der Hälfte der Infrastrukturaufgaben stark belastet sind, nach Grösse und Sprachregion Wie aus Tabelle 8 ersichtlich wird ist gut jede dritte Schweizer Gemeinde in mehr als der Hälfte der befragten Infrastrukturaufgaben stark belastet. Umgekehrt glaubt jede sechste Gemeinde, dass sie im Infrastrukturbereich nirgends in starkem Mass beansprucht wird. Bleiben wir kurz bei dieser Gruppe der "unbelasteten" Gemeinden. Es sind dies zum grossen Teil kleine Gemeinden bis 500 Einwohner und vorwiegend aus dem französischsprachigen Raum. Jede dritte Kleingemeinde aus der Romandie zählt sich zu den Gemeinden ohne jegliche starke Belastung im Infrastrukturbereich. Tendenziell sind sie, gesamtschweizerisch, eher den weniger wohlhabenden Gemeinden zuzurechnen. [3] Im Gegensatz zum Wandel der Belastung, wo breite Teile der Gemeinden eine Zunahme der Belastung verspürt haben, kann den stark belasteten Gemeinden ein klareres Profil zugeordnet werden. Mit steigender Einwohnerzahl nimmt die Belastung zu, d. h. je höher die Einwohnerzahl, desto häufiger verspüren die Gemeinden in mehr als der Hälfte der Infrastrukturaufgaben eine hohe Beanspruchung, allerdings verflacht die Kurve nach 10'000 Einw. Auch sind wohlhabendere Gemeinden, d. h. Gemeinden, die über relativ hohe Geldmittel verfügen können stärker belastet. Umgekehrt hat die Zentrumsnähe keinen Einfluss auf die Belastungsintensität. Zentralität kann also nicht als Indikator für die Belastungsstärke herbeigezogen werden. Trotzdem hat die Variable Zentrumsnähe eine gewisse Aussagekraft. Gemeinden, in denen das nächste Grosszentrum in 20 bis 40 Minuten erreichbar ist, sind im Durchschnitt stärker belastet als die restlichen Ortschaften. Sie liegen also in einem Zwischenbereich zwischen den städtischen Grosszentren und ihren Satellitenstädten sowie den ländlichen Gegenden. Fazit: Besonders belastete Gemeinden finden sich überdurchschnittlich oft am Rande grosszenmtraler Regionen (suburbane Wohngemeinden), aber vor allem sind in hohem Mass mittlere Zentren mit ihren Agglomerationsgemeinden sowie kleinere und periphere ländliche Gemeinden mit Zentrumsfunktion betroffen. Dazu zu zählen sind auch Tourismusgemeinden, die vielfach mit ihrer Wachstumsideologie oder mit touristischen Grossprojekten sowohl mit Gesetzen als auch mit bestimmten Teilen ihrer Bevölkerung in Konflikt geraten. 3.2.1 Die Infrastrukturaufgaben im Vergleich Zwischen den einzelnen Aufgaben bestehen, was ihre Belastungsintensität betrifft, erhebliche Unterschiede. Mehr als die Hälfte der Gemeinden werden durch die Abfallentsorgung und die Raumplanung stark belastet (vgl. Tabelle 9). Zwischen 30 und 50 Prozent der Gemeinden glauben sich durch die Abwasserentsorgung, das Baubewilligungsverfahren, die Wasserversorgung und den Bereich der öffentlichen Bauten übermässig beansprucht. Während beim Landschafts- und Ortsbildschutz sowie dem Umweltschutz immerhin noch mehr als jede vierte Gemeinde stark belastet ist, sind es bei den Verkehrsfragen weniger als 20 Prozent.Der Anteil der Gemeinden, die überhaupt nicht beansprucht werden, sind bei den meisten Infrastrukturaufgaben so klein, dass sie nicht ins Gewicht fallen. Nur bei den Verkehrsaufgaben ist der Anteil der nicht belasteten Gemeinden mit rund 16 Prozent relativ hoch. Auch werden nicht alle Infrastrukturaufgaben von den Schweizer Gemeinden in gleichem Masse als eigene Aufgaben akzeptiert. So glaubt jede fünfte Gemeinde, dass der öffentliche Verkehr nicht zu ihren Aufgabengebieten zu zählen ist, beim privaten Verkehr und bei der Wasserversorgung ist es immerhin fast jede zehnte. Infrastrukturaufgaben mit weitgehend ökologischen Aspekten beanspruchen die Gemeinden eher weniger stark. So sind die Verkehrsaufgaben, Umwelt- und Ortsbildschutz am Schluss der Belastungsskala zu finden, während Aufgaben im Entsorgungs- und unmittelbaren Baubereich für die kommunalen Verwaltungen eindeutig häufiger Ursprung von grundsätzlichen Problemen sind. Tabelle 9: Intensität der Belastung der Schweizer Gemeinden durch die Infrastrukturaufgaben, in Prozenten Zwischen Gemeinden unterschiedlicher Grösse ergeben sich erhebliche Unterschiede. In der Regel sind kleinere Gemeinden eher weniger häufig stark belastet als grössere (vgl. Tabelle 10). Verantwortlich für diesen Umstand ist in erster Linie, dass mit zunehmender Gemeindegrösse auch die Bedeutung der ökologischen Dimension steigt. So sind bei den Gemeinden bis 500 Einw. nicht einmal jede fünfte durch den Umweltschutz stark beansprucht, während es bei den Städten gut die Hälfte ist. Noch krasser sind die Werte beim privaten Verkehr: Der stark beanspruchte Teil der Gemeinden erhöht sich von 10 Prozent bei den Kleingemeinden über 20 Prozent der Gemeinden mit 500 bis 2'000 Einw., bis 36 Prozent der mittelgrossen Gemeinden mit 2'000 bis 10'000 Einw. und erreicht bei den Städten fast 60 Prozent. Das gleiche gilt auch für die Abfallentsorgung, allerdings auf einem höheren Niveau. Tabelle 10: Anteil Gemeinden mit starker Belastung bei den Infrastrukturaufgaben, nach Gemeindegrösse Im Baubereich und bei den Erschliessungsaufgaben Wasserversorgung und -entsorgung sind die Unterschiede zwischen den Grössenkategorien weniger augenfällig. Hier ist eine Zweiteilung festzustellen. Kleingemeinden sind deutlich weniger häufig stark beansprucht als Gemeinden mit mehr als 500 Einw. Am stärksten belastet sind dabei fast durchwegs mittel grosse Gemeinden mit 2'000 bis 10'000 Einwohnern, d.h. die Prozentzahl ist bei den Städten wieder abnehmend. Im Vergleich der Sprachregionen fällt der fast durchwegs geringere Anteil an Gemeinden mit starker Belastung in der Romandie im Vergleich mit der übrigen Schweiz auf (vgl. Tabelle 11). So ist beim Baubewilligungsverfahren der Anteil stark beanspruchter Gemeinde der deutschen und der italienischen Schweiz rund doppelt so gross wie in der Romandie. Ähnlich krass ist das Verhältnis bei der Raumplanung, beim Ortsbildschutz und bei den Verkehrsaufgaben. Nur bei den Erschliessungsaufgaben Wasserversorgung, Abfall- und Abwasserentsorgung sind die Unterschiede nicht bedeutend. Bei der Abwasserentsorgung überwiegt der Anteil stark belasteter Gemeinden der Romandie denjenigen der Deutschschweiz sogar. Tabelle 11: Anteil Gemeinden mit starker Belastung bei den Infrastrukturaufgaben, nach Sprachregionen 3.2.2 Gruppierung der Infrastrukturaufgaben Die Infrastrukturaufgaben bilden keineswegs eine homogene und in sich geschlossene Einheit.. Sie stellen im Gegenteil äusserst unterschiedliche Anforderungen an die politischen Behörden und an die Verwaltungen auf lokaler Ebene. Die einzelnen Aufgaben werden deshalb von den Gemeinden differenziert wahrgenommen. Aber auch zwischen verschiedenen Gemeindetypen variiert die Perzeption des Infrastrukturbereichs als Ganzes und die Bedeutung der einzelnen Aufgaben. Je nach Grösse und Lage der Gemeinde, nach ihrer Bevölkerungsstruktur und ihrer finanziellen Situation wechselt die Zusammensetzung der Aufgaben, die in besonderem Mass als problematisch zu bezeichnen sind.Diese Annahme wird durch die Faktoranalyse auch bestätigt. [4] Es haben sich vier Gruppen von Infrastrukturaufgaben herauskristallisiert (vgl. Tabelle 12). So sind es ähnliche Gemeinden, die sowohl durch die Raumplanung als auch durch die Prüfung der Baugesuche und den Ortsbildschutz stark beansprucht werden. Die zweite Gruppe bilden Wasserver- und Abwas serentsorgung, die dritte der private und öffentliche Verkehr, und in der vierten Gruppe sind Umweltschutz und Abfallentsorgung zu finden. Einzig der Bereich der öffentlichen Bauten kann keiner dieser vier Gruppen zugeordnet werden. Als zentrale unabhängige Variablen entpuppen sich die Gemeindegrösse, die Verwaltungs dichte, die Finanzkraft und der Politisierungsgrad der Bevölkerung sowie deren Struktur. Die Gemeindegrösse teilt die vier Gruppen entzwei. Die ökologisch geprägten Aufgaben werden durch eine starke Beziehung zur Gemeindegrösse geprägt. Der Faktor 1 mit den Bauaufgaben wird sehr stark durch die Verwaltungsdichte determiniert. Je weniger Angestellte pro Ein wohner in einer Gemeindeverwaltung tätig sind, desto eher sind Probleme im Baubereich zu erwarten. Faktor 2, gebildet durch Abwasserent- und Wasserversorgung sind eine dezentrale Lage und mangelnde Finanzkraft von ausschlaggebender Bedeutung. Tabelle 12: Vie Gruppen von Infrastrukturaufgaben und Gemeindemerkmale (Pearson Correlation)* für alle Gemeinden Die Zusammensetzung der Bevölkerung und Veränderung ihrer politischen Kultur haben einen gewichtigen Einfluss auf die Faktorenbildung. Ein grosser Anteil an Beschäftigte im Sekundärsektor korreliert positiv mit den Verkehrs- und Umweltaufgaben (Faktoren 3 und 4), ein grosser Anteil Beschäftigter im Tertiärsektor dagegen mit den Verkehrs- und Baufragen (Faktoren 1 und 3). Ein hoher Anteil an 'neuen Mittelschichten' (intermediäre und qualifi zierte nichtmanuelle Berufe) [5] mit den Verkehrs-, Bau- und Umweltaufgaben (Faktoren 1,3 und 4). Diese drei Faktoren sind gleichzeitig auch abhängig von einer Zunahme der politischen Auseinandersetzungen bei Infrastrukturfragen und einer erhöhten Kontaktnahme der Bevölkerung mit der Verwaltung. Faktor 1: Planungs- und Gestaltungsaufgaben Der Faktor 1 besteht aus den zentralen Aufgaben aus dem Baubereich. Der verteilungspoliti sche Aspekt spielt eine grosse Rolle. Bei der Ortsplanung und beim Baubewilligungsverfah ren, aber auch beim Ortsbildschutz wird darüber entschieden, wer über welche Bodenressour cen verfügen kann, in welchem Umfang und auf welche Art er sie nut zen darf. Es besteht ein ausgeprägter Zusammenhang zwischen diesem Faktor und der Zunahme politischer Ausein andersetzungen im Infrastrukturbereich, vor allem in der Baupolitik.Ein weiteres Merkmal dieser Aufgaben ist, dass ihr Vollzug durch eine enorme Zahl an Gesetzen und Verordnungen geregelt wird, was sowohl eine fachlich qualifizierte als auch eine personell gut dotierte Verwaltung erfordert. Deshalb ist es nicht erstaunlich, dass vor allem Gemeinden mit einem knapp bemessenen Personalbestand bei den Bauaufgaben in Schwierigkeiten geraten. Eine sehr schlechte Verwaltungsdichte weisen hauptsächlich mittel grosse Gemeinden und kleine Städte auf (vgl. Kap. Kommunale Verwaltungen). Aus diesem Grund ist bei den Planungsaufgaben keine lineare Beziehung zur Gemeinde grösse festzustellen. "Schuld" daran sind die Städte mit mehr als 18'000 Einwohnern, die über eine ausgebaute und professionalisierte Verwaltung verfügen und des halb den Baubereich relativ gut im Griff haben. Bis 18'000 Einwohner steigt mit zunehmen der Gemeindegrösse auch die Wahrscheinlichkeit, dass eine Gemeinde bei den Bauaufgaben stark belastet ist. Stark betroffen von Planungs-/Gestaltungsaufgaben sind Gemeinden mittlerer Grösse mit Zentrumsfunktionen. Dazu gehören besonders auch Tourismusgemeinden, die für ihr Umland erstens eine starke Zentrumsfunktion ausüben und zweitens in der Hochsaison deutlich höhere Einwohnerzahlen aufweisen. Daneben sind auch Gemeinden an den Rändern von Grossagglomerationen und grössere Landgemeinden mit industriell-tertiärer Erwerbsstruktur betroffen. Dagegen ist die Lage der Gemeinde, d.h. die Nähe zum nächsten Grosszentrum, ohne nennenswerte Bedeutung. Faktor 2: Erschliessungsaufgaben Die Erschliessungsaufgaben bilden die Wasserversorgung und die Abwasserentsorgung. Eigentlich könnte auch die Abfallentsorgung dazu gezählt werden. Gesamtschweizerisch wird sie jedoch stärker mit ökologischen Kriterien in Verbindung gebracht und bildet deshalb mit dem Umweltschutz einen eigenen Faktor. [6]Ein besonderes Merkmal der Erschliessungsaufgaben ist, dass sie politisch unbestritten sind. Auch fordern sie von einer kommunalen Verwaltung keine besonderen fachlichen Qualitäten. Dagegen sind sie für viele Gemeinden eine zunehmende finanzielle Belastung. Die Erschlies sungsausgaben stellen bei den Ausgaben der Schweizer Gemeinden einen gewichti gen Posten dar. Mit fünf Prozent des Gesamtbudgets erreichten die Ausgaben 1991 für die Erschlies sungsaufgaben beinahe soviel wie für die ganze allgemeine Verwaltung (6 Prozent). Am meisten gaben die Gemeinden für die Abwasserentsorgung, die durchschnittlich 4.5 Prozents ihrer Budgets geschluckt hat, aus (Eidgenössische Finanzverwaltung, 1991. Öffentliche Finanzen der Schweiz: 77). Eine durchschnittliche Schweizer Gemeinde inve stierte 1991 500'000 Franken in die Abwasserbeseitigung, was einem Pro-Kopf-Aufwand von 217 Fran ken entspricht. Aus diesem Grund beanspruchen Erschliessungsaufgaben finanzschwache Gemeinden über mässig. Es sind häufig ländliche Gemeinden mit einer schwach ausgebildeten Struktur. Auf fallend ist, dass Gemeinden mit einer lockeren Siedlungsstruktur mehr Probleme haben als Gemeinden mit einer konzentrierten Siedlungsstruktur. [7] Die Erschliessungsaufgaben sind hauptsächlich in den ländlichen Kantonen Uri, Glarus, Appenzell-Ausserrhoden eine starke Belastung der Gemeinden, etwas weniger ausgeprägt Graubünden. Die Pro-Kopf-Ausgaben der Gemeinden für die Abwasserentsorgung bestätigen die Resultate unserer Befragung hinsichtlich Kantonsunterschiede. Am höchsten sind die Ausgaben in den ländlichen, strukturschwachen Kantonen Glarus und Uri mit mehr als 400 Franken pro Kopf. Mehr als 300 Franken pro Kopf müssen auch die Gemeinden in Appen zell-Ausserrhoden aufwenden (S.96). Nach Gemeindegrösse geben die Gemeinden mit weniger als 10'000 Einw. mit 250 Franken pro Kopf deutlich mehr für die Abwasserentsorgung aus als die Städte, bei denen der Schnitt deutlich unter 200 Franken liegt (S. 85). Stark belastet sind überdurchschnittlich häufig Gemeinden mit Zentrumsfunktionen im ländlichen Raum, kleine touristische Gemeinden und Kleinstgemeinden mit einem markanten Bevölkerungsrückgang. Faktor 3: Verkehrsaufgaben Bei keinem anderen Faktor sind die Beziehungen zu den unabhängigen Variablen so signifi kant. Mit einer hohen Beanspruchung durch Verkehrsfragen versehen sind grosse, urbane, finanzstarke Gemeinden, in denen in den letzten Jahren eine starke Zunahme an politischen Konflikten im Infrastrukturbereich zu verzeichnen war und deren Bevölkerungsstruktur durch einen hohen Anteil an Beschäftigten im Tertiärsektor gekennzeichnet ist. Weiter besteht ein eindeutiger Zusammenhang mit einer Zunahme an politischen Aktivitäten (kommunale Refe renden).Im Vergleich der Kantone sind Verkehrsaufgaben in den städtischen Kantonen Genf und Basel-Stadt aktuell sowie in Zug und in Obwalden, in Kantonen mit einem hohen Anteil an Agglomerationsgemeinden. Die Gruppe mit den Verkehrsaufgaben bildet das absolute Gegenstück zu der Gruppe mit den Erschliessungsaufgaben. Überspitzt ausgedrückt ist eine Gemeinde entweder durch Ver kehrsaufgaben stark beansprucht oder durch Erschliessungsaufgaben, aber selten durch beide Aufgabengruppen. Faktor 4: Umweltschutzaufgaben Der Umstand, dass die Abfallbeseitigung schweizweit primär als Umweltschutzaufgabe betrachtet wird und erst in zweiter Linie als Erschliessungsaufgabe wie z. B. die Abwas serentsorgung, ist bemerkenswert. Es besteht jedoch bei der Beurteilung der Abfallentsorgung ein veritabler Röschtigraben (s. weiter oben). Denn verantwortlich für diese Gruppenkonstel lation sind in erster Linie die Deutschschweizer Gemeinden, für die der Begriff des Abfalls in erster Linie mit ökologischen Überlegungen verbunden ist.Der Faktor mit den Umweltschutzaufgaben ist die abgeschwächte Version des Faktors mit den Verkehrsaufgaben. Wie bei diesem ist ein eindeutiger Zusammenhang mit der Gemein degrösse festzustellen, auch mit der Zunahme der politischen Auseinandersetzungen bei Infrastrukturfragen. Dagegen hat die Finanzkraft keinen signifikanten Einfluss auf die Bela stung im Umweltschutzbereich. Interessant ist die Bedeutung der Infrastruktur: Während bei den Bau- und Verkehrsaufgaben vor allem Gemeinden mit einem hohen Anteil Beschäftigter im Tertiärsektor betroffen sind, ist bei den Umweltschutzaufgaben ein hoher Anteil von Angestellten im Sekundärsektor eher ausschlaggebend für eine starke Belastung der Gemein deverwaltungen. Stark belastet sind die Gemeinden in den Kantonen Schwyz, Glarus, Tessin und Genf. Grosszentren und in geringerem Mass mittlere Zentren sind stark beansprucht und zentrums nahe Agglomerationsgemeinden, dazu aber auch relativ strukturstarke Landgemeinden.
3.3 Einschätzung von Leistungsgrenzen Bei den Antworten zur Belastung und zu den Leistungsgrenzen der Gemeindeverwaltungen handelt es sich in hohem Mass um subjektive Einschätzungen der Antwortenden. Es existierten keine klaren Vorgaben oder Kriterien, die es den Gemeindeschreibern und Gemeindeschreiberinnen erlaubt hätten, das Leistungspotential ihrer Gemeindeverwaltung transparent zu beurteilen. Es ist deshalb angebracht, die Resultate mit einiger Zurückhaltung zu interpretieren. Regionale Ungleichheiten sind auch aus dieser Sicht zu erklären. So waren Antwortende aus der Romandie und der italienischen Schweiz grundsätzlich eher skeptischer hinsichtlich ihres Leistungsvermögens als ihre Deutschschweizer Pendants. Ob die Gründe dafür eher kultureller Natur sind (grundsätzlich kritisches bis negatives Verhältnis zum Staat) oder strukturelle Einflüsse mehr Bedeutung haben, kann an dieser Stelle nicht schlüssig beurteilt werden.Tabelle 13: Anteil der Gemeinden, die bei mindestens der Hälfte der Infrastrukturaufgaben zumindest Leistungsgrenzen in Sicht sehen, nach Grösse und Sprachregion Bei der Frage, ob die Gemeinden im Infrastrukturbereich mit ihren Leistungsgrenzen konfrontiert sind, erlauben die Abstufungen des Fragebogens zwei Abstufungen: Leistungsgrenzen in Sicht und Leistungsgrenzen erreicht oder überschritten. Die Einschätzung "Leistungsgrenzen in Sicht" bei mindestens sechs Aufgaben haben fast die Hälfte der befragten Schweizer Gemeinden bestätigt (vgl. Tabelle 13). Mit steigender Gemeindegrösse nimmt dabei die Tendenz zu, die eigenen Leistungskapazitäten kritisch zu beurteilen; am ausgeprägtesten ist diese Tendenz in der Deutschschweiz.Hier ist der Einfluss der Gemeindegrösse klar ersichtlich, am ausgeprägtesten in der Deutschschweiz. Tabelle 14: Anteil der Gemeinden, die in mindestens der Hälfte der Infrastrukturaufgaben ihre Leistungsgrenzen erreicht haben, nach Grösse und Sprachregion 15 Prozent der Gemeinden glauben, dass sie ihre Leistungsgrenzen bei mehr als der Hälfte der Infrastrukturaufgaben effektiv erreicht haben (vgl. Tabelle 14). Unter einem Leistungsnotstand leiden die italienischsprachigen Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern mit einer Quote von 35 Prozent. Klar am niedrigsten ist der Anteil bei den Städten der Romandie, aber auch in den kleinen Gemeinden der Deutschschweiz. Generell besteht überhaupt kein linearer Zusammenhang mit der Gemeindegrösse, obwohl zwischen einzelnen Grössekategorien vor allem in der Romandie und dem Tessin teilweise markante Unterschiede bestehen, die nur schwer zu erklären sind. Die Unterschiede zwischen den Aufgaben fallen bei der Einschätzung der Leistungsgrenzen relativ gering aus (vgl. Tabelle 15). Am starksten tangiert wird die Leistungsgähigkeit der Gemeinden bei der Abfallentsorgung, der Raumplanung, dem Baubewilligungsverfahrenund dem Umweltschutz, bei denen mindestens 20 Prozent der Gemeinden ihre Leistungsgrenzen erreicht zu haben glauben. Beim Blick in die Zukunft (Leistungsgrenzen in Sicht) bereiten ökologische Fragen den Schweizer Gemeinden im Infrastrukturbereich die meisten Sorgen. Zwei Aufgaben sind dann klar am häufigsten genannt, wenn von einem möglichen Erreichen der Leistungsgrenzen in absehbarer Zeit die Rede ist. Bei der Abfallentsorgung und beim Umweltschutz sehen die meisten Gemeinden, nämlicht mehr als jede dritte, ihre Leistungsgrenzen in Sicht. Tabelle 15: Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Gemeinden bei den Infrastrukturaufgaben, in % Zwischen der Gemeindegrösse und der Einschätzung der Leistungsgrenzen besteht praktisch kein Zusammenhang (vgl. Tabelle 16). Nur in der Grössenkategorie der Städte ergeben sich bei vier Aufgaben deutlich abweichende Prozentzahlen. Beim Baubewilligungsverfahren ist ihr Anteil mit erreichten Leistungsgrenzen relativ niedrig. Es macht den Anschein, dass die Städte die fachlich anspruchsvolle und administrativ aufwendige Prüfung der Baugesuche in den Griff bekommen haben. Hohe Prozentzahlen weisen dagegen die Städte beim Umweltschutz und den Verkehrsaufgaben auf. Vor allem die letzteren sind in der Regel in den grossen Gemeinden politisch höchst umstritten, so dass von der Verwaltung geplante Veränderungen oder neue Konzepte immer wieder von interessierten Kreisen durch Einsprachen und Referenden blockiert werden und eine gezielte Verkehrspolitik beinahe verunmöglichen. Tabelle 16: Anteil Gemeinden mit erreichten Leistungsgrenzen bei den Infrastrukturaufgaben, nach Gemeindegrösse Die Sprachzugehörigkeit hingegen teilt die Schweizer Gemeinden in zwei Lager (vgl. Tabelle 17): auf der einen Seite die Deutschschweiz, wo die kommunalen Verwaltungen scheinbar grosses Vertrauen in ihre Leistungsfähigkeit besitzen und auf der anderen Seite die Romandie und die italienischsprachige Schweiz, die bei sämtlichen Infrastrukturaufgaben markant höhere Anteile an Gemeinden aufweisen, die glauben, ihre Leistungsgrenzen erreicht zu haben. Es fällt nicht leicht, diese sprachregionalen Unterschiede zu erklären. Umso mehr als Deutschschweizer Gemeinden in der Regel von einer höheren Belastung - vor allem im Vergleich zur Westschweiz - ausgehen. Deutschschweizer Gemeinden auf der einen Seite sind folglich stärker belastet, Gemeinden der Romandie auf der anderen Seite sind dafür schneller an ihrer Leistungsgrenze angelangt. Tabelle 17: Anteil Gemeinden mit erreichten Leistungsgrenzen bei den Infrastrukturaufgaben, nach Sprachregionen Es gibt keine Gründe anzunehmen, dass Westschweizer Gemeinden weniger belastbar und weniger leistungsfähig sind als ihre Pendants auf der anderen Seite des Röschtigrabens. Die Auflösung dieses paradoxen Resultates kann wohl am ehesten mit kulturellen Unterschieden zwischen den Sprachregionen erklärt werden oder mit der - bewussten oder unbewussten - Benutzung von kulturellen Klichees durch die Gemeindeschreiberinnen und Gemeindeschreiber, die da heissen: Deutschweizer sind arbeitsamer, pflichtbewusster und lassen sich von Problemen nicht so schnell unterkriegen, Romands dagegen nehmen es etwas lockerer und sind eher geneigt, den Bettel hinzuschmeissen, wenn sie belastet werden. Dieses Muster der wenig belasteten Gemeinden an der Leistungsgrenze ist ein Phänomen, das hauptsächlich bei den Kleingemeinden der Romandie zu beobachten ist. Wenig oder gar nicht belastet könnte in diesen Fällen auch heissen,dass in einem speziellen Aufgabenbereich wenig Arbeit für die Verwaltung anfällt und diese deshalb auch nicht das notwendige Know-how aufbauen kann. Dieser fachliche Mangel führt dann dazu, dass die Verwaltung allenfalls auftretende Probleme nicht zu lösen imstande ist. Diese Fragen können an dieser Stelle nicht abschliessend geklärt werden. Entscheidend ist aber, dass die Variable "Einschätzung der Leistungsgrenzen" nur bedingt Aussagekraft besitzt und ihre Validität für sich allein genommen nicht besonders hoch einzuschätzen ist. Ihre Aussagekraft erhöht sich erst, wenn sie mit der Frage nach der Belastungsintensität zusammengelegt wird. Die wirklichen Problemgemeinden sind letztlich diejenigen, die sowohl stark belastet sind, die Belastung in den letzten 10 Jahren zugenommen hat und ihre Leistungsgrenzen erreicht haben. Es kann postuliert werden, dass diejenigen Gemeinden bei der Erledigung der Aufgaben überfordert sind, bei deren diese drei Kriterien erfüllt werden. Der letzte Teil des Berichts soll von diesen Gemeinden handeln. Aussagekräftiger ist eine umfassendere Betrachtungsweise. Es kann mit Sicherheit angenommen werden, dass eine Gemeindeverwaltung mit akuten Problemen konfrontiert ist, wenn sie in einem Aufgabenbereich eine starke Belastung verspürt, die in den letzten 10 Jahren noch zugenommen hat, und gleichzeitig an ihre Leistungsgrenzen gestossen ist. Welche Gemeinden gehören nun im Bereich Infrastrukturaufgaben zu denjenigen, die überfordert sind oder sich wenigstens an der Grenze ihrer Leistungskapazitäten bewegen? Oder bei wie vielen Infrastrukturaufgaben muss eine Gemeinde mit akuten Problemen kämpfen, damit sie als überforderte im Infrastrukturbereich bezeichnet werden kann? Im folgenden ist diese Grenze bei vier Aufgaben angenommen worden. Diese Zahl entspricht mehr als einem Drittel aller Aufgaben. Diese Annahme einer Grenze zwischen "überforderten" und "nicht überforderten" Gemeinden ist nicht absolut zu sehen, sondern nur als Orientierungspunkt, dies aus zwei Gründen: Erstens kann sie nicht empirisch erhärtet werden und zweitens ist das Konstrukt eines einheitlichen Infrastrukturbereichs fragwürdig. Denn dieser wird in den seltensten Fällen von einem in sich geschlossenen Administrationsapparat betreut, sondern es sind oft spezialisierte Fachkommissionen oder administrative Angestellte, die bei einzelnen Aufgaben oder Aufgabengruppen zuständig sind. Zudem ist der Infrastrukturbereich auch auf der politischen Ebene nicht als Einheit organisiert, in der Regel sind die verschiedenen Aufgaben auf zwei oder mehr Departemente verteilt. Trotzdem soll diese künstliche Grenze ein Hilfsmittel sein, um die Gemeinden zu orten, die leistungsmässig eher "im roten Bereich" sind und von der Aufgabenflut, die ihnen im Infrastrukturbereich aufgebürdet werden, überfordert sind oder zumindest an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit gedrängt werden. Tabelle 18: Anteil der Gemeinden, die zumindest bei vier Infrastrukturaufgaben starke und zugenommene Belastung aufweisen und ihre Leistungsgrenzen erreicht haben, nach Grösse und Sprachregion Danach ist beinahe jede sechste Gemeinde der Schweiz bei der Erfüllung der Infrastrukturaufgaben überfordert (vgl. Tabelle 18). Gesamtschweizerisch gilt, dass mit zunehmender Gemeindegrösse die Häufigkeit der Überforderung leicht zunimmt, wobei anzufügen ist, dass die zwei mittleren Grössenkategorien zu einer einzigen verschmelzen. So gehört jede fünfte Schweizer Stadt zu der Kategorie der Problemgemeinden, während es bei den Kleingemeinden nur jede zehnte ist. Dieser lineare Zusammenhang wird durch die separierte Betrachtung der drei Sprachgebiete etwas relativiert. Widerspiegeln die Prozentzahlen der Deutschshweiz die relativ genau, ragen in der Romandie die Gemeinden die Gemeinden mit 2000 bis 10000 Einwohnern heraus. Sie bilden diejenige Gemeindekategorie, die den grössten Anteil an Problemgemeinden aufweisen. Jede vierte Gemeinde ist hier im Infrastrukturbereich überfordert. Die Westschweizer Städte hingegen bewegen sich auf dem gleichen Niveau wie die Kleingemeinden. In der italienischsprachigen Schweiz ist der Anteil der überforderten Gemeinden von 500 Einwohnern an aufwärts konstant. Die Kategorie der Städte kann nicht beurteilt werden, da in ihr nur zwei Gemeinden vertreten sind. Im folgenden Abschnitt verlassen wir diese künstliche Einheitsebene wieder und wenden uns den einzelnen Aufgaben zu. Das Hauptanliegen der Raum- resp. Zonenplanung ist die Trennung des Gemeindegebietes in bebaubares und nicht bebaubares Land. Entsprechend heftig wird deshalb um die Einteilung gerungen. Konflikte sind vorprogrammiert, und zwar innerhalb der Landbesitzer einerseits um günstige Klassifikationen ihres Bodens und andererseits zwischen Landbesitzern und Interessengruppen, die sich für eine intakte, d.h. möglichst unbebaute Umwelt einsetzen. Der kommunalen Verwaltung ist die Aufgabe zugeteilt, Lösungen zu finden, die alle Interessen in einem gewissen Rahmen zufriedenstellt, was je schwieriger wird, desto breiter die Interessen gefächert sind. Tabelle 19: Anteil Gemeinden mit akuten Problemen bei der Raumplanung nach Gemeindegrösse und Sprachregionen, in % Zwei Kategorien von Gemeinden tun sich besonders schwer mit der Raumplanung (vgl. Tabelle 19): Bei den mittleren und grossen Tessiner und den Westschweizer Gemeinden mit 2'000 bis 10'000 Einwohner sind mehr als jede vierte Gemeinde vor akute Probleme gestellt. Allgemein sind eher die mittleren Gemeinden betroffen, Kleingemeinden und die Städte bekunden hingegen weniger Mühe bei ihren raumplanerischen Aufgaben. Besonders deutlich ist diese Dualität in der Romandie, wo der Anteil in diesen Grössesegmenten unter 10 Prozent liegt. 4.1.2 Baubewilligungsverfahren Das Baubewilligungsverfahren ist eine sehr zeitintensive Vollzugsaufgabe und stellt hohe Anforderungen an die fachliche Kompetenz der kommunalen Verwaltungen. Die Probleme des Baubewilligungsverfahrens liegen hauptsächlich in der Bewältigung einer Flut von Gesetzen und Verordnungen, aber auch in einer zunehmenden Einsprachefreudigkeit betrof fener Nachbarn und Interessengruppen.Tabelle 20: Anteil Gemeinden mit akuten Problemen bei der Prüfung der Baugesuche nach Gemeindegrösse und Sprachregionen, in % Für den Aufgabenbereich Baubewilligungsverfahren ergibt sich ein ähnliches Bild wie bei der Raumplanung (vgl. Tabelle 20). Die mittelgrossen Gemeinden sind eindeutig häufiger mit akuten Problemen konfrontiert als die Städte und die Kleingemeinden. Als die herausragenden Problemgemeinden können die mittelgrossen Gemeinden der Romandie und die grösseren italienischsprachigen Gemeinden bezeichnet werden. In der Westschweiz entstammen sogar, von wenigen Ausnahmen abgesehen, alle der mittleren Grössenkategorie mit 2'000 bis 10'000 Einwohnern. 4.1.3 Ortsbild-/Landschaftsschutz Die Unterschutzstellung von Bauten und Landschaften ist einerseits mit der Raumplanung und andererseits mit dem Natur- und Heimatschutz stark verknüpft. Zwei Aspekte des Hei matschutzes sind von Bedeutung: Der erste umfasst den Schutz des Ortsbildes, der von den Kantonen und Gemeinden durch Massnahmen der Raumplanung oder durch besondere Schutzverordnungen gewährleistet wird. Der zweite Aspekt umfasst die Denkmalpflege, die schützenswerte Objekte durch kantonale oder kommunale Verfügung, bei Objekten von nationaler Bedeutung nötigenfalls durch Massnahmen des Bundes sichert. Damit ist gesagt, dass der Einbezug kantonaler und nationaler Behörden in kommunale Entscheidungsprozesse eine erhebliche Erschwernis für die Gemeindebehörden darstellen kann.Der Ortsbildschutz kann in Gemeinden mit historisch wertvollen Ortskernen zu einer starken Beschneidung der Baumöglichkeiten führen. Dies führt vor allem dort zu Problemen, wo starke wirtschaftliche Interessen mit im Spiel sind. So sind, ähnlich wie bei der Raumplanung und dem Baubewilligungsverfahren, mit Ausnahme der Grossstädte vor allem Zentrumsge meinden und grosse touristische Gemeinden mit Leistungsgrenzen der Verwaltung konfron tiert. Tabelle 21: Anteil Gemeinden mit akuten Problemen beim Ortsbildschutz nach Gemeindegrösse und Sprachregionen, in %
Insgesamt sind die Differenzen zwischen den einzelnen Gemeindekategorien nicht allzu gross (vgl. Tabelle 21). Nur die Kleingemeinden und die Städte der Romandie fallen etwas aus dem Rahmen. Erstere bekunden bedeutend weniger Probleme mit dem Ortsbildschutz als die restlichen Gemeinden. Die Westschweizer Städte dagegen weisen einen fast doppelt so hohen Prozentanteil an Gemeinden mit akuten Problemen auf als alle anderen Gemeinden. Ortsbildschutz muss aber nicht ein Problem der Städte sein, wie das Resultat der Deutschschweiz zeigt, wo weniger die Städte als die mittleren Gemeinden zu den Problemgemeinden gehören. Im Zuge des Bevölkerungswachstums der Gemeinden und der gestiegenen Ansprüche der Bevölkerung an die Gemeinden, wurden diese in den letzten 30 Jahren gezwungen, ihr Ange bot an öffentlichen Bauten drastisch zu erhöhen und bestehende Bauten zu modernisie ren. Im Freizeit- und Schulbereich waren die Gemeinden besonders aktiv, die Altersheime mussten veränderten Lebensbedingungen angepasst werden, aber auch die bestehenden Lokalitäten für die Gemeindeverwaltungen hielten dem zunehmenden Personalbestand und Arbeitsaufwand der Administration in vielen Gemeinden nicht mehr stand. Fragen der Finanzierung und der Planung bereiteten den kommunalen Behörden viele Probleme, die nicht immer gelöst wer den konnten.Tabelle 22: Anteil Gemeinden mit akuten Problemen im Bereich öffentliche Bauten nach Gemeindegrösse und Sprachregionen, in % Der Bereich öffentliche Bauten stellt zur Zeit für die grossen Gemeinden keine unüberwindlichen Hindernisse dar (vgl. Tabelle 22). Eindeutig am stärksten betroffen sind die mittelgrossen Gemeinden mit 2000 bis 10000 Einwohnern der Romandie und der italienischen Schweiz. Aber insgesamt variieren die Prozentzahlen zwischen den Gemeindekategorien nicht sehr stark. Dies lässt darauf schliessen, dass grosse Schwierigkeiten an kontroverse Einzelprojekte gebunden und daher nicht dauerhafter Natur sind. Der Kanalisationsbau hat für die Gemeinden zwei Komponenten. Zum einen müssen Bauge biete, die vor der Überbauung stehen, erschlossen werden. Dazu gehört auch die Errichtung eines Kanalisationsnetzes. Zum anderen ist die Lebensdauer von bereits erstellten Kanalisa tionen limitiert, so dass ständig Renovationsarbeiten anstehen. Dies kann vor allem in grösse ren Städten zu Problemen führen (Einschränkung des Verkehrs, Baulärm für Anwohner, Umsatzeinbussen für direkt betroffene Geschäfte). Die Gründe für Leistungsprobleme können darum sehr unterschiedlicher Natur sein. Sind sie bei den kleinen Gemeinden vielfach finanzieller Art, überwiegen in den Städten eher organisatorische Schwierigkeiten.Tabelle 23: Anteil Gemeinden mit akuten Problemen bei der Abwasserentsorgung nach Gemeindegrösse und Sprachregionen, in % Die Abwasserentsorgung ist die Infrastrukturaufgabe, die den Westschweizer Gemeinden, im Vergleich zur restlichen Schweiz, am meisten Probleme verursacht (vgl. Tabelle 23). Jede sechste Gemeinde der Romandie kann in diesem Bereich zu den Problemgemeinden gezählt werden. Bemerkenswert ist jedoch als Ausnahme die hohe Prozentzahl bei den Deutschschweizer Städten. Die Gründe liegen hier primär in umfassenden Erneuerungsarbeiten der städtischen Kanalisationsnetze in den letzten 15 Jahren. Tendenziell sind insgesamt aber eher finanzschwache und ländliche Gemeinden betroffen. Dies zeigt sich auch darin, dass die italienischsprachigen Gemeinden mit 500 bis 2000 Einwohnern mit gut 20 Prozent die höchste Problemquote aufweisen. Die Auseinandersetzungen um den Schutz des Wassers vor Verschmutzung hatten ihren Höhepunkt in den 70er Jahren. Heute ist die Wasserversorgung durch die Umweltschutzgesetze, insbesondere das Wasserschutzrecht, in stabilen rechtlichen Bahnen. Die notwendigen technischen Anlagen sind heute primär in den Städten so weit errichtet, dass die Anzahl der Gemeinden mit grossen Leistungsproblemen relativ klein ist. Trotzdem sind die Probleme in diesem Bereich nicht zu unterschätzen. In den letzten Jahren ist der Wasserverbrauch in der Schweiz massiv gestiegen. 1995 verbrauchte jede Person täglich 405 Liter Wasser, was in Europa einsame Spitze darstellt (Traktandum persönlich 1995, Nr. 5:14).Tabelle 24: Anteil Gemeinden mit akuten Problemen bei der Wasserversorgung nach Gemeindegrösse und Sprachregionen, in % Die kleinen bis mittelgrossen Gemeinden mit 500 bis 2000 Einwohnern stellen die Gemeindekategorie mit dem höchsten Anteil an Problemgemeinden (vgl. Tabelle 24). Im Vergleich der Sprachgebiete sind es die italienischsprachigen Gemeinden, die überdurchschnittlich häufig mit vordringlichen Problemen bei der Wasserversorgung konfrontiert sind, und hier vor allem die Gemeinden mit 500 bis 10000 Einwohnern. Die Städte dagegen kennen in diesem Bereich, von wenigen Ausnahmen in der Deutschschweiz abgesehen, zur Zeit keine Probleme, sie haben ihre Hausaufgaben in den 70er und 80er Jahren schon erledigt. Der Ausbau der Abfallentsorgung hat zu einem wesentlichen Teil in den 70er Jahren stattge funden. In dieser Zeitspanne hat die erfasste Abfallmenge in der Schweiz von 0.9 auf 2.1 Millionen Tonnen zugenommen. Wohnten 1970 erst 54 Prozent aller Schweizer Einwohner in Gemeinden mit einer Entsorgung auf kommunalen Anlagen, waren es 1979 96 Prozent, die in rund 84 Prozent aller Schweizer Gemeinden lebten (Kommunale Abfallentsorgung in der Schweiz, 1980: 43ff.)Die Abfallentsorgung hat in technischer und organisatorischer Hinsicht in den 80er Jahren weitere Fortschritte gemacht. Stichworte sind hier neue Wege zur Altglasentsorgung, Tren nung des Abfallmaterials, Kompostierungen, aber auch zunehmend detailliertere Analysen von Entsorgungskosten sowie Erstellungen von Abfall-Leitbildern mit entspre chenden Hin tergrundinformationen. Diese Perfektionierung hat aber auch ihre Schattenseiten. Auf der einen Seite wird die Müllentsorgung immer teurer, auf der anderen Seite sind aber höhere Abfallsackgebühren politisch immer schwerer durchsetzbar (vgl. Weltwoche 1995/49. Die Ökobilanz der Sackgebühr ist im Abfalleimer). Tabelle 25: Anteil Gemeinden mit akuten Problemen bei der Abfallentsorgung nach Gemeindegrösse und Sprachregionen, in % In der Abfallentsorgung ist denn auch folgerichtig der höchste Anteil an Gemeinden mit dringlichen Problemen zu registrieren (vgl. Tabelle 25). Jede fünfte Schweizer Gemeinde ist ist in diesem Aufgabenbereich leistungsmässig im roten Bereich. Geradezu prekär ist die Situation bei den grossen italienischsprachigen Gemeinden, wo über 40 Prozent durch das Abfallproblem überfordert werden. Das Abfallproblem ist jedoch in fast allen Gemeindekategorien stark präsent. Nur die kleineren Deutschschweizer Gemeinden bis 2000 Einwohner weisen eine Anteil von Problemgemeinden von unter 20 Prozent auf. Der Umweltschutz ist nicht nur eine kommunale Infrastrukturaufgabe, sondern er manifestiert sich auch querschnittartig in allen anderen Aufgabenbereichen. Der Begriff des Umweltschutzes hat sich seit den 70er Jahren umfassend gewandelt und ist seither wesentlich ausgeweitet worden. Bestand er in den 50er noch vornehmlich aus Gewässer- und Landschafts schutz, umfasst er heute auch die Verkehrs- und Abfallproblematik sowie die Luft-, Lärm- und Bodenbelastung. Entsprechend schwierig ist es heute vor allem für bevölke rungs- und strukturstarke Gemeinden, die Umweltprobleme zu lösen.Tabelle 26: Anteil Gemeinden mit akuten Problemen im Bereich Umweltschutz nach Gemeindegrösse und Sprachregionen, in % Jede zehnte Gemeinde ist beim Umweltschutz überfordert (vgl. Tabelle 26). Bei der Gesamtheit der Schweizer Gemeinden, den Deutschschweizer und italienischsprachigen Gemeinden zeigt sich ein relativ klarer Zusammenhang zwischen Überforderung und Gemeindegrösse. In der Romandie dagegen teilen sich die Gemeinden in zwei Lager. Die mittleren Gemeinden haben überdurchschnittlich häufig akute Probleme. Die Kleingemeinden und die Städte bilden eine zweite Gruppe mit stark unterdurchschnittlichen Prozentzahlen. In ihrer Gesamtheit weisen Deutschschweiz und Romandie jedoch einen gleich grossen Anteil an überforderten Gemeinden auf. 4.1.9 Privater und öffentlicher Verkehr Kein Infrastrukturbereich ist so stark beeinflusst durch die Gemeindegrösse wie die Verkehrsaufgaben. Stellen sie bei den kleinen Gemeinden eine eher marginale Thematik dar, sind sie für die Städte eines der dringendsten Probleme der heutigen Zeit und oft eines der grössten Ärgernisse. Dies widerspiegelt sich auch sehr deutlich bei der Einschätzung der Leistungsfähigkeit der kommunalen Verwaltungen. Zum Vergleich privater und öffentlicher Verkehr ist zu sagen, dass der öffentliche Verkehr oder seine Förderung in vielen, mehrheitlich kleinen Gemeinden nicht als eigene Gemeindeaufgabe gilt. Dies rührt unter anderem daher, dass der öffentliche Verkehr in vielen Gegenden in regionalen Verbunden organisiert wird. Je grösser eine Gemeinde jedoch ist und je mehr sie durch den Privatverkehr belästigt wird, desto dringender wird heute der Ruf nach einer Verbesserung des Angebots des öffentlichen Verkehrs.Tabelle 27: Anteil Gemeinden mit akuten Problemen beim privaten Verkehr nach Gemeindegrösse und Sprachregionen, in % Der Anteil der Gemeinden mit akuten Problemen ist gesamtschweizerisch sehr gering. Beim Privatverkehr stechen zwei Gemeindekategorien hervor (vgl. Tabelle 27). Zum einen sind es die Städte der Deutschschweiz, in denen verkehrspolitische Auseinandersetzungen häufig sehr kontrovers und ideologisch geführt werden, und zum anderen haben die Tessiner Gemeinden mit 2000 bis 10000 Einwohnern zu gewissen Zeiten, bedingt durch den (Tages-)Tourismus vielfach unlösbare Verkehrsprobleme. Tabelle 28: Anteil Gemeinden mit akuten Problemen beim öffentlichen Verkehr nach Gemeindegrösse und Sprachregionen, in % Die Resultate beim öffentlichen Verkehr unterscheiden sich nicht grundsätzlich von denjenigen beim privaten Verkehr (vgl. Tabelle 28). Der Unterschied besteht darin, dass beim öffentlichen Verkehr auch die Städte in der Westschweiz mit schwerwiegenden Problemen konfrontiert sind. Auf der anderen Seite ist der öffentliche Verkehr in der italienischsprachigen Schweiz kein Thema: Keine einzige Gemeinde hat dort in diesem Bereich mit grösseren Problemen zu kämpfen.
4.2 Determinanten der Überforderung Die Zugehörigkeit zum Sprachraum ist ein entscheidender Gliederungsfaktor für Schweizer Gemeinden nicht nur in struktureller, sondern auch in kultureller Hinsicht. Dies äussert sich auch darin, wie sich die Sprachzugehörigkeit auf den Umgang und die Probleme mit den Infrastrukturaufgaben auswirkt.Tabelle 29: Anteil Gemeinden mit akuten Problemen bei den Infrastrukturaufgaben nach Sprachzugehörigkeit, in % Es ergeben sich vier Gruppen von Infrastrukturausgaben (vgl. Tabelle 29).
Tabelle 30: Anteil Gemeinden mit akuten Problemen bei den Infrastrukturaufgaben nach Gemeindegrösse, in % Die Gemeindegrösse wirkt sich aber nicht auf alle Aufgaben gleichermassen aus (vgl. Tabelle 30). Drei Muster können beobachtet werden. Das erste Muster zeigt eine relativ lineare Beziehung zwischen Gemeindegrösse und Häufigkeit der Problemgemeinden. Hier finden sich die ökologisch gefärbten Aufgaben privater und öffentlicher Verkehr sowie Umweltschutz. In einem zweiten Muster wird die Linearität nach 10'000 gebrochen, und der Prozentanteil der Städte an Problemgemeinden entspricht zum Teil demjenigen der Kleingemeinden. Am meisten Mühe mit diesen Aufgaben bekunden die mittleren Gemeinden mit 2000 bis 10'000 Einwohnern. Hier sind die Raumplanung, das Baubewilligungsverfahren und der Bereich öffentliche Bauten zu nennen. Bei einem dritten Muster schliesslich kann kein Zusammenhang festgestellt werden. Es ergeben sich zwar Unterschiede zwischen den einzelnen Grössekategorien, wie z. B. beim Ortsbildschutz, bei dem Kleingemeinden wesentlich weniger mit grundlegenden Problemen tangiert sind als die übrigen Gemeinden oder die Abwasserentsorgung, bei der die Städte häufiger Probleme haben, aber auch die Gemeinden mit 500 bis 2000 Einwohnern. Als weitere Aufgabe ist hier die Wasserversorgung dazuzuzählen. Bei der Beurteilung der akuten Probleme bei den Infrastrukturaufgaben ist die Kantonszugehörigkeit der Gemeinden von einiger Bedeutung. Die Resultate variieren teilweise zwischen den Kantonen beträchtlich (vgl. Tabelle 31). Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass bei kleinen Kantonen die Resultate stärker differieren und somit nur bedingt aussagekräftig sind.Tabelle 31: Abweichung des kantonalen Anteils der Gemeinden mit starker und zugenommener Belastung sowie erreichter Leistungsgrenzen bei den Infrastrukturaufg. vom schweiz. Durchschnitt, in Prozenten (gerundet) Am stärksten unterscheiden sich die Resultate zwischen den Kantonen bei der Prüfung der Baugesuche. Dies zeigen die Eta-Werte in Tabelle 31. Akute Problemen haben beim Bau bewilligungsverfahren sehr viele Gemeinden vor allem in den Kantonen Schwyz, Zug und Aargau. Überhaupt keine Gemeinde mit akuten Problemen findet sich auf der anderen Seite in Obwalden, Basel-Stadt, Appenzell-Innerrhoden und Genf. Am geringsten sind die kantonalen Differenzen dagegen im Bereich der öffentlichen Bauten und beim Umweltschutz. Die Gemeinden der Kantone Genf, Luzern, Zürich, Appenzell Innerrh., Schaffhausen und Solothurn leiden am wenigsten stark unter der Erfüllung der Infrastrukturaufgaben. In mindestens 8 der 10 Aufgaben liegt bei ihnen der Gemeindeanteil mit akuten Problemen unter dem gesamtschweizerischen Durchschnitt. Im Kanton Solothurn sind sogar alle Prozentwerte unterdurchschnittlich hoch. Als "Problemkantone" können auf der anderen Seite Aargau, Zug und das Tessin bezeichnet werden. Die Schweiz besitzt fünf Grosszentren, Basel, Bern, Genf, Lausanne und Zürich, die zusammen mit ihren grossen Agglomerationen einen Grossteil der Bevölkerung vereinigen und die demographische Struktur des Landes entscheidend prägen. Wenn im folgenden Abschnitt von Zentrumsgemeinden gesprochen wird, sind nicht nur die grossen Zentren oder eine besondere Nähe zu den Grosszentren gemeint, sondern alle Gemeinden, die Zentrumsfunktionen für ihr Umland ausüben. InTabelle 32 sind die Zentrumsgemeinden in Gross- und Mittelzentren, Klein- und Peripheriezentren sowie die spezielle Gruppe der touristischen Gemeinden eingeteilt. Letztere spielen zwar in der demographischen Struktur eine marginale Rolle, müssen aber im Zusammenhang mit den Infrastrukturaufgaben ausdrücklich erwähnet werden. Denn sie rnehmen nicht nur in den meisten Fällen viele zentralörtliche Funktionen für die umliegenden Gemeinden wahr, sondern müssen ihre Infrastruktur auch der Zahl ihrer Feriengäste anpassen, die nicht selten ein Vielfaches der ständigen Bevölkerung betragen.Diesen Zentrumsgemeinden stehen die Agglomerationsgemeinden grosszentraler und nicht grosszentraler Regionen und die Landgemeinden gegenüber, die keine speziellen Zentrumsfunktionen besitzen, sondern im Gegenteil von der Infrastruktur der Zentren profitieren. [8] Tabelle 32: Anteil Gemeinden mit akuten Problemen bei den Infrastrukturaufgaben nach Gemeindetypen, in % Eines zeigt sich auf den ersten Blick: Tourismusgemeinden sind die Gattung Gemeinde, die am häufigsten mit den Infrastrukturaufgaben zu kämpfen haben (vgl. Tabelle 32). Bei allen zehn Infrastrukturaufgaben weisen sie einen Anteil an Problemgemeinden auf, die eindeutig über dem Durchschnittswert liegen. Bei den Aufgaben Abfallentsorgung, Raumplanung, öffentliche Bauten, Wasserversorgung, Baubewilligungsverfahren und Umweltschutz erreichen sie einsame Spitzenwerte. Die anderen 5 Gruppen von Gemeindetypen weisen eine sehr unterschiedliche Konstellation von Aufgaben auf, mit denen sie grosse Schwierigkeiten bekunden. Gross- und Mittelzentren sind bei 6 Aufgaben stark überdurchschnittlich betroffen: Raumplanung, Abwasserentsorgung, Umwelt- und Ortsbildschutz, öffentlicher und privater Verkehr. Zur Hauptsache sind es Aufgaben, die politisch stark umstritten sind und ökologische Anliegen zumindest tangieren. Auffallend, dass keine Gemeinde im Bereich öffentliche Bauten auf enorme Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Die ländlichen Klein- und Peripheriezentren haben im Vergleich zu den städtischen Zentren bei der Abwasserentsorgung und beim Ortsbildschutz keine überdurchschnittliche keinen überdurchschnittlichen Anteil an Problemgemeinden. Sonst sind es die gleichen Aufgaben wie bei den grossen Zentren, die zu starken Schwierigkeiten führen. Agglomerationsgemeinden grosszentraler Regionen gehören nicht zu den Problemgemeinden im Infrastrukturbereich. Einen sehr hohen Anteil an Problemgemeinden gibt es mit gut 20 Prozent nur in bezug auf die Abfallentsorgung. Überdurchschnittliche Werte haben sie jedoch nur bei den beiden Verkehrsaufgaben. In Agglomerationsgemeinden kleinzentraler Regionen sind 3 Aufgaben zentral: Abfallentsorgung, Raumplanung und Prüfung der Baugesuche. Bei den anderen Aufgaben liegen sie in etwa im Durchschnitt. Die ländlichen Gemeinden widerspiegeln halbwegs genau die gesamtschweizerischen Werte, mit zwei Ausnahmen: Bei der Abwasserentsorgung existieren in ländlichen Gebieten deutlich mehr Gemeinden mit akuten Problemen als in den Agglomerationen. Umgekehrt bezeugen beim öffentlichen Verkehr unterdurchschnittlich viele Gemeinden ihre Schwierigkeiten. 4.2.5 Wandel der politischen Auseinandersetzungen Die Häufigkeit der politischen Konflikte sagt einiges aus über das Interesse der Bevölkerung, an der Gestaltung politischer Prozesse teilzunehmen oder gegen missliebige Entscheide der kommunalen Behörden zu opponieren. Es ist anzunehmen, dass sich die Häufigkeit dieser politischen Auseinandersetzungen auch auf die Leistungsfähigkeit der kommunalen Verwaltungen auswirkt.Tabelle 33: Anteil Gemeinden mit akuten Problemen bei den Infrastrukturaufgaben nach der Zunahme der politischen Auseinandersetzungen in den Bereichen Bau Verkehr und Umwelt, in% Tabelle 33 zeigt denn auch anschaulich, dass ein eindeutiger Zusammenhang besteht zwischen der Zunahme politischer Auseinandersetzungen innerhalb der letzten zehn Jahre und dem Anteil an Problemgemeinden. Je eher die politischen Konflikte bei Infrastrukturthemen (Bau, Verkehr, Umwelt) zugenommen haben, desto eher haben die kommunalen Verwaltungen akute Probleme bei der Bewältigung der Infrastrukturaufgaben. Dieser Zusammenhang zeigt sich praktisch bei allen zehn Aufgaben, wobei er nicht bei allen in gleichem Masse ausgeprägt ist. Besonders signifikant ist der Zusammenhang bei den politisch sensiblen Verkehrsaufgaben, aber auch beim Baubewilligungsverfahren, der Raumplanung, Abfallentsorgung und Ortsbild- und Umweltschutz. Weniger ausgeprägt ist er dagegen bei den weniger umstrittenen Aufgaben Wasserver- und Abwasserentsorgung sowie bei den öffentlichen Bauten. 4.2.6 Aufgabenverlagerung zwischen kommunaler und kantonaler Ebene Im Infrastrukturbereich hat seit Mitte der 80er Jahre tendenziell eine Verlagerung der Aufgaben von den Kantonen zu den Gemeinden stattgefunden. Besonders deutlich zeigt sich diese Aufgabendelegation an die unterste staatliche Ebene im Bauwesen, bei den Entsorgungsaufgaben, beim Umwelt- und Naturschutz und bei der Zonenplanung. Es liegt auf der Hand, dass ein Anstieg des Aufgabenvolumens die Gemeinden in ihrer Leistungsfähigkeit stark beschränkt.Tabelle 34: Anteil der Gemeinden mit akuten Problemen bei den Infrastrukturaufgaben nach den Aufgabenverschiebungen zwischen kommunaler und kantonaler Ebene Diese Annahme wird denn auch in Tabelle 34 bestätigt. Gemeinden in denen eine Verlagerung vom Kanton Richtung Gemeinde stattgefunden hat, sind bei allen zehn Infrastrukturaufgaben im Durchschnitt häufiger mit dringlichen Problemen konfrontiert als die übrigen Gemeinden. Am klarsten ist der Zusammenhang zwischen der Aufgabenvermehrung und Problemen bei der Durchführung der Aufgaben in den Bereichen Raumplanung, Ortsbildschutz und Baubewilligungsverfahren. Umgekehrt könnte angenommen werden, dass eine Aufgabenverlagerung von der Gemeinde zum Kanton zu einer Entlastung der Verwaltungen führt. Dem ist aber in den meisten Fällen nicht so. Bei sieben der zehn Infrastrukturaufgaben sind die Gemeinden, die Aufgaben an den Kanton abgegeben haben (abgeben mussten) häufiger mit akuten Problemen konfrontiert als solche, deren Aufgabenverteilung mit dem Kanton konstant geblieben sind. Im Verlauf der späten 80er und frühen 90er Jahre hat in der Schweiz ein eigentlicher Bauboom stattgefunden. 60 Prozent der Gemeinden sprechen in dieser Zeitspanne von einer Zunahme der Bautätigkeit (vgl. Tabelle 1). Diese Ausweitung der Bautätigkeit sollte eigentlich ihre Spuren bei der Bewältigung der Infrastrukturaufgaben hinterlassen. Der Einfluss der Bautätigkeit hält sich jedoch im Rahmen, wie Tabelle zeigt.Tabelle 35: Anteil Gemeinden mit akuten Problemen bei den Infrastrukturaufgaben nach dem Wandel der Bautätigkeit, in % Es kann nur bei vier Infrastrukturaufgaben ein Zusammenhang zwischen einer Zunahme der Bautätigkeit und akuten Problemen festgestellt werden (vgl. Tabelle 35). Ganz eindeutig sind sie eigentlich nur, naturgemäss, beim Baubewilligungsverfahren, wo vermehrtes Bauen sich unvermittelt auf die Beanspruchung der Gemeindeverwaltung auswirkt. Ein etwas abgeschwächter Zusammenhang besteht bei der Raumplanung, dem Ortsbildschutz und den öffentlichen Bauten. Gar keinen Zusammenhang gibt es hingegen bei der Abfall- und Abwasserentsorgung, bei der Wasserversorgung und beim öffentlichen Verkehr. Ein erstaunliches Ergebnis ist im Vergleich zwischen den Gemeinden mit unveränderter und abgenommener Bautätigkeit entstanden. Gemeinden mit verminderter Bauaktivität weisen fast durchwegs (Ausnahme Ortsbildschutz) einen höheren Anteil an Problemgemeinden auf als Gemeinden mit gleichgebliebener Bautätigkeit. Dieses paradoxe Resultat kann vielleicht dadurch erklärt werden, dass viele Gemeinden mit Zentrumsaufgaben von einer reduzierten Bautätigkeit betroffen gewesen sind (anders als ein Grossteil der Wohngemeinden), die aber eben aus Gründen der Zentralität im Infrastrukturbereich problemanfälliger sind. Die Zunahme der Bautätigkeit taugt zusammenfassend nur sehr bedingt als Indikator für akute Probleme im kommunalen Infrastrukturbereich. Die Mehrzahl der Aufgaben funktioniert (oder funktioniert nicht) unabhängig von der Bautätigkeit in der Gemeinde. Auch wenn es heute den Anschein macht, dass die Umweltproblematik und damit auch Themen aus dem Infrastrukturbereich in der öffentlichen Diskussion nicht mehr "an erster Stelle stehen und sich die Gewichte eher in Richtung soziale Probleme verschoben haben (vgl. TA vom 27.2 95: Drogen "in", Umwelt "out"), haben viele Gemeinden auch Mitte der 90er Jahre noch grosse Mühe, ihre Infrastrukturaufgaben zu erfüllen. So sind die Abfallentsorgung, die Raum- und Zonenplanung, die Abwasserentsorgung und das Baubewilligungsverfahren (in dieser Reihenfolge) die kommunalen Aufgaben, bei denen am meisten Gemeinden stark beansprucht werden. Insgesamt kämpft beinahe jede sechste Schweizer Gemeinde bei mindesten vier der 10 Infrastrukturaufgaben mit akuten Problemen, d. h. bei mindestens vier der zehn Aufgaben ist sie überfordert, indem. die Belastung stark und zunehmend ist und die Leistungsgrenzen von Verwaltung und Behörden erreicht oder überschritten sind. Dabei steigt der Anteil der überforderten Gemeinden mit zunehmender Bevölkerungsgrösse minim an; bei den Kleingemeinden beträgt der Anteil 10 Prozent, bei den Städten sind es mit 20 Prozent doppelt so viele. Dieses Ergebnis ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass Umweltschutzthemen in kleinen Gemeinden nicht oder nur marginal thematisiert sind, während Aufgaben mit einer starken ökologischen Dimension wie Umweltschutz oder Verkehrsfragen in den Städten nach wie vor von zentraler Bedeutung sind. Generell kann gesagt werden, dass mit zunehmender Gemeindegrösse auch der Umfang der Infrastrukturaufgaben steigt und damit auch die Belastung der Verwaltung und der Behörde. Mit einer Professionalisierung der Verwaltung kann diese Mehrbelastung jedoch in bestimmten Aufgabenbereichen aufgefangen werden. Es handelt sich um Aufgaben, die viel Fachwissen verlangen und durch Gesetze und Verordnungen stark reglementiert sind. Zu nennen sind hier in erster Linie die Raunmplanung und das Baubewilligungsverfahren. Bezeichnenderweise bekunden hier vor allem mittelgrosse Gemeinden am meisten Mühe, die einerseits von ihrer Grösse her mit relativ komplexen und schwierigen Infrastrukturaufgaben konfrontiert sind, andererseits aber zu klein sind, um sich eine professionalisierte und ausdifferenzierte Administration leisten zu können. Anders sieht es bei inhaltlich schwieriger zu fassenden Aufgaben wie dem Schutz der Umwelt und den politisch sehr umstrittenen Verkehrsaufgaben aus. Sie sind von der Administration nicht in den Griff zu bekommen, weil auf der politischen Ebene kein Konsens über Strategien und Konzepte besteht. Zu den wichtigsten Determinanten für eine Überforderung der Admistration oder der Behörden zählen folgerichtig die Übernahme von Zentrumsfunktionen einer Gemeinde für das Umland und die Zunahme politischer Konflikte bei Infrastrukturthemen. Zu den Gemeinden mit Zentrumsfunktionen zählen neben den Agglomerationszentren auch grössere ländliche Gemeinden und dort vor allem Tourismusgemeinden mit ihren in der Hauptsaison stark ansteigenden Bevölkerungszahlen. Daneben ist aber der Einfluss der Einfluss Aufgabenverlagerungen zwischen Kanton und Gemeindeebene nicht zu unterschätzen. Bemerkenswert ist, dass sowohl Gemeinden, denen vom Kanton zusätzlich Aufgaben aufgebürdet werden, als auch in einem geringeren Mass Gemeinden, denen Aufgaben weggenommen werden, häufiger überfordert sind als Gemeinden, bei denen nach ihrer Meinung kein Aufgabentransfer stattgefunden hat. Erklärbar ist es dadurch, dass Aufgaben nicht nur eine Belastung darstellen, sondern für aktive kommunale Verwaltungen auch eine Chance bedeuten, neue Handlungsoptionen zu erarbeiten und eigene Fähigkeiten und Kapazitäten offensiv umzusetzen. Werden ihnen vom Kanton Aufgaben entzogen, können Konflikte um Kompetenzen entstehen, die die betroffenen Gemeinden belasten können. Hohe und zunehmende Belastung muss folglich nicht zwangsläufig zu einer Überforderung des politisch-administrativen Systems führen, sondern sie kann auch als Chance angesehen werden, nicht genutztes Potential zu aktivieren und neue Handlungsmöglichkeiten zu erschliessen. Dazu müssen jedoch in der Verwaltung die nötigen Voraussetzungen geschaffen werden. Zu denken ist hier beispielsweise an Vereinfachung von Entscheidungsprozessen oder an Verwaltungstätigkeit, die kundenorientierter ausgerichtet ist und sich mehr an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger orientiert als an administrativen Leitlinien. Umgekehrt ist eine Überforderung nicht immer auf eine hohe Belastung zurückzuführen. Vor allem kleinere Gemeinden sind vielfach gar nicht belastbar, weil die fachlichen Voraussetzungen in der Verwaltung nicht vorhanden sind und es auch an Erfahrung im Umgang mit Problemen fehlt. So sind sie häufig bei neuen und ungewohnten Aufgaben schon im voraus überfordert und neigen dazu, Probleme passiv auszusitzen oder an andere Gemeinden mit grösseren Kapazitäten abzuschieben. Blanc, Jean Daniel, 1994. Planlos in die Zukunft? Zur Bau- und Siedlungspolitik in den 50er Jahren. In: Blanc, Jean Daniel und Luchsinger, Christine (Hrsg.), achtung: die 50er Jahre, S. 71-95. Bundesamt für Statistik, 1988. Statistische Berichte, Nr. 1: Bevölkerung. Typologie der Gemeinden der Schweiz. Ein systematischer Ansatz nach dem Zentren-Peripherie-Modell. Bundesamt für Statistik, 1994. Öffentliche Finanzen der Schweiz 1991. Bundesamt für Statistik, 1995. Sozialstruktur der Schweiz. Sozio-professionelle Kategorien. Flückiger, Hans, 1995. Raumplanung im Spannungsfeld zwischen Trend und Steuerung. In: Pfister, Christian, Das 1950er Syndrom, S. 333-351. Güller, Peter, 1969. Zur Problematik der Infrastruktur. In: Schriftenreihe für Orts-, Regional- und Landesplanung, Infrastruktur, S. 5-14. Kriesi, Hanspeter (u.a.), 1981. Politische Aktivierung in der Schweiz 1945 - 1978. Pfister, Christian, 1995. Das "1950er Syndrom": Die umweltgeschichtliche Epochenschwelle zwischen Industriegesellschaft und Konsumgesellschaft. In: Ders., Das 1950er Syndrom, S. 51-97. Salzburger Institut für Raumforschung, 1988. Siedlungsstruktur und Infrastrukturaufwand. Auswirkungen unterschiedlicher Siedlungsstruk-turen auf den Aufwand für die kommunale Infrastruktur. Schäfer, R./Stricker, H.J., 1989. Die Aufgaben der Gemeinden und ihre Entwicklung. In: Gabriel, Oscar W., Kommunale Demokratie zwischen Politik und Verwaltung, S. 35-59. Scheidegger, Urs, 1995. Das Unternehmen Gemeindetiefbau unter dem Management der Demokratie. In. 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B. die Überschreitung von Grenzwerten der Luftreinhalteverordnung, sondern Ereignisse, in denen Bürgerinnen und Bürger zu Umweltfragen aktiv werden, also beispielsweise gegen die Luftverschmutzung demonstrieren (Zwicky 1993: 9) [zurück]2 Diese Zahlen basieren auf drei Datensätzen, eine für den Zeitraum 1945-1978 und zwei für die Jahre 1978-1989. Für das Jahr 1978 überschneiden sich zwecks Datenverknüpfung die drei Datensätze. Für die Datenerhebung wurden jeweils eine unterschiedliche Anzahl von Zeitungen und Jahrbüchern beigezogen. Für nähere Angaben vgl. Zwicky 1993: 3. [zurück] 3 Mit dem Begriff "wohlhabend" sind nicht die Rechnungsabschlüsse der Gemeinden gemeint, sondern der reale Ertrag aus der Einkommens- und Vermögenssteuer der natürlichen und juristischen Personen pro Kopf aller Gemeindebewohner. [zurück] 4 Mit den vier Faktoren lassen sich 67.5 Prozent der in den 10 Ausgangsvariablen enthaltenen Varianz erklären. Der Beitrag des ersten Faktors beträgt 36.1 Prozent, des zweiten 13, des dritten 9,9 und des vierten 8.4 Prozent. Auf dem ersten Faktor laden die Aufgaben Raumplanung mit .82, der Ortsbildschutz mit .74 und die Prüfung der Baugesuche mit .73. Auf dem zweiten Faktor sind es Wasserversorgung mit .83 und Abwasserentsorgung mit .80, auf dem dritten Faktor laden privater Verkehr mit .81 und öffentlicher Verkehr mit .79. Auf dem vierten Faktor schliesslich laden Umweltschutz mit .82 und Abfallentsorgung mit .74. [zurück] 5 Die sozioprofessionellen Kategorien der intermediären und qualifizierten nicht-manuellen Berufe bilden den Kern der neuen Mittelschichten. Sie sind beschrieben in: Bundesamt für Statistik, 1995. Sozialstruktur der Schweiz; S. 73-77. [zurück] 6 Diese Einteilung gilt für die Romandie und das Tessin nicht. In diesen Gegenden entfällt bei der Abfallentsorgung die ökologische Seite, und sie bildet mit der Abwasserent- und der Wasserversorgung einen gemeinsamen Faktor. [zurück] 7 Eine Untersuchung an Salzburger Gemeinden hat festgestellt, dass ein nachweisbarer Zusammenhang zwischen der Siedlungsstruktur, dem Ausmass der Konzentration oder Verteilung der Gebäude im Gemeindegebiet, und dem Aufwand für die raumabhängigen Infrastrukturanlagen wie z. B. Kanalisationen besteht (Schriftenreihe des Salzburger Institutes für Raumforschung, 1988. Siedlungsstruktur und Infrastrukturaufwand). Besonders eindrücklich sind die Unterschiede bei den anfallenden Kosten. "Am Beispiel der Abwasserentsorgung lässt sich zeigen, dass sowohl bei den Investitionskosten als auch bei den laufenden Folgelasten die Kosten bei einer stark 'zersiedelten Gemeinde (...) das Mehrfache der entsprechenden Kosten betragen können, wie sie in einer stärker konzentriert besiedelten Gemeinde (...) anfallen" (S. 77). [zurück] 8 Nähere Angaben über die Gemeindetypen: Bundesamt für Statistik, 1988. Statistische Berichte, Nr. 1: Bevölkerung. Typologie der Gemeinden der Schweiz. Ein systematischer Ansatz nach dem Zentren-Peripherie-Modell. [zurück] |
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aktualisiert am 21.10.2011