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Baubewilligung in der Gemeinde Eine vergleichende Studie über den formalen Aufbau des Vollzugsapparates im kommunalen Bauwesen am Beispiel der Gemeinden des Kantons Zürich von Urs Meuli Zürich, Januar 1997 Inhalt Dieser Bericht bietet einen Überblick über die kommunalen Vollzugsapparate, die für das Baubewilligungsverfahren zuständig sind. Am Beispiel von 25 Gemeinden des Kantons Zürich soll die Vielfalt der Organisationsformen im kommunalen Baubereich aufgezeigt werden. Die Idee der Gemeindeautonomie ist in diesem Bereich so präsent, dass es nur mit Mühe gelingt, zwei Gemeinden zu finden, die den Vollzugsapparat auf die gleiche Weise organisiert haben. Neben der fehlenden interkommunalen Zusammenarbeit sind dafür aber auch Unterschiede in der Bevölkerungsstruktur und der Gemeindegrösse verantwortlich.Inhaltsverzeichnis
Der vorliegende Bericht soll am Beispiel der Durchführung des Baubewilligungsverfahrens Rückschlüsse auf das Leistungsvermögen des politisch-administrativen Systems der Schweizer Gemeinden zulassen. Er soll untersuchen, inwiefern die Gemeinden in der Lage sind, auf den Anstieg kommunalpolitischer Fragen- und Problemstellungen in angemessener Weise zu reagieren. Dafür hat sich das Bauwesen als idealer Verwaltungszweig angeboten, weil gesellschaftlich bedingte Veränderungen der öffentlichen Aufgaben hier besonders deutlich werden, indem z.B. im Baubereich das Anwachsen umweltpolitischer Forderungen und Regulierungen ständig neue Problemlagen erzeugt. Neben der Zunahme gesetzlicher Auflagen von Kantonen und Bund hat aber auch der Partizipationswille interessierter Kreise der Bevölkerung beim Baubewilligungsverfahren drastisch zugenommen und dieses damit zusätzlich erschwert. Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, sich einen Überblick über die unterschiedlichen formalen Organisationsformen der kommunalen Vollzugsapparate, die für das Baubewilligungsverfahren zuständig sind, zu verschaffen. Der Grund, wieso ich mich bei der Bauverwaltung für das Baubewilligungsverfahren entschieden habe und nicht für den Bereich der Raumplanung liegt darin, dass die Anstrengungen der Gemeinden für raum planerische Zwecke wie Erstellen eines Nutzungs- und evtl. auch eines Richtplanes zeitlich befristet sind und daher nicht einen dauerhaften Verwaltungsapparat nötig machen. So haben heute fast alle Gemeinden ihre planerischen Aufgaben mehr oder weniger erfüllt, so dass dieser Bereich in der Verwaltung zur Zeit etwas in den Hintergrund gerückt ist. Anders verhält es sich mit dem Baubewilligungsverfahren. Auf diesem Gebiet haben die Anforderungen an die Baubehörden in letzter Zeit nicht nur zuge nommen, sondern die Problematik des Baubewilligungsverfahren hat in der Öffentlichkeit deutlich an Aktualität gewonnen und ist zum Mittelpunkt einer politischen Auseinandersetzung geworden. Umweltschutzkreise sehen im Bewilligungsverfahren ein Instrument zum Schutz und zur Bewahrung des öf fentlichen Raumes, während Interessenvertreter der Wirtschaft darin vor allem ein Verhinderungsmittel für eine prosperierende Wirtschaftsentwicklung sehen und das Bewilligungsverfahren zu einem Sündenbock der momentanen wirt schaftlichen Rezession stempeln. Daneben befinden sich die kommunalen Bewilligungsinstanzen im Clinch zwischen einer dramatischen Zunahme der gesetzlichen Auflagen von Bund und Kantonen auf der einen Seite und gestiege nen Ansprüchen der Bevölkerung, deren Beamtengläubigkeit rapide gesunken ist und die sich heute eher zutraut, ihren Interessen Nachdruck zu verschaffen, auf der anderen Seite. Dazu bedeutet die Auseinandersetzung mit den Baugesuchen privater Bauherren für die Bauverwaltung tägliche Knochenarbeit. Dabei reicht die Gesuchspalette von der Erstellung neuer Fenster oder Gartenhäuschen bis zu politisch heiklen Grossüberbauungen oder komplizierten Umbauten in Kernzonen. Neben einem grossen Teil von Routineverfahren ist die Bauverwaltung auch mit Projekten konfrontiert, die von ihr ein beachtliches Mass an kreativen und ko operativen Fähigkeiten verlangt. Sie muss nicht nur als Mittlerin zwischen mei stens konfligierenden Interessen von Bauherren und Bevölkerung auftreten, sondern ist in vielen Fällen gezwungen, eigene Lösungsvorschläge zur Weiterentwicklung umstrittener und blockierter Bauvorhaben zu erarbeiten. Die kommunale Bauverwaltung ist somit in zweifacher Hinsicht gefordert: Erstens muss sie ihre Administration so weit professionalisieren und formalisie ren, dass sie Routineverfahren, bei denen ein immer grösserer Gesetzesumfang verarbeitet werden muss, effizient und gesetzeskonform erledigen kann. Zweitens muss sie die organisatorischen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die zunehmende Prozesshaftigkeit der Verfahrensabläufe vom Vollzugsapparat adaptiert werden kann. Bei der Auswahl der Gemeinden habe ich mich aus folgenden Gründen auf den Kanton Zürich beschränkt:
In jeder der fünfundzwanzig kommunalen Bauverwaltungen führte ich eine mündliche Befragung mit einem zuständigen Spezialbeamten oder, wenn es keinen solchen gab, mit dem Gemeindeschreiber durch. Die Befragung hatte die Form eines infor mativen Gesprächs. Zentrales Befragungsthema war der formale Aufbau der Baubehörde. Daneben ergaben sich aber, je nach dem Erfahrungsschatz, der Interessenlage und der Auskunftsfreudigkeit der Beamten, zusätzliche Gespräche über die Geschichte der Bauverwaltung, angestrebte Veränderungen oder bestehende Probleme innerhalb der Behörde, die zum Teil auch in den Bericht einflossen. Der erste Teil des Berichtes ist der Befragung, den sozialen Prämissen in den Gemeinden und den formalen Voraussetzungen gewidmet (Kap. 2 bis 5). In Kapitel 6 analysiere ich abschliessend die untersuchten kommunalen Bauverwaltungen. Die meisten von ihnen verfügen dabei über ein ähnliches Grundmuster, indem sie im wesentlichen aus einer Entscheidungsinstanz, einer Beratungsinstanz und der Administration bestehen. Die Ausgestaltung dieser drei Ebenen und ihr Verhältnis zueinander ist jedoch stark von der Gemeindegrösse und zu einem gewissen Teil auch von der sozio-ökonomischen Bevölkerungsstruktur ab hängig. Das Ziel dieses Kapitels besteht darin, aus der Vielfalt der Organisationsformen einige Organisationstypen herauszuschälen, die für bestimmte Gemeinden typisch sind.
2.1 Die Befragungsmethode Die gesamte Befragung der Bauverwaltungen teilte sich in zwei Phasen mit unter schiedlichen Methoden und Zielsetzungen. Die erste Phase bestand aus einer münd lichen Befragung von Spezialbeamten der Bauverwaltung oder Gemeindeschreibern in fünfundzwanzig Gemeinden des Kantons Zürich. Das Ziel dieser Befragung lag darin, sich einen Überblick über die unterschiedlichen formalen Organisationsformen der kommunalen Vollzugsapparate, die für das Baubewilligungsverfahren zuständig sind, zu verschaffen.In einer zweiten Phase ging es darum, anhand der Ausführung des Baubewilligungsverfahrens Rückschlüsse auf das Leistungsvermögen des politisch-administrativen Systems der Schweizer Gemeinden zu ziehen und zu untersuchen, inwiefern sie in der Lage sind, auf den Anstieg kommunalpolitischer Frage- und Problemstellungen in angemessener Weise zu reagieren. Zu diesem Zweck führte ich zahlreiche Expertengespräche mit Exponenten von kommunalen Bauverwaltungen durch. Aus den fünfundzwanzig Gemeinden der ersten Befragung wählte ich fünf aus. In jeder dieser fünf Gemeinden befragte ich zumindest einen Spezialbeamten und den Vertreter der Exekutive, den Bau- oder Hochbauvorstand. Es handelte sich dabei um explorative, relativ unstrukturierte Gespräche, die auf den Erfahrungen der ersten Befragung aufgebaut waren. Ich gehe an dieser Stelle nicht weiter auf diese Exponentengespräche ein, weil sie die Grundlage für eine zweite Arbeit bilden und dort noch eingehend beschrieben werden. In der vorliegenden Arbeit tauchen zwar manchmal Ergebnisse dieser Gespräche auf, sie dienen aber vor allem zur Illustration und Ergänzung der ersten Befragung. Die erste Befragung war teils strukturiert, teils hatte sie explorativen Charakter. Das Gespräch beinhaltete drei zentrale Fragestellungen:
Zuerst bestand die Absicht, die Durchführung des Baubewilligungsverfahrens an einem Fallbeispiel zu beschreiben. Es zeigte sich indessen bald, dass die Organisationsformen je nach Gemeinde so stark variierten, dass sich ein Vergleich zwischen mehreren kommunalen Verwaltungen geradezu aufdrängte. Wenig sinnvoll erschien es - im Rahmen der beschränkten Möglichkeiten dieses Forschungsberichtes - Gemeinden aus mehreren Kantonen auszuwählen, weil die gesetzlichen Vorgaben in qualitativer und quantitativer Hinsicht von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlich sind und damit Vergleiche zwischen Gemeinden mit unterschiedlicher Kantonszugehörigkeit nur sehr beschränkt aussagekräftig sind. Aus diesen Gründen lag es nahe, sich auf die Untersuchung von kommuna len Bewilligungspraxen eines einzelnen Kantones zu beschränken. Dabei bot sich der Kanton Zürich aus zwei Gründen an:
Das oberste Kriterium bei der Auswahl war die Grösse der Gemeinde. Vor allem bei kleinen Gemeinden hat sich gezeigt, dass beim Umfang der Verwaltung der Einfluss der Gemeingegrösse von vorrangiger Bedeutung ist (vgl. Geser 1985). Ich habe die Zürcher Gemeinden in fünf Grössenkategorien eingeteilt und aus jeder Kategorie fünf Gemeinden unter Berücksichtigung der Gemeindetypologie für die Befragung aus gewählt. Die fünf Kategorien:
Die ausgewählten Gemeinden im einzelnen: Kleine Gemeinden Boppelsen: 829 Einwohner. Periurbane Gemeinde einer grosszentralen RegionTrüllikon: 975 Einwohner. Gemeinde mit agrar-industrieller Erwerbsbevölkerung Marthalen: 1'586 Einwohner. Gemeinde mit agrar-industrieller Erwerbsbevölkerung Mettmenstetten: 2'876 Einwohner. Gemeinde mit industriell-tertiärer Erwerbsbevölkerung Elgg: 3'379 Einwohner. Gemeinde mit industrieller Erwerbsbevölkerung Kleine bis mittlere Gemeinden Weiningen: 3'500 Einwohner. Suburbane Wohngemeinde einer grosszentralen RegionRussikon: 3'669 Einwohner. Periurbane Gemeinde einer nicht-grosszentralen Region Nürensdorf: 3'946 Einwohner. Periurbane Gemeinde einer grosszentralen Region Oberglatt: 4'337 Einwohner. Suburbane Wohngemeinde einer grosszentralen Region Erlenbach: 4'377 Einwohner. Reiche Gemeinde Mittlere Wohn-Gemeinden Wangen-Brüttisellen: 4'694 Einwohner. Suburbane Wohngemeinde grosszentraler RegionBirmensdorf: 4'744 Einwohner. Reiche Gemeinde Fällanden: 6'489 Einwohner. Suburbane Wohngemeinde grosszentraler Region Kilchberg: 7'081 Einwohner. Reiche Gemeinde Affoltern a.A.: 9'461 Einwohner. Arbeitsplatzgemeinde einer grosszentralen Region Mittlere bis grosse Arbeitsplatz-Gemeinden Rüti: 10'513 Einwohner. Arbeitsplatzgemeinde einer nicht-grosszentralen RegionStäfa: 10'539 Einwohner. Arbeitsplatzgemeinde einer grosszentralen Region Wallisellen: 11'216 Einwohner. Arbeitsplatzgemeinde einer grosszentralen Region Volketswil: 12'241 Einwohner. Arbeitsplatzgemeinde einer grosszentralen Region Regensdorf: 13'673 Einwohner. Arbeitsplatzgemeinde einer grosszentralen Region Schlieren: 13'814 Einwohner. Arbeitsplatzgemeinde einer grosszentralen Region Grosse Gemeinden Illnau- Effretikon: 14'566 Einwohner. Suburbane Wohngemeinde einer grosszentralen RegionAdliswil: 15'776 Einwohner. Suburbane Wohngemeinde einer grosszentralen Region Wädenswil: 19'440 Einwohner. Arbeitsplatzgemeinde einer grosszentralen Region Uster: 25'182 Einwohner. Kleinzentrum Das öffentliche Baurecht und die Baubewilligung mit ihrem Umfeld sind heute aktu eller denn je. Der schweizerische Siedlungsraum veränderte und erweiterte sich in den letzten Jahren enorm. Die Siedlungen dehnten sich in bisher nur dünn bewohnte Landschaften aus und grosse zusammenhängende Gebiete wurden überbaut. Die Bausubstanz hat sich in dieser Zeitspanne mehr als verdoppelt. Dieser "Siedlungspolitik" ist aber zunehmend Opposition erwachsen. Es wuchs die Einsicht, dass der öffentliche Raum mit planerischen Massnahmen strukturiert werden müsse, um Lebensqualität auch für spätere Generationen zu erhalten. Es wurde denn in der Folge ein differenziertes Gesetzeswerk geschaffen, das die Bautätigkeit in der Schweiz heute regelt. Gleichzeitig hat ein ungewöhnlich starker gesellschaftlicher Wandel stattgefunden. Zentral war in den letzten Jahrzehnten die Veränderung der Beschäftigungsstruktur mit dem Übergang von der Agrar- und Industriegesellschaft zur heutigen Dienstleistungsgesellschaft. Dieser fundamentale Wandel bewirkt auch Veränderungen im politischen Bewusstsein der Bevölkerung, die unter anderem auch ihr Verhältnis zu den staatlichen Institutionen erneuert hat. Obrigkeitliches Verhalten ist durch eine behördenkritische Einstellung und partizipatives Denken abgelöst wor den. Die umfangreiche Gesetzgebung im öffentlichen Baurecht ist heute aber nicht mehr unumstritten. Interessenvertreter der Umweltverbände fordern eine stärkere Gewichtung des Umwelt- und Naturschutzes in den Gesetzen. Interessenvertreter der Wirtschaft betrachten hingegen, das ihrer Ansicht nach aufgeblähte Baubewilligungswesen als wesentlich mitverantwortlich für die heutige wirtschaft liche Rezession und fordern deshalb eine - zumindest punktuelle - Redimensionierung der Gesetzgebung fordern. In diesem zunehmend schwieriger werdenden Umfeld kommen die Gemeinden nicht umhin, ihre Behörden- und Verwaltungsstruktur den neuen Verhältnissen anzupas sen. Dieses Kapitel beschreibt zur Hauptsache die Probleme der kommunalen Baubehörden, aber auch der Gemeinden, und versucht, den aktuellen Stand der öf fentlichen Diskussion um das Baurecht wiederzugeben. Im Staatsaufbau der Schweiz kommt den Gemeinden seit jeher eine grosse Bedeutung zu. Für den Hauptteil der lokalen Aufgaben sind die Gemeinden selbst verantwortlich und können autonom entscheiden. Die übergeordneten staatlichen Einheiten, Bund und Kantone, sind im Sinne des Subsidiaritätsprinzips nur für diejenigen Bereiche zuständig, die die Gemeinden mit ihren begrenzten Ressourcen und Mitteln nicht alleine bewältigen können. Trotz Bevölkerungswachstum und gesellschaftlichem Wandel hat sich die Zahl der Gemeinden seit der Gründung des Bundesstaates erstaunlich minim verän dert. Bestand die Schweiz im Jahre 1848 aus 3'203 Gemeinden, so zählt sie heute immer noch 3'021. [2] Dieser Umstand erklärt zu einem guten Teil, warum die Schweizer Gemeinden immer noch relativ klein sind. Die durchschnittliche Einwohnerzahl liegt bei gut 2'000 und fast die Hälfte aller Gemeinden weist eine Bevölkerungszahl auf, die kleiner als 500 ist. Der einschneidende gesellschaftliche Wandel, der die Schweiz in den letzten Jahrzehnten geprägt hat, zeigt sich eindrücklich in der Neustrukturierung der soziodemographischen Landkarte. Die hohe Intensität der Bevölkerungsentwicklung in der Schweiz im allgemeinen und im Kanton Zürich mit seinem mächtigen Zentrum im besonderen ist von zwei Migrationstendenzen massgeblich geprägt. Zum ersten gibt es eine grossräu mige Wanderungsbewegung von den Peripherien in die Zentren, bedingt durch die fortschreitende Umstrukturierung der Wirtschaftssektoren. Dies führt zu einer Ballung von Wirtschaft und Bevölkerung auf engstem Raum. Die zweite Wanderungsbewegung ist als Reaktion auf die negativen Auswirkungen dieser Landflucht zu sehen. Man könnte sie als Wiedereroberung ländlichen Raumes durch die zu gross gewordene Stadt bezeichnen. Die Verdrängung von Wohnraum und die damit verbundene Abnahme der Lebensqualität führen zu einer Migration der neuen Mittelschichten [3] in die "grüne" Umgebung der Stadt. Gleichzeitig veranlasst die Verteuerung des Bodens im Zentrum aber auch die Wirschaftsbetriebe, ihre Standorte vermehrt in die umliegenden Gemeinden zu verlegen, was schliesslich die Ausweitung der Agglomerationsgebiete zur Folge hat. Der Urbanisierungsprozess begann in der Schweiz um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Wohnten 1850 erst gut 6% der Bevölkerung in Städten, so stieg dieser Anteil bis 1910 auf ein Viertel und bis 1980 auf 61,5% (Bassand 1988: 19). Bis zum Zweiten Weltkrieg konzentrierte sich das Wachstum auf die gros sen Städte, seither erfasst dieser Prozess den Grossteil des Landes.Während das Bevölkerungswachstum in den grossen Zentren in den sechziger Jahren gestoppt wurde und seither die Entwicklung sogar leicht rückläufig ist, wuchs die Agglomerationsbevölkerung bis anfangs achtziger Jahre enorm an. Seither hat sich das demographische Wachstum in der Schweiz stark verlangsamt und ist zum Teil zum Stillstand gekommen. Nur in den äusseren Agglomerationsgürteln sind die Gemeinden (noch) im Wachstum begriffen. Die dargestellten demographischen Entwicklungen haben die traditionelle Territorialgliederung der Gemeinden in Frage gestellt. Eine auf hoher Mobilität beruhende Gesellschaft ist nicht mehr darauf angewiesen, ihre Lebenswelt auf den Wohnort zu beschränken. Das moderne Arbeits- und Freizeitverhalten führt über die Gemeindegrenzen hinaus und der kommunale Raum verliert seine Bedeutung als identitätsstiftender, unmittelbarer Lebensbereich (Ladner 1991: 3). Ebenso haben die heutigen gesellschaftlichen Probleme globale Ausmasse angenommen und liegen somit nicht mehr in der Entscheidungskompetenz kommunaler Einheiten. Dadurch scheinen "politische Gemeinden immer mehr den Charakter willkürlich abgegrenzter verwaltungsrechtlicher Kunstgebilde zu erhalten" (Geser et al. 1987: 3). Seit den siebziger Jahren macht sich jedoch gleichzeitig eine Gegenbewegung bemerkbar, die den Rückzug in die Kleinräumigkeit propagiert. Den unpersön lichen gesellschaftlichen Megastrukturen soll eine vom Individuum wieder er lebbare konkrete Welt entgegengesetzt werden. Dadurch hat das Interesse an der lokalen Politik in den letzten zwei Jahrzehnten erheblich zugenommen. Die Gemeinden stehen wieder vermehrt im Mittelpunkt konfliktreicher politischer Auseinandersetzeungen. Antriebsmotor dieses neuerwachten Engagements ist unzweifelhaft die Sensibilisierung weiter Bevölkerungskreise für Umweltprobleme. Die Bürger und Bürgerinnen erwarten von ihrer Gemeinde, dass sie sich mit Umwelt- und Verkehrsproblemen sowie mit Fragen der Gestaltung des Lebens- und Wohnraumes auseinandersetzt und Lösungsvorschläge präsentiert. Linder stellt einen schon fortgeschrittenen Wandel politischer Präferenzen fest, der auf den Umweltschutz zurückzuführen sei. Zwar sei dieser Prozess von der grünen und linken Seite ausgegangen und dort auch weiterhin am stärksten verbreitet. Heute seien aber an der Basis fast aller politischen Gruppierungen Veränderungen in dieser Richtung feststellbar (vgl. Linder 1988).
3.2 Das Dilemma der kommunalen Behörden Diesem steigenden Druck seitens der eigenen Bevölkerung steht gleichzeitig eine Zunahme der gesetzlichen Verordnungen von Bund und Kantonen gegen über. Die politisch-administrative Gemeindebehörde sieht sich dadurch mit einer steten Zunahme von Vollzugsaufgaben konfrontiert und gleichzeitig wer den ihre Kompetenzen erheblich eingeschränkt. Immer, wo gesellschaftliche Veränderungen neue administrative Probleme und Aufgaben auftauchen lassen, ist die Gemeinde als "periphere Grenzstation des Staates zur Gesellschaft" (vgl. Lipsky 1976) als erste staatliche Ebene mit deren Vollzug konfrontiert.In diesem Spannungsverhältnis zwischen zunehmendem äusserem (Staat) und innerem (Bevölkerung) Umweltdruck gerät die Gemeindeadministration zu sehends in eine Situation, in der die Luft zum Atmen dünner zu werden droht. Kompliziert wird die Lage dadurch, dass administrative und politische Funktionen entgegengesetzte Ansprüche stellen. Während bei den Vollzugsaufgaben Effizienz und Möglichkeiten der Kontrolle übergeordneter Instanzen im Vordergrund stehen, sind in politischer Hinsicht vor allem mög lichst weitreichende eigene Kompetenzen von Bedeutung. Je mehr Vollzugsaufgaben aber von Bund und Kantonen auf die kommunale Ebene überwälzt werden, desto stärker werden die Entscheidungskompetenzen und die Autonomie der Gemeinden beschnitten. Nach Arzberger ( 1981: 16) besteht das Dilemma der Gemeinden demnach darin, "dass sie bei erweiterten Einzugs- und Aufgabenbereichen einerseits und eingeschränkten Mitteln und Entscheidungskompetenzen andererseits vor allem die legitimatorischen Lasten des politischen Prozesses behalten haben.". Die wachsenden Anforderungen an die administrativen Leistungen strapazieren die verfüg- und mobilisierbaren Ressourcen. Je grösser der Aufgabenberg sich vor den Gemeinden auftürmt, desto weniger Spielräume für eigene Entscheidungen bleiben ihnen. Gleichzeitig werden die kommunalen Themen zunehmend komplexer und Verflechtungen über die Gemeindegrenze hinaus können nicht mehr ignoriert werden. Trotzdem sind letztendlich die Gemeindebehörden für die Auwirkungen des politischen Prozesses verantwortlich. Die kommunale Verwaltung ist einge klemmt zwischen einer zunehmenden gesetzlichen Dichte und steigenden Ansprüchen der eigenen Bevölkerung. Sie sollte sich gegenüber dieser responsiv verhalten und ihr politische Äusserungs- und Gestaltungsmöglichkeiten bieten. Daher ist es für sie äusserst wichtig, gegenüber ihrer Umwelt als offene Organisation aufzutreten, die die Ansprüche und Erwartungen der Bevölkerung eruieren und entsprechend umsetzen kann. Die Bevölkerung einer Gemeinde kann allerdings nicht als homogene Einheit aufgefasst werden, sondern sie spaltet sich auf in unterschiedliche - zum Teil konfliktive - Interessen von individuellen und kollektiven Akteuren. Im Bauwesen treten die Widersprüche und das Konfliktpotential der einzelnen Interessen besonders stark ans Tageslicht. Die Hauptgruppen sind auf der einen Seite die Bauherren und die Bauwilligen sowie auf der anderen Seite die Nachbarn eines Bauprojektes. Die ersteren verlangen von einer Bauverwaltung, dass sie das Baurecht möglichst liberal und tolerant, also "baufreundlich" inter pretiert, während jeder neue Baukörper für die betroffenen Nachbarn eine in der Regel unerwünschte Beeinträchtigung ihres Lebensraumes bedeutet, womit sie an einer restriktiven Durchsetzung der Gesetze interessiert sind. Dazu beharren Umweltverbände auf einer umfassenden Berücksichtigung der Umweltschutzgesetze bei grösseren Bauprojekten. Wirtschaftsverbände wün schen eine rasche und effiziente Behandlung der Baugesuche, während andere Interessengruppen auf Transparenz und Mitbeteiligungsmöglichkeiten bei den Baubewilligungsverfahren pochen. Es gibt demnach für eine Bauverwaltung nicht die ideale Organisations- und Handlungsstrategie, sondern ihre Aufgabe besteht darin, in diesem Spanungsfeld widerstrebender Wertvorstellungen und Leistungserwartungen einen möglichst breit akzeptierten Kompromiss zu finden. Dabei können die kleinen Verwaltungseinheiten der Gemeinden viel rascher auf einen von aussen aufgezwungenen Wandel reagieren als grössere bürokratische Organisationen, die gegen Reorganisationsversuche sehr resistent sind und häufig nur die Erweiterung des Apparates mittels Schaffung neuer Stellung zulassen. Der Grund liegt darin, dass es sich bei den ersten um flexible Gebilde handelt, weil sie eher von einzelnen Personen als von formalisierten Strukturen und verfestig ten Traditionen geprägt sind (vgl. Geser 1981).
4 Kompetenzordnung zwischen den staatlichen Ebenen Das Baubewilligungsverfahren ist als rechtliches Steuerungsinstrument des Bau- und Raumplanungsrechts Teil einer umfassenden Gesetzesordnung, die die Bautätigkeit in der Schweiz regelt. Der Begriff Bau- und Planungsrecht ist eine Kurzformel für die sich auf Grund und Boden beziehenden öffentlichrechtlichen Vorschriften von Bund und Kantonen (Schürmann 1984: 19). Es ist im wesent lichen unterteilt in:
4.1 Kompetenzordnung zwischen Bund und Kantonen Die kantonale Gesetzgebung ist sachlich in der historisch und klimatisch be dingten Verschiedenheit der Wohn- und Siedlungsformen der Kantone begrün det (Schürmann 1984: 25). Die kantonalen Eigenheiten finden auch im Bauwesen ihren Ausdruck. Die bauliche Entwicklung, bedingt durch die Wachstumsschübe zwischen 1945 und 1975 haben jedoch die kantonalen Unterschiede zu einem grossen Teil verwischt. Rationalisierungsvorgänge im Bausektor führten sowohl zu einer Vereinheitlichung der Baustile als auch zu einer Uniformierung der kantonalen Baurechte (ebd.). Zusammen mit der Einsicht, dass der schweizerische Lebensraum durch eine zentrale Stelle koor diniert werden müsste, erleichterte dieser Prozess die Förderung der eidgenös sischen Raumplanungsgesetzgebung. Dennoch wird zuallererst die Bevölkerung einer Gemeinde oder einer Region von raumplanerischen Massnahmen besonders betroffen, was eine dezentralisierte Form der Bewältigung raumplanerischer Probleme verlangt. Um diesem Dilemma auszu weichen, wurde ein kompliziertes und diffiziles Rechtssystem geschaffen, das die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen regelt."Auf welcher Rechtsetzungsstufe ein bestimmtes raumplanerisches Problem geregelt werden soll, entscheidet sich somit durch eine Interessenabwägung zwischen dem Bedürfnis nach einer einheitlichen, gesamtschweizerischen Lösung und der Wahrung einer autonomen Entscheidungsmöglichkeit der Kantone. Es ist mit anderen Worten für jede geplante Regelung im Sinne des Subsidiaritätsprinzips abzuklä ren, inwieweit eine bundesrechtliche Normierung erforderlich ist, um die mit der Kompetenzbestimmung verknüpften Zielsetzungen zu er füllen und inwieweit anderseits die Gesetzgebung den Kantonen überlassen werden kann, ohne die Erreichung dieser Ziele zu gefähr den. Im Ergebnis soll zwischen den aufeinander bezogenen und von einander abhängigen Teilordnungen des Bundes und der Kantone ein Gleichgewicht bestehen, das eine tragfähige Gesamtlösung bildet." (Müller 1991: 47) Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Gesetzgebungs- und Vollzugskompetenzen. Erstere ist Angelegenheit des Bundes, während die Kantone vor allem für die detaillierte Normierung der Gesetzgebung zuständig sind. Diese Kompetenzordnung ist so gehalten, dass sie flexibel gehandhabt werden kann und viele Interpretationsmöglichkeiten offenlässt. Die Kantone sind aber nicht verpflichtet, die vom Bundesrecht vorgegebenen unbestimmten Rechtsbegriffe zu konkretisieren, sondern sie können deren Auslegung den rechtsanwendenden Behörden überlassen. In Bezug auf das normale Baubewilligungsverfahren kennt das Bundesrecht heute nur wenige Vorschriften. Die bestehende Aufgabenteilung zwischen dem Bund und den Kantonen geht vielmehr davon aus, dass die Regelung der Verfahrensfragen weitgehend den Kantonen überlassen bleibt.
4.2 Kompetenzordnung zwischen Kantonen und Gemeinden In seinen Ursprüngen ist das Baurecht kommunales Recht. Die ersten baurecht lichen Erlasse wurden denn auch von den Städtekantonen Basel-Stadt und Genf geschaffen (Schürmann 1984: 24). Die Abgrenzung zwischen kantonaler und kommunaler Zuständigkeit bildet folglich auch im Bauwesen eine zentrale Komponente in der Entwicklung des Baurechts, wobei die Gemeindeautonomie immer noch eine spezifische Problematik in der Kompetenzbereinigung ist.Die Kompetenzverteilung zwischen Kantonen und Gemeinden lässt sich nicht vergleichen mit derjenigen zwischen Bund und Kantonen. In den Bereichen, die nach der verfassungsmässigen Kompetenzordnung in ihrer Hoheit liegen, sind die Kantone grundsätzlich selbständig. Die Gemeinde dagegen steht allgemein - auch in ihrem Wirkungskreis - unter kantonaler Aufsicht. Dem Kanton fällt es daher leichter als dem Bund, auf das Recht unterer Verbände koordinierend ein zuwirken, um einer Behinderung seiner Verwaltungsfähigkeit vorzubeugen (Mäder 1991: 22). Der Kanton hat die Aufgabe, Richtlinien für die kommunale Raum- und Bauplanung zu erstellen. Die Kompetenzordnung zwischen Kanton und Gemeinden ergibt sich aus dem jeweiligen kantonalen Verfassungs- und Gesetzesrecht. Folglich unterscheiden sich die Lösungen der einzelnen Kantone untereinander beträchtlich. In einzelnen Teilbereichen schränkt das Raumplanungsgesetz die Freiheit des kantonalen Gesetzgebers im Interesse wichtiger Ziele der Raumplanung ein. So müssen laut RPG Ausnahmebewilligungen für nicht zonenkonforme Bauten ausserhalb der Bauzonen durch eine kantonale Behörde oder mit deren Zustimmung bewilligt werden. Die kommunalen Nutzungspläne, einschliesslich ihrer Anpassungen, bedürfen immer der Genehmigung durch eine kantonale Instanz. Anderseits muss aber den Gemeinden immer ein Ermessensspielraum im Bereich der Ortsplanung zugestanden werden (Haller/Karlen 1988: 22-25).
5 Die kommunalen Bewilligungsinstanzen Im folgenden Abschnitt soll eine Übersicht über die in den Schweizer Gemeinden existierenden Bewilligungsinstanzen gegeben werden.Selbständige Organe mit Entscheidungsbefugnis Das selbständige Organ tritt aufgrund einer kantonalen oder kommunalen Norm nach aussen selbständig in Erscheinung. Dem Gemeinderat wird dadurch seine Entscheidungskompetenz entzogen. Damit werden zwei Ziele verfolgt: Die Entlastung des Gemeinderates und die fachliche Spezialisierung der entschei denden Behörde. Die Behandlung von Geschäften durch eine grosse Behörde ist auch zu schwerfällig und kompliziert, als dass sie noch effizient genug sein könnte.Diese selbständigen Organe widmen sich nur einer ganz bestimmten Verwaltungsmaterie. Sie bestehen nur zum Teil oder überhaupt nicht aus Mitgliedern der kommunalen Behörde. Durch die Delegierung gemeinderätlicher Kompetenzen an selbständige Organe wird das Kollegialprinzip stark abgeschwächt oder faktisch ganz übergangen. Formell aufrecht erhalten wird es durch die Möglichkeit, Rechtsmittel bei der Gesamtbehörde gegen Verfügungen der Departementsvorsteher und anderer Einzelbeamter einlegen zu können.
Der geschäftsführende Ausschuss wird aus der Mitte der Behörde gewählt. Neben der Erledigung weniger wichtiger Geschäfte und der Vorberatung aller bedeutenden Angelegenheiten wird ihm auch die Baubewilligungskompetenz übertragen. Solche Ausschüsse werden nur dann gebildet, wenn der Gemeinderat eine sehr grosse Anzahl von Mitgliedern aufweist. Sie sind daher relativ selten.
Das System der gemeinderätlichen Kommissionen oder Fachausschüsse ist sehr verbreitet. So kann die ganze Verwaltung oder Teile davon in Ressorts aufgeteilt werden, die in einem speziellen Sachbereich entscheidungsfähig sind.
Der Gemeinderatspräsident als Entscheidungsinstanz bei der Baubewilligung kommt selten vor, so zum Beispiel in der Stadt Chur.
Das Departementssystem trifft man vor allem in grösseren Gemeinden. Die Verwaltung wird in Departemente, Direktionen oder Abteilungen aufge teilt, wobei jedem Departement ein Behördemitglied vorsteht. Den Departementen können auch unselbständige Kommissionen angegliedert werden. "Diese Art der monokratischen Geschäftsbehandlung wird da durch zu mildern versucht, dass der Rechtmittelweg meistens über die Gesamtbehörde führt." (Leutenegger 1978: 84) Spezialverwaltungsbehörden In zahlreichen Kantonen nehmen die Spezialverwaltungsbehörden in Form von Baukommissionen neben dem Gemeinderat eine bedeutende Stellung ein. Es sind Behörden mit selbständigen, sachlich beschränkten Verwaltungsbefugnissen, deren Mitglieder der Behörde nur zum Teil oder gar nicht angehören.
Spezialbeamte mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen sind bei den Baubehörden hingegen nicht anzutreffen. Unselbständige Organe mit Beratungs- oder Antragsrecht Mit dem Ausbau der Verwaltungsorganisation durch unselbständige Organe wird die Entscheidungsbefugnis des Kollegialsystems nicht angekratzt. Die un selbständigen Organe sind Prüfungsinstanzen, die im Namen des Gemeinderates vorbereitende und begutachtende Funktionen ausüben. Sie kön nen sowohl aus Mitgliedern des Gemeinderates, aus einer Mischung von Gemeinderatsmitgliedern und aussenstehenden Personen als auch aus gänzlich aussenstehenden Personen bestehen.
Der Präsident bereitet die Baugesuche zuhanden des Gemeinderates selbst vor. Er ist dazu durch seine Stellung innerhalb der Behörde befugt. Diese Organisationsform trifft man nur in kleinen Gemeinden an.
Es werden Fachausschüsse gebildet, indem die Aufgaben einzelnen oder Gruppen von Mitgliedern des Gemeinderates zugeteilt werden. Es ist der erste Schritt einer Realdezentralisation. Damit kommt es zur Bildung von Ressorts. Die Bildung solcher Ressorts bleibt in der Regel den Gemeinden - gewöhnlich dem Gemeinde- oder Stadtrat - überlassen.
Zur Entlastung des Gemeinderates gibt es in den meisten grösseren Gemeinden eine Verwaltung mit starker hierarchischer Gliederung. In den kleineren und mittleren Gemeinden sind der Gemeindeschreiber und Gemeindeverwalter für die Vorbereitung der Baugeschäfte zuständig, in mittleren und grösseren Gemeinden das Bauamt.
Diese Kommissionen werden häufig einem Ressort angehängt. Gewöhnlich ist der Gemeinderat mit mindestens einem seiner Mitglieder in einer solchen Fachkommission vertreten. Zur Hauptsache ist sie aber aus Leuten mit speziellen Fachkenntnissen zusammengesetzt. Damit erfolgt gleichzeitig auch eine Erweiterung der demokratischen Basis der Gemeindeverwaltung.
Viele Gemeinden haben, um ihre mangelhaften Fachkenntnisse im Bereich des Bauwesens auszugleichen, Fachleute von ausserhalb der Verwaltung zugezogen. Die Baugesuche werden durch Architektur-, Ingenieur- oder Planungsbüros für den Gemeinderat vorbereitet. Es ist dabei von Vorteil, dass der Begutachter sein Geschäft nicht in der gleichen Gemeinde hat, bei der er angestellt ist, um Interessenkollisionen zu vermeiden.
6 Der Aufbau der kommunalen Vollzugsapparate In diesem Kapitel steht die Frage im Mittelpunkt, wie der Vollzugsapparat, der das Baubewilligungsverfahren durchführt, in den Gemeinden des Kantons Zürich strukturiert ist. Es fällt dabei auf, dass die Unterschiede zwischen den einzelnen Gemeinden zum Teil ausserordentlich gross sind. Ein Grund, der für diesen Zustand verantwortlich ist, liegt im gesetzgeberischen Bereich: Während der Verfahrensablauf und seine bau- und planungsrechtlichen Voraussetzungen minutiös vorgeschrieben werden, ist die Organisation der Baubewilligungsbehörde den Gemeinden überlassen. Einzig die Zuständigkeit für den baurechtlichen Entscheid ist im Kanton Zürich so weit geregelt, dass die örtliche Baubehörde über die Baugesuche entscheiden muss (PBG: 318). Es ist aber nicht weiter festgeschrieben, wie diese Baubehörde in personeller und organisatorischer Hinsicht aussehen soll.Im ersten Teil werden die Determinanten der Organisationsstruktur untersucht und nach ihrem Potential gewichtet. Von zentraler Bedeutung ist die Gemeindegrösse, die in allen Bereichen des Vollzugsapparates ihren Einfluss ausübt. Die sozio-ökonomische Struktur der Bevölkerung ist eine weitere inter venierende Variable. Sie macht sich vor allem beim Kommissionswesen be merkbar. Bei den mittleren bis grossen Gemeinden legen Arbeitsplatzgemeinden weniger Wert auf eine formale Antragsinstanz als Wohngemeinden mit einem hohen Pendleranteil. Der zweite Teil ist der Beschreibung der einzelnen Teilen des Vollzugsapparates gewidmet. Er besteht aus drei Bereichen: der Entscheidungsinstanz, der Verwaltung und der Antrags- oder Beratungsinstanz. Die Antragsinstanz ist aber nicht in allen Gemeinden gleichermassen formali siert. Schliesslich wird im dritten Teil der Versuch unternommen, aus der Vielzahl der Varianten einige Organisationsformen zu bilden, die jeweils typisch für ein bestimmtes Segment von ähnlichen Gemeinden sind.
6.1 Die intervenierenden Variablen Gemeindegrösse Den grössten Einfluss auf die Konstitution des Baubewilligungswesens hat die Gemeindegrösse, resp. die Bevölkerungsgrösse. Vor allem die formale Grundstruktur wird eindeutig von der Gemeindegrösse determiniert. Aber auch bei der Funktionsweise sind je nach Gemeindegrösse deutliche Unterschiede festzustellen.Die Verwaltung ist davon am meisten betroffen. Für ihre Grösse ist "der Einfluss der Bevölkerungsgrösse (.) bei Kleingemeinden absolut vorrangig und nimmt in grösseren Gemeinden etwas ab" (Geser 1985: 476). Gleichzeitig stei gen die formalen Kompetenzen der Verwaltung mit zunehmender Gemeindegrösse an. Sie wird stärker in den Entscheidungsprozess miteinbe zogen, indem Entscheidungskompetenzen von der Baubehörde nach unten an die Verwaltung oder an einzelne Beamte delegiert werden. Auch in Bezug auf die Baukommissionen zeigen sich je nach Gemeindegrösse deutliche Unterschiede. Bei den kleinen Gemeinden trifft man eher selten auf eine Kommission. Aber was Geser schon bei der Gesamtheit der kommunalen Verwaltungen in der Schweiz nachgewiesen hat, "dass die Zahl der ständigen Kommissionen vor allem in Gemeinden über 3'500 Einwohnern stark ansteigt und sich oberhalb von 10'000 Einwohnern wieder leicht vermindert" (Geser 1985: 484), bestätigt sich auch auf der Ebene des Bauwesens. Gleichzeitig ist aber anzufügen, dass vielfach ein Gemeinde- oder Stadtratsausschuss die Aufgaben einer Baukommission wahrnimmt. Bei der eigentlichen Baubehörde, der Entscheidungsinstanz, fällt auf, dass sie in Gemeinden bis 13'000 Einwohnern mit wenigen Ausnahmen identisch mit dem Gemeinde- oder Stadtrat ist. In grösseren Städten ist diese Konstellation eher eine Ausnahme. An die Stelle der Gesamtexekutive tritt entweder ein Stadtratsausschuss oder eine Baukommission, die aber ihre politische Legitimation vom Souverän erhalten muss. Generell kann gesagt werden, dass je grösser eine Gemeinde ist, desto mehr formale Entscheidungskompetenzen vom Gemeinderat an Gruppen oder Einzelpersonen abgegeben werden. Es findet eine Dezentralisierung der Kompetenzordnung statt. Dies aus zwei Gründen: Einerseits ist die Exekutive bestrebt, sich von Pflichten zu befreien, die ihnen ein hohes Mass an Arbeit be scheren. Sie beschränkt sich in der Regel darauf, ihren Kompetenzbereich auf politisch umstrittene Bauvorhaben zu beschränken. Ausserdem bleibt sie erste Kontrollinstanz bei allen Bewilligungsentscheiden. Andererseits wird dieser Trend nicht zuletzt durch die Aufsplitterung des Baubewilligungsverfahrens in verschiedene Verfahrensarten gefördert. So können Entscheidungsbefugnisse für das Anzeige- und vereinfachte Verfahren, aber auch für Teile des ordent lichen Verfahrens an die Verwaltung, an Kommissionen, die nicht durch eine Volkswahl politisch legitimiert sind, oder an Einzelpersonen (Hochbauvorstand, Bausekretär) abgegeben werden, während die Exekutive sich auf konfliktive Bauvorhaben und Ausnahmebewilligungen beschränkt. Bevölkerungsstruktur Über den Zusammenhang zwischen der sozio-ökonomischen Struktur einer Gemeinde und der formalen Organisation ihres politisch-administrativen Systems ist es im Rahmen dieser Untersuchung äusserst gewagt, irgendwelche Aussagen zu machen. Strukturelle Einflüsse zeigen sich am klarsten bei der Bedeutung, welche der Antragsinstanz beigemessen wird: Erstens neigen Arbeitsplatzgemeinden dazu, auf die Formalisierung der Antragsebene zu ver zichten und dafür die Verwaltung professioneller auszugestalten. Beim Baubewilligungsverfahren steht Effizienz an oberster Stelle. Weniger wichtig ist die Gewährleistung einer demokratischen Kontrolle des Verfahrensablaufes (Wallisellen, Volketswil, Schlieren). Dieser Zustand hängt wohl damit zusam men, dass verhältnismässig viele Bauvorhaben in Industrie- und Gewerbezonen beurteilt werden müssen, an die - auch von seiten der Bevölkerung - nicht so strenge Massstäbe ästhetischer und umweltbedingter Art angelegt werden.Zum zweiten haben Wohngemeinden mit vielen Zuzügern aus den neuen Mittelschichten, d.h. mit hohem Wegpendleranteil, eher die Tendenz, das vor handene fachliche Potential ihrer Bewohner mittels ständiger Kommissionen auszuschöpfen (Illnau-Effretikon, Adliswil), weil ihre Bewohner stärker daran interessiert sind, ihren unmittelbaren Wohnraum vor unliebsamen Einflüssen zu schützen. Auch ist die Anzahl der Kandidaten, die sich für ein Nebenamt in einer Baukommission zur Verfügung stellen können und/oder wollen, eher grösser.
6.2 Die formale Struktur der Vollzugsbehörde Ein kommunales Baubewilligungswesen setzt sich aus drei Teilsystemen zu sammen: der Verwaltung, einer Antrags- oder Beratungsinstanz und einer Entscheidungsinstanz, der eigentlichen Baubehörde. Die Baubehörde zeichnet sich in erster Linie dadurch aus, dass ihre Entscheidungskompetenz durch Volkswahl legitimiert sein muss. Ist die Baubehörde identisch mit der Exekutive, erfüllt sich diese Bedingung von vornherein. In Gemeinden von 10'000 Einwohnern aufwärts kommt es aber häufig vor, dass eine ständige Baukommission die Aufgaben einer Baubehörde übernimmt. In diesem Fall wird sie aber nicht vom Gemeinderat bestimmt, sondern sie muss vom Souverän gewählt werden.Die Antragsinstanz wird in der Regel von einem Ausschuss des Gemeinde- oder Stadtrates oder einer Baukommission gebildet. Es existieren aber auch ge legentlich andere Formen, wo das Antragsgremium aus dem Bauvorstand und einer oder mehrerer Personen aus der Verwaltung zusammengesetzt ist. In den kleinen oder grossen Gemeinden kommt es allerdings oft vor, dass die Antragsebene formal nicht besetzt ist. In kleinen Gemeinden übernimmt der Bauvorstand und/oder ein externer Experte deren Aufgaben, während in Städten mit einer ausgebauten Verwaltung diese an die Stelle einer Baukommission tritt. Der Hauptteil der Arbeit, die den kommunalen Behörden wegen des Baubewilligungsverfahrens zufällt, wird von der Verwaltung erledigt. Zu ihren Aufgaben gehört nicht nur die Entgegennahme und Weiterleitung des Gesuches, deren Vorprüfung auf klar ersichtliche gravierende Mängel und die anfallenden Schreibarbeiten, sondern auch die Kommunikation mit den Gesuchstellern, den Architekten, den einspracheberechtigten Personen und Gruppen und einer in teressierten Öffentlichkeit. "Vollamtliche Beamte und Verwaltungsangestellte bilden den stabilsten und verlässlichsten Kern einer jeden Vollzugsorganisation: weil sie selbst im Vergleich zu den engagiertesten Milizpersonen ungleich bes ser disponiert sind, in ungestörter Kontinuität zu arbeiten (É) und der politi schen Behörde als loyale Ausführungsorgane zur Verfügung zu stehen" (Geser 1985: 475).Nun hängt es aber stark von der Gemeindegrösse ab, wie und ob überhaupt die Bauverwaltung diesen Anforderungen gerecht werden kann. Das Bauwesen ist im Vergleich zu anderen Zweigen der Berufsverwaltung (Finanzwesen, Ortsplanung, juristische Fragen) der einzige Bereich, bei welchem das Sachwissen im Einklang mit der Gemeindegrösse kontinuierlich wächst (Geser 1987: 268). Man kann die Gemeinden, was die Organisation der Bauverwaltung betrifft, grob in drei Grössekategorien einteilen:
1. Der Gemeindeschreiber Im Gegensatz zu grösseren Gemeinden, wo der Gemeindeschreiber als Generalist den grossen Überblick über verschiedene Sachbereiche haben sollte und somit vor allem als Koordinationsstelle zwischen politischem und admini strativem Bereich fungiert, ist er in kleinen Gemeinden eher als "Allzweckbeamter" tätig, der wegen fehlender Spezialbeamter sehr unter schiedliche Fachbereiche betreuen muss (Geser 1987: 241). In Gemeinden unter 3'000 Einwohnern besorgt im Normalfall der Gemeindeschreiber auch die ad ministrativen Arbeiten, die im Zusammenhang mit dem Baubewilligungsverfahren anstehen.Damit tauchen gezwungenermassen Fragen nach der fachlichen Kompetenz auf. Aufgrund der enormen Gesetzes- und Verordnungsdichte, die das Baubewilligungsverfahren reglementieren, kann in vielen Fällen nicht mehr nur von Vollzugsproblemen, sondern von einem eigentlichen "Vollzugsnotstand" gesprochen werden (Dillier 1989: 56). Denn an eine Landgemeinde mit 1'000 Einwohnern werden die gleichen gesetzlichen Anforderungen im Vollzug ge stellt wie an eine Stadt mit einem spezialisierten Bauamt. Um so mehr, da die Weiterbildungsmöglichkeiten in Bezug auf das Baubewilligungsverfahren für einen Gemeindeschreiber äussest beschränkt sind. Das Beispiel eines Gemeindeschreibers aus einem knapp 1'000 Einwohner zäh lenden Dorf ist bezeichnend. Er hat vor einem Jahr als 27-jähriger diese Stelle angetreten. Erleichternd für seine Funktion als Zuständiger für die Baugesuche lässt er gelten, dass er bei seiner ersten Anstellung als Substitut des Bausekretärs in einer grösseren Gemeinde tätig war. Ansonsten beschränkt sich seine Ausbildung im Baubereich auf kleine Kurse und informelle Kontakte. Seine bisherige Ausbildung umfasst:
Ebenso steigt die Bedeutung des Bauvorstands. Auf der einen Seite holt der Gemeindeschreiber bei Problemen seinen Rat ein. Auf der anderen Seite macht dieser zu anstehenden Gesuchen seine Bemerkungen und Kommentare, was den Antragsbericht des Gemeindeschreibers letztendlich wesentlich beeinflusst. 2. Der Bausekretär Dominieren in den kleinen Dörfern die Schreiber die Administration des Bauwesens, weil erstens die finanziellen Mittel fehlen und es zweitens an Arbeitsvolumen mangelt, um Spezialbeamte zu beschäftigen, verfügt eine Gemeinde mit mehr als 3'000 Einwohnern im Kanton Zürich im Normalfall über einen Bausekretär. Bis 4'500 Einwohner ist er jedoch selten zu 100% für das Bauwesen tätig, sondern verwaltet noch einen Zusatzbereich. In vielen Fällen ist er gleichzeitig stellvertretender Gemeindeschreiber oder Sekretär in einem anderen Vollzugsbereich. Erst danach kann von einer eigentlichen Professionalisierung im Vollzugsbereich des Bauwesens gesprochen werden.Die Anforderungen an die fachliche Qualifikation der Bausekretäre hat sich in den letzten 20-30 Jahren markant verändert. War früher die Durchsetzung der Gesetze und Verordnungen oberstes Prinzip der Baubehörde, sind heute andere Eigenschaften gefragt. Der Bausekretär der Agglomerationsgemeinde Fällanden erlebt seine Arbeit als Gratwanderung zwischen der Durchsetzung von Gesetzen und der Berücksichtigung von Einzelinteressen der Gesuchsteller einerseits und einspracheberechtigter Gruppen und Personen andererseits. Er sei in einer stark vermittelnden Position, für die es viel Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen benötige Wer sein Amt nur in einem bürokratischen Sinn ausübe, könne in diesem Metier nur schwerlich bestehen. Der Gemeindeschreiber von Oberglatt, der selber zehn Jahre Bausekretär in einer Gemeinde mit 15'000 Einwohnern war, meint, dass ein guter Bausekretär viel Erfahrung, gute Gesetzeskenntnisse und vor allem viel Phantasie und Kreativität besitzen sollte. Zum Pflichtenheft eines Bausekretärs gehört neben dem Baubewilligungsverfahren auch die Ortsplanung und die Administration des Tiefbaus. Der Arbeitsaufwand für diese Bereiche ist nicht immer gleich gross, sondern hängt wesentlich vom Anstehen grösserer Projekte ab, wenn wieder eine Planungsphase (Ortsplanung) oder ein Strassenprojekt ansteht. Den relativ grössten Teil seinerer Arbeit - bis zu 70% - nimmt daher das Baubewilligungsverfahren ein. Drei Bereiche stehen im Mittelpunkt seiner Tätigkeit im Rahmen des Verfahrens:
Die Intensität der Kommunikation mit der interessierten und betroffenen Bevölkerung liegt (auch) im Ermessen und an der Einstellung des Bausekretärs. Der Kontakt mit den Bauwilligen kann auf der einen Seite der Bauverwaltung eine Menge Arbeit und viele Scherereien ersparen. Nicht zuletzt weil durch das neue PBG wieder mehr Kompetenzen vom Kanton auf die Gemeindestufe de legiert werden, entwickeln sich von Gemeinde zu Gemeinde sehr unterschied liche Verfahrensabläufe. Dadurch wird der Projektierende verunsichert und die Gefahr, dass fehlerhafte Gesuche eingegeben werden,nimmt zu. Auf der ande ren Seite kann durch gezielte Information das Bewusstsein der Bevölkerung für die Problematik des Bauens gefördert werden. Der Bausekretär ist nicht nur Kommunikationsträger nach aussen, sondern auch Bindeglied zur Kommission und zum Bauvorstand als Vertreter der Baubehörde. Auf der Achse Bauvorstand - Bausekretär laufen die Fäden des Vollzugsapparates zusammen. 3. Das Bauamt Zur Entlastung der Bausekretäre von administrativen Arbeiten wird in den mittleren Gemeinden in einigen Fällen zusätzlich eine halbe oder ganze Stelle geschaffen. Es ist aber nicht so, dass bis Gemeinden mit 10'000 Einwohnern die Stellenzahl in der Bauverwaltung kontinuierlich anwachsen würde, weil für eine arbeitsteilige Verwaltung erstens die finanziellen Mittel nicht vorhanden sind und zweitens der Aufgabenbereich zu klein ist. Zusätzliche Aufgaben werden entweder durch den Beizug externer Experten oder durch die Baukommission kompensiert.Der Schritt zu einem ausgebauten Bauamt wird erst in den grossen Gemeinden mit mehr als 10'000 Einwohnern vollzogen. Der Bausekretär erhält einen Stellvertreter, womit das Bauamt in zwei Abteilungen, in Tief- und Hochbau, aufgeteilt werden kann. Hinzu kommen Stellen für Zuständige von Baukontrollen, Feuerpolizei und Abwasser. Bei steigender Arbeitsbelastung müssen zusätzliche Stellen für einen oder mehrere Sachbearbeiter geschaffen werden, die für die Vorprüfung von Baugesuchen verantwortlich sind. Damit verändert sich auch das Arbeitsbild des Bausekretärs. So muss er ver mehrt Führungs- und Koordinationsaufgaben wahrnehmen. Seine Kompetenz steigt in dem Masse, wie spezialisierte Beamte Vorarbeiten für ihn leisten. Neben den baurechtlichen Problemen bekommen auch gestalterische Kriterien und allgemeine Fragen der Bauqualität ihren Platz in der Beurteilung von Baugesuchen. Ein Bausekretariat wird im Prinzip zum (Hoch)Bauamt, wenn es in der Lage ist, ein Baubewilligungsverfahren selbständig durchzuführen und einen Antrag zu stellen, der in juristischer und in gestalterischer Hinsicht so begründet ist, dass die Baubehörde nur noch allenfalls nach politischen Kriterien entscheiden muss. Vielen Kleinstädten fehlen aber die nötigen finanziellen Ressourcen, um sich eine Berufsverwaltung zu leisten, die diese Kriterien erfüllen kann. Oder sie lehnen ein ausgebautes Bauamt aus politischen Gründen ab, sei es, weil sie in ihrer kommunalen Verwaltung andere Prioritäten setzen oder weil sie eine gründliche Prüfung der Baugesuche nicht für wichtig genug erachten. Die Baubehörden haben grundsätzlich zwei Möglichkeiten ein personell zu wenig gut dotiertes Bauamt zu kompensieren. Zum einen können sie mit einer ständigen Kommission das vorhandene Fachwissen der Bevölkerung nutzen und die Verwaltung entlasten. Zum anderen besteht die Möglichkeit, verschiedene Verwaltungsaufgaben an private Personen oder Firmen zu vergeben. So wurden zum Beispiel in der Stadt Uster die Rauchgaskontrollen aus den Verwaltungsaufgaben ausgeklammert und an private Firmen vergeben. Diese benötigen dafür ein staatliches Patent und sind verpflichtet, der Stadt regelmäs sig zu rapportieren. Viel weiter ist die Stadt Wallisellen gegangen. Als Arbeitsplatzgemeinde mit 11'000 Einwohnern ist sie einerseits zu gross, um die Baugeschäfte allein von einem Bausekretär behandeln zu lassen, auf der anderen Seite glaubt die Behörde, dass die Gemeinde zu klein und der Arbeitsaufwand zu schwankend sei, um sich ein voll dotiertes Bauamt leisten zu können Der Bausekretär ist der einzige Beamte im Bauamt, er hat aber keine zentrale Funktion inne. Der Leiter des Bauamtes ist nicht ein städtischer Angestellter, sondern arbeitet im Auftrag eines Ingenieur- und Planungsbüros aus Dübendorf. Er hat sein Büro im Stadthaus und wird je nach anfallender Arbeit beschäftigt. 70% seiner Beschäftigung machen dabei die Baubewilligungsverfahren aus. In Zeiten, in denen grosse Flauten im Bausektor auftreten und dementsprechend die Baugesuche zurückgehen, kann er einen Teil seiner Arbeitszeit bei seiner Stammfirma verbringen, wo er auch für private Auftraggeber, aber auch für an dere Gemeinden tätig sein kann. Normalerweise stehen ihm für seine Arbeit in Wallisellen drei bis vier Mitarbeiter seiner Stammfirma zur Verfügung, je nach Arbeitsaufwand können es jedoch auch mehr Leute sein. Die Vorteile dieser Regelung liegen auf der Hand: Da die Angestellten immer voll ausgelastet sind, ist die Verwaltung kostengünstig. Die Gemeindebehörde muss sich nicht um die Infrastruktur kümmern, sondern nur die Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Die Verwaltungsarbeit kann flexibel organisiert werden. Die externen Mitarbeiter sind Experten mit einem grossen fachlichen Wissen und viel Erfahrung, weil sie erstens die Bauprobleme auch von der anderen Seite, das heisst vom Gesuchsteller her kennen und zweitens das Ingenieurbüro auch in anderen, vergleichbaren Gemeinden mitarbeitet und so zahlreiche inter kommunale Vergleiche zur Verfügung stehen. Weiter steigt die Effizienz in der Vollzugsbehörde deutlich, weil spezifisches Fachwissen ohne zusätzlichen Aufwand eingeholt werden kann. Eher problematisch ist hingegen die unscharfe Trennung zwischen privatem und öffentlichem Interesse. Dazu kommt, dass die demokratische Kontrolle des Bauamtes zumindest erschwert ist. Aus politischer Sicht ist es auch nicht unbedenklich, dass das Funktionieren eines öffentlichen Verwaltungszweiges zu einem grossen Teil von einer privaten Firma abhängig ist. Die örtliche Baubehörde ist diejenige Instanz, die schlussendlich entscheidet, ob ein Baugesuch bewilligt oder abgelehnt wird. Allen Baubehörden im Kanton Zürich ist eigen, dass sie vom Volk gewählt und damit demokratisch legitimiert sind.In 19 der 25 befragten Gemeinden ist die Baubehörde identisch mit dem Gemeinde- oder Stadtrat. In zwei Kommunen ist ein Stadtratsausschuss zustän dig für die Baubewilligungen und in den restlichen vier verfügt eine selbstän dige Baukommission über die Entscheidungskompetenzen. In den Gemeinden bis 13'000 Einwohner ist mit zwei Ausnahmen die Gesamtexekutive gleichzeitig die ordentliche Baubehörde. In Kilchberg (7'000 Einw.) und Oberglatt (4'300 Einw.) sind es selbständige Baukommissionen, in Kilchberg seit 1974 und in Oberglatt seit 1986. Oberglatt führte 1986 eine Reorganisation der Behörden durch, indem fünf selbständige Kommissionen mit Verwaltungsbefugnis geschaffen wurden. Ziel dieser Neustrukturierung war und ist es, den Gemeinderat von einigen Aufgaben zu befreien und damit eine Vergrösserung der Exekutive zu verhindern. Auffallend ist, dass nicht eine Zunahme der Gemeindegrösse zur Gründung der selbständigen Baukommission geführt hat (bei beiden Gemeinden war das Bevölkerungswachstum zu dieser Zeit schon seit zehn Jahren abgeschlossen), sondern dass mannigfaltige Infrastrukturaufgaben anstanden. Städte ab 13'000 Einwohnern geben die kommunalen Behörden die Entscheidungskompetenzen in der Regel an eine Baukommission oder an einen Stadtratsausschuss ab. Von den fünf befragten Gemeinden in dieser Grössenklasse entschieden sich je zwei für eine Kommission und einen Ausschuss. Nur die grösste untersuchte Stadt beliess die Entscheidungsbefugnisse bei der Exekutive. Diese hat aber intern einen grossen Teil der Kompetenzen an den Hochbauvorstand delegiert, so dass sie sich fak tisch auf Kontrollaufgaben und auf politisch umstrittene Gesuche beschränken kann. 1. Der Bau- oder Hochbauvorstand Alle befragten Gemeinden haben ihr politisches System nach dem Ressortprinzip aufgebaut. Jedem Bauwesen steht demnach ein Mitglied des Gemeinde- oder Stadtrates als Ressortchef vor. In den kleinen Gemeinden ist es der Bauvorstand; sobald das Bauamt in Hoch- und Tiefbau aufgeteilt ist, ist es der Hochbauvorstand. In Fällanden beispielsweise sind Hoch- und Tiefbau erst seit 1986 getrennte Ämter, weil der Arbeitsaufwand für einen Ressortchef zu gross geworden war.Das Baudepartement ist ein eher unbeliebtes Amt. Auf der einen Seite ist es sehr arbeitsintensiv, vor allem dort, wo Hoch- und Tiefbau noch nicht getrennt sind. Auf der anderen Seite haben die Bauvorsteher wenige Gelegenheiten, sich politisch zu profilieren, weil der Spielraum für eigene Entscheidungen sehr stark eingeschränkt ist. Trotzdem ist das Bauamt oft im Schussfeld der Kritik, weil unpopuläre Bauentscheide den Leuten nur schwer zu "verkaufen" sind. Hinzu kommt, dass die Bauämter nicht selten in organisatorischer Hinsicht den ge setzlichen Anforderungen von Bund und Kanton nicht gewachsen sind, was zur Folge hat, dass viele Baubewilligungsentscheide formal umstritten und anfecht bar sind. Vorstandsmitglieder, die das Bauamt zugeteilt erhalten, sind deshalb entweder neu gewählt oder gehören einer politischen Minderheit an - oder sie wollen das Bauamt, weil es zu ihrem Berufsbild passt. Nicht zuletzt damit hängt dem Bauamt in der Öffentlichkeit unterschwellig der Geruch der Korrumpierbarkeit an. So wurde in Uster in den 70er und 80er Jahren kein amtierender Hochbauvorstand wieder gewählt. Zu den Aufgaben des Bauvorstandes gehört es, den Antrag der Verwaltung, der Baukommission oder einer anderen Antragsinstanz zu vertreten, unabhängig von seiner eigenen Meinung. Er ist die formelle Verbindungsfigur zwischen dem politischen und dem administrativen Bereich und der Baukommission, der er als Kommissionschef vorsteht. Zusammen mit dem Bausekretär ist er für das interne Arbeitsklima hauptsäch lich mitverantwortlich. Sein Stil, seine Ideen und sein Informationsverständnis prägen die Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft der Angestellten und der Kommissionsmitglieder. 2. Die Baukommission In elf der fünfundzwanzig befragten Gemeinden existiert eine Baukommission. Acht weitere Kommunen verfügen als Alternative über einen Exekutivausschuss, der die Grössenordnung von einem bis zwei Drittel der Gesamtexekutive besitzt. Sechs Gemeinden kennen weder eine Baukommission noch einen Ausschuss. Vier davon gehören zu den kleinen Gemeinden und zwei zum Bereich um die 12'000 Einwohner.Gemeinden bis 3'000 Einwohner verfügen in der Regel über keine eigene Baukommission. Im Grössenbereich zwischen 6'000 und 10'000 Einwohnernn ist die Baukommission die dominierende "Lösung" zur Behebung der fachlichen und personellen Defizite im Vollzugsapparat des Bauwesens. Der Umstand, dass die Zahl der Baukommissionen mit zunehmender Bevölkerungsgrösse und damit steigendem Angebot an Kandidaten zunimmt, lässt, wie Geser festgestellt hat, jedoch nicht darauf schliessen, dass die Gemeindegrösse die Anzahl der Milizgremien direkt beeinflusst: "Denn viel stärker als durch das Kandidatenangebot wird der Ausbau des Kommissionswesens von der 'Nachfrageseite' her bestimmt, wie sie sich vor allem aus dem Umfang der kommunalen Verwaltung, Betriebe und Anstalten einerseits (und ) der personellen Besetzung des Gemeindevorstands und der Fülle der von ihm erledigten Geschäfte andererseits ergibt" (Geser 1985: 484). Dies zeigt sich auch darin, dass diejenigen Bauwesen, in welchen die Gemeindeschreiber für die Verwaltung zuständig sind, ohne Ausnahme über keine Baukommission verfügen. Dagegen sind Milizgremien in Gemeinden, die einen spezialisierten Bausekretär eingestellt haben, zu einem überwiegenden Teil die Regel. Allenfalls amtet an Stelle einer Kommission ein Gemeinderatsausschuss. Die Tendenz scheint aber eher in Richtung Kommission als in Richtung Ausschuss zu gehen. Denn es macht wenig Sinn, dass - wie im Falle von Wangen-Brüttisellen - ein Ausschuss, dem fünf von sie ben Gemeinderatsmitgliedern angehören, die Anträge für den Gesamtgemeinderat formuliert. Das Verhältnis zwischen Gemeinderatsausschuss und Baukommission ist also eindeutig substitutiver Art. Umgekehrt verhalten sich Baukommission und Verwaltungsgrösse komplementär zueinander. Aber nur bis zu einerm gewissen Verwaltungsumfang: verfügt das kommunale Bauwesen über ein spezialisiertes Bauamt, kann dieses die Aufgaben, die zum Pflichtenheft der Kommission ge hören, selbständig bewältigen. Wird die Baukommission (oder der Ausschuss) im Antragsbereich überflüssig, kann sie anstelle des Gemeinde- oder Stadtrates als entscheidende Instanz ein gesetzt werden. Während in Gemeinden unter 12'000 Einwohnern das Milizgremium alleinige formale Entscheidungskompetenzen hat (Kilchberg und Oberglatt, aber ohne Ausnahmebewilligungen), kehrt sich das Verhältnis in den grösseren Gemeinden um. Von den befragten Gemeinden mit mehr als 13'000 Einwohnern sind bei je zwei der Stadtratsausschuss und die Baukommission formale Entscheidungsinstanz. Nur in der grössten Stadt, Uster, ist die Exekutive (noch) für die Bewilligungen zuständig. Uster hat aber eine fachlich hoch qualifizierte Baukommission, die vor allem für ästhetische Probleme und Fragen der Gestaltung von städtischem Raum freigestellt ist und so einen Bereich abdeckt, der auch von einer sehr gut dotierten Bauverwaltung nicht oder nur ungenügend zu bewältigen ist. Von den drei Baukommissionen, die ich näher untersucht habe, haben diejeni gen von Uster und Fällanden beratende Funktion, während die Baukommission von Oberglatt die vom Volk gewählte Baubehörde mit allen Entscheidungskompetenzen ist. Diese besteht aus dem Bauvorstand und vier vom Volk gewählten Mitgliedern, die von den Parteien vorgeschlagen werden. Der Gemeindeschreiber von Oberglatt bezeichnet die jetzige Organisationsform als "einen politischen Kompromiss zwischen demokratischer Legitimation und sachlicher Effizienz." Aus organisatorischer Sicht wäre es ideal, wenn sie, statt an der Urne gewählt, vom Gemeinderat bestimmt werden könnte. Die Kommissionen von Uster und Fällanden sind hingegen laut Aussage des jeweiligen Bauvorstandes, die gleichzeitig als Kommissionsvorsitzende fungie ren, nach rein fachlichen Kriterien zusammengestellt worden. Die "ideolo gische" Ausrichtung beider Kommissionen wird in entscheidendem Masse von der Persönlichkeit und der politischen Einstellung des Hochbauvorstands ge prägt. Obwohl die personelle Zusammensetzung beider Gremien formal vom Stadt- bzw. vom Gemeinderat bestimmt wird, lassen diese ihren Ressortvorstehern faktisch freie Hand. Trotzdem unterscheiden sich beide Kommissionen in der Praxis durch ihre grundsätzlich verschiedenen Leitmotive. In Fällanden ist kein Kommissionsmitglied, mit Ausnahme des Bauvorstandes, gleichzeitig Mitglied einer politischen Partei. Die Kommission besteht neben dem Bauvorstand aus einem Bauingenieur, einem Strassenbauer, einem Architekten und zwei Lehrern, einer davon der Bauvorstand. Da dieser der grü nen Partei angehört, veränderte er die Kommissionszusammensetzung so, dass Umwelt- und Naturschutzüberlegungen heute eine zentrale Position einnehmen. Zu diesem Zweck holte er den zweiten Lehrer in die Kommission. Dieser ist von seinen Interessen her prädestiniert für diese Aufgaben, da er sowohl Lokalhistoriker als auch aktives Mitglied im Natur- und Heimatschutzbund ist. Die Baukommission von Uster hingegen ist in erster Linie auf fachliche Kompetenz ausgerichtet. Der Name ''Stadtbildkommission" weist schon auf den Leitgedanken hin, dass sie die Aufgabe hat, gestalterische und städtebauliche Überlegungen in ihre Beurteilungen einfliessen zu lassen. Die Stadtbildkommission ist aufgegliedert in ein Denkmalpflege- und ein Neubaugremium. Das erstere ist für historische und geschützte Bauten, vor allem in der Kernzone, zuständig. Es gehören ihm ein Jurist, ein Lehrer, ein Historiker und ein Architekt an, womit eine fachliche Breite und Ausgewogenheit gewährt ist. Dagegen ist das Neubaugremium hoch speziali siert. Es besteht aus vier Architekten, von denen keiner weder Büro noch Wohnsitz in Uster hat. Seine Aufgabe besteht darin, Bauprojekte nach städte baulichen und gestalterischen Kriterien zu beurteilen. Das Neubaugremium bringt damit einen Aspekt in das Baubewilligungsverfahren ein, der in der überwiegenden Mehrheit der Vollzugsbehörden wenig oder gar nicht berück sichtigt wird. In den kommunalen Vollzugsapparaten der zürcherischen Gemeinden spielen Fachleute von ausserhalb der Verwaltung eine nicht zu unterschätzende Rolle. So beschäftigt praktisch jede Gemeinde einen Gemeindeingenieur, der für bau technische und -juristische Fragen zuständig ist. In den kleinen Gemeinden, die noch keinen Bausekretär als Spezialbeamten zur Verfügung haben und auch nicht über eine Baukommission verfügen, sind die externen Berater die einzigen Garanten für eine fachlich angemessene Beurteilung der Baugesuche. Vor allem bei grossen Bauvorhaben, die komplexerer Natur sind, wäre die Baubehörde ohne den Beizug von privaten Ingenieuren nicht oder nur ungenügend urteils fähig. In Gemeinden unter 1'000 Einwohnern wird die Aufgabe des Antrages in vielen Fällen von einem externen Büro übernommen. Der Gemeindeschreiber und/oder der Bauvorstand übernehmen je nach ihrem Erfahrungshintergrund die Rolle einer Kontrollinstanz oder eines kooperativen Mitarbeiters des Gemeindeingenieurs. Nicht selten tritt aber auch der Fall ein, dass Ingenieurbüros "pfannenfertige" Beurteilungen ausarbeiten, die von der Baubehörde übernommen werden können oder nur noch leicht modifiziert wer den müssen.Bei steigender Gemeindegrösse entwickelt sich die Tätigkeit der privaten Experten in Richtung einer fachlichen Unterstützung und Ergänzung der kom munalen Vollzugsbehörde. Die Beurteilung des Gemeindeingenieurs dient als Grundlage für die Diskussion der Baukommission, die schliesslich den Antrag an die Baubehörde stellt. Seine Aufgabe ist es aber auch, Baueingaben mit gra vierenden Mängeln zurückzuweisen. Damit erhält der Gesuchsteller die Möglichkeit, ein Projekt in einer frühen Phase, in welcher der Zeitverlust noch minim ist, zu korrigieren oder allenfalls neu zu verfassen. In mittleren Gemeinden steigt das Bedürfnis, in der Beurteilung eines Bauvorhabens neben baurechtlichen auch gestalterische Kriterien zu berück sichtigen. Fragen, ob ein Projekt bestimmten ästhetischen Anforderungen ge nügt, oder ob es sich in befriedigender Weise in seine nähere Umgebung ein gliedert, gewinnen an Bedeutung. Die Gründe hierfür sind einerseits in einer zunehmenden Verdichtung der Wohnzonen und andererseits in einem wachsen den Bedürfnis weiter Teile der Bevölkerung nach einer hohen Wohn- und Lebensqualität zu suchen. Das neue Zürcher Baugesetz hat diesem Umstand mit dem "Ästhetik-Paragraphen" 238 Rechnung getragen. Dies allerdings nicht zur Freude aller Gemeinden, denn dieser Paragraph öffnet Tür und Tor für Einsprache-(Mut-)Willige und beschert der Verwaltung beträchtliche Mehrarbeit. Es ist daher von einiger Bedeutung, dass gestalterische Fragen sorgfältig und kompetent behandelt werden. Kommunale Bauverwaltungen sind aber in der Regel in dieser Hinsicht überfordert, so dass sie gut beraten sind, externe Berater mit entsprechender fachlicher Qualifikation beizuziehen. Grundsätzlich gilt: Je spezialisierter und professionalisierter eine Bauverwaltung organisiert ist, desto weniger ist sie im normalen Arbeitsablauf auf externe Fachleute angewiesen. Auf der anderen Seite ist die Bauverwaltung einer Stadt mit grösseren und komplexeren Bauprojekten konfrontiert als ein Dorf mit 6'000 Einwohnern. Deshalb sind spezialisierte Vollzugsapparate in schwierigen Fällen auf die Gutachten hoch qualifizierter Fachleute angewiesen. Bei einer guten Dotierung der Baukommission (wie z.B. Uster) kann aber die Anzahl der auswärtigen Gutachten auf ein Minimum beschränkt werden. Die Beschäftigung externer Fachleute kann auch eine Alternative zur Professionalisierung der Verwaltung sein, wie das weiter oben erwähnte Beispiel der Stadt Wallisellen anschaulich demonstriert. Den Vorteilen dieser radikalen Lösung in Form von Kostenminimierung und Steigerung der Effizienz durch eine sehr direkte Arbeitsweise stehen aber gewichtige Nachteile gegen über, die vor allem politischer Natur sind, indem sowohl interne wie auch ex terne Kontrollmöglichkeiten zumindest stark erschwert sind. Das private Planungsbüro, welches die Arbeitskräfte für Wallisellen zur Verfügung stellt, hat noch in sechs anderen Gemeinden Mitarbeiter, die ihren Arbeitsplatz im Gemeindehaus haben, nämlich in Opfikon, Egg, Dübendorf, Fällanden, Dietlikon und Zumikon. Diese Vernetzungstendenzen ersetzen zu einem kleinen Teil die fehlende Formalisierung der Zusammenarbeit der einzel nen Gemeinden auf regionaler Ebene.
6.3 Vier Typen formaler Organisation Anhand der Befragung der 25 Zürcher Gemeinden ergibt sich ein Bild der Vollzugsbehörden im Bauwesen, das von einer grossen Vielfalt und Uneinheitlichkeit geprägt ist. Fast jede Gemeinde hat für sich eine eigene Variante "gefunden", die ihren Verhältnissen am besten entsprechen soll. Die Wahl für eine bestimmte Organisationsform wird dabei wohl von verschiedenen Umständen mitbestimmt worden sein. Im Gegensatz zum Verfahrensablauf sind von den übergeordneten politischen Ebenen für die Organisation des Vollzugsbereichs keine Verordnungen oder Gesetze erlassen worden. Zudem spielt die Gemeindegeschichte mit ihren speziellen Ereignissen, Problemen und Konstellationen wahrscheinlich eine sehr wichtige Rolle. Auch wird die Entwicklung eines Dorfes nicht selten von herausragenden Persönlichkeiten in der Exekutive bestimmt, womit Veränderungen im Bereich der Behörden nicht immer "logisch" ablaufen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die enorme Bedeutung der Gemeindeautonomie, die die Gemeinden davon zurückhält, organisatorische Anpassungen auf interkommunaler Ebene anzustreben. Diese Vermutungen können aber im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter untersucht werden.Trotzdem lassen sich aufgrund der Gemeindegrösse einige Tendenzen nachweisen, die unterschiedliche Organisationsformen erklären können:
Jede Gemeinde, in welcher ein Bausekretär hauptsächlich für die Administration zuständig ist, verfügt über eine Baukommission (Ausschuss). Bausekretär und Baukommission stehen also in einem kom plementären Verhältnis zueinander. Aus diesen Tendenzen und Zusammenhängen schälen sich vier Typen von for malen Vollzugsorganisationen heraus, die jeweils ein bestimmtes Grössensegment repräsentieren und die Mehrzahl der vorhandenen Organisationsformen zur Hauptsache wiedergeben¨. 1. Typ: Kleine Gemeinde Er ist typisch für Gemeinden mit weniger als 1'000 Einwohnern und zeichnet sich dadurch aus, dass er keine spezialisierte Verwaltung hat. Für baurechtliche Belange ist fast ausschliesslich der Gemeindeingenieur als externer Experte zu ständig. Der Gemeindeschreiber beurteilt nur Gesuche im Anzeige- und allen falls im vereinfachten Verfahren. Der Gemeinderat ist alleinige Entscheidungsinstanz, d.h. er macht keinen Gebrauch von der Möglichkeit, Entscheidungskompetenzen an einzelne Personen zu delegieren.2. Typ: Mttlere Gemeinde Die Verwaltung besteht aus einem Spezialbeamten, dem Bausekretär und einer Mitarbeiterin. Der Bausekretär ist sowohl für den Hochbau- als auch für den Tiefbaubereich zuständig. Der Gemeindeingenieur verfasst die Gutachten zu handen der Antragsinstanz. Als Antragsgremium fungiert eine Baukommission ohne selbständige Kompetenzen. Sie besteht aus dem Bauvorstand als Kommissionschef, dem Bausekretär als Protokollchef ohne formelles Mitspracherecht und vier Mitgliedern, die vom Gemeinderat für vier Jahre ge wählt werden. Diese sind fachlich kompetent, eher jünger als vierzig Jahre und ausschliesslich männlichen Geschlechts. Entscheidungsinstanz ist der Gemeinderat, der aber den Bauvorstand Gesuche, die ins Anzeigeverfahren fal len, in eigener Kompetenz entscheiden lässt.3. Typ: Kleinstadt Es existiert ein spezialisiertes, arbeitsteiliges Bauamt, bestehend aus einem Bausekretär, seinem Stellvertreter und drei bis vier Mitarbeitern. Der Bausekretär ist für den Tiefbau, sein Stellvertreter für den Hochbau verantwort lich. Das Bauamt besteht somit aus den Abteilungen Hoch- und Tiefbau, wobei die Mitarbeiter in beiden Abteilungen beschäftigt sind. Die Verwaltung ist gleichzeitig Antragsinstanz.Entscheidungsinstanz ist die Baukommission. Sie besteht aus fünf bis sieben Personen: den beiden Bauvorständen (Hoch- und Tiefbau), allenfalls einem weiteren Stadtratsmitglied und drei bis vier vom Volk gewählten Vertretern. Anstelle der Baukommission ist auch ein Stadtratsausschuss denkbar. 4. Typ: Stadt mit differenzierter Bauverwaltung Die Abteilung Hochbau als Zweig der Bauverwaltung ist ausgebaut und verfügt über verschiedene spezialisierte Beamte. Im Ablauf des Baubewilligungsverfahrens werden neben baujuristischen und bautechnischen Kriterien auch vermehrt Aspekte der Gestaltung und Ästhetik in formalisierter Weise berücksichtigt. Während der Bausekretär für das juristische Gebiet zu ständig ist, prüft sein Stellvertreter gestalterische Fragen im Zusammenhang mit den Baugesuchen. Externe Experten werden vor allem in den Fällen beigezo gen, bei denen es aus politischen Gründen als opportun erscheint, Gutachten hoch qualifizierter Fachleute vorweisen zu können. Der Gesamt-Stadtrat als Entscheidungsinstanz beschränkt sich auf die Erteilung von Ausnahmebewilligungen und die Beurteilung grosser und komplexer Bauvorhaben, die in der Öffentlichkeit zu Kontroversen führen könnten. Kleinere Baugesuche im ordentlichen und alle im vereinfachten Verfahren de legiert die Exekutive an den Bauvorstand, Bauvorhaben, die mittels Anzeigeverfahren geprüft werden können an den Bausekretär. Der Gesamt-Stadtrat behält sich aber das Einspracherecht vor.Der formelle Aufbau der Baubehörden im Kanton Zürich besticht durch seine grosse Vielfalt. Es macht dem Betrachter Mühe, zwei Gemeinden zu finden, die den Vollzugsapparat für das Baubewilligungsverfahren auf die gleiche Weise organisiert haben. Die Idee der Gemeindeautonomie ist im Bauwesen beinahe schon perfekt verwirklicht, was darauf hinweist, dass die interkommunale Zusammenarbeit in diesem Bereich nicht sehr intensiv gepflegt wird. Der Erfahrungs- und Wissensaustausch zwischen den Gemeinden übersteigt einen informellen Status nur selten. Dennoch sind die auffallenden Unterschiede zu einem gewissen Teil erklärbar. Die Gemeindegrösse und bis zu einem gewissen Grad auch die Bevölkerungsstruktur de terminieren die Verwaltungsorganisation in mancher Hinsicht. Je grösser eine Gemeinde, desto grösser ist in der Regel der administrative Teil der Verwaltung und desto professionalisierter und differenzierter ist ihre Struktur, während demgegenüber Gemeinden mit weniger als 3'000 Einwohnern normalerweise über keinen Bausekretär verfügen. Beratende Baukommissionen sind vor allem in Gemeinden mit 4'000 bis 10'000 Einwohnern zu finden. Kleinere Gemeinden haben die Beratungsebene vielfach nicht institutionalisiert und in Städten übernimmt zusehends eine professionalisierte Administration die Aufgaben einer unselbständigen Baukommission. In den grossen Gemeinden ergänzen fachlich hochqualifizierte Baukommissionen oft das Bauamt in speziellen Sachgebieten. Im Entscheidungsbereich fällt auf, dass bei steigender Gemeindegrösse die Tendenz zu nimmt, Entscheidungskompetenzen an Einzelpersonen, wie z.B. an den Hochbauvorstand oder den Bausekretär, zu delegieren. Der Einfluss der Bevölkerungsstruktur wird vor allem in mittelgrossen Gemeinden 8'000 bis 15'000 Einwohnern sichtbar. Wohngemeinden mit einem hohen Pendleranteil und einem grossen Prozentsatz von Angehörigen der neuen Mittelschichten legen grossen Wert auf eine gut funktionierende Beratungsebene und verfügen deshalb praktisch immer über eine fachliche ausgewiesene Baukommission. Demgegenüber steht für gleich grosse Arbeitsplatzgemeinden mit einem überdurch schnittlichen Anteil unterer Mittelschichten eher die Effizienz der Bauverwaltung im Vordergrund, weshalb sie meistens auf eine Baukommission verzichten. Trotz der grossen Formenvielfalt der Vollzugsapparate sind damit aber doch wieder kehrende Organisationsmuster feststellbar, die für bestimmte Gemeindegruppen kennzeichnend sind und eine, wenn auch rudimentäre, Typologisierung der Bauverwaltungen zulassen. Dabei haben sich vier Organisationstypen herauskristalli siert:
Diese beschriebenen Veränderungen sind an den Vollzugsbehörden nicht spurlos vorbeigezogen. Sie sind heute zweifach gefordert: Erstens muss sie sehr hohe fach liche Qualifikationen besitzen, um die Verfahren in angemessener Weise durchführen zu könne und zweitens müssen ihre Mitglieder über ein erhebliches Mass an kom munikativen und kooperativen Fähigkeiten verfügen, denn die Verfahren können heute je länger desto weniger im Sinne einer traditionellen Ordnungsverwaltung über die Köpfe der betroffenen Interessen hinweg im Alleingang entschieden werden. Dies erfordert aber ein Mass an Professionalisierung und Ausdifferenzierung des Verwaltungsapparates, welches sich nicht in alle Gemeinden in gleicher Weise lei sten können. Anstrengungen in dieser Richtung sind jedoch in vielen kommunalen Verwaltungen zu erkennen, indem beispielsweise Bestrebungen vorhanden sind, die Beratungsebene auszubauen, Baukommissionen vermehrt nach fachlichen Kriterien zusammenzustellen, die Aus- und Weiterbildung der Angestellten zu fördern oder die Effizienz der Verfahren durch Delegation von Entscheidungskompetenzen zu er höhen. Wichtige Aspekte, die das kommunale Bauwesen in der Schweiz betreffen, konnten nicht näher untersucht werden. Mit einer Beschränkung der Untersuchung auf den Kanton Zürich entfällt beispielsweise ein Vergleich auf kantonaler Ebene. Da die Gesetzgebung und der Grad der Gemeindeautonie von Kanton zu Kanton sehr grosse Unterschiede aufweisen können, ist zu vermuten, dass die kommunale Bewilligungspraxis je nach Kanton beträchtliche Differenzen aufweisen kann. Auch ist die Begrenzung der Einflussvariablen auf die Gemeindegrösse und die Bevölkerungsstruktur nicht befriedigend. So müsste untersucht werden, inwieweit die politische Kultur und das politische Organisationsniveau einer Gemeinde sich auf die Entscheidungsprozesse im Bewilligungsverfahren auswirken. Schliesslich könnte an hand von Fallbeispielen einzelner Gemeinden der Frage nachgegangen werden, ob es ihnen in den letzten Jahren gelungen ist, sich den neuen Anforderungen anzupassen und den hohen Erwartungen ihrer Bevölkerung gerecht zu werden oder ob sie in be stimmten Verwaltungsbereichen an ihre Leistungsgrenzen gestossen sind.
Fussnoten
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aktualisiert am 21.10.2011