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Schweizer Gemeindestudien

Verwaltungsorganisation von Gemeinden

Ein Beitrag im Rahmen des Nationalfondsprojektes 
"Aktuelle Wandlungstendenzen und Leistungsgrenzen
der Gemeindeorganisation in der Schweiz" (Nr. 12-32586.92) 

von François Höpflinger

Inhalt

In diesem Beitrag werden Aufbau und Struktur kommunaler Verwaltungen (absolute und relative Grösse der Gemeindeverwaltungen, EDV-Einsatz u.a.) analysiert. Dabei werden auch die Zusammenhänge zwischen Gemeindestruktur (Einwohnerzahl, Bevölkerungs- und Wirtschaftsstruktur) und Grösse der Gemeindeverwaltung untersucht.

 

Inhaltsverzeichnis

Methodische Hinweise

1 Aufbau und Struktur kommunaler Verwaltungen

2 Absolute und relative Grösse der Gemeindeverwaltung

3 Ausbau der kommunalen Verwaltung zwischen 1984 bis 1994

4 Gemeindestruktur und Ausbau der kommunalen Verwaltung

5 Zum Einsatz von elektronischer Datenverarbeitung in kommunalen Verwaltungen



 

Methodische Hinweise

Die vorliegende Studie basiert auf einer im Jahre 1994 am Soziologischen Institut der Universität Zürich durchgeführten schriftlichen Befragung. Finanziert wurde sie vom Schweizerischen Nationalfonds. Die Untersuchung richtete sich an die Gemeindeschreiberinnen und Gemeindeschreiber sämtlicher 3'017 Schweizer Gemeinden (Stand 1. Jan. 1994). Insgesamt haben 2'079 Gemeinden an der Befragung teilgenommen und die Beteiligung ist mit einem Rücklauf von knapp 70 Prozent ausgesprochen hoch ausgefallen.

Das Projekt wurde im Oktober 1993 mit ersten Vorarbeiten gestartet und endete im Laufe des Februars 1996 mit der Abgabe des Schlussberichtes an den Schweizerischen Nationalfonds (Nr. 12-32586.92). Am Projekt mitgearbeitet haben Prof. Hans Geser als Projektleiter, Robert Fluder, François Höpflinger, Andreas Ladner und Urs Meuli.

Die für die vorliegenden Arbeiten verwendeten Daten stammen nicht nur aus der Befragung von 1994. Als Ergänzung sind noch andere Zahlen in die Analyse einbezogen worden, so jene des Soziologen Rolf Nef, der für seine Analysen über kommunales Wahlverhalten Datensätze demographischer, ökologischer und sozioökonomischer Art für sämtliche Gemeinden der Schweiz zusammengetragen hat. Dabei handelt es sich vor allem um Volkszählungsdaten, Betriebszählungsdaten und Wehrsteuerstatistiken. Ausserdem konnten wir auch auf Daten eines eigenen Forschungsprojektes zurückgreifen, die 1988 durch eine erste Befragung der Gemeindeschreiber und Gemeindeschreiberinnen sämtlicher Gemeinden der Schweiz erhoben wurden. Diese Befragung erzielte einen Rücklauf von über 80 Prozent, so dass sie uns für die Analyse des Wandels der politisch-administrativen und der kommunalpolitischen Organisation der Gemeinden im allgemeinen und des kommunalen Parteiwesens im besonderen sehr aussagekräftige Resultate lieferte.

Grafik 1: Die verwendeten Datensätze

 

1 Aufbau und Struktur kommunaler Verwaltungen

Kommunale Verwaltungen sind durch zwei allgemeine Merkmale charakterisiert, die sie namentlich von privaten Organisationen deutlich unterschieden:

Zum einen sind kommunale Verwaltungen zwangsläufig an ihren lokalen Standort gebunden. Im Gegensatz zu privatwirtschaftlichen Organisationen können kommunale Verwaltungen weder ihren Standort wechseln noch sich kontextuellen Wandlungen entziehen (Prinzip der Lokalität). Ihre interne Struktur und ihre Aufgaben werden deshalb stark von lokalen Gegebenheiten - wie Einwohnerzahl der Gemeinde, soziale Zusammensetzung der Bevölkerung, politische Traditionen usw. - geprägt.

Zum anderen müssen kommunale Verwaltungen ein breites, diversifiziertes Aufgabenspektrum erfüllen, das allerdings je nach Kontextmerkmalen (Gemeindegrösse, Verhältnis zwischen kantonaler und kommunaler Ebene usw.) variieren kann. Gerade moderne kommunale Verwaltungen sehen sich mit vielfältigen und wechselnden Aufgaben konfrontiert, die ihnen weitgehend extern vorgegeben sind (Prinzip der funktionalen Heteronomie). Strategien der Spezialisierung oder der Ausgliederung - wie sie bei anderen Organisationsformen häufig sind - kommen für kommunale Verwaltungen nicht oder höchstens in eingeschränktem Masse in Frage.

Die beiden erwähnten Prinzipien (Prinzip der Lokalität und Prinzip der funktionalen Heteronomie) implizieren, dass sich die enormen Grössenunterschiede von Schweizer Gemeinden auch bei der Gestaltung kommunaler Verwaltungen wiederfinden. Während die Gemeindeverwaltung in Kleingemeinden oft nur aus einem nebenamtlich tätigen Gemeindeschreiber besteht, kennen Städte stark ausdifferenzierte kommunale Grossverwaltungen.

Aufgrund der in der Schweiz weiterhin ausgeprägten Gemeindeautonomie müssen kommunale Verwaltungen neben der Verwaltungstätigkeit im engeren Sinn meist eine Reihe weiterer sozialer, politischer und kultureller Aufgaben erfüllen. Vielfach sind es Aufgaben, die den Bereich zwischen politischen Entscheidungen und administrativem Vollzug berühren. Damit erhalten bei kommunalen Verwaltungen auch administrative und sachbezogene Funktionen häufig einen öffentlichen und politischen Charakter. Dies wird dadurch verstärkt, dass kommunale Verwaltungen immer einer politischen Führung unterliegen (Prinzip der politischen Unterordnung).

Die speziellen Merkmale kommunaler Verwaltungen erfordern in kleinen Gemeinden eine hohe Polyvalenz der Verwaltungsangestellten, die zumeist mehrere Aufgaben gleichzeitig zu übernehmen haben. In grösseren Gemeinden ergibt sich hingegen vermehrt eine Ausdifferenzierung in einen administrativen Kernbereich (Kernverwaltung) und einen mehr oder weniger ausgedehnten Aussenbereich, der funktionsspezifisch organisiert ist.

Dieser grundsätzlichen Unterscheidung der kommunalen Verwaltungsorganisation wurde im Rahmen der Befragung dadurch Rechnung getragen, dass die Grösse der Gemeindeverwaltung durch zwei verschiedene Fragen erfasst wurde:

  1. "Wieviele administrativ tätige Angestellte und Beamte (ohne Lehrlinge) sind in der Gemeindeverwaltung beschäftigt?" Damit wird der Bereich der kommunalen Kernverwaltung angesprochen. Dazu gehören namentlich die Funktionsbereiche 'Finanzen, Steuern, Sozialverwaltung, Einwohnerkontrolle, Zivilstandsamt'. Es sind im wesentlichen jene Funktionen, die jede Schweizer Gemeinde - sei sie noch so klein - autonom zu erfüllen hat. 
  2. "Wieviele ganztägig angestellte Personen ausserhalb der Verwaltung sind bei der Gemeinde und bei gemeindeeigenen Einrichtungen (Personal der gemeindeeigenen Werke und Anstalten, Bau- und Strassenarbeiter, Abwarte, Polizei) insgesamt beschäftigt (ohne Lehrer und Kindergärtnerinnen und ohne Lehrlinge)?" Angesprochen wird ein je nach Gemeindegrösse unterschiedlich ausgebauter Bereich zumeist funktionsspezifisch organisierter Tätigkeiten. Dazu gehören etwa Polizei, Spitäler, Altersheime, kommunale Beratungsstellen, Strassenwerke, Abwasserwerke usw. 
  3.  

2 Absolute und relative Grösse der Gemeindeverwaltung

Neben der absoluten Grösse der Gemeindeverwaltung (Zahl angestellter Personen) wird häufig die relative Verwaltungsgrösse berechnet (Verwaltungsstellen pro 100 Einwohner). Damit wird der direkte Effekt der Einwohnerzahl kontrolliert, und es kann untersucht werden, unter welchen Umständen Gemeinden gleicher Grösse einen stärkeren oder schwächeren Ausbau ihrer Kommunalverwaltung erfahren. Vereinfacht gesagt lässt sich der Index 'Gemeindepersonal pro 100 Einwohner' als grober Indikator der 'kommunalen Verwaltungsdichte' interpretieren. Es ist allerdings anzuführen, dass ein solcher Index bei Kleingemeinden nur beschränkt sinnvoll ist, da in diesen Gemeinden die Verwaltung faktisch nur zwischen ein bis zwei Stellen variiert bzw. in Kleinstgemeinden überhaupt keine vollamtlich tätigen Verwaltungsangestellten vorhanden sind.[1]

In der nachfolgenden Tabelle 1 ist die durchschnittliche Verwaltungsgrösse (absolut und relativ) für verschiedene Gemeindegrössenklassen aufgeführt. Sachgemäss ist sowohl die Zahl administrativ tätiger Personen in der Kernverwaltung als auch die Zahl (ganztägig) angestellter Personen ausserhalb der Kernverwaltung eng mit der Einwohnerzahl einer Gemeinde verknüpft. Je nach Gemeindegrösse variiert die Zahl der administrativ tätigen kommunalen Angestellten zwischen einer Person (Gemeindeschreiber) und rund 6'000 Personen. Analoge Unterschiede lassen sich auch beim Personal ausserhalb der Kernverwaltung festhalten.

Tabelle 1

Bei Gemeinden unter 500 Einwohner beträgt die Stellenzahl der kommunalen Kernverwaltung durchschnittlich weniger als 2 Vollstellen. Im Gegensatz zu dem, was vermutet werden könnte, ergibt sich bei kleinen Gemeinden keine substitutive Wirkung im Ausbau von Exekutive und Zahl kommunaler Angestellter. So haben Kleingemeinden mit umfangreicher Gemeindeexekutive oder halbamtlichem Gemeindepräsident im allgemeinen nicht weniger Gemeindeangestellte als Gemeinden mit kleiner Exekutive oder ehrenamtlichem Präsidenten. Auch zwischen der Zahl ständiger Kommissionen und Spezialbehörden und Anzahl Gemeindeangestellte besteht keine negative Relation. Damit erhält die These, dass ein ausgebautes kommunales Milizsystem namentlich in Kleingemeinden zu 'Personaleinsparungen' bei den Vollstellen führt, keine Unterstützung.
Allerdings erfolgt ein wesentlicher personeller Ausbau der administrativen Verwaltung im allgemeinen erst ab einer Einwohnerzahl von über 500. Auch bezüglich der ganztägig angestellten Personen ausserhalb der Kernverwaltung und bei den gemeindeeigenen Einrichtungen zeigt sich ein wesentlicher Ausbau erst ab einer Einwohnerzahl von mehr als 500 Einwohnern. Mit zunehmender Gemeindegrösse nimmt die Bedeutung des Personals ausserhalb der kommunalen Kernverwaltung generell zu, was eine verstärkte organisatorische und funktionale Ausdifferenzierung kommunaler Verwaltungen mit zunehmender Grösse widerspiegelt. Die diesbezüglichen Unterschiede innerhalb der einzelnen Gemeindegrössenklassen sind allerdings ausgeprägt, da der kommunale Aussenbereich - im Unterschied zur Kernverwaltung - je nach sozio-politischen und sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen in unterschiedlichem Masse ausdifferenziert wird.

Der relative Ausbau der kommunalen Kernverwaltung (Stellen pro 100 Einwohner) seinerseits ist mit der Einwohnerzahl kurvenlinear verhängt: Hohe Werte finden sich zum einen in den Kleingemeinden. Dies hängt mit der Tatsache zusammen, dass jede Gemeinde - sei sie noch so klein - bestimmte Verwaltungsaufgaben selbst zu übernehmen hat (wozu zumindest die Funktion eines Gemeindeschreibers notwendig ist). Mit zunehmender Einwohnerzahl sinkt die relative Verwaltungsdichte zuerst ab, um bei grösseren Gemeinden erneut anzusteigen. Die geringste Verwaltungsdichte findet sich bei mittelgrossen Gemeinden zwischen 2'000 bis 5'000 Einwohner.
Die relative Zahl ausserhalb der eigentlichen Kernverwaltung beschäftigter Personen andererseits ist weniger stark mit der Gemeindegrössenklasse assoziiert. Hohe Werte zeigen diesbezüglich vor allem Städte, was mit der Übernahme von Zentrumsfunktionen assoziiert ist.

Ein kurvenlinearer Zusammenhang zwischen Verwaltungsdichte - namentlich in Bezug auf die Kernverwaltung - und Einwohnerzahl einer Gemeinde wurde in früheren kommunalen Vergleichsstudien ebenfalls beobachtet. In diesem Trend widerspiegeln sich zwei Prozesse, die mit Grösse gegenseitig verhängt sind: Einerseits erlaubt zunehmende Grösse eine rationellere Gestaltung namentlich administrativer Aufgaben, wodurch sich der relative personelle Aufwand verringert (Grössenvorteile). Zum anderen jedoch führt zunehmende Grösse zu verstärkter funktonaler Differenzierung und erhöhtem Koordinationsaufwand, wodurch sich der administrative Aufwand nach Überschreiten einer bestimmten Schwelle erneut erhöht.
Analoge Beziehungen zwischen Organisationsgrösse und relativer Verwaltungsdichte lassen sich auch bei privaten Organisationen festhalten. Bei kommunalen Verwaltungen kommen allerdings kontextuelle Faktoren dazu. So müssen namentlich grössere Gemeinden bzw. Städte vielfach Zentrumsfunktionen übernehmen, die sowohl einen Ausbau der Kernverwaltung als auch der kommunalen Dienste und Einrichtungen implizieren.
 

3 Ausbau der kommunalen Verwaltung zwischen 1984 bis 1994

Die Zahl administrativ tätiger Angestellter und die Zahl angestellter Personen ausserhalb der Verwaltung wurden auch für das Jahr 1984 erfragt. Zumindest für die Gemeinden, die auch diese Frage beantwortet haben, lässt sich die Zunahme bzw. Abnahme des kommunalen Personals während den letzten 10 Jahren festhalten. In der folgenden Tabelle 2 sind die Veränderungsraten bezüglich der absoluten und relativen Grösse der Gemeindeverwaltung aufgeführt. Tabelle 2

In vielen Gemeinden nahm die Zahl der Gemeindeangestellten in den letzten zehn Jahren absolut und relativ - bezogen auf die Einwohnerzahl - zu. Dabei werden im einzelnen folgende Trends deutlich:

  1. In kleinen Gemeinden war der Ausbau der Kernverwaltung vielfach geringer als die Zunahme der Einwohnerzahl. Von den Gemeinden mit weniger als 500 Einwohnern hielten gut zwei Drittel ihr Verwaltungspersonal konstant. Demgegenüber ergab sich beim Personal ausserhalb der Kernverwaltung auch in kleinen Gemeinden oft ein Ausbau des Personalbestandes, sei es, weil neue öffentliche Dienstleistungen entstanden; sei es, weil kantonale und eidgenössische Gesetze den Vollzug neuer Aufgaben erzwangen). 
  2. In mittelgrossen Gemeinden (mit 2000 bis 10'000 Einwohnern) erfuhr primär die Kernverwaltung einen deutlichen Ausbau, der auch nach Berücksichtigung der erfolgten Einwohnerzunahme beträchtlich war. Nur rund 15% aller mittelgrossen Gemeinden haben ihre Verwaltung personell nicht aufgestockt. 
  3. In der Beobachtungsperiode 1984-1994 haben vor allem kleinere Städte (mit 10'000 bis 25'000 Einwohner) einen markanten Ausbau ihrer Kernverwaltung erlebt, wogegen der Ausbau verwaltungsexterner Einrichtungen langsamer ablief. Bei den grösseren Städten - mit über 50'000 Einwohner - verlief die Entwicklung gerade umgekehrt (geringer Ausbau der Kernverwaltung, starker Ausbau der externen kommunalen Dienstleistungen). 
Insgesamt gesehen erfuhren viele Schweizer Gemeinden in den 1980er und frühen 1990er Jahren einen weiteren Ausbau ihrer Gemeindeverwaltung (und namentlich ihrer externen Einrichtungen), der über die rein quantitative Zunahme der Bevölkerung hinausging. Darin widerspiegelt sich einerseits der Trend zum Weiterausbau staatlicher Dienstleistungen. Andererseits hat in den frühen 1990er Jahren auch die Tendenz zur Verlagerung von Vollzugsaufgaben von eidgenössischer und kantonaler Ebene auf die Gemeinden den Ausbau kommunaler Verwaltungen gefördert. Zumindest bis 1994 war ein Stellenstopp bzw. ein Stellenabbau auf kommunaler Ebene jedenfalls die Ausnahme.

In welchen Bereichen der kommunalen Verwaltung neue Stellen bewilligt wurden, wird in der nachfolgenden Tabelle 3 im Detail deutlich:

Tabelle 3

Der deutlichste Ausbau des Verwaltungspersonals erfolgte einerseits in den klassischen kommunalen Verwaltungsbereichen (Finanzen, Steuern, Einwohneramt usw.). Andererseits ergab sich auch ein markanter Ausbau des Sozialwesens und des Bauwesens (wobei der personelle Ausbau in diesen zwei Bereichen deutlich positiv mit der Einwohnerzahl assoziiert ist). Ein Vergleich nach Gemeindetypen lässt deutlich werden, dass vor allem Mittel- und Kleinzentren, aber auch urbane und suburbane Gemeinden einen personellen Ausbau von Sozial- und Bauwesen erfahren haben. Es sind dies Gemeinden, die sich ab den 1980er Jahren zunehmend mehr mit städtischen Bau- und Sozialproblemen konfrontiert sahen.
Die (wahrgenommene) Betroffenheit durch gesellschaftliche Entwicklungen - wie zunehmende Arbeitslosigkeit, Drogenproblem, Kriminalität, Armut u.a. - führt allerdings generell kaum direkt zum Stellenausbau. In jedem Fall sind die Beziehungen zwischen starker Betroffenheit durch gesellschaftliche Entwicklungen und Stellenausbau in verschiedenen Vollzugsbereichen in allen Gemeindegrössenklassen nicht eindeutig und signifikant. Auch die direkten Beziehungen zwischen Stellenausbau und demographischer Entwicklung einer Gemeinde sind nur sehr schwach. Einzig bei der Einwohnerkontrolle bzw. dem Zivilstandsamt zeigt sich eine signifikante Korrelation zwischen demographischer Bevölkerungsentwicklung und Stellenausbau (r: 11, N: 1919 Gemeinden). Dies ist insofern nicht erstaunlich, als es sich hier um einen Verwaltungsbereich handelt, dessen Aufgabenlast direkt mit der Einwohnerzahl in Verbindung steht. Ansonsten lässt sich jedoch insgesamt festhalten, dass kein Automatismus zwischen demographischer Expansion oder gesellschaftlichem Problemdruck und kommunalem Stellenausbau zu beobachten ist.
 

4 Gemeindestruktur und Ausbau der kommunalen Verwaltung

Im folgenden soll untersucht werden, welche Strukturmerkmale einer Gemeinde - zusätzlich zur Einwohnerzahl - den Ausbau der kommunalen Verwaltung beeinflussen. Als abhängige Variable wird die relative Verwaltungsdichte (Gemeindepersonal pro 100 Einwohner) benützt.

Als erstes werden einige deutliche regionale Unterschiede sichtbar. So weisen Westschweizer und Tessiner Gemeinden im allgemeinen eine stärker ausgebaute Gemeindeverwaltung auf als deutschschweizerische Gemeinden, vor allem was die Kernverwaltung betrifft. Dieser regionale Unterschied bleibt signifikant, wenn die sozio-demographische und sozio-ökonomische Struktur der Gemeinden kontrolliert wird. In diesen regionalen Unterschiede widerspiegeln sich unterschiedliche sozio-politische Traditionen (mit stärkerer Betonung staatlicher Aufgaben in der Westschweiz). Die Detailauswertung zeigt, dass der stärkere Ausbau der Gemeindeverwaltung in der Westschweiz und dem Tessin vor allem für Kleingemeinden gilt, und zwar in dem Sinn, dass Westschweizer und Tessiner Kleingemeinden bei sonst gleicher Struktur und Einwohnerzahl häufiger als Deutschschweizer Kleingemeinden eine vollamtliche Verwaltungsperson beschäftigen (bzw. die Gemeindeverwaltung rascher professionalisieren als viele Deutschschweizer Gemeinden). Bei grösseren Gemeinden sind die regionalen Unterschiede zwar teilweise ebenfalls sichtbar, sie sind jedoch geringer (vor allem nach Kontrolle von Einwohnerzahl und sozio-ökonomischer Struktur).

Tabelle 4

Es lässt sich weiter vermuten, dass der Ausbau der Verwaltung mit der sozio-ökonomischen Situation der Gemeinde bzw. ihrer Bevölkerung assoziiert ist. So lässt sich etwa die These vertreten, dass sich reiche Gemeinden (mit wohlhabender Bevölkerung) einen Ausbau der kommunalen Verwaltung eher leisten können als arme Gemeinden. Zudem lässt sich vermuten, dass eine wohlhabende Bevölkerung der Gemeinde gegenüber höhere Ansprüche stellt. Umgekehrt lässt sich aber auch die Gegenthese vertreten, dass vor allem ärmere Gemeinden zu einem Ausbau öffentlicher Funktionen gezwungen sind, weil sie mit einer höheren Nachfrage nach staatlichen Leistungen konfrontiert sind.
Die Auswertung der Daten unterstützt keine der beiden Thesen. Jedenfalls zeigen sich keine klare Beziehungen zwischen Pro-Kopf-Einkommen und Ausbau der Gemeindeorganisation, namentlich nach statistischer Kontrolle der Einwohnerzahl. Auch andere Wohlstands-Indikatoren (wie Anteil von Steuerpflichtigen mit hohem Einkommen, Anteil Erwerbstätige in Kaderpositionen usw.) sind - nach Kontrolle anderer Faktoren - mit dem Ausbau der Kernverwaltung oder der kommunalen Dienste weder positiv noch negativ assoziiert.
Die Vermutung, dass Modernität und Wohlstand zum Ausbau kommunaler Verwaltung führt, wird nicht bestätigt. Dies entspricht dem Ergebnis früherer schweizerischen Gemeindeuntersuchungen, die ebenfalls keinen Hinweis darauf fanden, dass der Wohlstand eines Gemeinwesens ein Anwachsen der kommunalen Verwaltung begünstigt (vgl. Geser 1987: 31). Ebenso wenig findet sich eine Bestätigung für die Gegenthese, dass Gemeinden mit vielen einkommensschwachen Personen zu einem allgemeinen Ausbau ihrer Gemeindeverwaltung gezwungen sind. In diesem Rahmen kann allerdings argumentiert werden, das in vielen Kantonen wohlstandsbedingte Unterschiede zwischen den Gemeinden durch einen Finanzausgleich abgeschwächt werden. Es zeigt sich jedoch, dass auch in Kantonen ohne ausgebauten Finanzausgleich die Wohlstands-Indikatoren (Pro-Kopf-Einkommen) kaum signifikant mit der Verwaltungsdichte assoziiert sind.

Demgegenüber zeigen sich deutliche Beziehungen zwischen Verwaltungsstruktur, demographischer Entwicklung und Altersverteilung der Bevölkerung von Gemeinden. So zeigt sich eine leichte Tendenz, dass Gemeinden mit starker Bevölkerungszunahme ihre Verwaltung weniger ausgebaut haben. Dies kann allerdings einfach die Tatsache widerspiegeln, dass zwischen Bevölkerungswachstum und Stellenausbau der kommunalen Verwaltung eine gewisse Zeitverzögerung besteht (was im Querschnittsvergleich zu negativen Korrelationen führt). Die Detailanalyse zeigt zudem, dass diese negative Korrelation nur für mittelgrosse Gemeinden (zwischen 2'000 bis 5'000 Einwohnern) signifikant ist, und für die meisten Gemeinden wird die früher gemachte Beobachtung gestützt, dass Bevölkerungswachstum und Ausbau der kommunalen Verwaltung direkt nur schwach verhängt sind.

Tabelle 5

Eine stärkere Unterstützung erhält dagegen die oft geäusserte These, dass demographische Alterung eine verstärkte Belastung des öffentlichen Sektors einschliesst. Namentlich in sozial- und gesundheitspolitischen Bereichen kann demographische Alterung (hoher Rentneranteil) zu einem verstärkten Ausbau gemeindeeigener Einrichtungen beitragen (z.B. Ausbau des gemeindeeigenen Spitexsystems, vermehrte Inanspruchnahme öffentlicher Dienste usw.). Jedenfalls lässt sich zwischen dem Ausbau der Gemeindeverwaltung und dem Anteil an Rentner/innen eine positive Beziehung festhalten. Dagegen scheinen Gemeinden mit junger Bevölkerung (viele Kinder) vergleichsweise weniger Gemeindepersonal zu benötigen.
Die Beziehungen zwischen der demographischen Altersverteilung und der Verwaltungsstruktur sind namentlich für kleine bis mittelgrosse Gemeinden signifikant (und entsprechende Beziehungen bleiben auch bestehen, wenn die sozio-ökonomische Struktur der Bevölkerung oder der Wohlstand einer Gemeinde statistisch kontrolliert werden). Bei Kleinstgemeinden zeigen sich zwar keine (linearen) Korrelationen, aber eine gezielte Auswertung der Daten - mit Hilfe einer Diskriminanzanalyse - lässt sichtbar werden, dass Kleinstgemeinden mit hohem Rentneranteil eher einen vollamtlichen Gemeindeschreiber beschäftigen, wogegen demographisch junge Gemeinden ihre Verwaltungsaufgaben eher im Milizsystem (ohne Vollamt) organisieren.

Neben der demographischen Zusammensetzung der Bevölkerung kann auch die sozio-ökonomische Struktur und wirtschaftliche Stellung einer Gemeinde von Bedeutung sein. In diesem Rahmen lassen sich namentlich folgende zwei Thesen formulieren:
Einerseits lassen sich interkommunale 'spillovers'2 erwarten. So sehen sich Gemeinden, die sozio-ökonomische Zentrumsfunktionen ausüben, direkt oder indirekt zu einem stärkeren Ausbau ihrer Gemeindeverwaltung (namentlich ihrer gemeindeeigenen Einrichtungen) gezwungen. Dies ist mit ein Grund, wieso die Verwaltungsstruktur namentlich grösserer Gemeinden - wie früher gezeigt - stärker ausgebaut ist. Umgekehrt erfahren Gemeinden, die sich in leicht erreichbarer Nähe zu einer Zentrumsgemeinde befinden, eine relative funktionale Entlastung. Bei gleicher Grösse - so unsere Vermutung - weisen kleine bis mittelgrosse Gemeinden in Nähe einer Zentrumsgemeinde eine weniger ausgebaute Verwaltungsstruktur auf als gleich grosse Gemeinden ohne nahes Zentrum.
Andererseits ist zu vermuten, dass sich die Beschäftigungsstruktur einer Gemeinde auch auf ihre Verwaltungsorganisation auswirkt. So steht zu erwarten, dass Tourismus gerade auch bei kleineren Gemeinden zu einem 'Import' städtischer Probleme und Anforderungen führt, was einen entsprechenden Ausbau der kommunalen Verwaltung und Einrichtungen indiziert. Die gleiche Wirkung hat ein starker Zustrom von Zuzügern und Pendler aufgrund eines starken Ausbaus des Arbeitsmarktes. Umgekehrt sehen sich Gemeinden mit hohem Wegpendler-Anteil von diversen Aufgaben und Problemen entlastet. Tourismusgemeinden und Gemeinden mit viel Arbeitsplätzen haben bei gleicher Einwohnerzahl - so unsere Thesen - eine stärker ausgebaute Gemeindeorganisation als Gemeinden mit hohem Wegpendleranteil (Extremfall: Schlafgemeinden).

Die Wirkung sozio-ökonomischer Faktoren über die Grenzen von Gemeinden hinauf auf die kommunale Verwaltungen wird durch die zwei nachfolgenden Tabellen bestätigt:
Erstens weisen touristisch ausgerichtete Gemeinden im Vergleich zu ihrer Bevölkerungszahl eine relativ ausgebaute kommunale Verwaltung auf, vor allem, was das Personal ausserhalb der Kernverwaltung betrifft. Tourismus führt nicht nicht nur zur wirtschaftlichen Entwicklung einer Gemeinde, sondern sie bedeutet auch eine Ausdifferenzierung der Gemeindeverwaltung 'über ihre Wohnbevölkerung hinaus'. Wie die angeführten Daten illustrieren, bestätigt sich der Effekt induzierter Entwicklung durch Tourismus für alle Gemeindegrössen (wobei sich die deutlichsten Unterschiede bei mittelgrossen Gemeinden zeigen).

Tabelle 6

Zweitens ist die Beschäftigungsstruktur und dabei insbesondere das Verhältnis von Einwohnern und Arbeitsplätzen relevant. Gemeinden mit hohem Anteil an beruflichen Wegpendler haben - bei sonst gleicher Grösse und Gemeindestruktur - im allgemeinen weniger Personal angestellt. Abgesehen von den kleinsten Gemeinden und den Städten findet sich in allen übrigen Grössenklassen eine klar negative Beziehung, insbesondere was den Ausbau gemeindeeigener Einrichtungen betrifft. Es scheint, als ob eine Externalisierung des Arbeitsmarktes auch zu einer Verringerung der kommunalen Aufgaben und Lasten führt; möglicherweise, weil ein Teil der Probleme in die Arbeitsplatzgemeinden transferiert wird. Entsprechend weisen namentlich mittelgrosse Arbeitsplatzgemeinden eine vergleichsweise ausgebaute Gemeindeorganisation auf. Es zeigen sich somit auch in dieser Hinsicht deutliche Hinweise auf signifikante interkommunale 'Spillovers'.

Tabelle 7

Auch die These, dass die Nähe zu einer Zentrumsgemeinde zu einer funktionalen Entlastung der kommunalen Verwaltung führt, wird insofern bestätigt, als Gemeinden in leicht erreichbarer Nähe zu einer mittelgrossen und/oder grossen Stadt eine vergleichsweise weniger ausgebaute Gemeindeorganisation kennen. Die Nähe zu einem Zentrum entlastet die umliegenden Gemeinden namentlich vom Ausbau gemeindeeigener Einrichtungen. In jedem Fall ist das empirische Ergebnis ein deutlicher Hinweis auf die Bedeutung räumlicher Aspekte (Nähe bzw. Entfernung von Zentren) für die Binnenorganisation einer Gemeinde.

Tabelle 8

Auch eine multiple Regression bestätigt die signifikante Bedeutung interkommunaler Aspekte für den Ausbau der kommunalen Verwaltungen. Ein hoher Wegpendleranteil reduziert den Verwaltungsaufwand, wogegen Gemeinden mit viel Arbeitsplätzen (auch für Personen aus umliegenden Gemeinden) insbesondere ihre gemeindeeigenen Dienste und Einrichtungen auszubauen haben. Die Nähe zu einem Zentrum (mittelgrosse Stadt oder Grossstadt) wirkt sich - nach Kontrolle der übrigen Variablen - hingegen widersprüchlich aus: Einerseits wird der Ausbau der Kernverwaltung durch das Vorhandensein eines nahen Zentrums eher gefördert (wenn auch nur leicht). Andererseits reduziert sich der Bedarf nach gemeindeeigenen Einrichtungen, da ein Teil der funktionsspezifischen Aufgaben ins Zentrum ausgelagert wird.

Tabelle 9

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der absolute und relative Ausbau der Gemeindeverwaltung am stärksten mit der Einwohnerzahl assoziiert ist, wobei sich nichtlineare Beziehungen zeigen. Dies gilt insbesondere für den Ausbau der Kernverwaltung. Daneben sind aber auch einige kulturelle, demographische und sozio-ökonomische Faktoren bedeutsam. Westschweizer und Tessiner Gemeinden kennen - bei sonst gleicher Einwohnerzahl und Bevölkerungsstruktur - einen stärkeren Ausbau ihrer Gemeindeorganisation. Auch demographische Alterung führt tendenziell eher zu einem Ausbau namentlich gemeindeeigener Einrichtungen. Den gleichen Effekt hat induzierte Entwicklung (via Tourismus) und die Übernahme von Zentrumsfunktionen. Umgekehrt können Gemeinden in Nähe einer Zentrumsgemeinde oder Gemeinden mit hohem Wegpendleranteil ihre Verwaltung verhältnismässig klein halten (da ein Teil der öffentlichen Aufgaben und Funktionen sozusagen 'exportiert' wird). In diesem Sinne wird das zu Beginn erwähnte Prinzip der Lokalität kommunaler Verwaltungen zumindest relativiert, da der Ausbau heutiger kommunaler Verwaltungen zumindest teilweise durch Faktoren beeinflusst wird, die interkommunalen Charakter haben.
Speziell im Mittelland führen zunehmende sozio-ökonomische und funktionale Verflechtungen - im Sinne einer verstärkten Agglomerisierung der Schweiz - denn auch dazu, dass mehr und mehr Sachverhalte und Probleme direkt und indirekt die kommunalen Grenzen sprengen. Angesprochen werden damit politisch höchst umstrittene Fragen eines interkommunalen Ausgaben- und Finanzausgleichs und verstärkter Kooperation über die Gemeindegrenzen hin.
 

5 Zum Einsatz von elektronischer Datenverarbeitung in kommunalen Verwaltungen

Wie in anderen Bereichen haben sich die neuen Formen elektronischer Informationsverarbeitung auch in den kommunalen Verwaltungen mehr und mehr durchgesetzt. Sachgemäss nimmt der Anteil der Gemeinden, die EDV benützen, mit zunehmender Grösse rasch zu. In Gemeinden von über 500 Einwohnern gehört die elektronische Datenverarbeitung (via Personalcomputer oder Workstationen) heute faktisch zur Grundausstattung. Tabelle 10

Der Zeitpunkt der Einführung von EDV ist ebenfalls eng mit der Gemeindegrösse assoziiert. Während die grösseren Gemeinden EDV schon seit Ende der 1970er bzw. zu Beginn der 1980er Jahre benützen, führten viele kleinere Gemeinden EDV erst zu Beginn der 1990er Jahre ein. Dies ist sicherlich mit der technologischen Entwicklung der letzten Jahre verknüpft, die einerseits zu deutlichen Kostensenkungen und andererseits zur Miniaturisierung von Computern führte. Von den Kleingemeinden arbeiteten 1994 hingegen noch etwas weniger als die Hälfte ohne EDV, und tatsächlich lassen sich Kosten- und Rationalisierungsvorteile durch EDV bei Kleingemeinden höchstens durch einen Informationsverbund mehrerer Gemeinden realisieren (z.B. gemeinsame Rechnungsführung oder Einwohnerkontrolle).
Allerdings zeigt sich bei keiner Gemeindegrössenklasse ein direkter 'Rationalisierungseffekt' von EDV in dem Sinne, dass Gemeinden die EDV häufig verwenden, weniger Gemeindepersonal beschäftigen. Ebensowenig lässt sich nachweisen, dass sich die Einführung von EDV negativ auf den kommunalen Stellenausbau der letzten zehn Jahre ausgewirkt hat.

Am häufigsten wird die EDV in den administrativen Kernbereichen von Gemeinden benützt (Rechnungswesen, Steuerwesen). In diesen Bereichen erleichtert eine elektronische Datenverarbeitung nicht nur die Bearbeitung komplexer administrativer Abläufe, sondern auch die Kooperation mit übergeordneten Behörden (Kanton, Bund). Dies ist vor allem in stark vollzugsföderalistisch geprägten Funktionsbereichen zentral, wobei umgekehrt auch die These gewagt werden kann, dass die neuen Formen der Datenverarbeitung den Trend zum Vollzugsföderalismus fördern können. Weniger stark bzw. erst bei höherer Einwohnerzahl ausgebaut ist die EDV bei Aufgaben, die entweder einen stark politischen Gehalt aufweisen (Wahlen) oder wo per definitionem spezifische Einzelsituationen behandelt werden (Sozialwesen, Bauwesen).

Insgesamt werden die Auswirkungen von EDV in den Gemeinden, die damit schon Erfahrungen gesammelt haben, primär positiv beurteilt. Dies gilt beispielsweise auch in bezug auf Arbeitseffizienz und Zuverlässigkeit (wo die Einschätzung unabhängig von der Gemeindegrösse erfolgt). Die positiven Auswirkungen von EDV auf die verwaltungsinterne Koordination werden hingegen primär in den grösseren Gemeinden betont, da in diesen Gemeinden Koordinationsprobleme am ehesten auftreten. Betont wird oft auch die bessere Information von Behörden und Bürgern dank EDV, wogegen die Erleichterung der Kooperation mit anderen Gemeinden bzw. dem Kanton weniger hervorgehoben wird.
Die negativen Seiten von EDV werden nur von einer Minderheit von Gemeinden artikuliert, und diesbezüglich zeigen sich keine klaren Unterschiede je nach Gemeindegrössenklassen. Die Vermutung, dass vor allem kleinere Gemeinden negative Wirkungen der EDV befürchten, bestätigt sich nicht.

Tabelle 11

Erwartungsgemäss zeigen sich Zusammenhänge zwischen der Benützung von EDV und der Einschätzung positiver oder negativer Auswirkungen. Von den EDV-Benützern wird hauptsächlich die bessere Koordination innerhalb der Verwaltung und die bessere Information von Bürgern und Behörden stärker betont. Demgegenüber ergaben sich kaum Einschätzungsunterschiede in bezug auf Arbeitsaufwand und Zuverlässigkeit der Verwaltungsarbeit. Es scheint, dass die Auswirkungen mit EDV primär in koordinativer und kommunikativer Hinsicht, weniger jedoch in bezug auf Effizienz, positiv erfahren werden. Eine verbesserte Information für Bürger wird insbesondere erfahren, wenn EDV in administrativen Kernbereichen wie Einwohnerkontrolle, Rechnungs- und Steuerwesen verwendet wird. Eine Anwendung von EDV in Bereichen wie Personalwesen, Bauwesen oder Sozialwesen wirkt sich andererseits primär in einer besseren Koordination innerhalb der Verwaltung und einer besseren Verknüpfung mit dem Kanton aus.

Tabelle 12

Was die Stellung der Gemeinde und ihrer Verwaltung betrifft, können Verfahren der elektronischen Informationsverarbeitung grundsätzlich für zwei unterschiedliche Strategien benützt werden:
Zum einen kann EDV zur überkommunalen Koordination eingesetzt werden, womit die Vernetzung in horizontaler Richtung (zwischen Gemeinden) und in vertikaler Richtung (Gemeinde-Kanton-Bund) verstärkt werden kann. Zum anderen kann EDV der Stärkung der kommunalen Autonomie dienen, indem komplexe Aufgaben mit gleichem Personalbestand besser und effizienter geleistet werden. Zudem kann die interne Kommunikation und Koordination verstärkt werden kann. Damit kann die Stellung der Gemeinde gegenüber übergeordneten Instanzen (Kanton, Bund) gestärkt werden.
Allgemein formuliert: EDV kann sowohl als Instrument zur Dezentralisierung als auch als Mittel zur Zentralisierung eingesetzt werden. In diesem Sinne kann EDV gleichzeitig zur Stärkung kommunaler Autonomie wie auch zur Stärkung vertikaler Vernetzung verwendet werden.
Die vorliegenden Angaben deuten insgesamt eher darauf hin, dass EDV momentan primär im Sinne eines internen Instruments (zur Arbeitssteigerung, besseren Koordination und besseren Information) verwendet wird. Demgegenüber wird die Funktion von EDV als Instrument zur interkommunalen Vernetzung weniger stark betont. EDV ist - so unsere These - jedenfalls mit der Wahrung und Stärkung kommunaler Autonomie nicht unvereinbar, sondern es kann sich durchaus um ein modernes Instrument handeln, mit dem föderalistische Entscheidungsstrukturen sogar gestärkt werden können.


  1. Deshalb sind bei Gemeinden unter 500 Einwohner die Ergebnisse parametrischer Auswertungsverfahren - wie multiple Regressionen - nur mit Vorsicht zu interpretieren. Aus diesem Grund wurden die Ergebnisse solcher Verfahrungen bei Kleingemeinden durch nicht-parametrische Verfahren (logistische Regression u.a.) überprüft. [zurück
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  aktualisiert am 21.10.2011